Im Falle der Atmosphäre wird dies durch den Einfluss des Wassers in seinen verschiedenen Aggregatzuständen nochmals komplizierter. Bei festen Körpern ausreichender Größe lassen die Temperaturänderungen im Inneren dagegen eine ziemlich exakte Bilanzierung der Zu- und Abflüsse an thermischer Energie zu. Wenn es um klimatische Langfristtrends geht, sind Messungen der Temperatur im Boden daher aussagekräftiger als solche in der Luft.

Die Verhältnisse sind bei festen Körpern vergleichsweise einfach, weil hier der Transport von Materie nur eine untergeordnete Rolle spielt. Sie weisen meist ein streng geordnetes Kristallgitter auf, in dem die Atome bzw. Moleküle ortsfest an ihre Nachbarn gebunden sind. Diese Bindungen kann man sich wie Federn vorstellen, wodurch die einzelnen Gitterteilchen hin und her schwingen können, Bild 1. Je mehr Energie ihnen zugeführt wird, desto heftiger werden diese Schwingungen. Da sie mit ihren Nachbarn elastisch verbunden sind, geben sie diesen dabei auch einen Teil ihrer Energie weiter. Dieser Energietransfer erfolgt ständig und in alle Richtungen: Jedes Gitterteilchen gibt jedem seiner Nachbarn immer wieder einen Teil seiner Schwingungsenergie ab und erhält zeitlich versetzt von diesen auch wieder Energie zurück. Allerdings geben Gitterelemente, die ein hohes Maß an Schwingungsenergie aufweisen, im statistischen Mittel an ihre Nachbarn mehr Energie ab, als sie von diesen zurückerhalten. Deshalb hat Wärme in einem festen Körper die Tendenz, sich gleichmäßig in alle Richtungen auszubreiten bzw. zu verteilen. Sie „fließt“ von Bereichen hoher Temperatur weg und hin zu Bereichen mit niedrigerer Temperatur. Allerdings erfolgt die sogenannte Wärmediffusion im Unterschied zum Wärmetransport durch Konvektion, wie er in Flüssigkeiten und Gasen dominiert, ziemlich langsam.

Wichtig ist die Erkenntnis, dass Wärmetransportvorgänge – grob vereinfacht – mit dem Verhalten von Wasser vergleichbar sind, welches bekanntlich immer die Tendenz hat, nach unten zu fließen, und schließlich sogar im Boden versickert. Wärme fließt immer von Bereichen mit höherem Temperaturniveau in Richtung auf Bereiche mit niedrigerer Temperatur und nicht umgekehrt. Das zugrundeliegende Naturgesetz ist der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Er hat zahlreiche Ausprägungen, doch genügt es für unsere Betrachtungen festzuhalten, dass Wärme nicht von selbst von einem Körper niedriger Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur übergehen wird.

 

Bild 1. Im Kristallgitter fester Körper sind die Gitterelemente mit ihren Nachbarn fest verbunden. Die Verbindungen sind elastisch wie Federn, so dass die Teilchen hin und her schwingen können (Grafik: Autor)

Die Wärmediffusion im Boden erfolgt äußerst langsam

Diese für feste Körper geltenden Zusammenhänge treffen in eingeschränkter Form auch für Konglomerate bzw. Haufwerke fester Körper wie z.B. wie Sand oder Erdreich zu. Die geringe Geschwindigkeit der Wärmeübertragung ist dabei für das Nachvollziehen von Wetter- und Klimavorgängen von Vorteil. Einen Eindruck von der Trägheit dieser Vorgänge vermittelt der Tagesgang der Temperaturprofile im Boden zwischen Oberfläche und 1 m Tiefe an einem typischen Sommertag, Bild 2.

Bild 2. Tagesgang der Temperaturprofile im Boden zwischen Oberfläche und 1 m Tiefe an einem typischen Sommertag [BAYE]

Das hier aufgeführte Beispiel ist typisch für die Verhältnisse bei einem mitteleuropäischen Kulturboden (unbewachsener sandiger Lehmboden) an einem weitgehend wolkenlosen Sommertag. Man erkennt deutlich, dass die Oberfläche am Tag stark aufgeheizt wird, die Wärme aber nur langsam tiefer eindringt. Nachts kühlt sich der Boden – ebenfalls von der Oberfläche ausgehend – wiederum sehr stark ab, bis sich der Zyklus mit dem nächsten Tag wiederholt. Die Eindringtiefe der Temperatur für einen Tageszyklus liegt je nach Bodenart bei lediglich etwa 10 bis 50 cm.

Wenn man sich die Darstellung in Bild 2 am Mittag bzw. um Mitternacht ansieht, so fällt vor allem die enorme Spanne von 35 K (Kelvin, entspricht °C) zwischen Minimal- und Maximaltemperaturen auf. Das ist mehr als doppelt so hoch wie die typischerweise von meteorologischen Stationen in 2 m Höhe gemessene Tagesdifferenz von etwa 15 K. Auf die Gründe hierfür wird zu einem späteren Zeitpunkt in einem weiteren Artikel, der sich mit der Strahlungsbilanz der Erdoberfläche beschäftigt, näher eingegangen.

