Das Klima hält die Welt am Laufen, in jeder Hinsicht. Gibt man das Wort «Klima» ins Suchsystem ein, findet Google in einer halben Sekunde 240 Millionen Stellen. In der Wissenschaft haben sich zahlreiche Experten aus allen Gebieten in einem Chor zusammengefunden und vor einem Weltdirigenten aufgestellt. Die Aussicht auf öffentliche Auftritte gibt Tausenden von Klimaprotestierenden den Antrieb, das Scheinwerferlicht zu suchen. Millionen von Politikern geben Milliarden an öffentlichem Geld zur Rettung des Klimas an Interessengruppen, die sich um sie scharen und ihnen bei Wahlen die Stimme geben. Und alle reden von Paris. Die Klimajugend tobt, weil die Länder die Ziele des Pariser Abkommens verfehlen. Umverteilungspolitiker verweisen auf Paris, um Fahrverbote zu erlassen, Elektro-Autos zu subventionieren, neue Abgaben auf CO2, Energie, Flugreisen, Fleisch oder Milch zu erheben und möglichst in die Staatskasse zu leiten.
Das ist ein irres Spiel.
Wer wirklich etwas für das Klima tun will, muss sich aus diesem Getue heraushalten. «Der Ansatz von Kioto und Paris ist in der Sackgasse», sagte kürzlich William Nordhaus an einer Tagung der ökonomischen Abteilung der Universität Zürich, als er zum Thema «Die Ökonomik des Klimawandels» sprach. Wenn Nordhaus sagt, der Pariser Prozess sei am Ende, hat das Gewicht. Er hat 2018 den Wirtschaftsnobelpreis erhalten für seine jahrzehntelangen Forschungsarbeiten zur Analyse des Klimawandels. Bereits Mitte der 1970er Jahre hat er in seinen Arbeiten dargelegt, dass eine Erderwärmung von mehr als zwei Grad Celsius zu einer für die Gesellschaft kritisch werdenden Klimaveränderung führen könnte. Er hat damit eine Temperaturmarke gesetzt, die später von der riesigen Uno-Maschinerie übernommen wurde.
Wirre politische Experimente
Die ganze Klima-Betriebsamkeit findet heute mehr oder weniger unter der Regie der Uno statt. Vor allem mit dem ersten Erdgipfel von 1992 in Rio wurde das Ganze in einen weltweiten Rahmen mit dem Wissenschaftsrat IPCC und mit jährlichen internationalen Klimakonferenzen gesetzt – mit dem Argument, dass Treibhausgas-Emissionen ein globales Problem darstellten. Das Protokoll von Kioto (1997) und das Abkommen von Paris (2015) mit den länderspezifischen Zielen zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen gelten als universales Rezept zur Rettung des Klimas. Nächsten November soll das Abkommen von Paris an der 26. jährlichen Uno-Klimakonferenz in Glasgow offiziell in Kraft treten.
Jedes Land soll also seine versprochenen Reduktionsmengen in die Tat umsetzen. Ist davon ein Fortschritt in der internationalen Koordination der Treibhausgasreduktion zu erwarten ?
Nein.
Das Abkommen enthält länderweise freiwillig versprochene Reduktionsmengen in Tonnen. Das Pariser Ziel der Schweiz lautet: die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent und bis 2050 um 70 bis 85 Prozent unter den Stand von 1990 drücken. Der Bundesrat hat das 2019 eigenmächtig auf netto null Ausstoss bis 2050 verschärft. Wollte man das CO2 global wirksam eindämmen, müsste man ein weltweites Emissions-Handelssystem mit einer Obergrenze einrichten. Das gibt es aber nicht. Nordhaus’ grosse Leistung ist es, dass er die Wechselwirkung zwischen Klimaveränderung und Wirtschaft so in ein Modell gefasst hat, dass man sehen oder simulieren kann, wie die Wirtschaft auf das Klima wirkt und umgekehrt. Ein wichtiges Resultat: Die Einführung einer globalen CO2-Steuer kann auch ein effizientes Instrument für die Klimapolitik sein. Aber sie muss einen grossen Teil der Welt abdecken, denn wenn nur wenige mitmachen, dann sind diese die Dummen und die andern lachen. Das Pariser Abkommen mit seinen freiwilligen Zusagen kennt keine Strafe fürs Nicht-Mitmachen. «Klimapolitik wird verhindert durch Trittbrettfahrer», meinte Nordhaus. Wenn also ein Land wie die Schweiz freiwillig seine Emissionen auf niedrige Zielwerte drosselt, drückt man die eigene Wirtschaft zu Boden, während die andern das fröhlich ausnützen und die Schweizer Emissionslücke sofort füllen.
