Gerade bin ich im alten Europa unterwegs. Also im wirklich alten Europa, nicht in jenem Teil nach der Definition von George W. Bush, sondern dem historisch alten Teil, in Prag. Geht man hier auf den Hradschin, über die Karlsbrücke oder durch die Altstadt bis zum Rathaus, ist die mit Abstand meistgesprochene Sprache (nach Tschechisch) Mandarin. Daran ist natürlich nichts Schlechtes! Erstens sei es jedem Chinesen gegönnt, sich die Goldene Stadt anzusehen, und zweitens genießen die Tschechen zu recht und mit viel Geschick (wenn auch mit oft mangelnder Gelassenheit) die Vorzüge der Marktwirtschaft, indem sie jede nur erdenkliche Art von Geschäft mit ihren neuen Gästen machen. Die ganze Stadt ist eine einzige mittelalterliche Kostümshow, und wen kümmert es schon, dass hinter den Fassaden und Sehenswürdigkeiten mehr Replik als Artefakt steckt! Die Gäste aus Peking oder Shanghai wollen Mittelalter sehen, und das bekommen sie hier. Selbst die Porträtmaler auf der Karlsbrücke verhandeln auf Mandarin mit ihrer Kundschaft.
Ein Blick auf die asiatischen Besucher weist diese als überdurchschnittlich jung aus. Es ist also längst nicht mehr so wie noch in den 1990er Jahren, als Japaner oder Taiwaner ihren knappen Jahresurlaub für eine Europareise opferten und dann im Schweinsgalopp durch die europäischen Länder hasteten. Viele der Chinesen, die man heute in Prag sieht, sind kaum volljährig, und das Geld für die Reise stammt mit Sicherheit eher von Eltern und Verwandten als aus eigener Tasche. Andere reisen mit Kindern, Eltern und Schwiegereltern an und verbringen einen kostspieligen Familienurlaub zu acht hier. Auch von Hektik ist keine Spur mehr. Man trifft tagelang dieselben Gruppen, die in aller Ruhe durch die Stadt flanieren. Man ist länger hier und kennt keine Eile. Moderne Smartphones sind speichergewaltige Biester, da sind acht Tage Prag-Selfie-Marathon locker drin und man hat ja noch Renren und Weibo für den sofortigen Upload.
Allein das Reiseverhalten der Chinesen zeigt schon, wie groß und solvent der chinesische Mittelstand mittlerweile geworden ist. Führte die Reise, die Jan-Malte und Frederike-Luise zum bestandenen Abi von den Großeltern erhielten, noch auf Kurzstrecke nach Paris, Rom oder London, fliegt Chinas Jugend heute viele tausend Kilometer ins schrullige Europa, um verbeulte Ritterrüstungen und habsburgische Folterkammern zu besichtigen.
Don’t stop us now!
In diesem Moment wurde mir eines nochmal sehr deutlich. Nämlich, dass die Chinesen damit nicht aufhören werden, ganz gleich, was Luisa Neubauer, Doktor Greta oder Kerosin-Kathi predigen. Denn während die Deutschen sich den Kurztrip nach Barcelona oder Rom verkneifen sollen, um lieber klimaneutral durch die Rhön zu wandern und bei der Freitagsdemo demnächst vielleicht vegane Häppchen gereicht werden, bestellen chinesische Touristen im „Svejk“ Schweinshaxe mit Meerrettich und Senf, um sich anschließend in offenen Oldtimern und nur zum Spaß durch die Stadt kutschieren zu lassen. Ihre Zahl ist Legion und es spielt keine Rolle, ob meine Landsleute sich für das moralische Gegengewicht halten und mit Verzicht kasteien. Selbst wenn unsere Verhaltensanpassung einen Unterschied im Promillebereich machen würde, käme aus Peking und Shanghai nur ein lächelndes „Xièxiè“ („Danke“), weil man dort dank deutschen Verzichts den neu errungenen Lebensstil zwei Stunden länger pflegen könnte.
Die Klimakatastrophe wurde vorerst abgesagt für Prag. Ein heftiges Unwetter zog am Donnerstag über die Stadt, und sie steht noch. Prag hat die Junihitze und hat auch den Hagel überstanden. Genau wie den 30-jährigen Krieg, die Pest, den Nationalsozialismus und den Kommunismus. Die Stadt roch nach Zwiebeln und Zimt dieser Tage, Kneipen und Brücken waren voller Gäste und die Straßen voller deutscher Dieselautos. Statt unter feinem Staub hat die Stadt eher unter grobem Kopfsteinpflaster zu leiden, man muss halt Prioritäten setzen. Die Kinder gehen hier freitags anscheinend völlig geräuschlos zur Schule, und sollte Doktor Greta eines Tages nach Prag kommen, wird man sie hoffentlich nicht aus dem Fenster werfen wie andere Überbringer unwillkommener Nachrichten. Denn es findet sich kein Misthaufen mehr unter dem Fenster in der Prager Burg, und auf den Ausbruch eines europäischen Klimakrieges können wir angesichts der allgemeinen Hysterie nun wirklich verzichten!
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.
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Hinzufügen möchte ich: Die Arbeitslosigkeit liegt rund um Prag bei 2%! Irgendwas machen die da richtig. Viele deutsche Firmen lassen dort fertigen.
Wenn wir dann in Deutschland die Dekarbonisierung und damit die Deindustrialisierung vollendet haben, wird mein Urenkel als Schafhirte sein Brot verdienen müssen und meine Urenkelin als Reiseführerin für reiche chinesische Touristen.
Lieber Herr Letsch,
Dass die Katastrophen Propheten so viel Aufmerksam bekommen, die Medien uns manipulieren sogar anlügen ist die eine Seite der Medaille. Dass die Menschen diese glaauben und sich manipulieren lassen die Andere. Wenn die Menschen in diesem Land gut ausgebildet wären, dann hätten diese Propheten und Medien keine Chance. Man würde sie auslachen und sie könnten sich in der Gesellschaft nicht mehr blicken lassen.
Das alles funktioniert nur, wenn die Bildung grottenschlecht ist. Diese Regierung wird nur gewählt, weil die Menschen in diesem Land schlecht ausgebildtet sind. Dann möchte man das auch noch toppen mit Freitags ohne Schule oder wie bei Greta überhaupt keine Schule mehr.
China hat uns schon längst überholt. Wir werden die Kurve nicht mehr kriegen.
Herr Salk,genau das befürchte ich auch.Wie haben die Deutschen
mal die Asiaten belächelt,als sie sich auf den Weg machten das Mittelalter zu verlassen.Heute dreht sich das Verhältnis.Sie lächeln immer noch treten aber bewusst auf.Natürlich hat noch Deutschland Reserven.Aber mit einem „Schmalspur-ABI“ und Abwählen von Naturwissenschaften wird nicht mehr lange die Weltspitze zu halten sein.Nicht nur die Schule sondern auch die Besitzverhältnisse beschleunigen die Veränderungen.Alle relevanten
Firmen gehören USA Banken.Die USA ist schon industriell abgewirtschaftet,Infrastruktur kaputt und außer Krieg und Waffen
nicht zu bieten.
Ja das wär doch was, so ein neuerlicher Prager-Fenstersturz. Hinter die Fenster müssten die Prager allerdings Aufzüge bauen, damit die Kandidat’Innen schnell genug hingeschafft werden können. Wir hätten den Pragern ganze Regimenter an Deliquent*Innen anzubieten,