Die Solarbranche meldet zwar Rekordwerte beim Zubau von Photovoltaik-Anlagen. Sie verschweigt dabei, dass sich die Anzeichen häufen, wonach der Solarboom bald vorbei sein könnte.

 

Von Peter Panther

Kurz nach Neujahr verbreitete die deutsche Solarbranche eine Jubelmeldung: «Photovolatik-Boom in Deutschland hält 2024 an». Dieser Boom habe sich im letzten Jahr «ungebremst» fortgesetzt. Konkret sei mehr als eine Million Solaranlagen neu in Betrieb genommen und damit eine Rekordleistung installiert worden. Diese habe 2024 über 16 Gigawatt betragen. Insgesamt belaufe sich die Photovoltaik-Leistung in Deutschland damit auf fast 100 Gigawatt, womit schon fast die Hälfte des Ausbauziels von 215 Gigawatt bis 2030 erreicht sei.

Schaut man sich die Zahlen in dieser Meldung genauer an, fällt auf, dass 2024 effektiv ein Rekordjahr war, die neu installierte PV-Leistung mit 16 Gigawatt aber nur geringfügig höher lag als 2023, als auch schon deutlich über 15 Gigawatt dazu kamen. 2023 war zwar in der Tat ein Boomjahr, weil sich damals die installierte Leistung mehr als verdoppelte – aber 2024 zeigte sich bereits eine markante Abflachung des Wachstums.

Zwei Drittel der Solarinstallateure melden «Einbruch» des Geschäfts

Kein Thema in der erwähnten Meldung war, dass sich die Anzeichen für ein Ende des Solarbooms inzwischen häufen. Bereits im März 2024 liess eine Umfrage der Branchenzeitschrift «pv magazine» bei über 500 deutschen Solarinstallateuren aufhorchen: 67 Prozent dieser Fachleute gab damals an, in den vorangegangenen Monaten einen «Einbruch» bei den Aufträgen für private Dachanlagen verzeichnet zu haben. Zugleich vermeldete das Magazin auch, dass die Zahl der neuen PV-Dachanlagen bis 30 Kilowatt in der zweiten Hälfte von 2023 rasant abgenommen hatte: von 111’684 im Juli auf gerade noch 40’688 im Dezember. Dieser Rückgang übertraf die erwartbare saisonale Abnahme bei weitem.

Im November 2024 verbreitete das Solartechnik-Unternehmen Q-Cells schlechte Zahlen für den vorangegangenen Sommer: Von Juni bis August 2024 hatten deutsche Privatkunden weit weniger PV-Anlagen installiert als im Vorjahr. Die Abnahme betrug satte 32 Prozent. «Wir sehen einen Rückgang bei den Neuinstallationen, nachdem im letzten Jahr ein Boom auf PV-Anlagen eingesetzt hatte», liess sich Oliver Beckel, Head of Strategy bei Q-Cells, zitieren.

«Solarindustrie in einer Korrekturphase»

Im letzten November wurden Zahlen publik, wonach der Zubau bei der Photovoltaik in den vorangegangenen zwölf Monaten in jedem Monat unter der Marke von 1,60 Gigawatt geblieben war. Soviel müsste neu installiert werden, damit das Ziel von 215 Gigawatt Solarleistung bis 2030 erreicht werden kann. Der effektive Zubau belief sich aber auf Werte zwischen 0,95 Gigawatt (August 2024) bis 1,59 Gigawatt (Januar 2024).

Auch in diesem Jahr häufen sich Meldungen, die dem vermittelten Bild eines anhaltenden Solarbooms entgegenstehen. Im März kam die Nachricht, wonach die Bundesnetzagentur letztes Jahr 15 Prozent weniger Eigenheimsolaranlagen registriert hat. Die Zahl der kleineren Dachsolaranlagen ging sogar um ein Drittel zurück. «Die Solarindustrie befindet sich laut Experten in einer Korrekturphase», schrieb das Onlineportal «merkur.de».

Im April gab der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) bekannt, dass die Elektro-Handwerksbetriebe letztes Jahr satte 27 Prozent weniger Photovoltaik-Anlagen installiert haben. Dieser Rückgang betrifft zwar nur einen Teil aller neuen PV-Anlagen und mag noch andere Gründe als nur einen Interessenverlust haben. Ein Alarmsignal für die Branche ist es allemal.

