Stefan Kämpfe
Die nachfolgende Zusammenstellung ist keine sichere Prognose, denn seriöse Langfristprognosen gibt es nicht! Doch wie in den letzten Jahren, soll ein vorsichtiger Ausblick auf den kommenden Winter gewagt werden. Dabei werden die wesentlichen, bekannten Ursachen für den Charakter der Winterwitterung beleuchtet, wobei sich die Dominanz natürlicher Prozesse zeigt; anthropogene (menschliche) Einflüsse spielen höchstens eine Nebenrolle. Die überwiegende Mehrzahl der Prognosesignale weist in die eher zu milde Richtung; es bleibt aber noch Spielraum für gelegentliche Kälte. Alle „Prognosen“ beziehen sich auf den meteorologischen Winter (Dez. bis Feb.) und werden im März 2022 kritisch auf ihr Zutreffen geprüft.
1. Die Bauernregeln
Bauern-Regeln werden oft als Aberglaube abgetan; doch nicht selten haben sie zumindest einen wahren Kern und können daher grobe Hinweise auf den Witterungscharakter des kommenden Winters liefern. Auch 2021 verlief der September relativ warm. Daher trifft die wichtige Regel „Ist der September gelind, bleibt der Winter ein Kind.“ zu. Allerdings zählte dieser September nicht zu den 10 wärmsten in Deutschland seit 1881; daher ist gewisse Vorsicht geboten. Und Septemberwärme schließt zumindest einzelne Kaltphasen oder gar einzelne kalte Wintermonate nicht völlig aus (Januar 1887, Januar/Februar 1896, Februar 1930, Januar 1933, 1935 und 1950, Dezember 1961, Februar 1983 und 2012, Januar 2017, teils auch Januar/Februar 2021). „Wenn Michael (29.09.) durch Pfützen geht, milder Winter vor uns steht.“ In vielen Teilen Deutschlands gab es am und um den Michaelistag leichte Niederschläge, was zumindest als grober Hinweis auf einen insgesamt eher milden Winter gelten kann. „Ist Oktober mild und fein, folgt ein strenger Winter drein.“ Der 2021er Oktober war mäßig-mild und zu trocken, schaffte es aber weder unter die 30 mildesten, noch unter die 30 trockensten seit 1881. Und in Fällen, bei denen einem trocken-milden Oktober ein deutlich zu warmer September vorausging, wie etwa 1989 oder 2018, folgte häufiger ein Mildwinter, lediglich 2005 ein mäßig-kalter. „Hat Martin einen weißen Bart, wird der Winter lang und hart.“ Um den 10.11.2021 herrschte im Tiefland teils sonniges, trockenes Wetter mit leichten Nachtfrösten in Süd- und Ostdeutschland, anders als in den Vorjahren. Das kann ein vager Hinweis auf kommende Winterkälte sein. Aber wegen der Kalenderreform von 1583 (10 Tage Verschiebung aller Lostage) ist auch die Witterung um den 20.11. beachtenswert, welche trüb-mild war. „Elisabeth (19.11., diesmal trüb, zu mild) sagt an, was der Winter für ein Mann“. „Wie’s Wetter an Kathrein (25.11., diesmal fast temperaturnormal, trüb, meist trocken) so wird es auch im Januar sein.“ Solche Regeln haben nur einen sehr groben Wahrheitswert. Insgesamt widersprechen sich also die Bauernregeln, was Spielraum für milde und kalte Abschnitte in diesem Winter lässt.
2. La Nina oder El Nino – was bedeutet das?
Bislang herrschen im Herbst 2021 im tropischen Südost-Pazifik einschließlich der Südamerikanischen Küste deutlich zu niedrige Meeresoberflächentemperaturen; deutliche Merkmale für „La Nina“. Die Aussichten Richtung Winter deuten eher auf den Fortbestand oder gar die Verstärkung der La-Nina-Bedingungen. Direkte Auswirkungen auf die Winterwitterung in Deutschland lassen sich aus El Nino- oder La Nina-Ereignissen aber kaum ableiten. Zwar korreliert der so genannte Multivariate ENSO-Index schwach positiv mit den Deutschen Wintertemperaturen, was bei negativen ENSO-Werten (La Nina) auf tendenziell kältere Winter hindeutet, aber alle Korrelationskoeffizienten liegen weit unter der Signifikanzschwelle, so dass keine Prognosen möglich sind; deshalb sind auch alle Meldungen, es werde „wegen La Nina einen sehr kalten Winter in Deutschland geben“, unseriös!
3. Nachlassende Sonnenaktivität – Menetekel der Abkühlung
Direkte Sonnen- und Infrarotstrahlung schwanken nur wenig, umso mehr aber das solare Magnetfeld, die Teilchenstrahlung („Solarwind“, verantwortlich u.a. für Polarlichter), die Radiostrahlung und die von der oberen Erdatmosphäre weitgehend absorbierte kurzwellige Strahlung (Röntgen, kurzwelliges UV). Sie beeinflussen Wetter und Klima wesentlich; allerdings besteht noch Forschungsbedarf. Die Sonnenfleckenanzahl bildet die Sonnenaktivität grob ab; je mehr Sonnenflecken, desto höher die Sonnenaktivität. Die Sonnenaktivität wirkt auf verschiedenen Zeitskalen; hierzu wird intensiv geforscht. Im Jahr 2021 war die Fleckenzahl nach dem Minimum (2020) noch recht gering; mitunter blieb die Sonne völlig fleckenlos, was Kältewellen in den kommenden Monaten begünstigen könnte, aber nicht zwangsläufig muss.
