von Uli Weber

Es mehren sich vorgeblich klimarealistische Artikel, in denen der Versuch unternommen wird, eine angebliche Klimawirksamkeit von CO2 aus der Kritik zu nehmen oder sie sogar in den natürlichen Ablauf erdgeschichtlicher Vorgänge einzubinden. Charles Rotter argumentiert in seinem Artikel, Warum die Frage „Können Sie empirisch nachweisen, wie viel Erwärmung durch CO₂ verursacht wird?“ eine wirklich dumme Frage ist, die Klimawirksamkeit von CO2 sei einem experimentellen Beweis gar nicht zugänglich und fordert die Klimarealisten dazu auf, diese „dumme“ Fragestellung künftig zu unterlassen. In seinem Artikel, Plattentektonik und Klima im Känozoikum, stellt Andy May in seiner Abbildung 1 eine Verbindung zwischen dem d18O-Temperaturproxy und dem dC13-Marker her, den er in Abbildung 2 wiederum mit dem atmosphärischen CO2-Gehalt über die letzten 70 Millionen Jahre verknüpft. Danach stelle der Anteil d13C selbst weder ein Proxy für die Meerestemperatur noch für die atmos­phärische CO₂-Konzentration dar, soll (?) aber trotzdem irgendwie damit in Beziehung stehen. Schließlich beschreibt May die plattentektonische Entwicklung in diesem Zeitraum und macht konkrete Ereignisse an Veränderungen der Kurvenverläufe von CO2-Gehalt und dC13 fest. Am Ende konkretisiert sich daraus dann ein beweisfreier plattentektonischer Zusammenhang zwischen atmosphärischem CO2–Gehalt und der Meerestemperatur. Beide Artikel versuchen also lediglich, Teile der unbewiesenen heiligen Dreieinigkeit der Klimareligion zu stützen, nämlich CO2, Gegenstrahlung oder den THE, ohne aber die dafür erforderlichen neuen und eindeutigen wissenschaftlichen Beweise vorlegen zu können.

In die Zukunft gerichtete Klimamodelle rechnen den heutigen Klimawandel im Wesentlichen dem vom Menschen verursachten CO2-Eintrag in die Atmosphäre zu (Anthropogenic Global Warming = AGW) und unterscheiden nicht zwischen einem natürlichen und einem menschengemachten Klimaantrieb. Erst mit einer solchen willkürlichen Beschränkung auf einen vorgeblich alleinigen anthropogenen CO2-Klimaantrieb aber wird der AGW-Klimaalarmismus zur zukunftweisenden Wissenschaftsreligion, mit der die Weltbevölkerung bis zum Jahre 2100 in eine dekarbonisierte Weltgemeinschaft gezwungen werden soll. Schaun wir uns zunächst einmal an, welche Ereignisgrößen in einer Darstellung über 70 Millionen Jahre einfach so verloren gehen können. Nachfolgend werden die Temperaturproxys der antarktischen Vostok-Eiskernbohrung dargestellt. Der zeitliche Umfang der Vostok-Daten beträgt 420.000 Jahre, also knapp eine halbe Million Jahre. Und bereits hierin verstecken sich 5 Warmzeiten und 4 Kaltzeiten unseres gegenwärtigen Eiszeitalters. Bezüglich der Zusammenstellung von Andy May über 70 Mio. Jahre drängen sich deshalb schon einmal Überlegungen zu Sampling-Rate und gemeinsamer Auflösung für die Daten von Westerholt et al. (2020) und Rae et al. (2021) auf, insbesondere, wenn dann solche Daten auch noch in einen Kontext mit plattentektonischen Ereignissen gestellt werden.

Abbildung 1: Die Temperatur-Proxys aus dem Vostok-Eiskern

Diese Abbildung ist eine isochrone Darstellung der Originaldaten von Petit et al. (2001), was an der abnehmenden Strichstärke von links nach rechts aufgrund der Datendichte deutlich wird. Seit dem bahnbrechenden Werk von KÖPPEN und WEGENER „Die Klimate der geologischen Vorzeit“ (1924), das zwischenzeitlich in den politisierten Klimawissenschaften bedauerlicherweise „verloren gegangen worden“ ist, werden in den Geowissenschaften die paläoklimatischen Schwankungen auf Variationen der Erdbahn (Milanković-Zyklen) zurückgeführt, weil zwischen beiden eine zwingende Übereinstimmung im Frequenzbereich besteht. Diese Erkenntnis setzt sich bis in die aktuelle geowissenschaftliche Literatur hinein fort, beispielsweise bei Shackleton, Imbrie und Laskar.

