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Europas Politik hat Angst vor dem Winter. Nein, nicht wegen Corona, wenngleich sich die Anzeichen für eine turbulente Gesundheitslage in der bevorstehenden kalten Jahreszeit verdichten. Immerhin rechnen Experten aufgrund der in der vergangenen Saison „ausgefallenen“ Grippe mit einer umso schwereren Influenza-Welle in den kommenden Monaten. Zudem scheint es irgendwie doch so zu sein, dass Menschen durch die impfbedingte Fixierung des Immunsystems auf Sars-CoV-2 anfälliger für andere Erreger sind. Man wird sehen, was an dieser von so manchem Mediziner vertretenen These dran ist. Um Corona soll es aber gar nicht gehen. Europa fürchtet den Blackout. Die Sorge vor Lieferengpässen im Strom- und Gasbereich, eine Vorhersage, die noch vor kurzem ins Reich rechter Verschwörungstheorien verwiesen worden war, wächst. Noch schauen die Verantwortlichen in der Europäischen Union schadenfroh auf Großbritannien, wo massiv angestiegene Gaspreise eine Reihe von Energieanbietern zum Aufgeben gezwungen haben, weil diese die um bis zu 70% in die Höhe geschnellten Einkaufspreise durch eine gesetzliche Gaspreisdeckelung nicht weitergeben können. Der britische Wirtschaftsminister bereitet die Verbraucher schon einmal auf gravierende Probleme vor und gibt unumwunden zu, dass Hunderttausenden Familien ein schwieriger Winter bevorstehe. Auch im Rest Europas zeigen die Energiepreissprünge Folgen: Die Inflation galoppiert. Dabei wirken die selbsternannten „Klimaretter“ wie Brandbeschleuniger. Die explosive Mischung aus drastischen Steuererhöhungen und rapide gestiegenen Preisen wird vor allem jene schmerzlich treffen, die nur ein paar Euro mehr fürs Klima auszugeben glaubten. Es werden ein paar Hundert sein. Mindestens.

Europas Regierungen fürchten, dass ihnen angesichts steigender Zahlen von Elektrofahrzeugen im sprichwörtlichen Sinne der Strom ausgeht

In Großbritannien hat man derweil noch ganz andere Sorgen: Wegen 100.000 fehlender Lkw-Fahrer stockt die Versorgung der Tankstellen ebenso, wie die Belieferung der Lebensmittelgeschäfte. Das Problem ist hausgemacht, weil man mit einer hysterischen Warn-App wochenlang Millionen von Menschen aus dem Arbeitsprozess gerissen hatte, die nur teilweise wieder in ihre angestammten Jobs zurückkehrten. Zudem hat die rigide Praxis der Visa-Vergabe nach dem Brexit eine Vielzahl ausländischer Arbeiter aus dem Land getrieben. Ob die von Premierminister Johnson angekündigte Kehrtwende schnell genug greift, weiß niemand. Als wäre das nicht genug, fürchten nicht nur die Briten, dass ihnen angesichts steigender Zahlen von Elektrofahrzeugen im sprichwörtlichen Sinne der Strom ausgeht. Diese Gefahr scheint die Bundesregierung auch für Deutschland zu sehen. Sie hatte zu Jahresbeginn einen Gesetzentwurf zur „Spitzenglättung“ vorbereitet, traute sich aber nicht, diesen in den Bundestag einzubringen. Mit der wohlklingenden Bezeichnung ist genau das gemeint, was die Briten im kommenden Jahr festzuschreiben gedenken: Wer sein E-Mobil an der heimischen Ladestation „auftanken“ will, schaut zu den Hochlastzeiten in die Röhre. Ab Mai 2022 soll privaten Ladestationen im Vereinigten Königreich von Montag bis Freitag jeweils neun Stunden am Tag der Strom abgestellt werden. Die große Furcht vor dem Zusammenbruch der Stromnetze ist keinesfalls unbegründet, gab es doch erst vor wenigen Monaten einen Beinahe-Blackout auf dem Kontinent. Immer wieder müssen zudem Industrieanlagen vom Netz genommen werden, um Stromengpässe zu vermeiden.

Schon ziemlich bald werden uns drohende Blackouts rund um die Uhr vor die Frage stellen, wofür wir unser Stromkontingent nutzen wollen

Der Ausbau sogenannter erneuerbarer Energien hat die europäische Versorgung anfällig gemacht und die Lebenslüge der Politik aufgedeckt. Würden die selbstgesteckten Ziele der Elektromobilität auch nur annähernd erreicht, stünden schon heute keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung. Allein Großbritannien benötigt angesichts der beschlossenen Abkehr vom Verbrennungsmotor bis 2050 das zusätzliche Stromäquivalent von sechs Kernkraftwerken. In Deutschland sieht es nicht besser aus. Ganz unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl dürfen wir uns schon einmal auf drastische Maßnahmen einstellen. Woher der Strom künftig in ausreichender Menge kommen soll, steht in den Sternen. Die Netzbetreiber mehrerer EU-Länder warnten schon zu Beginn des Jahres. Nun scheinen immer mehr Regierungen dem Appell zu folgen, und wäre nicht die Bundestagswahl dazwischengekommen, hätte Deutschland hier einmal mehr den unrühmlichen Vorreiter gespielt. Europa geht einer ungewissen Zukunft entgegen. Immer größer wird die Abhängigkeit von Partnern, die nur ein begrenztes Interesse an einem prosperierenden Kontinent haben. Die „Energiewende“ entfaltet ihre volle Wucht, und schon bald werden die Erinnerungen an die Corona-Beschränkungen verblassen, wenn uns drohende Blackouts rund um die Uhr vor die Frage stellen, wofür wir unser Stromkontingent nutzen wollen. Der zu erwartende Druck der Unternehmen auf die Politik könnte manchen Irrweg korrigieren. Entspannung bedeutet dies allerdings nicht. Der Wiederaufbau einer zuverlässigen Energieversorgung wird ein Vielfaches von dem verschlingen, was wir derzeit für die ideologischen Spielereien wohlstandsverwöhnter „Weltverbesserer“ berappen müssen.

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Zunächst auf der Liberalen Warte erschienen

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