Dem noch intensiven 23. folgte der schwache 24. SCHWABE- Zyklus; und aktuell begann 2020 der ebenfalls sehr schwache 25. SCHWABE-Zyklus; im Jahre 2021 zeigten sich aber wieder etwas mehr Sonnenflecken; erstmals seit August 2016 wurden im Septembermittel 2021 mehr als 50 Sonnenflecken beobachtet.
Das Minimum zwischen den Zyklen 24 und 25 trat also zwischen Herbst 2019 und Frühherbst 2020 ein und zog sich sehr lange hin. Das solare Verhalten ähnelt damit dem des DALTON-Minimums im frühen 19. Jahrhundert; einer Kaltphase, die aber auch durch eine ungewöhnlich hohe vulkanische Tätigkeit begünstigt wurde (u.a. Tambora-Ausbruch). Der Winter 2021/22 ist der achte nach dem Maximum des SCHWABE-Zyklus. Die 12 Vergleichswinter seit 1881/82 liegen mit etwa -0,1°C merklich unter dem Wintermittel des gesamten Zeitraumes 1881/82 bis 2020/21, das etwa +0,3°C beträgt. Von diesen 12 Vergleichswintern waren die von 1890/91, 1900/01, 1944/45, 1954/55, 1986/87, 1996/97 und 2008/09 mehr oder weniger zu kalt, vier Winter waren mäßig mild, und nur 1924/25 war deutlich zu mild. Betrachtet man alle Winter nach ihrem Rang im SCHWABE-Zyklus, so verliefen der sechste und der neunte nach dem Zyklus-Maximum im DWD-Deutschlandmittel am mildesten, der fünfte und achte am kältesten; freilich ist der „Vorhersagewert“ wegen des geringen Stichprobenumfangs mit größter Vorsicht zu genießen:
Sehr kalte Winter treten auch bevorzugt zum Minimum des Schwabe-Zyklus oder 1 bis 2 Jahre nach diesem auf; letztmalig 2009/10, davor 1995/96 und 1996/97 sowie 1986/87. Dreizehn der zwanzig kältesten Winter nach 1945 in Deutschland traten in der Nähe des Sonnenminimums auf, nur sieben in der Nähe des Maximums. Hier zeigt sich schon eine gewisse Verzögerung, mit der die Wintertemperaturen der solaren Aktivität folgen.
In den kommenden Jahrzehnten sinkt die Sonnenaktivität aber vermutlich weiter (neues Dalton- oder Maunder-Minimum, auch „LANDSCHEIDT-Minimum“ genannt), was weltweit abkühlend wirkt und in Mitteleuropa Meridionale Lagen (im Winter oft kalt) begünstigt. Das träge Klimasystem reagiert aber nur mit Verzögerungen von etwa 10 bis 30 Jahren auf die schon nach 1990 beginnende tendenzielle Abschwächung der Sonnenaktivität, so dass sich negative Auswirkungen erst ab den aktuellen 2020er Jahren deutlicher zeigen werden. Vermutlich gab es deswegen bereits in den letzten 24 Jahren zwar noch eine Erwärmung in Deutschland; in Zentralengland kühlte es sich dagegen trotz der stark steigenden CO2-Konzentrationen schon leicht ab:
Insgesamt lässt die geringe Sonnenaktivität 2021 eher einen normalen bis zu kalten Winter erwarten.
4. Die Zirkulationsverhältnisse: Zeitweise Winter?
Westliche Luftströmungen (Zonale Großwetterlagen) bringen milde Atlantikluft nach Deutschland, nördliche und vor allem östliche Kaltluft. Bei Süd- und Zentralhochlagen muss ein starker Wind die bodennah aus Ost einsickernde oder vor Ort immer wieder neu entstehende Kaltluftschicht vertreiben, ansonsten können auch sie im Tiefland bitterkalt sein, während es auf den Berggipfeln sehr mild ist. Der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Luftströmungen mit Westanteil (Großwettertypen W, SW und NW) sowie den Wintertemperaturen in Deutschland ist sehr eng (folgende Grafik); etwa 47% der Temperaturvariabilität werden von der Häufigkeit dieser westlichen Lagen bestimmt:
Für längerfristige Vorhersagen muss man die Zirkulationsverhältnisse vorhersehen können, was kaum möglich ist. Im Herbst 2021 war die Zonalzirkulation überwiegend sehr schwach – eine Folge der negativen NAO-Werte. Ob die seit der Jahrtausendwende zu beobachtende leichte Abnahme der Westlagenhäufigkeit in diesem Jahr eine Rolle spielt, ist fraglich. Die seit 2018 gehäuften Zirkulationsstörungen, welche auch 2021 die Westdrift oft lange schwächten oder gar blockierten, machen gewisse Hoffnungen auf zeitweise winterliches Wetter. Wegen der aktuell begonnenen Ostwind-Phase der QBO (Erklärung siehe Punkt 7) muss eine besonders anfangs kältere Winterwitterung in Betracht gezogen werden.
