1. Das Anliegen dieser Broschüre
Im Jahre 2008 wurde das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) beauftragt, die Folgen eines großflächigen und langandauernden Stromausfalls systematisch zu analysieren. Zwei Jahre später lag sein Bericht vor, dessen Fazit in der Drucksache 17/5672 des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung /1/ folgendermaßen lautet:
„Aufgrund der nahezu vollständigen Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten würden sich die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer Schadenslage von besonderer Qualität summieren. Betroffen wären alle Kritischen Infrastrukturen, und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials ist ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden.“
Was bedeutet aber Risiko überhaupt? Seine gängige mathematische Definition ist das Produkt:
Risiko = Schadenshöhe x Eintrittswahrscheinlichkeit
Die Schadenshöhe eines Ereignisses bemisst sich üblicherweise in der Zähleinheit unseres Geldes (Euro), und Wahrscheinlichkeiten sind immer dimensionslose Zahlen. Die Produktgröße Risiko lässt sich dann also insgesamt in Euro ausdrücken. Der materielle Schaden eines langandauernden großflächigen Stromausfalls (Blackout) kann durchaus in die Billionen gehen, doch weil ein solches Ereignis zwangsläufig auch mit dem Verlust von Menschenleben verbunden ist, wird die Bestimmung der Schadenshöhe problematisch: Welchen Wert hat das einzelne Menschenleben? Die Antworten auf diese Frage fallen recht unterschiedlich aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt eine Summe von 8,5 Millonen Euro, das General-Direktorat der Europäischen Kommission setzt 1 Million Euro an, und für den Weltklimarat IPCC ist ein Menschenleben mit 850.000 Euro vergleichsweise preiswert. Man sollte wohl dem Begriff der Schadenshöhe eine nicht quantifizierbare ethische Komponente zuordnen, die dann wenigstens für einen Vergleich unterschiedlicher Katastrophenszenarien hilfreich wäre.
Bei der Betrachtung der Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Blackout ist zu bedenken, dass einzelne unterschiedliche Ursachen einen langandauernden und großflächigen Stromausfall zur Folge haben (s. Punkt 4). Diese Ursachen treten auch mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten ein. Die resultierende Eintrittswahrscheinlichkeit dafür, dass ein Blackout überhaupt eintritt, kann dann mit dem Additionssatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung berechnet werden. Sie ist zwar grundsätzlich kleiner als die einfache Summe der Einzelwahrscheinlichkeiten, jedoch deutlich größer als jede einzelne Wahrscheinlichkeit.
Es ist unbestreitbar, dass in den zehn Jahren vom Bericht des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung /1/ bis heute unsere Abhängigkeit von elektrischem Strom durch zunehmende Elektrifizierung und Digitalisierung noch einmal erheblich zunahm. Damit hat sich die zu erwartende Schadenshöhe signifikant vergrößert. Aber auch bestimmte Gefahren für die Stabilität des Stromnetzes, wie Cyberkriminalität, defizitäre Stromversorgung, Anteil stochastischer Energien im Netz, oder der Einfluss inkompetenter Politiker werden im Laufe der Zeit größer, womit die resultierende Eintrittswahrscheinlichkeit zunimmt. Mit dem gleichzeitigen Wachstum der beiden Faktoren Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit wächst das Risiko eines Blackout entsprechend stark.
Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, dieser Entwicklung – die einen katastrophalen Ausgang nehmen kann – zu wehren. Doch deren bisherige Leistungen auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr sind alles andere als ermutigend, wie der Umgang mit dem Virus Covid 2 beweist. Deshalb ist die Frage angebracht, wie viel Vertrauen eine regierungsamtlich vorbeugende Gefahrenabwehr gegen den Blackout verdient. Immerhin hat sich die Regierung in jüngster Zeit zu ein paar Maßnahmen des vorbeugenden Zivilschutzes entschlossen. Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges forderte sie 2016 die Bevölkerung auf, einen Vorrat von Lebensmitteln für 10 Tage und Trinkwasser für fünf Tage vorzuhalten. Leider wurde dieses Regierungshandeln durch Negativberichterstattung in den Leitmedien über sogenannte „Prepper“ konterkariert, die (wie auch bei WIKIPEDIA) in Zusammenhang mit „Reichsbürgern, rechten Gruppierungen und Veschwörungstheoretikern“ gebracht werden.
Beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist als wesentlichste Information der Bevölkerung eine Broschüre unter dem Titel „Stromausfall – Vorsorge und Selbsthilfe“ /2/ erhältlich. Ihr in großen Lettern gedruckter Text enhält bemerkenswerte Empfehlungen von hohem Grad der Allgemeingültigkeit, wie:
„Das Licht von Kerzen, Taschen- oder Campinglampen (mit den erforderlichen Batterien und Gaskartuschen) ist nicht nur romantisch, sondern kann in Ernstfall dafür sorgen, dass Sie sich zu Hause, auch nach Einbruch der Dunkelheit noch sicher orientieren können.“
Bei der Verlegung der Verlängerungskabel (eines Stromerzeugers) ist daran zu denken, dass Sie für die Kabel eine Gebäudeöffnung benötigen. Für die Kabelführung offen gehaltene Türen und Fenster begünstigen jedoch das Auskühlen der Wohnung und Erschweren den Einbruchschutz.“
Und höchst vorsorglich wird auch vor einer Lärmbelästigung der Nachbarn im Katastrophenfall gewarnt:
„Gerade in dicht besiedelten Gebieten oder in Mehrfamilienhäusern können sich Nachbarn durch die Geräuschemissionen belästigt fühlen. Bei der Auswahl eines Stromerzeugers sollte deshalb ein leises Model (Schreibweise wie im Original) gewählt werden.“
Auf weitere inhaltliche Defizite dieser Veröffentlichung wird später noch eingegangen. Die von der Universität der Bundeswehr kreierte Gestaltung des Werkes bietet übrigens acht Abbildungen von sehr fragwürdigem Informationsgehalt: die nächtliche Ansicht eines Einfamilienhauses mit beleuchteten Fenstern, einen Feuerlöscher, eine Kurbeltaschenlampe, eine überschwemmte Fassade, zwei Hochspannungsmasten und zwei unterschiedliche Darstellungen eines Schukosteckers.
Dem Bundesamt scheinen die Schwächen seiner Bürgerinformationsschrift bewusst zu sein, denn nach SPIEGEL Panorama vom 14.02.2020 plant es als Ergänzung ein „Notfallkochbuch“ mit „nahrhaften Mahlzeiten“ für den Krisenfall, also etwa bei einem längeren Stromausfall. Elektrische Küchengeräte sollen für die Zubereitung ebenso wenig benötigt werden wie Leitungswasser.
Noch ist dieses Kochbuch nicht erhältlich, doch in einer späteren Auflage unserer Broschüre wollen wir gern daraus zitieren.
2. Was sollte man zum besseren Verständnis der Broschüre über unser Stromnetz wissen?
Unser Stromnetz ist eine der bedeutendsten ingenieurtechnischen Leistungen überhaupt. Das deutsche Netz ist in vier Regelzonen mit den Betreibern Amprion, 50Hertz, TenneT und Transnet BW unterteilt (Bild 2) und stellt einen Teil des Europäischen Verbundnetzes dar. Dieses versorgt Millionen von Verbrauchern in den 26 teilnehmenden Ländern mit sinusförmigem Wechselstrom, der seine Flussrichtung in jeder Sekunde hundert Mal ändert und damit eine Frequenz von 50 Hertz (50Hz) aufweist (Bilds 3)
Die Richtungswechsel finden an allen Stellen des Verbundnetzes vollkommen gleichzeitig statt. Wenn ein zusätzlicher Energieerzeuger in das System einspeisen soll, reicht es nicht aus, dass seine Frequenz 50Hz beträgt – er muss auch „phasengleich“ mit dem Netz sein, d. h. die Richtungswechsel seines Stromes müssen vollkommen netzsynchron erfolgen. Anderenfalls könnte beim Einschalten die Leistung des Netzes ihn zerstören.