Die Klimapolitik der Schweiz ist auf diesem Weg. Zum Teil ist sie eine Ansammlung wirrer politischer Experimente mit sogenannten Klimanotständen in Gemeinden oder Kantonen. Stimmungsanfällige Politiker erlauben sich im Spiel mit Aktivisten einen Jux mit dem Begriff Notstand. Und in der Hauptsache ist die schweizerische Klimapolitik eng mit der sogenannten Energiewende verbunden, die eine ebenfalls stimmungsanfällige Bundesverwaltung auf den Weg brachte und die von Parlament und Volk zur Hälfte verabschiedet worden ist. Die sogenannte Energiestrategie 2050 sieht vor, dass die Schweizer Wirtschaft von der Versorgung durch fossile Energie und Kernkraft abgekoppelt und in eine neue Welt der Sonnen- und Windenergie geführt wird.
Der weiche Teil mit der Abstimmung über Ziele und Visionen ist erledigt. Nun steht der zweite, harte Teil bevor, bei der es grossenteils um den Wohlstand des Volkes geht.
Nun spricht man nicht mehr von Visionen, sondern von Zusatzrappen auf Benzin, von Flugticketabgaben, Verboten von Ölheizungen, von Strafen für Importautos mit zu starken Motoren, von Strafen für Fabriken, die zu viel CO2 in die Luft lassen. All das schiesst jedoch weit über das Ziel hinaus, denn :
1 _ Die Schweiz ist sauberer, als man denkt. 1990 betrugen die CO2-Emissionen aus Brenn- und Treibstoffen in der Schweiz 38,9 Tonnen, 2019 waren es 32,8 Tonnen. Das ist eine Verringerung um 16 Prozent in knapp dreissig Jahren, in den nächsten zehn Jahren wäre also noch die doppelte Reduktion fällig, wenn das Pariser-Ziel eingehalten werden soll. Wenn man bedenkt, dass die Bevölkerung seit 1990 um einen Viertel gewachsen ist, sind die Fortschritte viel grösser: Pro Kopf hat die Schweiz den Ausstoss fast um 40 Prozent gesenkt. Dass man im Abkommen Zusagen in Tonnen pro Land statt pro Kopf machte, zählt zu den Unsinnigkeiten des Pariser Prozesses.
2 _ Die Schweiz ist ein CO2-Hochsteuerland. Nordhaus und zahlreiche andere Ökonomen kommen zum Schluss, dass die negativen Wirkungen der Treibhausgase abgegolten wären bei einem weltweit einheitlichen Preis in der Nähe von 50 Dollar pro Tonne, der bis 2030 auf 80 Dollar oder mehr steigen könnte. Das entspräche also einer kostengerechten CO2-Abgabe. Reiner Eichenberger, Ökonomieprofessor an der Universität Freiburg, verweist darauf, dass das nicht mehr wäre als jährlich rund 1,5 Milliarden Franken oder knapp ein halbes Mehrwertsteuerprozent. Damit wäre seiner Ansicht nach eine effiziente Klimapolitik für die Wirtschaft problemlos tragbar. Konkret liegt die Schweizer Belastung deutlich darüber. So wurde der maximale Abgabesatz auf Brennstoffen (Erdöl, Erdgas, fast die Hälfte der landesweiten Emissionen) bei der Revision des CO2-Gesetzes von 120 auf 210 Franken pro Tonne heraufgesetzt. Daneben sind auf dem anderen grossen Teil, den Treibstoffen, neue Abgaben vorgesehen, die 40 bis 50 Franken pro Tonne ausmachen können. Zudem ist eine Flugticket-Abgabe von 30 bis 120 Franken vorgesehen. Die Schweiz wird also mit weit überdurchschnittlich hohen CO2-Abgaben aus der Ländergemeinschaft herausstechen. Denn laut den Berechnungen von Nordhaus liegen die CO2-Abgaben heute im Weltdurchschnitt bei 1,7 Dollar pro Tonne.
3 _ Der Schweizer Staat erhält zu viel Geld. Abgaben auf Treibhausgasen sollen, wenn sie zur Verhaltenslenkung dienen, zurückverteilt werden an die Bevölkerung. Klimasteuer-Einnahmen sollen also andere Steuern reduzieren. Genau das widerstrebt vielen Politikern und der Verwaltung. Sie wollen das Geld lieber in der Hand behalten und nach eigenen Vorlieben verwenden. So zweigt der Bund einen Drittel der CO2-Abgaben oder mehr zur Finanzierung des sogenannten Gebäudeprogramms ab, also zur Förderung von Energieeffizienz und Gebäudetechnik. Ein weiterer Teil der CO2-Abgaben geht in einen Technologiefonds, der Vorhaben zur Verringerung von Treibhausgasen subventioniert. Der Technologiefonds soll zudem in einen neuen Klimafonds überführt werden.