5. Die mittelfristigen Modelle: Wechselhafter, eher milder Dezember?
Die verbesserte Kurzfrist- Vorhersagegüte (etwa 1 bis 4 Tage im Voraus) resultierte aus der Entwicklung und Verfeinerung numerischer Modelle, basierend auf Gleichungen der Thermodynamik, in Verbindung mit immer schnelleren Computern sowie mehr und besseren Mess- oder Beobachtungsdaten per Satelliten und Automaten. Für längerfristige Vorhersagen dienen sogenannte Ensemble-Modelle, bei denen man die Ergebnisse mehrerer Modell-Läufe (gerechnet mit leicht variierten Anfangsparametern) mittelt. Sie liefern keine detaillierten Vorhersagen, doch gute Abschätzungen der Luftdruckverhältnisse für etwa eine Woche im Voraus und vage für bis zu 15 Tagen. Die Ensemble- Vorhersagekarte des NOAA (USA- Wetterdienst) vom 25.11. für den 10.12.2021 zeigt eine schwache westliche Strömung über Deutschland, was tendenziell eher mildes Wetter bedeutet (Quelle: NOAA).
Allerdings zeigten die einzelnen Modell-Läufe des GFS, es gibt deren je 30 für jeden Startzeitpunkt, naturgemäß mit wachsender zeitlicher Entfernung noch merkliche Unterschiede – von milden West- über nasskalte Zentraltieflagen, trockenem, bodenkaltem Hochdruckwetter bis hin zu kalter Ostwetterlage ist für den 10. Dezember noch alles möglich, wobei die „milden“ Varianten überwiegen; hier zwei Beispiele (Quelle):
Die obere Karte ähnelt einer Hochdruckwetterlage über Skandinavien mit Kälte in Mitteleuropa; Schnee wäre möglich, besonders in Süddeutschland. Die untere Karte zeigt eine windig-milde Westwetterlage. Die Mittelfrist-Modell-Läufe deuten also einen wahrscheinlich sehr wechselhaften, normalen bis mäßig-milden Dezember mit größeren Schneemengen im Bergland und gelegentlich Schnee und Frost im Flachland an; für Januar und Februar 2022 stehen sie nicht zur Verfügung.
6. Die aktuelle Tendenz der Wintertemperaturen in Deutschland
Trends erlauben nie Rückschlüsse auf den Einzelfall und keine Extrapolation in die Zukunft. Die Wintertemperaturen entwickelten sich in den letzten gut 30 Jahren folgendermaßen:
Trotz der sehr milden Winter 2013/14, 2015/16, 2018/19 und 2019/20 sowie beschleunigt steigender CO2-Konzentration (obere, grüne Linie) stieg das Wintermittel seit 34 Jahren als einziges Jahreszeitenmittel kaum noch, weil die schon erwähnte nachlassende Sonnenaktivität und schwächere Zonalzirkulation bereits Wirkung zeigen. Und die DWD-Daten sind nicht wärmeinselbereinigt. Einen deutlich fallenden Trend zeigt die wärmeinselarme Station Amtsberg/Erzgebirge:
Aber die „richtige“ Kälte dürfte indes wegen der Trägheit des Klimasystems erst in wenigen Jahren bis Jahrzehnten zuschlagen („Kleine Eiszeit“). Die seit einigen Jahren wieder leicht steigende Zahl von Nebeltagen weist gleichfalls auf eine beginnende Abkühlung hin.
7. Die Nordatlantische Oszillation (NAO), die PDO, die AMO, die QBO und der Polarwirbel – noch vage Hoffnungen auf Winterwetter?
Der NAO-Index ist ein Maß für die Intensität der Westströmung über dem Ostatlantik im Vergleich zum Langjährigen Mittel. Positive NAO-Werte bedeuten häufigere und intensivere, im Winter eher milde Westwetterlagen. Bei negativen NAO-Werten schwächt sich die Intensität der Zonalströmung ab, bei stark negativen Werten kann sie gar in eine Ostströmung umschlagen oder meridional verlaufen. Nur Anfang August, Mitte September und Mitte November gab es positive, ansonsten über lange Zeit negative NAO-Werte bei merklichen Schwankungen (Quelle):
Sollten auch im weiteren Verlauf negative NAO-Werte überwiegen, so dürfte das die Westdrift schwächen und Kälte begünstigen. Mitunter verändert sich die NAO aber sprunghaft (schwere Vorhersagbarkeit). Die pazifische dekadische Oszillation (PDO) könnte ebenfalls unsere Winterwitterung beeinflussen; die Untersuchungen des Autors zu dieser Thematik laufen noch. Wenn, wie in diesem Jahr, die PDO-Werte zwischen Mai und September negativ waren, so deutet das, freilich ohne Signifikanz, auf einen eher kalten Dezember in Deutschland hin; für den Hochwinter fehlt jeglicher Zusammenhang. Die AMO (ein Maß für die Wassertemperaturschwankungen im zentralen Nordatlantik) beendet vermutlich bald ihre Warmphase. Ein kompletter AMO-Zyklus dauerte seit Beginn regelmäßiger Messungen meist etwa 50 bis 80 Jahre, somit ist in naher Zukunft ein Wechsel in die Kaltphase möglich. AMO-Warmphasen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für einen kalten Winter aber nur leicht, weil diese Konstellation kalte, nordöstliche Strömungen („Wintermonsun“) begünstigen könnte. Und die sogenannte QBO (Windverhältnisse in der Stratosphäre der Tropen, die etwa alle 2,2 Jahre zwischen West und Ost pendeln), wechselte 2021 fast in allen Schichten zur Ostwind-Phase, was eher für eine Schwächung der milden Westlagen spricht.
