WI-Effekte in unterschiedlichster Form betreffen heute weite Flächen des Landes und befeuern die Klimaerwärmung
Teil 3: Wie WI-Effekte unseren Alltag beeinflussen – und unsere Umwelt verändern
Stefan Kämpfe
Dieser abschließende, dritte Teil soll zeigen, wie stark WI-Effekte unseren Alltag beeinflussen, und wie sie die Flora und Fauna verändern.
Wärmeinseleffekte, besonders der UHI, bedeuten mehr Hitzestress und Dürren
Als Heiße Tage werden in der Klimatologie solche mit einem Tagesmaximum der Lufttemperatur von mindestens 30°C definiert. Diese treten tendenziell häufiger überall dort auf, wo WI-Effekte zunehmen; besonders in städtischen Wärmeinseln (UHI). Am Beispiel eines Vergleichs zwischen Berlin und dessen Umland lässt sich der überproportional wachsende Hitzestress in einer Großstadt verdeutlichen.
Mehr Hitze erfordert mehr Stromverbrauch zur Klimatisierung der Arbeits- und Wohnräume – ein Teufelskreis, denn mehr Stromverbrauch bringt höhere Mietnebenkosten, und die Abwärme gelangt zusätzlich in die schon aufgeheizte Umwelt. Die erhöhte Wärmebelastung geht auch mit einer erhöhten Dürregefährdung WI-belasteter Gebiete einher; denn mehr Wärme bedeutet mehr Verdunstung. Typischerweise ist die Relative Luftfeuchtigkeit in WI-belasteten Gebieten geringer.
Diese verringerte Relative Luftfeuchte in unseren Siedlungen hat für unseren Alltag positive und negative Effekte: Straßen und Wäsche trocknen schneller – leider auch die Böden in den Hausgärten und die Blumenkübel auf den Balkons und Terrassen.
Mehr Unwetter und Wetterextreme durch WI-Effekte?
Schon im Teil 2 hatten wir anhand der dortigen Abbildung 5b gesehen, wie eine Großstadt das Niederschlagsverhalten beeinflusst. Solche Untersuchungen gibt es auch aus den USA. Die Begünstigung konvektiver Niederschläge durch eine Wärmeinsel kann unter anderem zu einer erhöhten Zahl der Tage mit Hagel in deren Lee führen.
Neuerdings geraten auch die riesigen Wind- und Solarparks zunehmend unter Verdacht, Klimaextreme zu begünstigen. In Teil 1 wurde diese Problematik schon kurz angerissen. Gerade die Windparks entziehen der Atmosphäre Bewegungsenergie, was unter Umständen Flauten, Hitzewellen, Niederschlagsextreme und zirkulationsarme Großwetterlagen fördern kann. Näheres zu dieser Problematik hier. So könnte die in den letzten Jahrzehnten immer markanter in Erscheinung tretende Frühjahrsdürre, speziell im April, unter anderem eine Folge der zunehmenden Anzahl der Windenergieanlagen (WEA) sein.
Ein weiteres Indiz ist die merkliche Häufigkeitszunahme der so genannten Unbestimmten Wetterlagen (XX-Lagen). Diese sind zirkulationsarm, sie neigen zu Flauten; im Sommer zu Hitzewellen, im Winter mitunter zu Kältewellen; außerdem tendieren sie generell zu extremerem Niederschlagsverhalten (Starkregen oder anhaltende Dürre).
Wie beeinflussen WI-Effekte das Vegetationsverhalten?
