Plattes Land – schlapper Wind? Auch in Holland gab es den Jahrtausendwende-Windsprung abwärts. Unerklärliche Unterschiede zu den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Stefan Kämpfe

Bislang wurde in einer siebenteiligen Serie über die Entwicklung der Windgeschwindigkeit in Deutschland regionsbezogen berichtet. Dabei überwog etwa nördlich des 51. Breitengrades eine merkliche Windabnahme; südlich herrschten uneinheitliche Verhältnisse; neben Windzunahmen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg fanden sich auch Regionen mit abnehmender Windgeschwindigkeit. Aber wie sehen die Verhältnisse in unseren Nachbarländern aus? Nur für Holland, welches ja auch die Windkraftnutzung stark ausgebaut hat, liegen nun eindeutige Ergebnisse vor.

Einführung

Unser flaches Nachbarland kann sich glücklich schätzen – zumindest in Sachen Winddaten. In dem Königreich, welches nur die Fläche eines mittelgroßen deutschen Bundeslandes einnimmt, wurden fünfzehn Stationen mit durchgängigen, weitgehend konsistenten Daten zur Windgeschwindigkeit seit 1988 gefunden. Weil es mittlerweile auch gelang, alle Landesmittel der deutschen Bundesländer auszuwerten, welche freilich nur sehr bedingt vertrauenswürdig sind, bot sich auch ein Vergleich mit den angrenzenden Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen an.

Fast durchweg abnehmende Windgeschwindigkeiten im Land der Windmühlen

Analog zur Vorgehensweise bei der Untersuchung der deutschen Regionen, Teile 3 bis 7 (den für die Küsten und Nordwestdeutschland siehe hier) wurden aus den Jahresmitteln der verfügbaren Stationen der lineare Trend und das fünfjährige, zentrierte Gleitmittel berechnet. Außer an den Stationen Volkel und Twenthe (beide fast ohne Trend) zeigten alle Stationen eine mehr oder weniger deutliche Windabnahme, welche sehr stark an das Verhalten des Nordostdeutschen Binnen-Tieflands erinnert (Teil 3, siehe hier). Auch der dort gefundene Windsprung zur Jahrtausendwende (plötzlich nachlassende Windgeschwindigkeit) ist gut zu erkennen.

Abbildung 1: Windmittel aller ab 1988 verfügbaren 15 Stationen im Königreich Niederlande („Holland“). Den Jahrtausendwende-Windsprung gibt es dort auch – und danach waren die Jahre 2008, 15 und 20 etwas windreicher, als das Jahr 2023.

Mehr Fragen als Antworten: Holland versus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen

Nicht umsonst wurden in der siebenteiligen Deutschland-Serie zur Windgeschwindigkeit nicht die Bundesländer, sondern geografische Regionen betrachtet, denn viele Bundesländer sind orografisch sehr inhomogen. Das gilt auch für Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, welche im Norden flach, im Süden/Südosten aber sehr bergig sind; hinzu kommt in Niedersachsen der Küstenstreifen. Hier soll trotzdem der Versuch unternommen werden, einen Vergleich auf der Basis der Ländermittel zu wagen. Die Windgeschwindigkeitsmittel der Länder lassen sich, leider mit einem beträchtlichen Zeitaufwand, hier ermitteln. Sie berücksichtigen leider weder Stationsfehler noch Verzerrungen, welche durch das Eröffnen oder Schließen von Stationen während des Betrachtungszeitraumes entstehen – deshalb sind sie nur unter Vorbehalt zu betrachten!

Abbildung 2: Die Entwicklung der Windgeschwindigkeit in Holland (blau) und in Niedersachsen (braun). In Niedersachsen werden nur etwa 80% des holländischen Windmittels erreicht – nach dem Kubischen Gesetz bedeutet das unter sonst gleichen Bedingungen nur etwa 50% der in Holland möglichen Windenergie! Die starke Windabnahme fehlt in Niedersachsen, ebenso der Windsprung zur Jahrtausendwende.

Abbildung 3: In Nordrhein-Westfalen (grün) weht der Wind noch schwächer. Dort gab es aber eine nicht signifikante Geschwindigkeitszunahme von 0,13 m/s seit 1988, einen erkennbaren Windsprung zur Jahrtausendwende und ein gegenüber den 2010er Jahren deutlich windreicheres Jahr 2023.

Mit meteorologischen Ursachen alleine lassen sich diese erheblichen Unterschiede wohl kaum erklären. Auch die oft fehlerhaften Daten in Deutschland könnten eine Rolle gespielt haben – vielleicht hat aber auch der ein oder andere Leser eine Idee, ob es noch weitere Ursachen für dieses konträre Verhalten gibt.

Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 

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