In diesem Zusammenhang lohnt aber noch ein Blick auf die mögliche Entwicklung des Polarwirbels. Ein ungestörter, sehr kalter Polarwirbel im 10-hPa-Niveau (gut 25 Km Höhe, Stratosphäre) ist kreisrund und in der Arktis extrem kalt, was Westwetterlagen begünstigt, welche in Deutschland mild sind. Für den 11. Dezember wird aber ein leicht gestörter Polarwirbel vorhergesagt, der nur mäßig entwickelt ist; in seinem Zentrum über Nordskandinavien/innere Arktis sollen nur knapp unter minus 76°C herrschen (Quelle: Französischer Wetterdienst):
Polarwirbel, NAO, PDO, QBO und AMO lassen uns zumindest etwas Hoffnung auf Kälte.
8. Verursacht das angeblich verschwindende Arktische Meereis kältere Winter? Für die relativ kalten Winter 2009/10 und 2012/13 wurde das schwindende arktische Meereis, speziell im September, verantwortlich gemacht. Mit etwas über 4,9 Millionen Km² gab es im Septembermittel 2021 eine deutlich größere Eisfläche, als zum bisherigen Negativ-Rekordmittel von 3,57 Millionen Km² (Sept. 2012) und in den Jahren von 2015 bis 2020 (Daten: NSIDC, National Snow and Ice Data Center der USA). Bei AMO- und PDO-Warmphasen wird mehr Wärme in die Arktis eingetragen. Die minimale Eisausdehnung und die geringere Westlagenhäufigkeit der 2000er Jahre „passen“ gut zum AMO-Maximum. Genaueres Zahlenmaterial zur Eisausdehnung liegt leider erst seit 1979 vor (Einführung der flächendeckenden, satellitengestützten Überwachung). Zumindest in diesem relativ kurzen Zeitraum von gut 40 Jahren bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der AMO und der Fläche des winterlichen Arktis-Meereises:
Ähnlich wie in den 1930er Jahren, als während der damaligen AMO-Warmphase ebenfalls ein Meereisrückgang sowie vor allem ein starkes Abschmelzen der Grönland-Gletscher herrschte. Näheres dazu hier. Die These „weniger Arktiseis – mehr Winterkälte in Deutschland“ ist unhaltbar; tatsächlich gibt es nur einen geringen, nicht signifikanten Zusammenhang:
Auch bei Betrachtung anderer Bezugszeiträume besteht keine signifikante Korrelation. Die aktuelle Meereisbedeckung im Vergleich zu den Vorjahren auf der Nordhalbkugel kann man hier abrufen. Laut einer Fehlprognose von Al Gore sollte der Nordpol schon im Spätsommer 2013 eisfrei sein. Im Herbst 2021 setzte das Eiswachstum relativ zeitig ein, es gab mehr Eis, als im Herbst 2012; die relativ starke Eiszunahme im Spätherbst könnte den Temperaturgegensatz zwischen niederen und hohen Breiten aber verstärken und milde Westlagen im Frühwinter begünstigen. Insgesamt hat das komplizierte, wenig erforschte Zusammenspiel zwischen Meeresströmungen, AMO, Meereis und Großwetterlagen wahrscheinlich großen Einfluss auf die Witterungsverhältnisse. Die Ausdehnung der Schneebedeckung im Spätherbst (Okt/Nov) in Eurasien hat ebenfalls keine eindeutigen Auswirkungen auf die deutsche Winterwitterung. So bedeckte der Schnee in den Spätherbsten 1968, 70, 72, 76, 93, 2002, 09, 14,15 und 16 auf der größten zusammenhängenden Landmasse der Erde eine deutlich überdurchschnittliche Fläche, doch nur die 3 Winter 1968/69, 2002/03 und 2009/10 waren danach zu kalt, während die anderen 7 zu mild ausfielen; letztmalig der von 2016/17, trotz des kalten Januars. Eine große Überraschung bot dieser Analyseteil trotzdem. Im Herbst und Winter wächst nämlich die mit Schnee bedeckte Fläche Eurasiens; nur im Frühling und Sommer nimmt sie ab. Sollte es Dank des „Klimawandels“ nicht immer weniger Schneeflächen in allen Jahreszeiten geben?? Und die wahre Ursache für die Abnahme im Frühjahr/Sommer ist nicht das CO2, sondern vermutlich mehr Sonnenschein (siehe folgende Abbildung):
9. Analogfälle (ähnliche Witterung wie 2021)
Bei dieser Methode werden die dem Winter vorangehenden Monate hinsichtlich ihres Witterungsverlaufs untersucht. Betrachtet man alle mehr oder weniger zu kalten Winter der vergangenen 5 Jahrzehnte inklusive solcher, die bei milder Gesamtwitterung mindestens eine mehrwöchige Kälteperiode aufwiesen, so gingen diesen Wintern bis auf die Ausnahme von 2011 Herbste voraus, die schon mindestens einen auffälligen Kälteeinbruch hatten. Dabei war nur selten der Herbst insgesamt zu kalt, aber er wies dann mindestens einen zu kalten Monat oder wenigstens eine markante Kaltphase auf (November 1978, 1980, 1981, 1984, 1985, September 1986, September 1990, November 1993, November 1995, September 1996, September/Oktober 2002, November 2005, September 2008, Oktober 2009, November 2010, Oktober 2012, 2015, Oktober/November 2016, September 2017). Schneite es bereits im Oktober stellenweise bis ins Flachland (2002, 2009, 2012 und 2015), so war in den ersten 3 Fällen der gesamte Winter zu kalt; 2015/16 kam es nur im Januar besonders in Nordostdeutschland zu längeren, winterlichen Phasen. Vor den meisten fast durchgängig milden Wintern (1973/74,1974/75,1987/88,1988/89,1989/90, 2006/07, 2007/08, 2013/14, 2014/15) waren die Herbste entweder rau, gemäßigt oder extrem mild; markante Kälteeinbrüche fehlten jedoch oder waren, so wie auch 2021, nur undeutlich und kurz (November 1988 und 1989). Das Witterungsverhalten im September/Oktober 2021 (Sept. zu trocken und zu warm, Oktober etwas zu mild und etwas zu trocken) deutet eher auf einen mehr oder weniger milden Winter hin.
