In meinem letzten Beitrag [in deutscher Übersetzung hier] habe ich die Entwicklung von den ICOADS-Rohdaten der Meerestemperatur (SST) zu den endgültigen ERSST– und HadSST-SST-Anomalien beschrieben. Diese Anomalien werden in Abbildung 1 verglichen. Die ICOADS-Anomalien werden durch Subtraktion des Mittelwerts 1961-1990 von allen endgültigen rohen einfachen Jahresmittelwerten erzeugt. Dies geschah zuletzt, nachdem der einfache globale SST-Mittelwert für alle Jahre berechnet worden war.
Die ERSST- und HadSST-Werte werden zunächst als Anomalien erstellt. Das heißt, sie werden Gitterzelle für Gitterzelle erstellt, bevor die Verarbeitung beginnt. Natürlich stammen die Messungen in jeder Zelle normalerweise von verschiedenen Schiffen in verschiedenen Jahren oder Monaten, aber die Messungen werden in Anomalien umgewandelt, indem der Mittelwert 1961-1990 für jede Zelle von jeder Messung in der gleichen Zelle für einen bestimmten Monat abgezogen wird. Dies geschieht, bevor irgendeine Verarbeitung oder Korrektur durchgeführt wird. Da die Zellen bis zu 12.300 km² groß sein können, ist dies von zweifelhaftem Wert, aber so wird es gemacht.
Auf dem Festland mit fest installierten Wetterstationen sind Anomalien sinnvoller, da die Höhenlage jeder Wetterstation unterschiedlich ist und die einzelnen Wetterstationen oft während des gesamten Zeitraums von 1961 bis 1990 am gleichen Ort und oft mit der gleichen oder ähnlichen Ausrüstung betrieben wurden. Daher ist es logisch, zu Beginn der Verarbeitung eine Anomalie zu bilden, indem man den Mittelwert der Wetterstation für jeden Monat vom Monatsmittelwert 1961-1990 abzieht. Auf dem Ozean, wo jede Messung in einem bestimmten Monat in etwa die gleiche Höhe hat, aber von einer anderen Boje oder einem anderen Schiff mit anderer Ausrüstung stammt, macht dies weniger Sinn.

Abbildung 1. Ein Vergleich der einfachen mittleren Meerestemperatur (SST) von ICOADS 3 in grün, umgerechnet in eine Anomalie, mit den stark verarbeiteten „endgültigen“ SST-Anomalien von ERSST 5 (NOAA, orange) und HadSST 4.1 (Hadley Centre, dicke schwarze Linie).
In diesem Beitrag geht es um den Unterschied in der Anomalie der ICOADS-Daten während der Zeit des Zweiten Weltkriegs von 1939 bis 1946 wie in Abbildung 1 dargestellt. Diese Anomalie ist in den ICOADS-Rohdaten deutlich zu erkennen, verschwindet aber in den beiden gezeigten endgültigen Rekonstruktionen. Es gibt viele bekannte Probleme, die während des Krieges auftraten. Die Schifffahrtsrouten änderten sich aufgrund der Anwesenheit von U-Boot-„Wolfsrudeln“, die SST wurde zunehmend in den Wassereinlässen der Motoren gemessen und nicht mehr mit Eimern, die in den Ozean getaucht wurden, und bei den Schiffen, die noch Eimer benutzten, änderte sich oft der Typ des Eimers. Diese Probleme sind in den ICOADS-Daten offensichtlich, aber sind sie für die gesamte radikale Korrektur in Abbildung 1 verantwortlich? Der Spitzenwert der Rohdatenanomalie liegt im Jahr 1944 (+2,14 °C), doch der ERSST-Wert von 1944 beträgt 0,091 °C, so dass die Korrektur im Jahr 1944 über 2 °C beträgt. Ist dies realistisch? Die Gesamterwärmung seit 1900 beträgt schätzungsweise nur etwa ein Grad, wie ist da eine Korrektur um zwei Grad für ein ganzes Jahr gerechtfertigt? ERSST und HadSST haben die Daten korrigiert, aber wie viel Vertrauen können wir in diese Korrekturen haben? Was war zu dieser Zeit sonst noch los?
Die klimatischen Bedingungen während des Zweiten Weltkriegs
Klimatisch gesehen war während des Krieges eine Menge los. Wir haben das Glück, dass Stefan Brönnimann von der Universität Bern eine sehr große Datenbank mit meteorologischen Daten aus Deutschland, den deutsch besetzten Gebieten, Schweden, den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und dem Vereinigten Königreich ausgegraben und digitalisiert sowie versucht hat, einige Schlussfolgerungen über das Klima der nördlichen Hemisphäre während des Krieges zu ziehen. Was in diesem Beitrag vorgestellt wird, stammt größtenteils aus Arbeiten, die er zwischen 2003 und 2005 veröffentlicht hat (Brönnimann S. , 2003), (Brönnimann, Luterbacher, & Staehelin, 2004), (Brönnimann & Luterbacher, 2004b) und (Brönnimann S. , 2005).
