Uli Weber

Im ersten Teil hatten wir festgestellt, dass im Präkambrium vor 750 bis 580 Millionen Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine „Schneeball-Erde“ existiert haben kann. Der nachfolgende Ausschnitt aus einer Abbildung von Rother & Meschede (2015) stützt diese Argumentation mit den in Teil 1 gesammelten Erkenntnissen:

Abbildung: Die Schneeball-Erde im Präkambrium – Ausschnitt aus Abb. 2.2-2 von Rother & Meschede

Entscheidend dafür waren folgende Erkenntnisse, die in dieser Abbildung bestätigt werden:

[ERKENNTNIS C]: Es fehlen in großem Umfang polare Liefergebiete, zumal der einzige südpolare Zwickel von Amazonia deutlich kleiner ist als das äquatoriale Zielgebiet.

[ERKENNTNIS B]: Gletscher benötigen auf ihrem Weg zwingend „Boden unter den Füßen“.

[ERKENNTNIS A]: Gletscherströme enden spätestens am kontinentalen Schelfrand.

Das Aktualitätsprinzip als wissenschaftliches Grundprinzip der Geologie stützt dieses Ergebnis mit der grundsätzlichen Annahme, dass im Ablauf der geologischen Geschichte unserer Erde die aktuellen physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse stets gültig waren. Geologische Prozesse sind demnach über die gesamte Erdgeschichte immer in vergleichbarer Weise abgelaufen.

Wir hatten also im ersten Teil erkannt, dass sich die südlichen Kontinentalschollen während des Zeitraums vor 750 bis 580 Millionen Jahren als Superkontinent Gondwana um den Südpol gesammelt hatten. Eine zusammenhängend mit Schnee und Eis bedeckte Fläche kann nämlich bestenfalls aus denjenigen Landmassen bestanden haben, die mit dem Urkontinent Gondwana verbunden waren, dessen Massezentrum sich damals im Bereich der antarktischen Polkappe befunden hatte. Die präkambrischen Vereisungen hatten also in südpolarer Lage stattgefunden. Mit der kontinentalen Drift auf ihre heutigen geografischen Positionen haben die einzelnen Kontinentalschollen dann ganz einfach die glazialen Informationen aus dem Präkambrium mitgenommen. Und erst wenn man die paläogeografische Entwicklung unserer Erde aus den vergangenen mindestens 580 Mio. Jahren ignoriert, wird aus diesen Informationen dann halt eine falsche „Schneeball-Erde“.

ERGO: Es gab keine Schneeball-Erde, sondern nur ganz gewöhnliche präkambrischen Vereisungen.

Im Ergebnis ihrer kontinentalen Drift haben sich Schollen von Gondwana in 580 Millionen Jahren über die gesamte Erde verteilt und ihre heutigen Positionen eingenommen, wie der nachfolgende Screenshot aus einer Animation vom GFZ Potsdam zeigt:

Abbildung: Unsere Erde heute – youTube-Screenshot (GFZ Potsdam)

Die Südkontinente haben die Information über die Gondwana-Vereisungen hierher mitgenommen

Für das Verständnis der Entwicklungsgeschichte unserer Erde ist die Zeit eine ganz entscheidende Dimension. Die präkambrische Eiszeitserie vor 750 bis 580 Millionen Jahren war eben gar nicht global, weil sich zu dieser Zeit gerade alle südlichen Kontinentalschollen um den Südpol herum zusammengeballt hatten. Und im Laufe der Zeit, als sich diese Kontinentalschollen dann über die gesamte Erde verteilt haben, wurden diese Informationen einfach auf deren jeweiligen heutige Position mitgenommen. Daher erscheint diese südpolar begrenzte Eiszeitserie einigen Wissenschaftlern heute als ein globales Ereignis, weil jene die paläogeografische Entwicklung unserer Erde fälschlicherweise nicht in ihre Betrachtung einbezogen hatten. Und damit es nun gar nicht erst zu argumentativen Auseinandersetzungen bezüglich möglicher Bestätigungen für eine Schneeball-Erde durch geologischen Informationen von der ozeanischen Kruste kommt, schauen wir uns das auch gleich noch einmal an:

Abbildung: Physische Weltkarte einschließlich des Reliefs der Ozeanböden nach Heezen und Tharp von Heinrich C. Berann (1977) – Quelle Wikipedia – gemeinfrei