Allerdings ist die absolute Veränderung der Sonneneinstrahlung über diese orbitalen Zyklen vom Betrag her zu klein, um solche globalen Temperaturwechsel direkt verursachen zu können. Aber ein durch die orbitalen Zyklen gesteuerter Eisalbedoeffekt auf den Kontinentalschollen höherer und mittlerer Breiten als selbstverstärkender Sekundäreffekt wäre durchaus in der Lage, über kleine Veränderungen der Sonneneinstrahlung einen entscheidenden Einfluss auf das globale Klima auszuüben. Dieser Effekt kann in seiner Wirkung beispielsweise mit einem elektronischen Verstärker verglichen werden, der ein von einem Radio empfangenes schwaches elektromagnetisches Signal schließlich als Töne hörbar macht. In der neueren klimawissenschaftlichen Literatur gibt es dagegen immer wieder Ansätze, Kohlendioxid (CO2) als den eigentlichen natürlichen Klimaantrieb auf unserer Erde zu etablieren, zuletzt von Shakun et al. (2015). Deren eigene Frequenzanalyse einer “ice-volume CO2 gain function” bestätigt aber die enge Korrelation zwischen paläoklimatischen Veränderungen und den orbitalen Milanković-Zyklen. Damit liefern Shakun et al. selbst einen unfreiwilligen Nachweis für den oben genannten Eisalbedoeffekt.

Die Vostok-Temperaturproxys liegen im Bereich von Min = –9,39 °C bis Max = +3,23 °C. In der Abbildung unten wurde der theoretisch erforderliche CO2-Gehalt der Paläoatmosphäre für einen alleinigen primären CO2-Klimaantrieb aus den Vostok-Temperaturproxies von Petit et al. (2001) abgeleitet (blaue Kurve). Dazu wurde für CO2 die maximale Klimasensitivität des IPCC von 4,5 °C (IPCC 2013: 1.5°C to 4.5°C @ high confidence) für die Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehaltes zugrunde gelegt, beginnend bei einer Temperaturdifferenz von 0 °C zur NST und mit dem vorindustriellen CO2-Gehalt von 280 ppm. Die rote Kurve zeigt dann die tatsächlichen CO2-Messwerte für die Paläoatmosphäre aus den Vostok Eiskernen von Barnola et al. (2003).

Abbildung 2: Berechneter CO2-Antrieb aus den Vostok-Temperaturproxies (blau) und tatsächlich gemessener paläo-atmosphärischer CO2-Gehalt aus den Vostok Eiskernen (rot)

Ein natürlicher CO2-Antrieb für den Temperaturverlauf des Paläoklimas hätte also mindestens eine Schwankung des atmosphärischen CO2-Gehaltes zwischen etwa 65 und 460 ppm erfordert, was die gemessenen CO2-Gehalte der Paläoatmosphäre mit etwa 180 bis 300 ppm CO2 aber nicht abbilden; plausiblere Werte für die Klimasensitivität von CO2 unter 4,5 [°C/2xCO2] würden die erforderliche Schwankungsbreite für einen rechnerischen CO2-Klimaantrieb sogar noch deutlich erhöhen. Diese Betrachtung ermöglicht aber umgekehrt auch eine Abschätzung der CO2-Klimasensitivität für einen alleinigen CO2-Temperaturantrieb der Paläoatmosphäre aus den Vostok-Temperatur-Proxys. Aufgrund von Unsicherheiten bei der Kombination der Datenpaare (Vostok-Temperatur-Proxy bei paläo-atmosphärischen CO2-Gehalten) und der Division durch kleine Zahlen ist die Variabilität der Ergebnisse für die oben angegebenen Minimal-/Maximalwerte (180 ppm bei –9,39 °C bzw. 300 ppm bei +3,23 °C) recht groß, während der Durchschnitt über den gesamten Datensatz eine mittlere Klimasensitivität von 16,7 [°C / 2x CO2] ergibt.

