Stefan Kämpfe
Nur moderate Lenz-Erwärmung in Deutschland, ungünstiger Frühling für Landwirte, Gärtner und Windstromproduzenten
Der abgelaufene Frühling hatte so Einiges zu bieten – einen neuen Sonnenscheinrekord im März, Schnee bis ins Flachland Anfang April und Sommer im Mai – aber langfristig zeigen sich weder bei den Frühlings-Temperaturen noch bei den Niederschlägen besorgniserregende Trends.
Enorme Witterungsgegensätze – typisch für die Übergangsjahreszeit Frühling
Warum zeigt sich ausgerechnet der Lenz so launisch? Das hat mehrere Gründe. Über der Arktis wird jetzt nach der winterlichen Polarnacht Langtag – mit der einsetzenden Eisschmelze vermindert sich aber das Temperaturgefälle zwischen niederen und hohen Breiten; was den oft wintermilden, beständigen Westwetterlagen die Grundlage entzieht – es häufen sich so genannte Meridionale Lagen (Nord- oder Südlagen und der Sonderfall Ostlagen, die allesamt zu Extremen neigen). Und weil sich auch der die Westlagen stabilisierende, kalte Polarwirbel in der Stratosphäre nun aufgelöst hat, erfolgen oft jähe, dramatische Witterungsumbrüche. Außerdem setzt die Erwärmung der riesigen Landmassen Eurasiens ein, während die Meere (Wasser erwärmt sich nur sehr langsam!) noch sehr kalt sind. Letzteres begünstigt aber den Aufbau von Hochdruckgebieten auf dem Nordatlantik, bei Großbritannien und dem Nordmeer, und als „Ausgleich“ strömt Polar- oder gar Arktikluft aus Nordwest bis Nord ins sich erwärmende Festland. Die zwei wohl gegensätzlichsten Wetterlagen dieses Frühlings datieren vom 1. April und vom 19. Mai.
Dieser Lenz zeigte uns: Die Großwetterlagen mit ihren Luftmassen bestimmen das Temperaturniveau – nicht die CO2-Konzentration.
Der Lenz – langfristig nur mäßig wärmer?
Wie alle Jahreszeiten in Deutschland, hat sich auch der Frühling langfristig erwärmt. Besorgniserregend ist diese moderate Erwärmung aber nicht, und die DWD-Daten sind ja auch noch wärmeinselbelastet.
Es lohnt sich, die Temperaturentwicklung seit den späten 1980er Jahren genauer zu betrachten; sie fiel bei deutlich steigender Besonnung, welche erwärmend wirkt, sehr gering aus.
Aber während der April seit 1988 immerhin noch einen gewissen Erwärmungstrend zeigt, verhalten sich März und Mai erwärmungsträge:
Die seit 1990 lückenlos vorliegenden phänologischen Aufzeichnungen des Autors bestätigen das erwärmungsträge Verhalten des Frühlings, denn von den in den meteorologischen Frühling fallenden Phasen verfrühte sich nur die Apfelblüte leicht, und die Rückkehr der Mauersegler hat sich seit der Jahrtausendwende eher leicht verspätet.
Die Sonnenscheindauer als wesentlicher Treiber der Lenz-Temperaturen
Wie wir schon anhand der Abbildung 2 gesehen hatten, können die stark steigenden CO2-Konzentrationen nicht ursächlich für die Entwicklung der Frühlingstemperaturen gewesen sein. Besonders im März und April übt die Sonnenscheindauer einen signifikanten Temperatureinfluss aus. Das Deutschland-Flächenmittel dafür ist leider erst seit 1951 verfügbar:
Der Lenz 2022 zählte vor allem wegen eines neuen Sonnenschein-Rekords im März zu den sonnigsten aller Zeiten; aber auch der April und vor allem der Mai verliefen sehr sonnig. Näheres zum März-Rekord hier.
Großwetterlagen und Stromproduktion im Frühling 2022
Betrachtet man die Großwetterlagen, welche nach HESS/BREZOWSKY seit 1881 vorliegen, so fällt langfristig die leichte Häufigkeitszunahme der erwärmend wirkenden Süd- und Zentralhochlagen (HM) auf, während die kühlen Lagen mit nördlichem Strömungsanteil seltener wurden.