Der Erdboden ist ein Langzeit-Temperaturarchiv

Die geringe Geschwindigkeit des Wärmetransports im Erdboden hat für die Klimawissenschaft den Vorteil, dass er einen zwar trägen, aber dafür getreuen Speicher für die mittel- bis längerfristige Entwicklung der Temperatur am jeweiligen Ort darstellt (mathematisch ausgedrückt funktioniert er wie ein Integrator). Mit zunehmender Tiefe hält er für Zeiträume von Tagen und Jahren bis zu Jahrhunderten getreu fest, wie viel Wärmeenergie er erhalten und wieder abgegeben hat 1). Dabei werden die kurzfristigen Schwankungen mit zunehmender Tiefe der Messstelle immer stärker herausgefiltert, Bild 3. In einer Tiefe von etwa 12-18 m ist nur noch der Jahreseinfluss feststellbar. Geht man noch tiefer, so kann man nach [PAUL] Schwankungen der Oberflächentemperatur auf Zeitskalen von hunderten bis tausenden von Jahren rekonstruieren (vergleichbar mit Klimaarchiven anderer Art z.B. in Eiskernen). Ab einer gewissen Tiefe beginnt sich dann die sich aus dem Inneren der Erde nach oben ausbreitende Wärme des Erdinneren bemerkbar zu machen und überlagert letztlich die von der Oberfläche ausgehenden Einflüsse.

Bild 3. Jahresgang der Temperatur in der Luft sowie im Erdboden im Jahre 2013. Bei 12 m ist faktisch nur noch der Gesamt-Jahreseinfluss zu erkennen (Daten: WIKI und PIK, Grafik: Autor)

An der in Bild 3 aufgetragenen Lufttemperatur ist außerdem zu erkennen, dass die Bodentemperatur weniger auf die Lufttemperatur reagiert als vielmehr auf die erhaltene und wieder abgegebene Menge an Strahlungsenergie. Zu erkennen ist dies an der Tatsache, dass der Boden in Tiefen bis zu 1 m im Sommer teils weit höhere mittlere Temperaturen aufweist als die Luft. Dies beweist, dass – statistisch gemittelt – nicht die Luft den Boden aufheizt, sondern umgekehrt der Boden mit der aus Sonnenstrahlung stammenden Wärme die Luft. Dies gilt sogar im Winter.

Der Boden verrät die wahren Klimaveränderungen

Eine weitere interessante Erkenntnis aus dem Verlauf der Bodentemperaturen ergibt sich dann, wenn man sie mit dem Langzeitverlauf der Lufttemperaturen über den verfügbaren Aufzeichnungszeitraum von 1898 bis 2014 vergleicht, Bild 4.

Bild 4. Vergleich des Verlaufs der Bodentemperaturen in 12 m Tiefe und der Lufttemperatur über den Zeitraum 1898 bis 2014 (Daten: WIKI und PIK, Grafik: Autor)

Beim Blick auf die Gleichungen des linearen Trends erkennt man, dass die Lufttemperaturen mit fast der doppelten Rate gestiegen sind wie die Temperaturen des Bodens. Natürlich wäre ein Vergleich über noch längere Zeiträume von großem Interesse, doch stehen dafür leider keine entsprechenden Zeitreihen zur Verfügung.

Beim Blick auf den Verlauf der Bodentemperaturen fällt auf, dass der Trend im Zeitraum zwischen 1898 und 1990 – bis auf einen massiven mehrjährigen Peak auf bis zu 10,5 °C in den 30er Jahren – nahezu ohne Anstieg verläuft. Erst ab 1990 ist eine deutliche Trendänderung nach oben festzustellen, doch wurde der Wert von 10,5 °C erst wieder im Jahr 2007 erreicht. Seither verharrt die 12-m-Bodentemperatur auf diesem hohen Niveau.

Betrachtet man den linearen Trend, so fällt auf, dass der Anstieg der 12-m-Bodentemperatur mit ca. 0,5 K/ Jahrhundert nur knapp halb so hoch liegt wie derjenige der Lufttemperatur mit ca. 0,9 K/ Jahrhundert.

Interessant ist jetzt natürlich die Frage, welche Einflüsse zum deutlichen Anstieg der Bodentemperaturen in den letzten beiden Jahrzehnten geführt haben, denn dies fällt weitgehend in jene Zeitperiode ab 1998, in welcher der von den meteorologischen Stationen weltweit ermittelte globale Anstieg der Temperaturen nahezu zum Stillstand gekommen ist. Die Lufttemperaturen in Deutschland zeigen für diesen Zeitraum allerdings einen deutlichen Trend nach oben.