Zu warmen Sommern folgen meist zu milde Winter (positiver Zusammenhang). Für seriöse Vorhersagen ist diese Beziehung allein freilich viel zu schwach. Zwischen den Herbst- und Wintertemperaturen findet sich sogar ein etwas deutlicherer positiver Zusammenhang; der insgesamt recht milde Herbst 2021 deutet also eher auf einen milden Winter hin. Bei Betrachtung des Deutschland-Temperaturmittels aus den meteorologischen Jahreszeiten Sommer und Herbst zusammen ergibt sich ein bemerkenswerter Zusammenhang; besonders, wenn man nur diejenigen Fälle betrachtet, in denen das zu hohe Temperaturmittel von Juni bis November die einfache Standardabweichung von 1881 bis 2020 erreicht oder überschreitet:
Von den 20 Fällen mit deutlich zu hohem Sommer- und Herbstmittel folgten also nur zwei etwas zu kalte Winter; die übrigen 18 waren allesamt mehr oder weniger deutlich zu mild. Betrachtet man von diesen 20 Fällen nur die 9, bei denen auch der Sommer und der Herbst jeweils für sich ihre einfache Temperatur-Standardabweichung erreichten oder überschritten (pink markiert), so waren sogar alle ihnen folgenden Winter zu mild, darunter die extrem milden 2006/07 und 2019/20. In diesem Jahr haben wieder alle drei Mittelwerte ihre Standardabweichung überschritten, was eindeutig für einen Mildwinter spricht. Besonders der sehr milde September 2021 könnte ein ernster Hinweis auf einen eher milden Winter sein; denn allen bisherigen Septembern mit mindestens 15°C im Deutschland-Mittel folgten überwiegend milde Winter; die wenigen kälteren (nur vier) unterschritten nie minus 1,2°C. Freilich ermöglichen die große Streuung und das geringe Bestimmtheitsmaß keine sicheren Prognosen:
Aber der kühle August 2021 liefert dazu widersprüchliche Hinweise. Er wies sowohl nach der Objektiven Wetterlagen-Klassifikation des DWD (seit 1979 verfügbar) als auch nach der HESS/BREZOWSKY-Klassifikation überdurchschnittlich viele Tage mit nördlichem Strömungsanteil auf. Ähnlichen Augusten folgten in der Vergangenheit tendenziell kalte Frühwinter, besonders Dezember; zum Februar besteht keinerlei Zusammenhang. War der Oktober in Deutschland um mind. 1K, bezogen auf den Mittelwert seit 1881, zu warm und waren Oktober und November zu trocken, so folgte stets ein mehr oder weniger zu kalter Januar. 2021 verfehlte der Oktober die erforderliche Mindesttemperatur zwar um 0,1K, trotzdem könnte die Regel noch eine gewisse Bedeutung haben.
Lohnender ist ein Blick auf die mittlere Höhenlage der 500-hPa-Fläche über Deutschland. Lag diese im Jahresmittel, so wie auch 2021 zu erwarten, höher als im Langjährigen Mittel, so deutet das mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf einen Mildwinter hin, besonders dann, wenn diese zu hohe Lage zwischen Januar und September auftrat, was, mit Ausnahme des Januars, Aprils, Mai und August, auch 2021 zutraf. In den Fällen, bei denen das Höhenlage-Mittel von Januar bis September die einfache Standardabweichung des Zeitraumes von 1948 bis 2020 überschritt, das war erstmals 1989 und insgesamt zwölfmal zu verzeichnen, waren 11 der Folgewinter, vor allem der Januar, mehr oder weniger deutlich zu mild, nur der von 2002/03 zu kalt. Aber 2021 war das Geopotential dieses Zeitraumes mit etwa 5612 gpdm nur etwas zu hoch und erreichte die einfache Standard-Abweichung bei weitem nicht. Auch das Luftdruckverhalten am Boden liefert widersprüchliche Signale: Der zu niedrige Luftdruck im Januar und Mai 2021 deutet eher auf einen kalten; der zu hohe im September auf einen milden, der zu hohe im Oktober aber wieder auf einen kalten Folgewinter hin. Apropos Mai: Nach Mai-Kälte, wie wir sie auch 2021 sehr markant hatten, folgte öfters ein kalter Winter, Quelle der folgenden Abbildung hier:
Leider kennt auch diese Mai-Regel viele Ausnahmen; den kalten Maien 1974, 1987, 1991, 2013 und 2019 folgten milde bis extrem milde Winter. Insgesamt deutet sich nach den Analogfällen bei extremer Widersprüchlichkeit der Signale also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen bestenfalls normalen, eher zu milden Winter an, aber vielleicht trotzdem mit einer längeren Kaltphase oder einem einzelnen, kalten Monat.
