Eine Vorabveröffentlichung des renommierten norwegischen Statistikers John K. Dagsvik zusammen mit Sigmund H Moen enthält zwei bahnbrechende Ergebnisse:
(1) Die verfügbaren historischen Zeitreihen globaler Temperaturen widerlegen die üblichen Klimamodelle.
(2) Der Effekt der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen scheint nicht stark genug zu sein, um systematische Veränderungen in globalen Temperaturschwankungen während der letzten 200 Jahre zu verursachen.

Von Liselotte Kornstaedt

Bild: Abb. B4 auf S. 32 in der besprochenen Vorabveröffentlichung von Dagvik & Moen (2023).

Das Statistisk sentralbyrå (eng. Statistics Norway, in Norwegen meist SSB) ist die zentrale Statistikbehörde Norwegens. Ihre Forschungsabteilung stellt Ergebnisse der dort arbeitenden Wissenschaftler im Internet als so genannte „Discussion Papers“ zur Verfügung, bevor sie in begutachteten Fachjournalen erscheinen. Im September 2023 erschien eine solche Vorabveröffentlichung (hier), auf deren Resonanz man in der Fachwelt gespannt sein darf.

John K. Dagsvik & Sigmund H. Moen, 2023. To what extent are temperature levels changing due to greenhouse gas emissions? Discussion Papers 1007, Statistics Norway, Research Department.

Hier die Zusammenfassung der Autoren im englischen Original und der deutschen Übersetzung durch die Autorin:

Abstract

Weather and temperatures vary in ways that are difficult to explain and predict precisely. In this article we review data on temperature variations in the past as well possible reasons for these variations. Subsequently, we review key properties of global climate models and statistical analyses conducted by others on the ability of the global climate models to track historical temperatures. These tests show that standard climate models are rejected by time series data on global temperatures. Finally, we update and extend previous statistical analysis of temperature data (Dagsvik et al., 2020). Using theoretical arguments and statistical tests we find, as in Dagsvik et al. (2020), that the effect of man-made CO2 emissions does not appear to be strong enough to cause systematic changes in the temperature fluctuations during the last 200 years.

Zusammenfassung

Wetter und Temperaturen variieren auf Weisen, die schwer zu erklären und genau vorherzusagen sind. In diesem Artikel betrachten wir Daten zu Temperaturschwankungen in der Vergangenheit sowie mögliche Gründe für diese Schwankungen. Anschließend gehen wir auf die wichtigsten Eigenschaften globaler Klimamodelle ein und auf statistische Analysen, die von anderen durchgeführt wurden, um die Fähigkeit der globalen Klimamodelle zu prüfen, historische Temperaturen nachzubilden. Diese Tests zeigen, dass die Standard-Klimamodelle durch die Zeitreihendaten der globalen Temperaturen verworfen werden. Schließlich aktualisieren und erweitern wir eine frühere statistische Analyse von Temperaturdaten (Dagsvik et al., 2020). Mit theoretischen Argumenten und statistischen Tests finden wir, wie in Dagsvik et al. (2020), dass der Effekt der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen nicht stark genug zu sein scheint, um systematische Veränderungen in den der Temperaturschwankungen während der letzten 200 Jahre zu verursachen.

Der Hauptautor Dagsvik hatte seine statistische Methode bereits im Jahr 2020 im hochrangigen Fachjournal „Journal of the Royal Statistical Society Series A: Statistics in Society“ publiziert (hier). Bereits dort hatte das Autorenteam mit ihrem statistischen Test zeigen können, dass der Temperaturverlauf der letzten zweitausend Jahre an 96 Wetterstationen der nördlichen Hemisphäre nicht signifikant von einem stationären Verlauf abweicht.

Die statistische Methode ist korrekt und über jeden Zweifel erhaben. Wie bei allen statistischen Signifikanztests besteht lediglich die Möglichkeit, dass Effekte in den Daten zu klein sind, um die Schwelle zur statistischen Signifikanz zu überschreiten. Das neue vorab veröffentlichte Paper hat den Zeitraum der Analyse wesentlich weiter in die Vergangenheit (mehrere Hunderttausen Jahre) sowie bis in die unmittelbare Gegenwart (bis 2021) ausgeweitet und Orte der gesamten Erde berücksichtigt.

