Eine skeptische Haltung zur Klima-Katastrophen-Erzählung soll nach dem Willen der EU nicht mehr statthaft sein. Repressions- und Zensurmassnahmen werden brachial vorangetrieben, Meinungs- und Pressefreiheit sollen weg.

von Martina Binnig

Auf seinem Blog „Geld und mehr“ weist Norbert Häring aktuell auf die Veröffentlichung „HEAT: Harmful Environmental Agendas & Tactics“ (zu deutsch: „Schädliche umweltpolitische Agenden und Taktiken“) der Nichtregierungsorganisation EU DisinfoLab vom 23. Juni hin. Die nach eigenen Angaben „unabhängige Non-Profit-Organisation“ untermauert mit dieser Veröffentlichung die Klimapolitik der EU – und wird gleichzeitig von der EU finanziert. Selbstbewusst behauptet sie, dass sie „Wissen und Expertise über Desinformation in Europa“ sammelt. Dabei versteht sie sich als „aktives Mitglied einer leidenschaftlichen und großen Gemeinschaft, die dabei hilft, Desinformationen aufzudecken, zu bekämpfen und zu verhindern, welche die Integrität der Bürger, das friedliche Zusammenleben und die demokratischen Werte gefährden.“

Hinter diesen hehren Zielen verbirgt sich jedoch einmal mehr die Taktik der EU-Kommission, die lästige Zensur von kritischen Stimmen an eine angeblich unabhängige Organisation zu delegieren, die ihr diese schmutzige Arbeit gegen gute Bezahlung abnimmt. Dabei ist EU DisinfoLab schon lange im Geschäft. Wie achgut bereits im Frühjahr vergangenen Jahres berichtete, wurde EU DisinfoLab als „lebendiges Zuhause für Desinformationsaktivisten und Experten“ 2017 in Brüssel gegründet und organisierte dort gleich ein Jahr später gemeinsam mit dem Atlantic Council eine Konferenz zum Thema Desinformation. Der Atlantic Council wiederum ist ein Dinosaurier unter den Think Tanks („Denkfabriken“): Er wurde 1961 in Washington ins Leben gerufen und gab ebenfalls im Jahr 2018 eine Broschüre mit dem Titel „Wessen Wahrheit? Souveränität, Desinformation und der Sieg im Kampf um Vertrauen“ heraus. Darin forderte er bereits, dass Regierungen Konsequenzen gegenüber „Desinformationen in sozialen Netzwerken“ ergreifen müssten, um „deren negative Auswirkungen zu begrenzen“. Außerdem schlug er vor, dass Online-Medien ihre Kommentarspalten deaktivieren sollten, um die Verbreitung von „falschen Informationen“ in den Anmerkungen der Leser zu verhindern.

In seinem Jahresbericht 2022/2023 stellte der Atlantic Council dann fest, dass 2022 das erfolgreichste Jahr in der Geschichte des Atlantic Council gewesen sei, da seine Arbeit dazu beigetragen habe, „politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit Lösungen für die schwierigsten Herausforderungen der Welt zu bieten“ Im dem Bericht sind außerdem die größten Geldgeber des Councils aufgeführt, unter denen sich die Rockefeller Foundation, Goldman Sachs, Google, die Open Society Foundations, Meta, aber auch die European Climate Foundation und die Delegation of the European Union to the United States befinden. BioNTech, Merck, die Thales Group, die Zurich Insurance Group Ltd sowie das deutsche Auswärtige Amt sind ebenfalls als Unterstützer aufgelistet.

Generell folgsam auf Regierungslinie

Ein besonderes Anliegen ist dem Atlantic Council die Einführung des digitalen Euro. Er nutzt ausdrücklich „sein einzigartiges, einflussreiches Netzwerk globaler Führungskräfte“ dafür, die Einführung von digitalem Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, kurz: CBDC) in verschiedenen Ländern zu beschleunigen, wie man seinem CBDC-Tracker – einer interaktiven Weltkarte – entnehmen kann. DisinfoLab arbeitet jedoch nicht nur mit dem einflussreichen Atlantic Council eng zusammen, sondern agiert generell folgsam auf Regierungslinie.