Die ozeanische Kruste entsteht an den mittelozeanischen Rücken und bewegt sich üblicherweise mit Geschwindigkeiten von 1-3 cm/Jahr von dort weg; schnelle ozeanische Platten können sogar niedere 10-er cm/Jahr-Werte erreichen. Trotz dieser minimalen Geschwindigkeiten müssen diese Platten auf unserer begrenzten Erde irgendwann einmal an kontinentale Schollen stoßen. Das war jetzt der Versuch einer anschaulichen Darstellung der Bewegung, denn tatsächlich sind diese ozeanischen Platten dort ja längst angestoßen. Trotzdem läuft dieser Prozess kontinuierlich weiter, aber irgendwo muss die ozeanische Kruste schließlich hin. Dort, wo schwere ozeanische Kruste auf leichtere kontinentale Platten trifft, findet eine sogenannte Subduktion statt. Dabei schiebt sich die ozeanische Kruste unter die kontinentale Platte und sinkt langsam schmelzend in den oberen Erdmantel ab. Dabei bilden sich am Kontinentalrand Gebirge aus, die üblicherweise durch aktiven Vulkanismus aus der Subduktionsschmelze charakterisiert sind. Ein bekanntes Beispiel sind die südamerikanischen Anden als Teil des pazifischen Feuerrings.

Die Frage ist, ob uns ozeanische Kruste zusätzliche Informationen über Gondwana liefern kann.

Schaunmermal: Nehmen wir mal die 580 Millionen Jahre seit der „Schneeball-Erde“ mit einer Driftgeschwindigkeit von 1cm/Jahr. Daraus ergibt sich für diesen Zeitraum schon mal eine Strecke von 5.800 Kilometern; die schnellen 10cm/Jahr-Schollen wären inzwischen sogar fast andertalb Mal um die Erde gewandert. Umgekehrt bedeutet das für die ozeanische Kruste, die ja unter die kontinentalen Schollen abtaucht und im oberen Erdmantel wieder aufschmilzt, dass sie diese 580 Millionen Jahre nicht heil überstanden haben kann. Nach einem relativ aktuellen Artikel auf nature geoscience aus dem Jahre 2016 soll das mediterrane Herodot-Becken als älteste noch im Meer verbliebene Ozeankruste der Erde etwa 340 Millionen Jahre alt sein. Zwischen den geologischen Informationen, die möglicherweise im Herodot-Becken zu finden sind und den benötigten Informationen über Gondwana fehlen also noch mal schlappe 240 Millionen Jahre.

Ergebnis: Die ozeanische Kruste kann uns keinerlei zusätzliche Informationen über Gondwana liefern. Es bleibt also dabei, die sogenannte „Schneeball-Erde“ war eine ganz normale Abfolge von Kalt-und Warmzeiten innerhalb eines Eiszeitalters, als sich der Superkontinent Gondwana im Bereich der heutigen Antarktis befunden hatte. Die geologischen Informationen von diesem antarktischen Eiszeit-Ereignis haben die einzelnen kontinentalen Schollen bei ihrer späteren Drift dann einfach in ihre heutige Position mitgenommen. Und damit hat die sogenannte „Schneeball-Erde“ auch als impliziter Beweis für den sogenannten „natürlichen atmosphärischen Treibhauseffekt“ ausgedient.

Noch ein kleines Schmankerl zum Schluss. Rother & Meschede (2015) schreiben über die Temperatur der Schneeball-Erde, Zitat:

Das Schneeball-Erde-Modell beschreibt einen Zustand der Erde, bei dem die globale Durchschnittstemperatur auf ca. -50°C absank, wobei es am Äquator mit Jahresmitteltemperaturen um -20°C etwa so kalt war wie heute in den hohen Polarregionen.“

Haben Sie diesen Witz verstanden? – Nein? – Dann will ich Ihnen mal ins Boot helfen:

Die Klimareligion gibt die „natürliche“ Durchschnittstemperatur unserer Erde aus einer fehlerhaften Stefan-Boltzmann-Inversion der global über 24h gemittelten durchschnittlichen solaren Leistung mit minus 18°C an. Die vorgebliche Schneeball-Erde hat also eine Temperatur, die selbst noch am Äquator darunter liegt. Diese Berechnung ist offenbar mit einer höheren durchschnittlichen globalen Albedo unter Vernachlässigung der paläoklimatischen Tatsachen erfolgt, obwohl

(1) es bei den Protagonisten Rother & Meschede (2015) (Siehe Teil1) keine polaren Liefergebiete für Gletscherströme in mittlere und niedere geografische Breiten gibt,

(2) der freie tropische Ozean aufgrund des hohen äquatornahen solaren S-B-Temperatur­äquivalentes und seines extrem hohen Energieinhalts immer eisfrei geblieben sein muss und

(3) die Albedo sich nicht bis zum Gefrieren der äquatorialen Ozeane erhöht haben kann.

