Willis Eschenbach

TL;DR: Ramanathan schlug vor, dass der „Treibhauseffekt“ als aufsteigende Langwelle an der Erdoberfläche abzüglich der aufsteigenden Langwelle an der Obergrenze der Atmosphäre (TOA) gemessen werden könnte. Dies ignoriert jedoch die Beiträge zur aufsteigenden Langwelle an der TOA, die sich aus 1) der Absorption von Sonnenenergie durch die Atmosphäre und 2) dem Netto-Energietransfer von latenter Verdunstungs-/Kondensationswärme und fühlbarer Wärme von der Oberfläche zur Atmosphäre ergeben. Darüber hinaus werden auch Schwankungen im Anteil der auf- und absteigenden Energieverluste aus der Atmosphäre ignoriert.

In der bahnbrechenden Studie „Thermodynamic regulation of ocean warming by cirrus clouds deduced from observations of the 1987 El Nino“ von V. Ramanathan & W. Collins [etwa: Thermodynamische Regulierung der Ozeanerwärmung durch Zirruswolken, abgeleitet aus Beobachtungen des El Nino 1987] schlugen die Autoren vor, dass wir die Amplitude des schlecht benannten „Treibhauseffektes“ direkt messen könnten. Sie sagten, es handele sich um die aufsteigende langwellige Energie, die von der Oberfläche abgestrahlt wird, abzüglich der Menge, die den oberen Teil der Atmosphäre verlässt. Die Differenz, so argumentierten sie, sei die Menge an langwelliger Strahlung, die von den so genannten „Treibhausgasen“ in der Atmosphäre, hauptsächlich Wasserdampf und Kohlendioxid, absorbiert wird. Dieses Verfahren zur Messung des „Treibhauseffektes“ hat sich in der Praxis durchgesetzt.

Klingt gut, und ich habe diese Definition verwendet, ohne wirklich darüber nachzudenken … aber bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass es zwei Probleme mit Ramanathans Verfahren gibt.

Erstens ist die aufsteigende langwellige Strahlung nicht die einzige Energiequelle, die durch die Atmosphäre fließt. Energie gelangt aus drei verschiedenen Quellen in die Atmosphäre:

● Aufsteigende langwellige Energie von der Oberfläche, die von den „Treibhausgasen“ in der Atmosphäre absorbiert wird.

● Sonnenenergie, die von der Atmosphäre absorbiert wird.

● Der Saldo der latenten (Verdunstung/Kondensation) und sensiblen Wärmeübertragung aus der Atmosphäre.

Ich beginne mit der Sonnenenergie, die von der Atmosphäre absorbiert wird. Hier ist eine Karte mit der globalen Verteilung dieses Energieflusses:

Abbildung 1. Durchschnittliche Absorption der Sonnenenergie durch die Atmosphäre.

Dabei gibt es einige interessante Aspekte. Erstens sind die wichtigsten Absorber der Sonnenstrahlung Wolken und Aerosole. Die bewölkten Gebiete in den inneren Tropen sind ein offensichtlicher Fall. Weniger offensichtlich sind Indien, Ostchina und der Osten der USA, wo Aerosole die Sonnenabsorption erhöhen.

Sie können auch sehen, wie die klare, trockene Luft über den Eiskappen der Antarktis und Grönlands dazu führt, dass in diesen Gebieten nur wenig Sonnenenergie von der Atmosphäre absorbiert wird.

Die zweite Energiequelle, die durch die Atmosphäre fließt, ist der sensible und latente Wärmeverlust von der Oberfläche in die Atmosphäre. Hier ist eine Karte, die zeigt, wo dies geschieht:

Abbildung 2. Latenter und sensibler Energieverlust von der Oberfläche in die Atmosphäre. Durchschnitt der CERES-Daten, März 2000 – Februar 2022.

Die großen roten Gebiete in den Ozeanen südlich des Äquators sind wolkenarm und weisen Passatwinde auf, so dass der Verdunstungs- und fühlbare Energieverlust von der Oberfläche in die Atmosphäre hoch ist.