In einem Desinformationsüberblick zu Deutschland von März 2023 beispielsweise werden als Opfer von Desinfomationsattacken Annalena Baerbock und die Grünen genannt; als Täter „Querdenker“ und „Reichsbürger“. Und als vorbildliche Faktenchecker führt die Organisation ausgerechnet „Correctiv“ und „Newsguard“ an. Zudem wurde das EU DisinfoLab bei seinem Desinformationsüberblick von der Friedrich-Naumann-Stiftung unterstützt, die sich laut Jahresbericht 2022 bei einem Etat von rund 84 Millionen Euro zu 96 Prozent aus Zuschüssen des Bundes finanziert. Mit anderen Worten: Eine regierungsnahe Stiftung fördert eine angeblich unabhängige Organisation, die im Gegenzug einen regierungsnahen Bericht abliefert.

Und nun dient sich das EU DisinfoLab also der Klimapolitik der EU-Kommission an. Auch das ist allerdings nicht ganz neu: So hat das EU DisinfoLab vor rund zwei Jahren bereits zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung, die den Grünen nahesteht, eine Plattform namens „Climate Clarity Hub“ eingerichtet, die „Wissen und Expertise zu Klima-Desinformation bündelt“. In ihrem Jahresbericht für 2023 behauptet die Heinrich-Böll-Stiftung auf Seite 8, es sei wissenschaftlich eindeutig belegt, dass es auf der Erde wärmer werde. Dennoch würde die globale Erderwärmung in Publikationen immer wieder in Zweifel gezogen. Vor allem auf Social-Media-Plattformen würden Desinformationskampagnen zum Thema Klima verbreitet.

Das EU-Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Brüssel habe daher eine Recherche des EU-Disinfo-Lab unterstützt, in der untersucht wurde, ob Plattformen wie TikTok, Meta oder YouTube ihre Maßnahmen gegen Klimawandel-Fehlinformationen angemessen verschärfen. Natürlich sind Heinrich-Böll-Stiftung und das EU-Disinfo-Lab noch nicht zufrieden mit den Maßnahmen der sozialen Medien. Sie stellen einhellig fest, dass es mehr geschultes Personal bei den Online-Anbietern brauche, um etwaige Risiken klimarelevanter Inhalte erkennen zu können. Außerdem sei es für die Bekämpfung von Desinformation wichtig, die Verbindungen zwischen Wissenschaft und Journalismus zu stärken.

Die nahtlose Fortsetzung des üblichen EU-Wahnsinns

Die aktuelle Veröffentlichung „HEAT“ zur angeblichen Klima-Desinformation ist also im Grunde kein neuer Skandal, sondern lediglich die nahtlose Fortsetzung des üblichen EU-Wahnsinns. Das EU-Disinfo-Lab steht damit auch keineswegs allein: Im Juni 2020 hat schon die Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien (European Digital Media Observatory, kurz: EDMO) als „größtes interdisziplinäres Netzwerk der EU zur Bekämpfung von Desinformation“ ihre Arbeit aufgenommen. Und EDMO warnte bereits 2022 davor, dass falsche Narrative über den Klimawandel kursieren würde. Auf der Website zum Faktenchecker-Netzwerk von EDMO ist übrigens der Hinweis eingefügt: „Dieses Projekt wurde von der Europäischen Union unter der Vertragsnummer LC-01935415 finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Website trägt allein das unabhängige Konsortium; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.“ Mit anderen Worten: Die Kommission beauftragt und finanziert zwar, aber stiehlt sich dann aus der Verantwortung.

Genauso ist auf Seite 2 der aktuellen HEAT-Broschüre zu lesen: „Das HEAT-Projekt wird durch den Europäischen Medien- und Informationsfonds (EMIF) unterstützt, der von der
Calouste Gulbenkian Stiftung und dem Europäischen Hochschulinstitut verwaltet wird.
Die alleinige Verantwortung für den Inhalt liegt bei dem/den Autor(en), und der Inhalt spiegelt nicht unbedingt die Positionen des EMIF oder der Calouste Gulbenkian Stiftung wider.“ Der European Media and Information Fund (EMIF) unterstützt Forschungsprojekte, um das Phänomen der Desinformation im Internet in Europa zu bekämpfen. Er wird u.a von Google mit einem Betrag in Höhe von 25 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren finanziert. Die Gulbenkian Stiftung wiederum kooperiert mit EDMO. Hier schließt sich also direkt der Kreis zur EU. EDMO ist übrigens auch dafür zuständig, darüber zu entscheiden, ob der Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation der EU-Kommission aus dem Jahr 2022, dem auch Google beigetreten ist, ausreichend erfüllt ist. Grundlegend für den Kodex waren die Erfahrungen mit „Corona-Desinformationen“. Kein Wunder, dass Google EDMO durch finanzielle Zuwendungen über den Europäischen Medien- und Informationsfonds gnädig zu stimmen sucht!