Außerdem werden alle Verbraucher und Erzeuger von Elektroenergie in einer ganz erstaunlichen Weise aufeinander abgestimmt: In jedem Moment wird im Verbundnetz genauso viel Elektroenergie erzeugt, wie alle Verbraucher gerade benötigen. Als Führungsgröße dieses hochkomplizierten Regelvorgangs dient dabei die Frequenz des Wechselstroms, die mit einer Genauigkeit von 0,4% konstant zu halten ist. Wird mehr Leistung als nötig in das Netz eingespeist, schwingt der Wechselstrom „schneller“ – seine Frequenz erhöht sich; bei Untereinspeisung verlangsamt sich die Frequenz. Wählt man diese Internetadresse, so kann man den Zusammenhang zwischen Frequenz und Einspeisung von Regelleistung in das Netz eindrücklich in Echtzeit beobachten; eine Momentaufnahme zeigt Bild 2. Angezeigt wird darin mit der roten Linie im Sekundentakt die notwendige Regelleistung zur Rückführung der Frequenz auf den Normalwert.
Die vier Regelzonen Deutschlands sind wiederum in 100 bis 200 Bilanzkreise mit den darin befindlichen Verbrauchern eingeteilt. Für jeden Bilanzkreis erstellt ein Bilanzkreisverantwortlicher in 15 Minuten-Intervallen eine Abschätzung des kommenden Verbrauchs anhand der Lastentwicklung. Aus den gewonnenen Daten werden
viertelstündliche Kraftwerksfahrpläne erstellt. Kommt es zu einer Abweichung des tatsächlichen Verbrauchs vom geplanten Verbrauch, greifen die Übertragungsnetzbetreiber auf die in Bild 4 dargestellte Regelleistung zurück.
Sozusagen an vorderster Front der Regelung wirkt innerhalb von Millisekunden die sogenannte Momentanreserve. Sie ist ausschließlich als kinetische Rotationsenergie in großen Schwungmassen in den Generatoren der Kraftwerke gespeichert (s. Bild 3 und Punkt 4.6) und wandelt sich automatisch bei deren Abbremsung infolge größerer Verbraucherlasten in zusätzliche elektrische Energie um.
Bei Leistungsüberschuss im Netz wird die Momentanreserve wieder aufgefüllt. Zeigt bei einer Unterversorgung die Freisetzung der Momentanreserve nicht genug Wirkung, stellen ausgewählte, dafür präqualifizierte Kraftwerke innerhalb der ersten 30 Sekunden die Primärreserve zur Verfügung, wofür im gesamten Verbundnetz eine Leistung von 3.000 Megawatt vorgehalten wird. Ist auch damit das Defizit nicht zu beherrschen, stehen als weitere Verteidigungslinien die Sekundärreserve (für 5 Minuten) und für die folgenden 55 Minuten die Minutenreserve zur Verfügung.
Sinkt die Frequenz weiter, drohen ab 49,8 Hz Lastabwürfe, d. h. die Abschaltung industrieller oder auch privater Verbraucher (Brownout). Ein Beispiel zeigt Bild 4. Schließlich trennen sich bei 47,5 Hz die Kraftwerke zu ihrem eigenen Schutz automatisch vom Netz, welches dann flächendeckend stromlos ist – der Blackout ist da.
Wenn dagegen bei Überversorgung der „Strom zu schnell schwingt“, kommt zunächst negative Regelenergie der Kraftwerke zum Einsatz. Bei 50,5 Hz müssen Erzeuger heruntergefahren oder abgeschaltet werden; als dies am 28. März 2012 in Deutschland nur unvollständig gelang, stand das Verbundnetz vor dem Blackout (Näheres s. Punkt 4.3).
Wichtig für das Verständnis des Stromnetzes ist auch die Tatsache, dass es darin vier verschiedene Spannungsebenen gibt:
Die Existenz der höheren Spannungsebenen ist dadurch begründet, dass sich elektrische Leistungen bei höherer Spannung verlustärmer durch die Leitungen transportieren lassen. Leistung P ist das Produkt aus Strom I und Spannung U. Weil die Übertragungsverluste in den (sich durch ihren Ohmschen Widerstand erwärmenden) Leitungen mit dem Quadrat der Stromstärke anwachsen, wird die Spannung möglichst hoch gewählt und damit der Strom entsprechend niedrig eingestellt.