Ganz neu sind die Ergebnisse von Dagsvik & Moen (2023) allerdings nicht: Bereits 2003 war ein Autorenteam um Jan Eichner (zu dem sogar der später anders auftretende Hans Joachim Schellnhuber als Teamleiter gehörte) mit einer einfacheren Methode zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt (hier, Zitat auf der letzten Seite: „In the vast majority of stations we did not see indications for a global warming of the atmosphere“). Es wurden allerdings nur 20 Stationen weltweit mit unterschiedlich langen Zeitreihen (40-175 Jahre) analysiert, und noch keine statistische Signifikanz bestimmt. Im Jahr 2011 publizierte der EIKE-Autor Horst-Joachim Lüdecke eine Arbeit (hier) mit dem Titel „Long-Term Instrumental and Reconstructed Temperature Records Contradict Anthropogenic Global Warming“. Mit einer bereits ähnlichen mathematischen Argumentation wie jetzt Dagsvik & Moen (2023) fand Lüdecke u.a. bei fünf mitteleuropäischen Wetterstationen mit Zeitreihen von über 200 Jahren statistisch signifikante Temperaturtrends, die zunächst für 100 Jahre abfielen und für weitere 100 Jahre wieder anstiegen, und somit nicht mit dem Trend des CO2 in der Atmosphäre übereinstimmten.

Die neue Analyse von Dagsvik & Moen (2023) ist weitaus umfassender als die Vorgängerarbeiten, sowohl geographisch als auch zeitlich, und kann damit wirklich als globale Analyse verstanden werden. Die statistische Methode wurde sorgfältig begründet und nachvollziehbar dargestellt (Daksvik et al. 2020). Einem Missverständnis in der Interpretation soll hier abschließend noch vorgebeugt werden: Das neue Ergebnis von Dagsvik & Moen für die letzten 200 Jahre („Der Effekt der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen scheint nicht stark genug zu sein, um systematische Veränderungen in den der Temperaturschwankungen zu verursachen“) besagt nicht, dass das anthropogene CO2 keinerlei Einfluss auf die Temperaturentwicklung hat. Es besagt nur, dass sein Einfluss zu klein ist, um die Schwelle zur statistischen Signifikanz zu überschreiten. Die Frage im Titel der Arbeit, wie groß der Einfluss des anthropogenen CO2 denn nun plausiblerweise noch sein kann, d.h. wie groß er sein müsste, um die Schwelle zur statistischen Signifikanz mit großer Wahrscheinlichkeit zu überschreiten, wird in der Arbeit leider noch nicht beantwortet. Dafür wäre eine so genannte statistische Poweranalyse nötig, die im vorliegenden Fall nicht einfach ist, die Dagsvik und Kollegen aber hoffentlich in der Zukunft noch anstellen werden, wenn man ihren Titel als Forschungsprogramm versteht. Erst dann erlaubt die Statistik eine positive Interpretation wie „der Einfluss der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen ist vermutlich nicht größer als …“.

Dennoch enthält die Arbeit zwei bereits jetzt schon bahnbrechende Ergebnisse, denen man eine schnelle und weite mediale Verbreitung wünscht:

(1) Die verfügbaren historischen Zeitreihen globaler Temperaturen widerlegen die üblichen Klimamodelle.

(2) Der Effekt der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen scheint nicht stark genug zu sein, um systematische Veränderungen in globalen Temperaturschwankungen während der letzten 200 Jahre zu verursachen.

Literatur

Dagsvik, J. K. & Moen, S. H. 2023. To what extent are temperature levels changing due to greenhouse gas emissions? Discussion Papers 1007, Statistics Norway, Research Department. https://hdl.handle.net/11250/3094425 (download pdf here)

Dagsvik, J. K., Fortuna, M., & Moen, S. H. (2020). How does temperature vary over time?: evidence on the stationary and fractal nature of temperature fluctuations. Journal of the Royal Statistical Society Series A: Statistics in Society, 183(3), 883-908. https://doi.org/10.1111/rssa.12557

Eichner, J. F., Koscielny-Bunde, E., Bunde, A., Havlin, S., & Schellnhuber, H. J. (2003). Power-law persistence and trends in the atmosphere: A detailed study of long temperature records. Physical Review E, 68(4), 046133. https://doi.org/10.1103/PhysRevE.68.046133

Lüdecke, H. J. (2011). Long-term instrumental and reconstructed temperature records contradict anthropogenic global warming. Energy & Environment, 22(6), 723-745. https://doi.org/10.1260/0958-305X.22.6.732

 

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