Es ist noch Zeit, den zweiten Teil der Energiestrategie bürgerfreundlicher zu machen
und den Pariser Prozess zu stoppen, der der Welt vorgaukelt, man tue etwas fürs Klima.
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)* Anmerkung der EIKE-Redaktion :
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich : „Die Fehler von Paris“ | DIE WELTWOCHE, Nr. 6 (2020) | 6. Februar 2020 ;
EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Beat Gygi für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages, wie schon bei früheren Beiträgen : http://www.weltwoche.ch/
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Die sogenannte „reiche westliche Welt“ zählt rund 1 Milliarde Einwohner. Deren pro Kopf CO2-Fußabdruck soll um mindestens 50% reduziert werden um die Welt vor der Klimakatastrophe zu retten. Gleichzeitig gesteht man den Entwicklungsländern mit ihren rund 6,5 Milliarden Menschen ein CO2-Budget um teilweise mehrere 100% über dem heutigen Niveau zu. Man will ja schließlich kein Unmensch sein und denen auch ein besseres Leben gönnen.
Öhömmm jetzt komme ich stark ins Grübeln wie sich die weltweite CO2-Bilanz verändern wird.
„38,9 Tonnen“ CO2 für die Schweiz ist ja sehr wenig. Vermutlich falsch.
Im Kern ist der Artikel doch ein reiner Begründungsversuch (ohne Belegführung durch Daten, sondern nur durch ein selbst erstelltes „Simulationsmodell“ ) für einen weltweiten CO2-Zertifikathandel und Bestätigung zur CO2-Hysterie.
Das Einzige, was er anprangert, ist die Blödheit der Schweizer Bürger, sich dabei gnadenlos über den Tisch ziehen zu lassen und ohne irgendwelchen Nutzen CO2-Steuer in immer größerem Umfang zahlen zu müssen.
Das einzig „Positive“ ist die Übermittlung der Kenntnis: Nicht nur Deutschlands Bürger müssen bei einem solchen Preissystem mitmachen und nicht nur Deutschlands Politik nutzt den Klimawandel schamlos zum Eintreiben neuer Steuern aus.
Und: Nicht nur Deutschlands Bürger – sondern auch die Schweizer – finden das auch für erforderlich und gut.
Ich grüble schon seit einiger Zeit darüber nach, wie viel „Wert “ eine Tonne CO2 ist. Auch eine Modellierung des Zusammenhangs zwischen CO2 und Wirtschaft scheint etwas gewagt. Möglicherweise haben solche Modelle die Aussagekraft der Klimamodelle. Vielleicht irre ich mich aber. Das Einzige was mir klar ist, ist,daß wenn wir plötzlich die gesamte Wirtschaft „Decarbonisieren“, die Menschheit vielleicht in zwei oder drei Monaten ausgestorbenen wäre. Möglicherweise auch etwas später. Gute Aussichten!
„Dr. Konrad Voge“
Der (negative) „Wert“ einer Tonne CO2 ist ihr „Umweltschaden“. Der positive „Wert“, ihr Düngenutzen für alle Grünpflanzen wird nicht akzeptiert, also nicht abgezogen. Nicht abgezogen wird auch der enorme Nutzen der bisherigen Erwärmung aus der schlimmen, nachmittelalterlichen Kaltzeit (sofern das durch CO2 verursacht wäre).
Nicht berücksichtigt wird zudem, wie das Wetter wäre, wenn es keine anthropogene Emission gäbe.
Deshalb wird in allen (mir bekannten) Schadenssimulationen (und das sind die, welche das UBA und UN-Organisationen anziehen, um 180 EUR/t CO2 zu „belegen“) jedes (nach dem schlimmsten Emissionsszenario simulierte) Unwetter, Meerespegeländerung, Niederschlag und Dürre, Überschwemmung und und und … als Emissions-verursacht definiert und dazu Schäden hochgerechnet, als wenn man sich gegen nie schützen könnte. Bzw. alle Kosten für Schutzmaßnahmen wie man sie seit Jahrhunderten durchführte, werden nun als Klimaschaden ausgewiesen mit der Behauptung, bei „natürlichem Wetter“ hätte man so etwas (noch) nie benötigt.