Anhand der gesammelten Daten erstellten Brönnimann und Kollegen monatliche Karten der Oberflächenbedingungen, der Temperatur in der oberen Atmosphäre und der geopotentiellen Höhe. Brönnimann und Luterbacher rekonstruierten die obere Atmosphäre für den Zeitraum 1939 bis 1944. Sie fanden Hinweise auf einen schwachen und gestörten Winter-Polarwirbel auf der Nordhemisphäre. Dies führte zu anomal hohen Wintertemperaturen in der oberen Atmosphäre und an der Oberfläche in Alaska, Kanada und Grönland sowie zu extremer Kälte in Europa. Eine Beispielkarte ist in Abbildung 2 für Januar 1942 in einer Höhe von 500 hPa (etwa 5500 Meter) dargestellt:

Abbildung 2. Beispielkarte der Temperaturanomalie vom Januar 1942 in 500 hPa (5500 m). Es handelt sich um eine polare Projektion der Nordhemisphäre mit dem Nordpol im Mittelpunkt. Quelle: nach (Brönnimann & Luterbacher, Reconstructing Northern Hemisphere upper-level fields during World War II, 2004b).
Brönnimann und Kollegen glauben, dass das ungewöhnliche Wetter während des Zweiten Weltkriegs mit dem sehr starken und anhaltenden El Niño zusammenhing, der zu dieser Zeit aufgetreten war. In Abbildung 3 sind der Niño 3.4-Index, die AMO und die PDO dargestellt, wobei der Zweite Weltkrieg als „WWII“ gekennzeichnet ist.
Während die Welt als Ganzes während der Kriegsjahre im Durchschnitt ungewöhnlich warm war, litten Europa, Nordsibirien und der zentrale Nordpazifik unter drei bitterkalten Wintern von Ende 1939 bis 1942. Die südliche Hemisphäre blieb nicht verschont, die Meerestemperaturen in den südlichen mittleren Breiten waren ungewöhnlich niedrig, und Australien litt von 1937 bis 1945 unter einer sehr lang anhaltenden Dürre (Hegerl, Brönnimann, Schurer, & Cowan, 2018).

Abbildung 3. Die Indizes der AMO, der PDO und des Niño 3.4 mit Markierung des Zweiten Weltkriegs. Datenquelle: NOAA.
In Abbildung 3 ist der markante El Niño des Zweiten Weltkriegs sehr deutlich zu erkennen, und wir können sehen, dass die AMO und die PDO positiv sind. Die Nordatlantische Oszillation ist nicht dargestellt, aber sie ist während dieses Zeitraums stark negativ (siehe Abbildung 4 für eine Darstellung der ähnlichen Druckanomalie zwischen Island und den Aleuten). Es gibt auch Hinweise auf eine hohe Ozonkonzentration sowohl in der Arktis als auch in den mittleren Breiten, einen schwachen Winter-Polarwirbel und häufige stratosphärische Erwärmungen. Wie Brönnimann und Kollegen berichten, „stellt der Zeitraum 1940-42 an der Erdoberfläche und in der Troposphäre eine extreme Klimaanomalie von hemisphärischem bis globalem Ausmaß dar“.
Abbildung 4 vergleicht die ENSO 3.4-Temperatur mit der Temperatur in Mittel-, Nord- und Osteuropa, die Druckdifferenz zwischen Island und den Aleuten, die 100-mbar-Differenz der geopotentiellen Höhe zwischen den Polen und den mittleren Breiten sowie die Gesamt-Ozonmessung in Arosa, Schweiz. Alle diese Messungen zeigen während des Zweiten Weltkriegs eine deutliche Anomalie:

Abbildung 4. Vergleich der ENSO-3.4-Temperaturanomalie mit der Temperatur in Europa, der Luftdruckanomalie zwischen Island und den Aleuten, der 100-mbar-Geopotentialhöhe und dem Gesamtozon in der Schweiz. Die gelbe Schattierung deckt etwa die Jahre 1937 bis 1945 ab. Quelle: nach (Brönnimann S. , 2005).
Abbildung 4 zeigt, dass die Jahre 1940-1942 im Kontext des 20. Jahrhunderts als eine einzigartige klimatische Anomalie herausragen. Daher erscheint es ungewöhnlich, dass die in Abbildung 1 gezeigten letzten ERSST- und HadSST-Aufzeichnungen für den Zeitraum 1940-1942 den gleichen Trend wie zuvor aufweisen, als ob nichts Ungewöhnliches geschehen wäre. In den ICOADS-Rohdaten ist die Klippe von 1946 zwar ein wenig zu erkennen, aber im Vergleich zu den ICOADS-Daten sehr gedämpft.