10. Die Hurrikan-Aktivität (Nordatlantik) und Zyklonen- Aktivität (nördlicher Indik)
Mit gewissen Abstrichen (mangelnde Beobachtungsmöglichkeiten vor Einführung der Satellitentechnik) ist die jährliche Anzahl der Tropischen Wirbelstürme im Nordatlantik (Hurrikane) und der Zyklone (nördlicher Indischer Ozean) etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt. Die verheerenden, meist wenige Tage bis selten länger als zwei Wochen existierenden Hurrikane gelangen nie nach Mitteleuropa. Aber sie beeinflussen unsere Witterung. Sie schwächen bei bestimmten Zugbahnen das Azorenhoch oder kommen bei Einbeziehung in die Westdrift als normale Tiefs nach Europa, wo sie im Spätsommer/Herbst mitunter einen markanten Witterungsumschwung einleiten. Auch die Anzahl der im nördlichen Indischen Ozean jährlich vorkommenden Wirbelstürme (Zyklone) könnte einen gewissen Einfluss auf unsere Winterwitterung haben; es gibt von 1890 bis 2020 eine leicht negative Korrelation (tendenziell kältere Winter, wenn dort viele Zyklone auftraten). Im Mittel von 1851 bis 2017 sind gut 5 Hurrikane pro Jahr (die Saison beginnt meist erst zwischen Mai und Juli, doch 2016 gab es schon im Januar einen Hurrikan, und endet spätestens Anfang Dezember) aufgetreten. Erreichte ihre Zahl mindestens 10 (1870, 1878, 1886, 1887, 1893, 1916, 1933, 1950, 1969, 1995, 1998, 2005, 2012, 2017 und 2020), so waren von den 15 Folgewintern 11 zu kalt oder normal, und nur 4 (1950/51, 1998/99, 2017/18, da aber kalter Februar, und 2020/21, da aber zeitweise Kälte im Januar/Februar) zu mild. Bei fast all diesen Fällen brachte allerdings schon der Spätherbst markante Kältewellen; selbst vor zwei der milden Wintern waren diese zu beobachten; besonders markant 1998, und 2017 war der September zu kalt. Bei deutlich übernormaler Hurrikan-Anzahl besteht eine erhöhte Neigung zur Bildung winterlicher Hochdruckgebiete zwischen Grönland und Skandinavien. In diesem Jahr gab es bislang 7 Hurrikane und damit zwar etwas zu viele, aber weniger als zehn, was keine eindeutigen Aussagen erlaubt. Im Indischen Ozean war die Zyklonen- Aktivität 2021 etwas unterdurchschnittlich, was aber nur vage auf einen Mildwinter hindeutet. Die Wirbelsturm-Aktivität gibt auch diesmal also keine eindeutigen Winter-Hinweise.
11. Die Langfrist- Vorhersagen einiger Institute, Wetterdienste und Privatpersonen
UKMO-Metoffice (Großbritannien): Stand 11.11.2021 Winter (D, J, F) mit erhöhter Wahrscheinlichkeit in ganz Deutschland zu mild (folgende Karte):
Anmerkung: Hier wird nur die Metoffice-Karte mit der Wahrscheinlichkeit des Abweichens vom Median gezeigt. Es gibt zwei weitere. Diese Median-bezogene Wahrscheinlichkeitsaussage zeigt, wie die anderen Karten auch, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für über dem Median liegende Wintertemperaturen besonders über der südlichen Arktis, der nördlichen Ostsee und Teilen des Mittelmeeres:
Die aktuellen Karten jederzeit hier.
Meteo Schweiz Stand Nov. 2021: Leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen normalen und etwa 45% für einen zu milden Winter. Zusammen ergibt das eine Wahrscheinlichkeit von gut 85% für „normal“ bis „zu mild.“ Zu kalter Winter zu kaum 15% wahrscheinlich. Die „doppelten T“ sind die Fehlerbalken; die Prognose gilt nur für die Nordostschweiz, ist aber auch für Süddeutschland repräsentativ:
Donnerwetter.de Stand 11. November 2021: Die „Prognosen“ liegen dekadenweise ab der zweiten Dezemberdekade vor. Fast alle Dekaden sollen mehr oder weniger zu kalt ausfallen, so dass ein insgesamt um etwa 3K zu kalter Winter in Berlin zu erwarten wäre:
ZAMG (Wetterdienst Österreichs) Stand Mitte Nov. 2021: Dezember mit leicht erhöhter Wahrscheinlichkeit zu kalt, immerhin noch gut 30% Wahrscheinlichkeit für einen normalen und etwa 25% für einen zu milden Dezember. Im Januar 2022 ähnliche Verhältnisse; für Februar lag noch keine Aussage vor. Die Aussagen gelten bestenfalls auch für Süddeutschland; vor allem für das südliche Bayern und Baden-Württemberg (Prognose hier).
LARS THIEME (langfristwetter.com) Vorhersage von Anfang November 2021. Siehe folgende Tabelle (die Prognosen beziehen sich auf die CLINO-Normalperiode von 1981 bis 2010 und gelten vorwiegend für das ostdeutsche Flachland). Es soll danach einen normal temperierten Dezember, einen zu milden Januar und einen sehr milden Februar geben; der Winter verliefe insgesamt zu mild:
IRI (folgende Abbildung), Vorhersage vom Nov. 2021: Besonders in Mittel- und Norddeutschland erhöhte Wahrscheinlichkeit für übernormale Wintertemperaturen:
DWD (Offenbach): In Deutschland etwa 0,5 bis 1°C zu mild, bezogen auf den Klimamittelwert der Jahre 1990 bis 2019, der ca. knappe 1,4°C beträgt (Stand 8. Nov. 2021):
NASA (US-Weltraumbehörde) Karten vom November 2021: Dezember in Nordwestdeutschland etwas zu kühl, sonst normal, Januar und Februar insgesamt um etwa 0,5 bis 1 K zu mild:
CFSv2- Modell des NOAA (Wetterdienst der USA, folgende 3 Abbildungen, Eingabezeitraum 15. bis 24.11. 2021): Winter insgesamt etwa 0,5 bis 1,0 K zu mild. Dezember (oben) in Norddeutschland 0,5 bis 1 K zu mild, sonst normal, Januar (Mitte) temperaturnormal bis 1 K zu mild, Februar (unten) 1 bis 2 K zu mild. Die vorhergesagten Temperaturabweichungen beziehen sich auf die Mittelwerte der Periode 1981 bis 2010. Diese experimentellen, fast täglich aktualisierten, aber unsicheren Prognosen unter http://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/people/wwang/cfsv2fcst/ (Europe T2m, ganz unten in der Menütabelle; E3 ist der aktuellste Eingabezeitraum):
Die Mehrzahl dieser experimentellen, nicht verlässlichen Langfristprognosen deutet also einen eher normalen bis deutlich zu milden Winter an.