Die Sonne führt Regie

Eine plausible Erklärung erhält man, wenn man den Verlauf der Temperaturentwicklung in 12 m Tiefe mit denjenigen ebenfalls in Bild 4 eingetragenen Mittelwerten der Sonnenscheindauer vergleicht. Die Ähnlichkeit beider Kurvenverläufe weist darauf hin, dass ihre Kopplung sehr eng sein dürfte. Der Anstieg der Temperaturen sowohl im Boden als auch in der Luft ist eindeutig mit einer Zunahme der Sonnenscheindauer von ca. 4,5 h/ d auf inzwischen 4,9 h/d verknüpft. Das entspricht einer Zunahme um fast 9 % innerhalb des Beobachtungszeitraums von 116 Jahren. Dass zusätzlich eingestrahlte Sonnenenergie auch eine Temperaturerhöhung zur Folge hat, bedarf eigentlich keiner weiteren Erläuterung. Dass viele Klimawissenschaftler, statt diesen einfach nachzuweisenden und völlig plausiblen Zusammenhang näher zu erforschen, sich auf das Thema „Treibhausgas CO2“ gestürzt haben, ist angesichts der überragenden Bedeutung der Sonnenenergie für den Wärmehaushalt der Erde schwer nachzuvollziehen.

Wo bleiben Wolken und Regen?

Weiterer interessanter Aspekt dieser Auswertung ist, dass sie den gängigen Erklärungsansätzen der Vertreter des „menschengemachten katastrophalen Klimawandels“ (AGW, Anthropogenous Global Warming) nicht entspricht. Mit zunehmender mittlerer Temperatur der Meeresoberflächen und der Böden sind zwangsläufig eine höhere Wasserverdunstung und ein höherer Wassergehalt der – wärmer gewordenen – unteren Lufthülle verknüpft. Die logischerweise zu erwartenden Folgen wären eine verstärkte Wolkenbildung und damit eine geringere Sonneneinstrahlung. Stattdessen ist – zumindest für Deutschland – genau das Gegenteil zu beobachten, Bild 5.

Bild 5. Während die mittlere Sonnenscheindauer in Deutschland den letzten 116 Jahren deutlich zugenommen hat, sind die Niederschlagsmengen nahezu unverändert geblieben (Daten: PIK, Grafik: Autor)

Dies deutet darauf hin, dass die Verhältnisse wesentlich komplexer sind, als dies von den meisten AGW-Vertretern dargestellt wird. Möglicherweise wirken sich langfristige zyklische Schwankungen der Strömungsverhältnisse in der Atmosphäre so aus, dass sie die eigentlich zu erwartende erhöhte Wolkenbildung nebst entsprechender Verringerung der Sonneneinstrahlung völlig überlagern. Auch weist der Trend der letzten Jahre eine Stagnation der Niederschlagshöhen aus, was mit erhöhter Sonnenscheindauer nicht zusammenpasst. Aus diesen Fakten ergeben sich natürlich Fragen, die im Rahmen dieses bewusst kurz gehaltenen Aufsatzes jedoch nicht mehr behandelt werden können. Hierauf werde ich zu einem späteren Zeitpunkt zurückkommen.

Fred F. Mueller

Ich danke Hr. Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt für Anregungen und fachliche Unterstützung

1)     Mathematisch lässt sich das Verhalten des Bodens als Integrator beschreiben. Es bildet sich darin eine sich nach unten fortpflanzende gedämpfte Wärmewelle. Deshalb ergeben sich auch mit zunehmender Tiefe Verschiebungen der Phasenlage des Temperaturgangs im Verhältnis zur Oberfläche. Bei 12 m Tiefe ist eine Verschiebung um rund 180 ° festzustellen, hier treten Minima und Maxima also im Gegentakt zum Jahreszeitverlauf am Boden auf. Das zeigt sich beispielsweise auch, wenn man die Korrelation der Werte für die Lufttemperaturen und diejenigen für die Bodentemperaturen ermittelt: Vollzieht man dies für die Werte aus identischen Jahren, so erhält man lediglich einen eher unbefriedigenden Korrelationskoeffizienten von 0,46. Berücksichtigt man jedoch einen Versatz von einem Jahr, so verbessert er sich auf 0,59.

Quellen

[BAYE] Bayer, A.: Modellierung der Temperaturentwicklung oberflächennaher Boden- und Gesteinsschichten arider Gebiete unter Berücksichtigung der solaren Einstrahlung und der Topographie. Diplomarbeit, im Studiengang Technische Geowissenschaften, Institut für Geophysik der Universität Stuttgart

[PAUL] Das Klimasystem und seine Modellierung (05-3103) – André Paul Atmosphärischer Strahlungstransport und Klima: Nachträge.

[PIK] http://www.pik-potsdam.de/services/klima-wetter-potsdam/klimazeitreihen/bodentemperatur

[WIKI] http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitreihe_der_Lufttemperatur_in_Deutschland

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