Teil 5: Die Entwicklung der Windgeschwindigkeit am Nordrand der Mittelgebirge und im unteren, nördlichen Bergland: Überwiegend leichte Abnahmen

Am Nordrand der Berge: Mehr oder weniger Wind?

Stefan Kämpfe

Bislang wurden in dieser Serie über die Entwicklung der Windgeschwindigkeit nur die flachen Regionen Deutschlands besprochen. Nun soll es ins nördliche Mittelgebirgsvorland sowie ins untere nördliche Bergland gehen.

Einführung

Weil an den Bergen und in deren Vorland (etwa 25 bis 50 Km Entfernung) an ruhigen Tagen Ausgleichswinde wehen, wird dieser Streifen, welcher vom Raum Aachen über Köln/Bonn, das südliche Ruhrgebiet, das Weserbergland, den Nordharz, Nord- und Mittelthüringen bis Ostsachsen reicht, hier behandelt. Hoch- und Gipfellagen über etwa 600 Meter Höhenlage werden später betrachtet. Weil der Autor in dieser Region sein ganzes Leben verbrachte, kennt er die meteorologischen Tücken wie Stau und Föhn, aber auch den mitunter sehr unangenehmen Gebirgsausgleichswind bei gradientschwachem, strahlungsreichem Sommerwetter sehr gut. Lässt sich vielleicht gerade dort besonders viel Windenergie erzeugen? Das gesamte Thüringer Becken ist mittlerweile „verspargelt“ – doch wie sieht die Realität aus? Bevor wir die Ergebnisdiskussion starten, werfen wir daher einen Blick auf einen lehrbuchmäßigen Fall mit Gebirgsausgleichswind, welcher sogleich für Enttäuschung sorgt.

Abbildung 1: Tagesgang der Stundenwerte der Windgeschwindigkeit in Erfurt/Weimar am störungsarmen, klar-sonnigen zweiten Mai 2022 unter Einfluss der Gebirgsausgleichsströmung (Thür. Wald). Die rote Linie markiert die ungefähre Mindestgrenze für die Windstromproduktion (ca. 2,5 m/s, etwa 9 bis 10 Km/h). Nur knapp zehn Stunden lang, während des tagsüber wehenden Bergwindes, wurde sie überschritten (ca. 40% der gesamten Tageszeit). Von der Nennleistungs-Geschwindigkeit (etwa 10 Km/h) blieb sie stets weit entfernt.

Auch wenn die Verhältnisse in Nabenhöhe etwas günstiger sind – viel Windstrom lässt sich mit Gebirgsausgleichswinden nicht erzeugen. Aber nahm denn wenigstens an den Mittelgebirgen der Wind etwas zu – das viel sonnigere, wolkenärmer werdende Klima seit 1988 ließ das ja vermuten? Doch die Ergebnisse sind ernüchternd.

Schwache Windabnahme trotz einiger fehlerhafter Stationen

Seit 1988 waren 15 Stationen verfügbar, von denen Erfurt/Weimar, Göttingen und Dresden eine mit hoher Wahrscheinlichkeit fehlerhafte Windzunahme aufwiesen – ab oder nach Mitte der 1990er Jahre waren sie brauchbarer. Von den verbleibenden 12 Stationen zeigten Köln/Bonn und Braunschweig (beides Grenzlagen zum Tiefland) keinen Trend, alle übrigen zeigten eine geringe bis mäßige, vereinzelt deutliche Abnahme (auch hier können Fehler nicht völlig ausgeschlossen werden). Weil es im Raum Aachen an Winddaten fehlte, wurde Maastricht (im Südzipfel Hollands) mit in die Auswertung einbezogen; es liegt unweit der Ardennen. Ab 1989 kam Schleiz als 16. Station hinzu. Aber egal, ab welchem Zeitraum oder ob mit oder ohne fehlerhafte Stationen – die Windabschwächung blieb, wenngleich nicht ganz so deutlich, wie im Nordostdeutschen Binnen-Tiefland.

Abbildung 2: Windmittel aller ab 1988 verfügbaren Stationen. Der Jahrtausendwende-Windsprung und ein sehr windreiches Jahr 2023 fallen ins Auge.

Abbildung 3: Ohne die nachweislich fehlerhaften Stationen bleibt alles wie gehabt – nur die Windabnahme wird etwas größer.

Abbildung 4: Mit Schleiz und Stationsfehlern ab 1989 das schon gewohnte Bild: Leichte Windabnahme und Windsprung.

Abbildung 5: Ab 1997 (alle verfügbaren Stationen) eine merkliche Windabnahme im nördlichen Bergvorland.

Damit ist die Nordhälfte Deutschlands nun ausgewertet; Windabnahmen überwiegen dort eindeutig. Weitere Teile dieser Serie werden sich mit Bayern und dem Alpennordrand sowie mit den Berggipfeln in ganz Deutschland befassen.

(wird später fortgesetzt)

Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 

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