Ich stelle die Probleme in den Rohdaten nicht in Frage, sie sind eindeutig dokumentiert. Ich stelle jedoch die vom Hadley Centre und der NOAA vorgenommenen Korrekturen in Frage. Die korrigierten Daten scheinen zu sehr mit der Zeit vor dem großen El-Niño-Ereignis des Zweiten Weltkriegs und der Zeit danach übereinzustimmen. Ich würde erwarten, dass ein Teil der Anomalie, die in den Rohdaten zu sehen ist, den Korrekturprozess überlebt.
Referenzen
Brönnimann, S. (2003). A historical upper air-data set for the 1939–44 period. International Journal of Climatology, 23(7), 769-791. doi:10.1002/joc.914
Brönnimann, S. (2005). The Global Climate Anomaly in 1940-1942. RMetS Weather, 60(12).
Brönnimann, S., & Luterbacher, J. (2004b). Reconstructing Northern Hemisphere upper-level fields during World War II. Climate Dynamics, 22, 499-510. doi:10.1007/s00382-004-0391-3
Brönnimann, S., Luterbacher, J., & Staehelin, J. (2004). Extreme climate of the global troposphere and stratosphere in 1940–42 related to El Niño. Nature, 431, 971–974. doi:10.1038/nature02982
Hegerl, G. C., Brönnimann, S., Schurer, A., & Cowan, T. (2018). The early 20th century warming: Anomalies, causes, and consequences. WIREs Climate Change, 9(4). doi:10.1002/wcc.522
Link: https://andymaypetrophysicist.com/2025/04/17/the-weather-and-climate-of-world-war-ii/
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Ich bin ja kein Klimaexperte. Aber vor vielen Jahren habe ich mir überlegt, dass man diesen Zeitraum weglassen kann. Da sind in vielen Bereichen massenhaft Bomben explodiert. Die waren ja auch sehr warm. Das hatte bestimmt Auswirkungen auf den Wind und dessen Richtung. Gleichzeitig gab es eine Menge Staub in der Luft. Dadurch gab es damals bestimmt mehr Wolken. Gibt es nie wieder Kriege mit Bomben, wird es keine solchen starken Änderungen geben
Ich denke, dass Sie teilweise recht haben. Teilweise deswegen, weil die strengen Kriegswinter gesprächsweise von meinen Eltern und Großeltern immer wieder erwähnt worden sind (inzwischen sind sie alle leider nicht mehr). Dass eine solche Anomalie (und um eine solche handelt es sich) offenbar global (oder zumindest auf der NH) aufgetreten war, war für mich der interessanteste Aspekt dieses Beitrags, weshalb ich ihn auch übersetzt habe.
MfG
Wetterdaten unterliegen im Krieg der höchsten Geheimhaltung. So zum Beispiel war ein wichtiger Fakt für das Gelingen der Landung auf der Normandie an fehlenden Zugriff der Wehrmacht an Wetterdaten:
Eine Landung wie die geplante ist nur bei bestimmten Konstellationen der Gezeiten möglich. Da für den 6.6.44 durchgehend schlechtes Wetter eine Landung unmöglich schien, und die nächste Möglichkeit erst in xx Tage vorlag, fuhren Rommel und andere Kommandierende nach Hause und fehlten die entscheidenden Stunden. Sie konnten nicht wissen, dass sich über den Atlantik eine kurze Wetterberuhigung anbahnte, da deutsche Flugzeuge nicht mehr so weit westlich fliegen konnten. Da entschloss sich Eisenhover zum Angriff. Es hätte auch anders ausgehen können ( die Schlacht, nicht der Krieg), wenn man die gleiche Info über das Wetter hätte.
Das sind Fakten, keine Zahlenspielereien mit Wetterdaten.
Ich kann mir vorstellen, dass aufgrund der hohen Geheimhaltung deutlich weniger Daten als in Friedenszeiten verfügbar sind und man daher mehr hinein interpretieren kann.
Der DWD verfügt für die aktive Messstelle Schwerin über Daten seit 1890. Es fehlt jedoch der Zeitraum vom 1.1.1942 bis 30.6.1946.
Danke Herr Blücher, Sie bestätigen meine Gedanken!
Wetter im 2. Weltkrieg, ein beeindruckend starker Einflussfaktor.
Das ist das komische, Copernicus nutzt aufgezeichnete Daten seit 1940 obwohl es reichlich Wetterdaten aus den Jahren(zehnten) davor geben muss, in irgendwelchen (Militär-)Archiven.
Und dann realisiert man dass es nie um „Klimawissenschaft“ ging sondern um den Konsens. Was für ein Beschiss.
Alles was nicht passt wird passend gemacht!