Schließlich kommen wir zur dritten Quelle des Energieflusses in die Atmosphäre. Dies ist die Absorption der aufsteigenden Strahlung durch „Treibhausgase“. Aber wie viel wird absorbiert und wie viel geht durch?

Leider sagt uns das Verfahren von Ramanathan das nicht wirklich. Zu beachten ist, dass es drei Energiequellen gibt, die in die Atmosphäre fließen, nicht nur eine. Der aufsteigende langwellige TOA-Fluss ist also nicht einfach eine Funktion des aufsteigenden langwelligen Oberflächenflusses. Hier ist ein Diagramm der aufsteigenden Langwelle an der Oberfläche und an der TOA, welches die Unterschiede verdeutlicht:

Abbildung 3. Anomalie der aufsteigenden langwelligen Strahlung, Erdoberfläche und Obergrenze der Atmosphäre (TOA).

Es gibt zwar einige Ähnlichkeiten, aber offensichtlich geht es um mehr als nur um die Absorption der aufsteigenden Langwelle von der Oberfläche.

Als Nächstes folgt ein Vergleich der Veränderungen bei den drei Quellen des Energieflusses in die Atmosphäre:

Abbildung 4. Veränderung der Quellen des Energieflusses in die Atmosphäre

Nun, das ist merkwürdig. Die aufsteigende langwellige Strahlung von der Oberfläche hat zugenommen. Der absorbierte Sonnenfluss hat zugenommen, wenn auch nur geringfügig. Aber die latente/sensible Wärmeübertragung von der Oberfläche in die Atmosphäre ist gesunken.

Dieses Verfahren zeigt das erste Problem mit Ramanathans Verfahren – die Menge der langwelligen TOA-Strahlung ist eine komplexe Funktion, nicht nur der Temperatur und des CO₂, sondern auch der latenten/sensiblen Wärmeübertragung von der Oberfläche in die Atmosphäre und der atmosphärischen Absorption der Sonnenenergie.

Aber das ist nicht das einzige Problem. Das zweite: Die Atmosphäre verliert Energie sowohl an die Oberfläche als auch in den Weltraum. Aber die Anteile der nach oben und unten gehenden Energie können sich im Laufe der Zeit ändern. Das folgende Diagramm zeigt die Veränderungen der atmosphärischen Strahlungsverluste an die Oberfläche und in den Weltraum:

Abbildung 5. Energieverluste nach oben und nach unten aus der Atmosphäre

Wiederum ein höchst merkwürdiges Ergebnis. Es gibt große Schwankungen beim Energieverlust an die Oberfläche und kleinere Schwankungen beim Energieverlust in den Weltraum. Um das Jahr 2015 gab es jedoch eine große Verschiebung, bei der viel mehr Energie nach unten an die Oberfläche ging. Warum das so ist? Ich habe keine Ahnung. Ich kann nicht einmal raten, was steuert, wie viel atmosphärische Energie in den Weltraum und wie viel nach unten zur Oberfläche fließt. Wodurch wird das bestimmt?

Was ist das Ergebnis von all dem?

Nun, ich fürchte, Ramanathans Verfahren ist einfach nicht gültig. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Veränderungen in der aufsteigenden langwelligen Strahlung an der TOA das Ergebnis von Veränderungen in der Absorption der Oberflächenstrahlung durch Treibhausgase sind. Sie sind auch eine Funktion der atmosphärischen Sonnenabsorption und der latenten/sensiblen Wärmeübertragung von der Oberfläche zur Atmosphäre.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich keine einfache Lösung für dieses Problem sehe. Um sie direkt zu messen, bräuchten wir eine lange Aufzeichnung von spektral aufgelösten, gerasterten, satellitengestützten Strahlungsdaten, damit wir anhand der Frequenz erkennen können, welche aufsteigende Strahlung direkt von der Oberfläche und welche von der Atmosphäre stammt… und das haben wir leider nicht.

Settled science.

Link: https://wattsupwiththat.com/2023/11/29/energy-in-the-air/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

image_pdfBeitrag als PDF speichernimage_printBeitrag drucken