Der Anreiz für die Installation von Solaranlagen hat abgenommen

Insgesamt ist die Situation unübersichtlich: Manche Meldungen scheinen anderen diametral zu widersprechen. Das mag daran liegen, dass viele Nachrichten nur Teilsegmente des Photovoltaik-Marktes betreffen, während die Absatzzahlen der gesamten Branche vorläufig auf einem hohen Niveau verharren.

Jedenfalls muss nach Gründen, warum der Solarboom bald vorbei sein könnte, nicht weit gesucht werden. Dieser Boom wurde massgeblich durch den Ukraine-Krieg und die nachfolgende Energiekrise ausgelöst. Damals fürchteten viele Eigenheimbesitzer und Unternehmer, bald nicht mehr ausreichend mit Strom versorgt zu werden – und entschlossen sich, zugunsten der eigenen Unabhängigkeit eine Solaranlage auf dem Dach zu montieren.

Inzwischen ist diese Energiekrise aber vorerst vorbei. Entsprechend sind auch die Strompreise gesunken, was den Anreiz, eigenen Solarstrom zu produzieren, schmälert. Zudem herrscht Unklarheit, wie es unter der neuen Regierungskoalition mit der Solarstrom-Förderung weitergeht. Da wartet man lieber zu mit entsprechenden Investitionen.

Auch bei Wärmepumpen und Elektromobilen ist der Boom vorbei

Sollte der Solarboom bald zu Ende gehen, wäre das keine Überraschung: Die meisten Leute, die sich für Sonnenstrom begeistern lassen, haben sich inzwischen mit der Technologie eingedeckt. Wer jetzt noch keine PV-Anlage auf dem Dach montiert hat, wird sich möglicherweise schwer dazu motivieren lassen.

Das gleiche Phänomen ist bei der Installation von Wärmepumpen und dem Kauf von Elektrofahrzeugen zu sehen: Der Markt für diese «Energiewende-Technologien» ist inzwischen gesättigt. Kommen noch Kürzungen von Förderbeiträgen dazu, resultiert schnell ein empfindlicher Rückgang bei den Verkaufszahlen – wie das in den ein bis zwei Jahren der Fall war. Die Vorstellung, dass der Solarboom immer weiter geht, muss vor diesem Hintergrund als naiv bezeichnet werden.

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(KASTEN)

Grösste Solaranlage der Welt macht dicht

Aus den USA ist eine Hiobsbotschaft für die Solarbranche eingetroffen: Die Ivanpah-Solaranlage in der Mojave-Wüste (Kalifornien) stellt 2026 ihren Betrieb ein – nur elf Jahre nach deren Start. Es handelt sich um ein sogenanntes Sonnenwärmekraftwerk. Bei diesem richten sich hunderttausende computergesteuerte Spiegel nach dem Sonnenstand und lenken das Licht auf drei zentrale Türme. Dort wird dank der gebündelten Energie Wasser verdampft, was Dampfturbinen antreibt.

Die Ivanpah-Anlage erstreckt sich über eine Fläche von 13 Quadratkilometer und war damit zeitweise das grösste Solarkraftwerk der Welt. Die erwähnte Technologie galt als zukunftsweisend. Entsprechend wurde die Anlage vom amerikanischen Staat mit 1,6 Milliarden Dollar gefördert. «Dieses Projekt ist ein Symbol für die spannenden Fortschritte, die wir in der gesamten Solarbranche sehen», verkündete der damalige Energieminister Ernest Moniz 2014 anlässlich der Einweihung.

Doch nun hat sich herausgestellt, dass sich die Stromerzeugung in der Ivanpah-Solaranlage wirtschaftlich nicht lohnt. Angeblich ist Photovoltaik-Strom preisgünstiger geworden und hat dieser Technologie den Rang abgelaufen. Freuen über die Betriebsschliessung dürfen sich Tierschützer. Diese bemängeln, dass der Bau des Kraftwerks unberührten Lebensraum in der Wüste zerstört habe. Zudem würden zahlreiche Vögel in der Luft von den Hitzestrahlen der Spiegel getötet.

 

 

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