Fazit: Eindeutige, verlässliche Anzeichen für einen sehr kalten oder extrem milden Winter fehlen; die meisten Signale deuten auf einen bestenfalls normalen, wahrscheinlich aber eher etwas zu milden Winter hin, der aber eventuell kältere Abschnitte oder einen zu kalten Monat aufweisen wird. Die Vorhersagen der Wetterdienste und Institute tendieren auch bei großer Unsicherheit in Richtung eines normalen bis milden Winters. Gewisse Hoffnungen auf Kälte machen die seit 2018 besonders massiven Zirkulationsstörungen (häufige Blockierung der Westdrift). Insgesamt fällt der Winter 2021/22 nach momentanem Stand also bei großer Unsicherheit normal bis mild aus und wird im Deutschland-Mittel auf +0,5 bis +3,5°C geschätzt (LJM 1991 bis 2020 +1,4°C). In den Kategorien „zu kalt“, „normal“ und „zu mild“ stellen sich die Wahrscheinlichkeiten des Winters 2020/21 folgendermaßen dar:
Die Schneesituation für Wintersport ist besonders in Lagen über 800m schon Anfang Dezember recht gut. Geschätzte Dezember- Monatsmitteltemperatur für Erfurt-Bindersleben (Mittel 1991- 2020 +0,8°C) +0,5 bis +3,5°C (normal bis mild). Für Jan/Feb. 2022 lässt sich noch kein Temperaturbereich schätzen; doch deuten viele Signale auf einen eher normalen bis mäßig-milden Januar und einen sehr milden Februar hin. Das Schneeaufkommen nach Mitte Dezember ist kaum vorhersehbar (langfristige Niederschlagsprognosen sind besonders unsicher); doch dürften die intensiven Schneefälle ab Ende November zumindest in der Adventszeit Wintersport ab den höheren Mittelgebirgslagen zulassen. Zur Winterlänge fehlen bisher ebenfalls noch Hinweise. Die Hochwinterwitterung (Jan/Feb.) kann erst anhand des Witterungstrends zum Jahreswechsel etwas genauer abgeschätzt werden; momentan ist ein eher milder Hochwinter am wahrscheinlichsten. Sollte der Dezember aber eher kühl ausfallen, so erhöht das die Wahrscheinlichkeit für einen kalten Hochwinter 2022, besonders im Januar, zumindest etwas.
Dieses Fazit wurde aus 15% der Tendenz der Bauern- Regeln, 10% Sonnenaktivität, 20% Zirkulationsverhältnisse, 15% Mittelfrist- Modelle, 10% NAO, AMO,QBO, Polarwirbel, 15% Analogfälle, und 15% der vorwiegenden Tendenz der Langfristprognosen gewichtet. Aktualisierung voraussichtlich Ende Dezember.
Zusammengestellt von Stefan Kämpfe, unabhängiger Klimaforscher, am 25.11. 2021
„Eher normal bis mild?“ Herzlichen Dank für die schöne Übersicht zu Langfrist-Vorhersagen. Ich habe nun die November-Temperaturen einzelner DWD-Wetterstationen analysiert. Spalte 2 Temperatur TMK in °C, Spalte 3 langfristiger Mittelwert 1900-2021
Potsdam; 6,0; 4,1
Zugspitze; -5,5; -7,0
HohenPeißenberg; 2,5; 2,6
Stadt München;3,7;3,8
Eine Deutschland einheitliche Einordnung kalt, normal oder mild ist im November wohl nicht möglich. Das hängt wohl davon ab wie ausgeprägt Inversion ausfällt. Inversion spielt aber während des ganzen Winters eine beträchtliche Rolle.
Hallo, Herr Berberich
für einzelne Monate ist es tatsächlich so, dass es deutschlandweit erhebliche regionale Unterschiede geben kann; so war der Nov. im Norden tendenziell mild, im Süden eher normal temperiert. Das hat nicht nur mit winterlichen Inversionen (da ist es dann auf den Bergen relativ viel wärmer als im Flachland) zu tun, sondern auch mit bestimmten Großwetterlagen und der daraus resultierenden Luftmassenverteilung. Ein schönes Beispiel ist der Juli 2021, der im Nordosten erheblich zu warm, im Süden eher zu kühl war. Aber schon über 2 bis 3 Monate mittelt sich das meistens aus, so dass zumindest grobe Aussagen möglich sind – und dann ist da ja noch das DWD-Flächenmittel, welches man als groben Richtwert für Vorhersagen nehmen kann. Geht das Ganze auch umgekehrt? Ja, gerade in milden Wintern dominiert oft die Luftmasse mP, welche in den untersten Luftschichten mild, in größerer Höhe kalt ist, so dass ein solcher Winter im Hochgebirge normal oder gar etwas zu kalt, ansonsten zu mild, ausfallen kann (Winter 2018/19, 1998/99 oder 1993/94). Und der „Jahrhundertwinter“ 1978/79 war nur in Norddeutschland sehr kalt, südlich des Mains verlief er nur wenig zu kalt – auch hier sind die Großwetterlagen (südliche Westlagen mit einer Tiefdruckzone über Mitteleuropa, welche die Arktikluft cA im Norden von der milden Luft, oft mPs, im Süden trennte), die Ursache, aber solche extremen Temperaturkontraste sind bei uns, anders als in Nordamerika, sehr selten.