Ohne eine Klimasensitivität von etwa 16 [°C / 2x CO2] kann CO2 also ganz eindeutig nicht der einzige natürliche Paläo-Klimaantrieb sein, wie uns das die politisierte Klimawissenschaft ständig einzureden versucht.

Abschätzung mit aktuellen Messdaten: Im Zeitraum zwischen 1880 und 2012 hatte sich der atmosphärische CO2-Gehalt von 280 ppm auf 394 ppm erhöht (NOAA). Für einen alleinigen anthropogenen CO2-Klimaantrieb seit 1880 ergibt eine IPCC-konforme Berechnung über die genannten Eckwerte mit der minimalen CO2-Klimasensitivität des IPCC von 1,5 [°C/2xCO2] einen Temperaturanstieg von 0,74 °C. Der vom IPCC (2014) für denselben Zeitraum angegebene Anstieg der globalen oberflächennahen Temperatur beträgt 0,85 °C. Die daraus abgeleitete Klimasensitivität ergibt sich zu 1,7 [°C/2xCO2] und schließt bereits den Effekt aller anthropogen erzeugten klimawirksamen Spurengase und deren atmosphärische Rückkopplungseffekte ein.

Dieser gemessene Temperaturanstieg von 0,85 °C zwischen 1880 und 2012 enthält aber auch noch den Einfluss des natürlichen (Paläo-) Klimaantriebs für diesen Zeitraum.

In meinem EIKE-Artikel, Über physikalische Modelle: Kippen wir doch nicht gleich das Kind mit dem Bade aus, hatte ich ausgeführt, dass es in der Klimawissenschaft bis heute kein konkretes und falsifizierbares Modell für den natürlichen Klimaantrieb gibt, Zitat:

Das IPCC hatte in seinem Bericht „Climate Change 2014 / Synthesis Report / Summary for Policymakers” auf Seite 5, letzter Absatz, folgende Aussage getroffen, Zitat mit Hervorhebungen:

“The evidence for human influence on the climate system has grown since the IPCC Fourth Assessment Report (AR4). It is extremely likely that more than half of the observed increase in global average surface temperature from 1951 to 2010 was caused by the anthropogenic increase in GHG concentrations and other anthropogenic forcings together.”

Mehr als „einhalb“ kann zunächst einmal alles zwischen einhalb und eins mit einem „natürlichen“ Epsilon (0<E<=0,5) bedeuten. Das IPCC argumentiert hier aber mit einem einstelligen Bruch [mehr als ½=0,5]. Und der nächste einstellige Bruch in dieser Abfolge in Richtung „1“ wäre dann [3/5=0,6]. Wenn wir die IPCC-Aussage „mehr als einhalb“ in diesem Sinne interpretieren, dann sind lediglich maximal 55% des Temperaturanstiegs von 1951 bis 2010 menschengemacht. Aber wenn man dann in diesem Bericht tiefer gräbt und nach dem zugrunde liegenden CO2-Modell für den „natürlichen atmosphärischen Treibhauseffekt“ fahndet, dann findet man mit einer Textsuche nach „greenhouse“ lediglich eine Vielzahl von Verweisen auf „greenhouse gas“ und Quantifizierungen von Strahlungsleistung in [W/m²], aber kein der Verifikation/Falsifikation zugängliches Modell für den sogenannten „natural greenhouse effect“. Das IPCC hat also gleich zwei Probleme mit dem CO2: Erstens gibt es beim IPCC neben Strahlungsäquivalenten gar kein nachvollziehbares physikalisches Modell für dessen Treibhauswirkung und zweitens sind nach dortiger Auffassung überhaupt nur 55% des vorgeblich beobachteten Temperaturanstiegs menschengemacht.“

Am Ende landen wir mit der Klimasensitivität von CO2 also bei maximal 0,55 x 1,7 [°C/2xCO2] inklusive aller Wechselwirkungen, also bei etwa 0,9 [°C/2xCO2]. CO2 kann damit weder aktuell noch in der geologischen Vergangenheit der bestimmende Klimaantrieb für die Temperaturgenese auf unserer Erde (gewesen) sein, ganz im Gegenteil: Mein hemisphärisches Konvektionsmodell kommt bei der Erklärung für die terrestrische Temperaturgenese ganz ohne einen THE aus.

 

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