In den letzten hundert Jahren ist die Zahl der Toten wegen Unwetter trotz Klimawandel massiv zurückgegangen. Die Menschen können sich heute besser schützen. Auch in anderen Bereichen zeigt sich: Anpassung ist die effizienteste Methode, um sich vor der Erderwärmung zu schützen.

Von Peter Panther

Die Entwicklung ist beeindruckend: In den 1920er- und 1930er-Jahren kamen weltweit jährlich noch etwa 450’000 Menschen wegen extremer Wetterereignisse wie Stürmen oder Überschwemmungen ums Leben. Mittlerweile sind es aber durchschnittlich noch 35’000 Menschen pro Jahr. Das ist ein Rückgang um weit über 90 Prozent. Berücksichtigt man das Bevölkerungswachstum der letzten hundert Jahre, beträgt die Abnahme sogar 98 Prozent.

2020 sagte Ernst Rauch, Chef der Klimaforschung und Geowissenschaften beim Rückversicherer Munich Re, zur Abnahme der Zahl der Toten wegen Naturkatastrophen: «Ganz entscheidend sind die Warnung der Bevölkerung und die Evakuierung, die wesentlich besser funktionieren als in früheren Jahrzehnten.»

Bei Dürren beträgt der Rückgang der Sterblichkeit, unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums, gegenüber den 1920er-Jahren sogar unglaubliche 99,99 Prozent. Mit anderen Worten: Heute kommt kaum mehr jemand ums Leben, nur weil es nicht regnet. Denn die Versorgung mit Wasser bei Dürreeignissen funktioniert fast überall um Welten besser als früher.

Je reicher, desto weniger Todesopfer

Solche Entwicklungen mögen angesichts der ständigen Meldungen über angeblich immer schlimmere Unwettern und Dürren überraschen. Doch die Menschen schaffen es laufend besser, sich an Extremwetter-Ereignisse anzupassen – egal, ob die Erderwärmung deren Auftreten begünstigt oder nicht. Anpassung ist offensichtlich effizient.

Und am besten können sich die Menschen an die Unbill der Natur anpassen, wenn sie die notwendigen finanziellen Mittel dazu haben. Diesen Zusammenhang belegte 2007 ein Forscherteam um den amerikanischen Geowissenschaftler Gregory van der Vink. Das Team hatte in 133 Ländern die jährlich bei Naturkatastrophen gestorbenen Menschen für die Zeit von 1964 bis 2004 erfasst.

Die Zahl der Opfer wurde mit dem Bruttosozialprodukt pro Kopf des jeweiligen Landes verglichen. Das Resultat: Die Zahl der Opfer war umso kleiner, je reicher die Bevölkerung war. Insbesondere fielen 80 Prozent aller erfassten Todesfälle in nur 15 Ländern an. Es waren fast ausnahmslos Länder mit tiefer wirtschaftlicher Leistung, wie Äthiopien, Sudan, Indonesien oder Bangladesch.

Die klimabedingte Sterblichkeit geht trotz Erderwärmung zurück

Der amerikanische Umweltforscher Matthew Kahn hatte solche Zusammenhänge schon früher erkannt. 2003 entwickelte er sogar eine Formel dafür: In einem Staat mit 100 Millionen Einwohnern, in dem das durchschnittliche Jahreseinkommen von 2000 Dollar auf 14’000 Dollar steigt, geht die Zahl der jährlichen Todesopfer wegen Naturkatastrophen um 700 zurück.

Anpassung ist auch ein sehr wirksames Mittel zum Schutz vor Temperaturextremen: So nimmt die Zahl der Hitze- und Kältetoten an vielen Orten laufend ab. Das britische Office for National Statistics (ONS) kam im letzten Januar zum Schluss, dass die klimabedingte Sterblichkeit in England und Wales innerhalb von nur 18 Jahren um 22 Prozent abgenommen hatte. Gemeint waren Todesfälle infolge hoher oder tiefer Temperaturen.