Sowohl die Artenzusammensetzung als auch der zeitliche Ablauf der Vegetationsphasen (Phänologie) sind stark temperaturabhängig. Wegen der WI-bedingten Erwärmung finden sich in unseren Städten, an Verkehrsanlagen und anderen WI-belasteten Örtlichkeiten immer häufiger wärmetolerante oder wärmeliebende Arten, welche im unbeeinflussten Freiland selten auftreten oder meist völlig fehlen. Einige Bildbeispiele aus Weimar mögen das verdeutlichen:
Weitere „Wärmezeiger“ sind das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens) aus Südafrika, die Mäuse-Gerste (Hordeum murinum) aus dem Mittelmeerraum und Kleinasien, die Blutrote Fingerhirse (Digitaria sanguinalis) aus dem südlichen Eurasien und Nordafrika sowie weitere Hirse-Arten oder der Sand-Wegerich (Plantago arenaria). Sieht man eine der genannten Arten häufiger, so deutet das stets nicht nur auf gestörte ökologische Bedingungen, sondern auch auf einen besonders im Sommer durch WI-Effekte sehr warmen Standort hin. Ein weiteres Indiz ist die tendenzielle Vegetationsverfrühung (Phänologische Phasen). Der Deutsche Wetterdienst (DWD) schreibt dazu: „Klimatische Unterschiede zwischen Stadt und Umland (‚Stadtklimaeffekt’), allem voran die Temperaturdifferenzen, verursachen Verschiebungen in den Vegetationszyklen der Pflanzen. In pflanzenphänologischen Untersuchungen spiegeln sich diese Temperaturverhältnisse wider. Bei den temperatursensitiven Frühlingsphasen sind Verfrühungen von 1,5 bis zu 12 d/K anzutreffen. Ein signifikanter Zusammenhang der phänologischen Phasen besteht auch zur Bebauungsdichte. Frühlings- und Sommerphasen treten in dicht bebauten Stadtgebieten im langjährigen Mittel um bis zu 7,5 Tagen früher ein. Der Eintritt von Herbstphasen wird durch Stadtklimaeinflüsse in vielen Fällen verzögert. In Einzelfällen ist jedoch auch ein vorzeitiges Eintreten der Laubverfärbung zu beobachten.“ Quelle: Promet meteorologische Fortbildung Jahrgang 33, Heft 1/2, 2007, Phänologie. In selbiger Quelle findet sich auch diese Tabelle zum Eintritt phänologischer Phasen:
Im Rahmen der Floristischen Kartierung lässt sich die Konzentration wärmeliebender oder wärmetoleranter Arten in bebauten Gebieten gut nachweisen.
WI-Effekte und die sich anpassende Tierwelt
Bestes Beispiel für die Anpassung eines ursprünglich scheuen Waldvogels an die Stadt ist die Amsel (Turdus merula); der einst scheue Waldvogel wanderte schon vor fast 200 Jahren zunehmend in unsere Siedlungen ein. Aber auch Elstern, Krähen und Nachtigallen kommen mittlerweile in unseren Städten bestens zurecht. Noch vor 25 bis 30 Jahren war der Eichelhäher (Garrulus glandarius) in der Stadt weitgehend unbekannt – doch das ändert sich momentan schnell. Immer mehr Vogelarten, aber auch Füchse, Wildschweine, Waschbären und andere Kleinsäuger, werden zu Stadtbewohnern, weil es hier nicht nur mehr Nahrung gibt (Fütterung oder Abfälle), sondern durch die höheren Temperaturen auch bessere Überlebenschancen in der kalten Jahreszeit. Es können mehr Nachkommen, oft in mehr Bruten als auf dem Land, aufgezogen werden; einstige Zugvögel werden in der wärmeren Stadt zu Standvögeln. Und selbst Exoten, wie etwa der Halsbandsittich (Psittacula krameri) aus Afrika und Südasien, leben heute verwildert in vielen deutschen Großstädten und werden mancherorts schon zur Plage. Aber wie sieht es mit dem angeblich so dramatischen Insektensterben aus? Die in unseren Städten und Siedlungen in Scharen zu beobachtenden Mauersegler und Schwalben leben ausschließlich von Insekten – es muss sie hier also reichlich geben. Und auch Wespen und Hornissen haben sich hervorragend an das wärmere Klima unserer Städte angepasst; die Honigbienen sowieso; Stadtimkerei liefert heute besten Honig. Erwärmung ist also mitnichten schlecht für Flora und Fauna. Im Zuge der möglicherweise jetzt beginnenden Abkühlungsphase könnten gerade die Wärmeinseln das Überleben vieler Arten sichern.
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Ein interessanter Bericht, dessen Lektüre über das reine Klimathema hinaus Spaß macht und den Horizont erweitert! Erstaunlich, was sich, wenn man sich auskennt, in Weimar alles entdecken lässt!