Mich würde interessieren wie der vulkanische Staubeintrag… SO2 usw. vom Vulkan auf LaPalma unsere Wolkenbedeckung und damit die Wintertemperatur verändert:
https://www.youtube.com/watch?v=ijVm2oDvceM
Das kann doch nicht so schwer sein! 😉
Hallo, Herr Heil,
dass Vulkane wegen ihrer Aerosole unser Klima vor allem kurz- und mittelfristig beeinflussen, ist unstrittig. Allerdings kommt es darauf an, wie weit ein Vulkan Staub, SO2, Halogene und andere Gase in die Höhe schleudert: Sind es Höhen unterhalb der Tropopause, so wirkt die Selbstreinigung der Atmosphäre recht schnell – der weltklimatische Effekt bleibt gering; lokalklimatische Auswirkungen in Vulkannähe kann es geben. Bei Aerosol-Ausbrüchen bis in die Stratosphäre können massive Abkühlungseffekte und weltweite Zirkulationsstörungen auftreten (Beispiele: Tambora 1815, in schwächerer Form Pinatubo 1991). Allerdings braucht es immer eine gewisse Zeit, bis sich die Aerosole verteilt haben, so dass erst nach Wochen, oft gar vielen Monaten, klimatische Fernwirkungen auftreten (beim Pinatubo „Jahr ohne Sommer“ 1816 mit Missernten in Nordamerika/Europa). Beim La Palma-Vulkan fehlt mir die Kenntnis, ob er bis in die Stratosphäre ausbrach – falls ja, würde das die Chancen auf einen Strengwinter bei uns sicher erhöhen.
Respekt vor der ausführlichen und sorgfältigen Analyse! Nach bisheriger und letztjähriger Erfahrung rechne ich eher wieder mit einem kühlen und längeren Winter (die CO2-Steuer gegen die „Klimaerwärmung“ muss sich schließlich lohnen…). Dafür spricht auch der bereits erfolgte, frühe Wintereintritt im Südosten der Republik – teilweise mit Nachtfrost. Regentonne und Außenhahn mussten wie schon im letzten Jahr relativ früh vor dem Einfrieren geschützt werden. Schaun mehr mal….
Hallo Herr Dr. Ullrich,
der genauere, weitere Winterverlauf lässt sich meist ganz gut, ähnlich wie bei der Siebenschläferregel, anhand der Witterungstendenz zum oder kurz nach dem Jahreswechsel einschätzen (Dreikönigstags-Regel): Ist oder wird es in dieser Zeit winterlich, so hält das meist noch ein paar Wochen, mitunter gar Monate, an, für sehr mildes Wetter gilt das auch. Grobe Hinweise liefert aber auch schon die Dezember-Witterung: Wenn es da wenigstens einzelne Kältewellen gibt, so steigen die Chancen auf Kälte auch im weiteren Winterverlauf. Und da wird es in der Nikolaus-Woche spannend: Ein Skandinavien-Hoch und kleinere Tiefs streiten um die Vorherrschft. Noch sind aber die Modelle uneins, ob eher kalte Nordostluft oder milde Meeresluft die Oberhand behalten – auch „weiße“ Überraschungen bis ins Flachland sind denkbar; aber noch ist die Unsicherheit sehr groß.
Ich vermisse bei diesen Betrachtungen die Auswirkung der Windmühlen auf den Westwind. Es ist doch auffallend, dass der Westwind seit dem massiven Aufstellen dieser Vogelsschredder und Wasserverdunster der Westwind nachlässt. Meine Behauptung: Der Klimawandel in Europa wird durch die Windmühlen verursacht. Das müsste untersucht und dagegen geklagt werden.
„Ich vermisse bei diesen Betrachtungen die Auswirkung der Windmühlen auf den Westwind.“
Hallo Herr Wehrlin,
da rennen Sie bei mir offene Türen ein. Windenergie ist eben NICHT unerschöpflich, ihre Nutzung entzieht der Atmosphäre kinetische Energie und schwächt damit die Zirkulation ab. Zumal ja unsere Nachbarn in Holland, England und Dänemark auch jede Menge Windräder haben… . Für die Winterprognose wäre diese spannende Thematik aber zu umfangreich gewesen. Näheres dazu unter anderem hier Geht der Windenergie die Puste aus? | EIKE – Europäisches Institut für Klima & Energie (eike-klima-energie.eu)
Die Kälte kommt vor allen in Norddeutschland erst zur Jahreswende. Wenn wir da eine negative NAO und AO haben, kann es ein kalter Winter werden. Vorher würde ich mich da nicht festlegen. Da wir letztes Jahr hier einen relativ kalten und schneereichen Winter hatten und die idR in Serien kommen, rechne ich auch dieses Jahr eher mit einen kalten und schneereichen Winter.