Auf den insgesamt 76 Seiten der HEAT-Broschüre, die also indirekt sowohl von der EU als auch von Google finanziert wurde, werden die Ergebnisse einer Untersuchung zu klimabezogenen Desinformationen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden ausgerollt. Dabei konzentrierte sich das HEAT-Projekt auf öffentlich zugängliche nutzergenerierte Inhalte auf X, Facebook und Telegram. Als zentrale Ergebnisse werden angeführt: In allen drei Ländern seien Verschwörungsnarrative insbesondere im Zusammenhang mit Geoengineering präsent. Klimamaßnahmen würden als autoritär oder elitär dargestellt. Mit Russland verknüpfte Medien und Telegram-Ökosysteme spielten eine große  Rolle. Und auch die Interessen der fossilen Brennstoffe hätten Einfluss auf die Klimanarrative.

„Deutschland sieht sich einer narrativen Kriegsführung ausgesetzt“

Wörtlich heißt es: „Das HEAT-Projekt zeigt, dass Klimadesinformation die demokratische Widerstandsfähigkeit und eine faktenbasierte Politikgestaltung untergräbt, indem sie Misstrauen, Polarisierung und Widerstand gegen Klimaschutzmaßnahmen schürt. Dieser Bericht fordert die EU-Institutionen auf, dies im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz: DSA) anzuerkennen“. Und weiter:

„Die Desinformation über den Klimawandel ist nach wie vor eine der größten Bedrohungen für eine faktengestützte Politikgestaltung, die Umweltpolitik und die demokratische Widerstandsfähigkeit in der EU. Da die Klimapolitik immer umfangreicher und ehrgeiziger wird, gerät sie zunehmend in den Fokus gezielter bösartiger Einflussnahme aus dem In- und Ausland, die darauf abzielt, Klimaschutzmaßnahmen zu verzögern, das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben und den öffentlichen Diskurs zu polarisieren.“ Das Hauptfenster der Datenerhebung für HEAT erstreckte sich vom 1. Oktober 2024 bis zum 30. April 2025. In diesem Zeitraum habe sich die klimabezogene Desinformation in Deutschland auf drei dominante und sich überschneidende Narrativcluster konzentriert: „Untergrabung der Klimawissenschaft und des Klimakonsenses“, „Angriffe auf grüne Politik und die Energiewende“ sowie „Populistische, elitenfeindliche und konspirative Botschaften“.

Außerdem wird im Bericht für Deutschland festgehalten: „Deutschland, ein führendes Land in der EU-Klimapolitik, sieht sich einer narrativen Kriegsführung sowohl in Bezug auf die Energiesicherheit als auch auf die Überregulierung ausgesetzt.“ Besonders spießt der Bericht Narrative auf, die „den wissenschaftlichen Konsens über den anthropogenen Klimawandel“ untergraben und das CO₂ als harmlos oder sogar als nützlich darstellen würden. Institutionen wie der Weltklimarat (IPCC) würden in diesen schädlichen Narrativen als politisch kompromittiert dargestellt, was das Misstrauen der Öffentlichkeit gegenüber der Klimawissenschaft verstärke.

Pseudoakademische Organisationen wie namentlich EIKE würden „alternative Wissenschaft“ verbreiten sowie Klimamodelle und IPCC-Daten in Frage stellen. Leugnende Influencer würden Beiträge verbreiten, in denen sie den Klimawandel als einen Schwindel darstellten, der zur sozialen Kontrolle inszeniert werde. X-Nutzer würden sich sogar auf technisch wahre Behauptungen (z. B. „CO2 ist lebensnotwendig“) berufen, um das Klimarisiko herunterzuspielen. Wäre das EU DisinfoLab nicht so einflussreich (auch die Bertelsmann Stiftung bezog sich z.B. in ihrer Broschüre „EU-Wahlen 2024: Wie wir resilienter gegen Desinformationskampagnen auf sozialen Plattformen werden“ u.a. auf eine Analyse des EU DisinfoLab), wären diese Anschuldigungen zum Schreien komisch! Das EU DisinfoLab nimmt für sich „Wissenschaftlichkeit“ in Anspruch, geht jedoch jeder wissenschaftlichen Diskussion aus dem Weg, indem es alle abweichenden Meinungen kurzerhand als „Desinformation“ brandmarkt!