Es sei noch erwähnt, dass die Leitungen dem fließenden Wechselstrom auch kapazitive und induktive Widerstände entgegensetzen, was eine Phasenverschiebung der Verläufe von Strom und Spannung zur Folge hat. Diesem unerwünschten Effekt wird mit der Zuführung von sogenannter Blindleistung begegnet.
Die Fortleitung von hoch gespannter Elektroenergie geschieht zumeist in Freileitungen mit mindestens drei Leiterseilen für dreiphasigen Wechselstrom. Erdkabel für Höchstspannungen befinden sich in Planung. Sie sind vermutlich um den Faktor 3 teurer als Freileitungen und müssen außerdem aus physikalischen Gründen mit Gleichstrom betrieben werden, was zusätzliche Kosten für Gleich- und Wechselrichter bedingt.
Konzipiert wurde das Stromnetz für Energieflüsse von den höheren zu den niedrigeren Spannungsebenen. Doch mit dem Aufkommen der Energien aus Wind, Biogas und Sonne wird sogar bevorrechtigt auf unteren Spannungsebenen eingespeist; was zur Folge hat, dass der Strom im Netz teilweise „rückwärts“ fließt – mit Konsequenzen, auf die noch eingegangen wird.
<Folge 2 kommt demnächst>
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Hinweis: Das PDF mit dem vollständigen Inhalt ist beigefügt. Es kann aber auch beim Kaleidoscriptum-Verlag berstellt werden (www.kaleidoscriptum-verlag.de)
blackout (PDF)
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Die vorliegende Ausarbeitung und die ergänzenden Kommentare sind hervorragende Beiträge zum Verständnis der Materie. Die Auswirkungen eines Blackouts sind im Winterhalbjahr Furcht erregend. Aber zum Glück ist der Netzbetrieb in dieser Jahreszeit noch einigermaßen stabil, weil in der Regel viele große Erzeugungseinheiten zur Verfügung stehen (soweit es sie noch gibt). Wirklich kritisch sehe ich die Situation in lastschwachen Zeiten, wie z.B. an Pfingstwochenenden nachts. An solchen Wochenenden werden große Blöcke planmäßig zu Wartungszwecken vom Netz genommen, zumal aufgrund von Wind- und Sonne mit einem Überhang von Erzeugung gerechnet werden kann. Die verbleibenden Großanlagen kämpfen lastbedingt mit steigenden Netzspannungen und fahren stark untererregt. Zusätzlich müssen 380kV und 110kV Leitungen zur Minderung des Spannungsbeitrages ausgeschaltet werden. In solchen Situationen können durch einfache Netzstörungen (z.B. Blitzeinschlag), große Blöcke „außer Tritt“ geraten und die Turbinen schnell abgeschaltet werden. Der entstehende Frequenzeinbruch kann durch die wenigen verbliebenen Großanlagen nicht mehr aufgefangen werden und es kommt zu großflächigen Verbraucherabschaltungen. Anlagen, die in Schnellschluss gegangen sind, können oft nicht sofort wieder anfahren, ebenso wie die in Wartung befindlichen Kraftwerke. Die sog. systemrelevante Notreserve, benötigt 1-2 Tage um ans Netz zu gehen. So bleibt es für längere Zeit dunkel, einziger Trost, die lastschwachen Zeiten kommen fast nur in den Sommermonaten vor, niemand wird erfrieren.
Man braucht im Ernstfall 3 Sorten Metal:Blechdosen zum Essen, Gold als Tauschmittel und Blei zur Verteidigung!Ich kann nur noch dazu empfehlen, immer für einen halbvollen Tank, plus 20 L Benzin plus Bargeld für eine Woche Hotelaufenthalt zu sorgen. Von Berlin aus würde ich in Richtung Poznan, Warschau, Brest Strom suchen.