Konkret waren es 2001 noch 993 klimabedingte Todesfälle pro 100’000 Einwohner, 2019 aber nur noch deren 771. Gemäß dem ONS ist der Rückgang maßgeblich auf eine bessere Anpassung an Temperaturextreme, eine optimierte Gesundheitsvorsorge und auf «Verbesserungen der sozioökonomischen Umstände» zurückzuführen. Wer reicher ist, kann sich also besser vor Hitze und Kälte schützen.

Der Klimawandel spielt nur eine untergeordnete Rolle

Bemerkenswert ist, dass sogar die Hitzetoten für sich allein genommen vielerorts zurückgehen, trotz tendenziell steigender Temperaturen. Das belegte 2016 ein internationales Wissenschaftlerteam in der Fachzeitschrift «Environmental International». Als Grundlage dienten Daten von 305 Orten in zehn Ländern der Jahre 1985 bis 2012.

Die Auswertung zeigte, dass der Anteil der jährlichen hitzebedingten Todesfälle in der ersten berücksichtigten Fünfjahres-Periode zwischen 0,45 und 1,66 Prozent betrug, in der letzten Fünfjahres-Periode aber nur noch zwischen 0,15 und 0,93 Prozent. Der Einfluss des Klimawandels spielt also nur eine untergeordnete Rolle

Doch man muss nicht unbedingt Todesopfer heranziehen, um die Bedeutung der menschlichen Innovation und der Anpassung zu erkennen. So ist etwa die Zahl der Waldbrände in den letzten Jahrzehnten weltweit deutlich zurückgegangen.

Diesen Trend belegten 2014 amerikanische Forscher im Fachblatt «Journal of Geophysical Research: Biogeosciences»: Sie kamen zum Ergebnis, dass die jährlich verbrannten Flächen in der Zeit von 1901 bis 2007 global um 1,3 Millionen Quadratkilometer abgenommen hatten – dies bei einem Durchschnitt von 4,4 Millionen Quadratkilometer.

Die Menschen sind erfinderisch darin, sich zu schützen

Über die Gründe für weniger Waldbrände herrscht weitgehend Einigkeit: Die Menschen entfernen vermehrt brennbares Unterholz aus den Wäldern, schlagen Feuerschneisen, setzen auf Aufklärung über Feuer und bekämpfen einmal entstandene Bränder viel effektiver als früher.

All diese Beispiele zeigen: Anpassung an Klimaextreme, Naturkatastrophen etc. ist in den meisten Fällen sehr wirkungsvoll. Die Menschen sind erfinderisch darin, sich, ihre Habseligkeiten und die Natur zu schützen. Die wichtigste Voraussetzung für entsprechende Strategien sind ausreichende finanzielle Ressourcen. Darum haben die ziemlich reichen Niederländer kein Problem darin, sich vor Sturmfluten durch Dämme zu wappnen, während die eher armen Bangladescher diesbezüglich noch große Mühe haben.

«Freihandel» auf Platz eins der Liste der besten Problemlösungen

Der dänische Professor und Statistiker Björn Lomborg ist überzeugt, dass wirtschaftliche Entwicklung der beste Weg ist, um den Folgen des Klimawandels zu trotzen – viel besser als der Versuch, mittels der Reduktion des CO₂-Ausstoss den Temperaturanstieg zu begrenzen.

Zusammen mit der von ihm gegründeten Problemlöse-Institution Copenhagen Consensus, dem namhafte Ökonomen angehören, hat Lomborg mehrmals untersucht, welche die besten Methoden sind, um die Probleme der Menschheit zu lösen. 2015 erstellte das Gremium ein entsprechendes Ranking. Auf Platz eins der besten Strategien zur Lösung von Menschheitsproblemen landete «Freihandel». Die Vermeidung von Klimagasen hingegen rangierte abgeschlagen auf einer der hintersten Positionen.

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