„Über Temperaturdiagramme lustig gemacht“

Das EU DisinfoLab empört sich z.B. auch darüber, dass Facebook-Nutzer Infografiken und visuelle Daten (z. B. Strompreise, Arbeitslosenquoten) verwendet hätten, um die Energiewende als direkte Bedrohung für die wirtschaftliche Stabilität und die Industrie in Deutschland darzustellen. Auf Telegram sei vor der „Dunkelflaute“ gewarnt und Energiekritik mit populistischer Angst vermischt worden. Und auf X hätten AfD-nahe Accounts Hashtags verbreitet, die grüne Politik als wirtschaftlich verheerend darstellten und vor Stromausfällen und Massenverarmung warnten. Es seien Memes verwendet worden, die sich über Temperaturdiagramme lustig gemacht hätten. Schlimmer noch: Emotionale Memes hätten die Politik der Grünen als autoritär dargestellt und sie für den gesellschaftlichen Niedergang verantwortlich gemacht!

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und die Außenministerin seien häufig als wirtschaftsfeindliche Figuren karikiert und beschuldigt worden, die Deindustrialisierung durch fehlgeleitete grüne Reformen voranzutreiben. Manche Nutzer hätten den aktuellen Temperaturanstieg gar mit historischen Klimaschwankungen verglichen. Andere hätten die Skepsis gegenüber den deutschen Klimaneutralitätszielen verstärkt und behauptet, diese würden zu Massenarmut, Energieinstabilität und globaler Irrelevanz führen.

Schließlich seien in den Beiträgen auch noch Verbindungen zwischen der Klima-Politik und den Restriktionen der Coronakrise hergestellt worden. Dadurch sei das Misstrauen aus der COVID-Ära wieder aufgegriffen und der Klimawandel als die nächste künstliche Krise hingestellt worden. Die Pandemie und die Klimapolitik seien als aufeinanderfolgende Schritte in einer Elitenstrategie zur Durchsetzung von Überwachung und digitaler Kontrolle mit einem damit einhergehenden Verlust von bürgerlichen Freiheiten interpretiert worden.

Nutzer hätten den Klimaschutz sogar als säkulare Religion und Klimamaßnahmen als ideologischen Extremismus dargestellt. Die Klimapolitik sei als eine Form der Massenkonditionierung gedeutet worden, die darauf abziele, Angst, Gehorsam und Konformität zu erzeugen. In manchen Beiträgen seien Fabrikschließungen, steigende Energiepreise und instabile Stromnetze als Beweise dafür angeführt worden, dass grüne Politik die Deindustrialisierung vorantreibe.

Kritik alas systemische und strukturelle Bedrohung der demokratischen Institutionen

Liest man sich dieses Sündenregister durch, drängt sich der Eindruck auf, dass es das EU DisinfoLab vor allem darauf abgesehen hat, politische Gegner der EU-Kommission als Verschwörungstheoretiker abzustempeln und jeglichen gesunden Menschenverstand zu bekämpfen. Da können auch die politischen Empfehlungen nicht weiter verwundern, die das EU DisinfoLab daraus herleitet. Da sich die Klimadesinformation in Europa zu einer systemischen und strukturellen Bedrohung der demokratischen Institutionen, der Umweltpolitik und des öffentlichen Vertrauens entwickelt habe, fordert das EU DisinfoLab,  dass das Gesetze über digitale Dienste ausgeweitet wird.

Während nämlich sehr große Online-Plattformen ( Very Large Online Platforms, VLOPs) wie X und Facebook unter die Aufsicht der Europäischen Kommission fallen, unterliegen Plattformen wie Telegram, die nicht als VLOPs bezeichnet werden, weit weniger Verpflichtungen und werden auf nationaler Ebene beaufsichtigt. Diese „zersplitterte Aufsicht“ ist dem EU DisinfoLab natürlich ein Dorn im Auge! Zudem fehle es an Rechtsvorschriften, die ausdrücklich auf Klimadesinformation abzielen. Diese Gesetzeslücke sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene schränke den Nutzen des DSA bei der Bekämpfung von Klimadesinformation erheblich ein. Klimadesinformation müssten dringend als systemisches Risiko in den DSA-Rechtsrahmen aufgenommen werden.