Werfen wir noch einen Blick auf die leider erst seit 1980 vorliegende „Objektive Wetterlagenklassifikation“ des DWD. Im Lenz 2022 fällt sofort die weit überdurchschnittliche Anzahl der Wetterlagen ohne eindeutige Anströmrichtung auf (so genannte Unbestimmte oder XX-Lagen). Diese stellen sich bei schwachen Zirkulationsverhältnissen ein. Wie sich diese erkennen lassen, was sie verursacht und was sie bewirken, wird hier und hier erläutert.
Weil diese XX-Lagen fast stets sehr windschwach sind, wird auch klar, warum die Windstromproduktion in diesem Frühling sehr gering ausfiel. Stellvertretend seien hier nur der März und der Mai gezeigt. In der ersten Aprildekade sorgte eine Sturmwetterlage für reichlich Wind, doch im Vergleich zu den Vorjahren fiel auch dieser Monat recht windschwach aus.
Die Frühlings-Niederschläge 2022 – unzureichend für Landwirtschaft und Gartenbau
Mit um die 115 mm Niederschlag, das sind etwa zwei Drittel der CLINO-Periode 1991 bis 2020, zählte dieser Lenz nicht zu den trockensten seit 1881. Besonders regenarm fiel der März aus. Winterfeuchte und ein gebietsweise feuchter April könnten noch eine passable Ernte zulassen, zumal die stark gestiegenen CO2-Konzentrationen den Pflanzen dabei helfen, Trockenphasen besser zu überstehen. Ein Blick auf die Langfrist-Entwicklung der Frühlings-Niederschläge zeigt sogar eine unwesentliche Zunahme:
Angesichts der aktuellen Ernährungskrise wäre aber eine größere Unabhängigkeit der Landwirtschaft von den Launen der Natur wünschenswert und im wasserreichen Deutschland auch problemlos möglich: Man nimmt Geld, das ja für Kriege, Gender-Fragen und Klimaschutz reichlich vorhanden ist, in die Hand, um Kleinspeicher und Bewässerungsanlagen zu bauen.
Wie sich unsere Frühjahrsniederschläge in der Zukunft entwickeln, bleibt ungewiss – auf langfristige Modellprognosen sollte man sich lieber nicht verlassen.
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
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Auffällig ist, dass in Graphik 10 die geglättete Niederschlagskurve seit etwa 2007 ausgeprägt fällt. Und zwar auf ein bisher unerreicht niedriges Niveau. Gleichzeitig wurde in dieser Zeit die Windkraftnutzung massiv ausgebaut. Aufgrund des Zeitraums mag das statistisch noch nicht ausreichend signifikant sein. Aber rein physikalisch sind solche Auswirkungen zu erwarten. Wenn man durch WKA die Luftströmungen abbremst und damit weniger Feuchtigkeit vom Meer auf Festland transportiert wird, ist ein Rückgang der Niederschlagsmenge zu erwarten.
Der Frühling kommt nicht früher wie immer wieder behauptet wird, sondern er kommt wie schon immer. Im März mit Huflattich, Forsythie und Märzenveilchen, nur die Aprilblüher sind teilweise früher, bei uns der Kirsch- und Birnbaum. Der Mai ist wieder so normal wie schon immer. In den städtischen Wärmeinseln, dort wo die Frühlings-Früher-Behaupter wohnen, mag das anders sein, aber auf 75% der freien Landfläche gilt das, was ich als jahrzehntelanger Frühlingsbeobachter bei meinen täglichen Naturspaziergängen feststelle: Im Mai schlagen die Bäume aus. Mal früher, mal später. Diesmal war der „Ausschlag=spring“ Mitte Mai abgeschlossen, da die Eisheiligen bei uns im Süden gänzlich ausgefallen sind. Keine CO2-Erwärmungswirkung erkennbar, keine Änderung gegenüber meiner Kindheit, keinerlei Katastrophenanzeichen in der freien Fläche Deutschlands. Dieser Frühling war einfach nur schön.