Lieber Autor!Sie schreiben von „Erdkabel für Höchstspannungen“, diese müssen natürlich wegen der Kapazität der umgebenden Materialen Gleichstrom führen. Weiter oben beschreiben Sie, wie die drehenden Massen das Netz stabil halten. Gibt es eine Technik um aus dem Gleichstrom wieder Drehstrom zu machen, die schwarzstartfähig ist? Wenn ich mir IGBTs vorstelle (oder Triacs) dann braucht es zuerst eine stabile Netzspannung und (!) reichlich Blindleistung. Ich bin Ingenieur, Sie können mir ruhig sehr technische Informationen schicken.Danke, lg
Herr Hillinger,
die modernen HVDC-Kabelverbindungen beherrschen beidseitig den Vier-Quadrantenbetrieb und sind schwarzstartfähig. Sie können von beliebiger Seite aus (genügend Kurzschlussleistung vorausgesetzt) das DC-Kabel unter Spannung setzen und dann die Gegenstation im DC/AC-Modus anfahren. Wie Sie richtig vermuten muss dafür aber zumindest auf einer Seite genügend Wirk- und Blindleistung zur Verfügung stehen.
So sind z.B. die HVDC-Anbindungen der Offshorewindparks so ausgelegt, dass sie von Land aus angefahren werden können, um die Offshore Windparks nach einem Ausfall wieder ans Netz zu bringen.
Wenn der Strom länger als 3 Tage ausfallen sollte, dann wird es zwangsläufig zu Plünderungen kommen. Da helfen nur Notvorräte, volle Akkus und eine Survival-Ausrüstung, zum Absetzen. Hab ich als Ex-THWler schon seit Jahren vorrätig. Und nicht vergessen, Waffen zur Selbstverteidigung. Dann gilt das Faustrecht.
Lieber Hr. Bennert,eine einfach und verständlich gehaltene Darstellung der wesentlichen Zusammenhänge zwischen Erzeugung und Abnahme elektrischer Energie im Netz. Besten Dank dafür.Mfg
„In jedem Moment wird im Verbundnetz genauso viel Elektroenergie erzeugt, wie alle Verbraucher gerade benötigen.“ ————Es mag ja sein, dass man mit einer derartigen Formulierung auch technisch weniger Begab-te erreicht. Wenn man aber dem politischen Missbrauch durch das EEG die Stirn bieten will, ist eine saubere Terminologie sicher hilfreich. Also:————1. Die Leistungsgröße zwischen Generatoren, die eine eingeprägte Spannung liefern (die Elektrotechnik nennt den Charakter dieser Generatoren „Konstantspannungscharakteristik“, auch wenn die erzeugte Spannung eine 50 Hz Wechselspannung ist) und den angeschalteten Verbraucher bestimmen einzig und allein die Verbraucher. Das gilt dann auch für die zwischen Generatoren und den Verbrauchern über das Netz ausgetauschte Energie.————2. Sinkt die Leistungsgröße durch weniger Verbraucher, führt dies zu steigender Frequenz, die rotierenden Generatoren laufen bei gleicher Antriebsleistung schneller. Bei steigender Leistungsgröße durch die Verbraucher werden die Generatoren gebremst, die Frequenz fällt.————3. Seit dem Aufbau des Verbundnetzes und einer sicheren elektrischen Versorgung haben die Kraftwerks- und Netzbetreiber hochwirksame Strategien entwickelt, die sich ergebenden Tagesprofile in ihren Steuerungsstrategien für die bereit zu stellende Generator-Antriebsleistung prognostisch umzusetzen und entsprechend auf die Frequenzänderungen mit Leistungserhöhung oder Erniedrigung für die Generator-Antriebe stabilisierend einzugreifen.————4. Wind und Sonne für die alternativen Generatoren lassen sich nicht steuern, sie verhalten sich chaotisch in kleinen wie in großen Zeitbereichen.————5. Der Leistungsbeitrag über Wind und Sonne hingegen lässt sich im Sekundenbereich steuern oder gar abschalten, thermische Kraftwerke benötigen dazu viele Minuten bis Stunden.