Auch fehlende Schutzmaßnahmen gegen „rechtmäßige, aber schädliche Klimanarrative“  bemängelt das EU DisinfoLab: Während das DSA zu Recht rechtmäßige Äußerungen schütze, zeige die HEAT-Untersuchung eine kritische Risikolücke auf, die Akteure betreffe, die sich zwar innerhalb der rechtlichen Grenzen bewegen, aber konsequent irreführende oder manipulative Klimanarrative verbreiten. Dazu gehörten pseudoakademische Organisationen, parteiische Medien und Meinungsmacher, die Desinformation als „Meinung“, „wissenschaftliche Debatte“ oder „Kritik“ tarnen. Solche Darstellungen seien schwieriger zu regulieren, hätten aber nachweislich die Absicht und Wirkung, den wissenschaftlichen Konsens und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu untergraben.

Offen zu Tage tretenden Zensurabsichten

Ist den Autoren der Broschüre auch nur ansatzweise klar, was sie da geschrieben haben? Wer also den „wissenschaftlichen Konsens“ durch eine Debatte gefährdet, soll zensiert werden, selbst wenn er sich „innerhalb der rechtlichen Grenzen“ bewegt? Wenig später wird deutlich, worum es den Verfassern wirklich geht: Sie befürchten nämlich konkret Auswirkungen auf „das Wahlverhalten und das Engagement der Menschen in der Politik“. Um dieser Bedrohung zu begegnen, sei eine dringende, koordinierte Reaktion von Regulierungsbehörden, Plattformen und der Zivilgesellschaft (alos NGOs) erforderlich.

Die EU-Kommission solle daher eine EU-Beobachtungsstelle für Klimadesinformation einrichten und schnelle Reaktionsmechanismen entwickeln, die eine umgehende Mobilisierung gegen Desinformationsfluten in Zeiten hoher Anfälligkeit ermöglichen – z..B. der Einführung neuer politischer Maßnahmen oder vor internationalen Klimagipfeln. Social-Media-Plattformen müssten mit der gleichen Dringlichkeit und Konsequenz gegen Klimadesinformation vorgehen, wie sie es bei COVID-19-bezogenen Inhalten getan haben.

Diese derart offen zu Tage tretenden Zensurabsichten machen dann doch etwas sprachlos. Und wie es der Zufall so will, hat die EU-Kommission soeben eine Eurobarometer-Umfrage veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass eine große Mehrheit der EU-Bürger (nämlich acht von zehn) das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 unterstützt. Die Umfrage zum Klimawandel lief zwischen dem 18. Februar und dem 10. März 2025 und wurde in verschiedenen sozialen und demografischen Gruppen in allen 27 EU-Mitgliedstaaten durchgeführt, wobei insgesamt 26.319 EU-Bürger befragt wurden. Mehr als drei Viertel (77 Prozent) davon sind der Meinung, dass die Kosten der durch den Klimawandel verursachten Schäden wesentlich höher seien als die Investitionen, die für einen Übergang zur Klimaneutralität erforderlich seien. Fast neun von zehn Europäerinnen und Europäern halten es demnach auch für wichtig, dass die EU die Energieeffizienz verbessert, indem sie beispielsweise die Menschen ermutigt, ihr Zuhause zu isolieren, Solarpaneele zu installieren oder Elektroautos zu kaufen. Außerdem sind 75 Prozent der Ansicht, dass es der EU wirtschaftlich zugutekomme und die Energieversorgungssicherheit erhöhe, wenn die Einfuhr fossiler Brennstoffe verringert werde.

Darüber hinaus ergab die Umfrage, dass 84 Prozent der Befragten daran glauben, dass der Klimawandel durch menschliche Aktivitäten verursacht wird. Mehr als die Hälfte bemängelt jedoch, dass traditionelle Medien keine klaren Informationen über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen lieferten. Rund 50 Prozent meinen, dass es schwierig sei, in den sozialen Medien zwischen zuverlässigen Informationen und Desinformationen über den Klimawandel zu unterscheiden.

Das bedeutet im Klartext: Die EU-Kommission besteht weiterhin verbissen auf ihrer Klimaneutralitäts-Spur und den damit verbundenen Geschäftsmöglichkeiten für die Klima-Industrie. Dabei kann sie sich nun auf den per Eurobarometer erhobenen Bürgerwillen berufen. Und sie wird höchstwahrscheinlich kurzfristig den Digital Services Act als Zensurinstrument für Kritik und unliebsame Meinungen verschärfen. Wofür ihr wiederum die „Zivilgesellschaft“ u.a. in Form des HEAT-Berichts Rückendeckung gibt. Wer es dann immer noch wagt, Kritik an der Klima-Agenda der EU-Kommission zu üben, sollte sich dringend einen hübschen Bademantel zulegen.

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

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