————6. Es ist nicht die Trägheit der thermischen Kraftwerke, die stört, sondern die unvorhersagbare Vergrößerung oder Verkleinerung der Leistung volatiler Wind- und Solar basierter Quellen.————7. Das EEG ist ein Pakt mit Politik treuen Investoren, nicht die schnell steuerbaren volatilen Quellen zur Regelung heran zu ziehen, sondern im Ausland nach Verbrauchern zu suchen, die über zusätzliche Lasten die Frequenz wieder in den zulässigen Bereich führen. Damit das gelingt, wird die Energie verschenkt und die Abnehmer dafür auch noch bezahlt. Es wird unter Irrtumserregung verbreitet, dass dies aus technischen Gründen nicht anders geht. Das ist alles andere als nachhaltig.————8. Kein normaler Mensch würde den ganzen Tag Wasser laufen lassen, nur damit das Wasserwerk mehr Umsatz macht.————9. Zusammengefasst: Wenn der Eingangssatz richtig wäre, bliebe die Frequenz immer genau bei 50,000 Hz und würde nie davon abweichen. Fällt die Frequenz, wird eben nicht diejenige Energie erzeugt, die die Verbraucher abnehmen würden, wenn die Frequenz 50,000 Hz wäre.————10. Eine Trennung von dem zur Vorteilsnahme nur weniger Investoren geschaffenen EEG mit Eingriff in die volatilen Energiespender, indem man eben nicht gerade die Energie abnimmt, die sie im Moment liefern „könnten“, würde die Blackout-Gefahr dadurch mindern, dass auch Politiker davon ablassen, erprobte Kraftwerke aus ideologischen Gründen in die Luft zu sprengen oder sonst irgendwie still setzen.
Lieber Hr. Prof Puschner,
ich verfolge schon seit geraumer Zeit Ihre ebenso sachkundigen wie engagierten Beiträge auf den Kommentarbereichen von EIKE. Ihr hier vorliegender Kommentar ist eine knappe und präzise Zusammenfassung der grundlegenden Zusammenhänge. Ich möchte jedoch eine Lanze für Hr. Bennert brechen. Er hat wesentliche Aspekte der Materie in einer gerade auch für Laien – das sind auf diesem Gebiet 99,999x % der gesamten Bevölkerung – gut verständlichen Form erklärt. Dass man dazu in bestimmten Punkten vereinfachen und verkürzen muss, lässt sich dabei kaum vermeiden. Ich habe sogar bei ausgewiesenen Fachleuten aus dem Kraftwerksbereich in leitenden Positionen (u.a bei Swissgrid und bei einem Manager im Bereich Bahnstrom in Österreich) feststellen müssen, dass dort große Teile des Studienwissens bereits wieder verlorengegangen sind.
Ihren Beitrag sehe ich als positive und wichtige Ergänzung des Artikels insbesondere für diejenigen, die tiefer in die Materie einsteigen wollen.
Mfg
Lieber Herr Müller, das haben Sie aber sehr nett geschrieben!
Lieber Herr Mueller, vielen Dank für Ihre aufmunternde Zuschrift, mir ist daran gelegen, dass meine Beiträge nicht als Belehrung sondern als Ergänzung zur Thematik aufgefasst werden. Eine Annalena Baerbock oder einen Trittin kann man in Elektrotechnik ohnehin nicht belehren. Allerdings ist es die Sprache, ohne die die Lüge nicht auskommt. Und über die Sprache, hier die Terminologie, wird bei vielen Bürgern vorsätzlich ein falsches Verständnis zu technischen und physikalischen Zusammenhängen und Gesetzen erzeugt. Auch für jemanden, der sich wie ich, sein Leben lang mit Generator-Charakteristiken und deren Gestaltung und Synthetisierung bei Plasma-Prozessen beschäftigt hat, ist bei der Darstellung der Wirklichkeit höchste Konzentration gefordert, um nicht terminologisch im Jargon zu landen, was der Erklärung und dem Verständnid leider nicht zuträglich ist. – Vielleicht werden die meisten Menschen auch einmal lernen, das kmh (ka-em-ha) nicht das gleiche ist wie km/h und W etwas anderes als Ws. In diesem Sinne mit herzlichem Gruß, Ihr Peter Puschner.