Wie wir im 1. Teil gesehen hatten, besteht der zentrale Teil der arktischen Polkappe aus dem Nordpolarmeer. Wir können die Vereisung des Nordpolarmeeres beispielhaft auf die Reaktion der tropischen Ozeane gegenüber der vermeintlichen Schneeball-Erde anwenden. Denn das Nordpolarmeer ist in der Polarnacht gar nicht in der Lage, so viel Meereis zu bilden, dass dort über den Nordsommer hinweg eine geschlossene Eisdecke erhalten bleibt. Und wenn die Meerestemperatur (Sea Surface Temperature – SST) ganzjährig um die 30°C beträgt, ist eine Eisbildung gar nicht erst möglich, wie der nachstehende Vergleich nachweist:

Abbildung: Vergleich der arktischen Meereisausdehnung mit der tropischen Meerestemperatur

Links: Das arktische Meereis-Minimum im September 2012 im Vergleich zu dem mittleren Minimum 1979-2000 (gelb) – Quelle NASA gemeinfrei

Rechts: Oberflächentemperatur der tropischen Ozeane – Quelle Willis Eschenbach @ WUWT

Es ist in diesem Vergleich sofort einsichtig, dass allein schon die ganzjährige Durchschnittstemperatur der oberflächennahen Wasserschicht von bis zu 30°C in den Tropen eine Eisbildung auf den tropischen Ozeanen sicher verhindern würde. Aber es gibt noch ein weiteres Argument. Zwar fällt das Maximum der solaren Energie immer auf den Sommerpol unserer Erde, die maximale solare Strahlungsleistung erhalten dagegen immer die Tropen:

Abbildung: Vergleich für die globale Verteilung von solarer Arbeit und solarer Leistung

Links: Durchschnittliche 24h-tägliche Sonneneinstrahlung an der Oberfläche der Atmosphäre als Funktion von Jahreszeit und geografischer Breite in W/m² – Die gestrichelte Linie bezeichnet den jahreszeitlichen Verlauf des vertikalen Sonnenstandes zwischen den Wendekreisen.

Quelle: „Global Physical Climatology“ von Dennis L. Hartmann – ACADEMIC PRESS 1994

Rechts: Die maximale breitenabhängige temperaturwirksame solare Strahlungsleistung (linke Skala) und das resultierende S-B-Temperaturäquivalent (rechte Skala) über einen 24-Stunden-Tag im Äquinoktium:

Linke Skala: MAX (Si) @24h-Tag mit (Si = 1.367W/m²* (1-ALBEDO) * cos PHIi)

mit (PHIi = örtlicher Zenitwinkel)

Rechte Skala: Maximales örtliches S-B-Temperazuräquivalent( SBTi) zu MAX (Si)

Mit farblich unterlegter Mollweide-Projektion (Copyright L. Rohwedder – Lizenz CC BY-SA 3.0)

Auch wenn der jeweilige Sommerpol durch die Dauer des Polartages die größte solare Energiemenge erhält, ist die solare Strahlungsleistung, und damit das Stefan-Boltzmann-Temperaturäquivalent, in den Tropen grundsätzlich immer am höchsten. Und trotz der gegenüber dem Polartag vergleichs­weise kurzen Tageslichtdauer in den Tropen um 12 Stunden herum, liegt dort der 24h-Durchschnitt über das ganze Jahr immer noch deutlich über 400 W/m² und bestimmt damit unseren Klimamotor:

Abbildung: Vergleich der globalen Windsysteme mit der jahreszeitlichen Temperaturveränderung

Links: Globale Windsysteme, Quelle: Wikipedia – Autor: heim – Lizenz „for any purpose“

Rechts: Vereinfachte Darstellung der jahreszeitlichen Veränderung der solar induzierten Ortstemperatur: Polarkappen: violett= extrem – mittlere Breiten: grün=stark – Tropen: gelb=mäßig

In der Tropenzone herrschen sehr einheitliche Temperaturverhältnisse und hier befindet sich der Klimamotor unserer Erde. Von hier aus fließt Sonnenenergie als Wärme in die globalen Zirkulationen in Atmosphäre und Ozeanen und wird von hier aus in südliche und nördliche Breiten verteilt. Die äquatoriale Passatzone besitzt im Jahresverlauf die geringsten örtlichen Temperatur­schwankungen, während der Temperaturunterschied zwischen Sommer und Winter an den Polen am größten ist. Von daher ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Überspringen von Vergletscherung von einer Hemisphäre über die Tropenzone hinweg auf die andere völlig ausgeschlossen.

Es gab nach dem geologischen Aktualitätsprinzip also niemals eine Möglichkeit für ein Zufrieren der tropischen Ozeane zu einer Schneeball-Erde. Denn dieses Aktualitätsprinzip erfordert für eine dafür notwendige Albedo-Rückkopplung, dass die sommerliche Schnee- und Eisschmelze nicht in der Lage ist, den winterlichen Zuwachs aufzuzehren. In den Tropen gibt es nun mal keinen Winter und im ewigen Sommer können sich dort wiederum keine Schnee- und Eisflächen behaupten…

Schlussbemerkung: Neben meinem hemisphärischen Konvektionsmodell (letzter Stand 24-02-2025@EIKE) hatte ich mich mit dem Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten in unserem Eiszeitalter beschäftigt (An Albedo Approach to Paleoclimate Cycles – DGG 3/2015: 18-22), sowie anhand der Vostok-Eiskerndaten einen CO2-Klimaantrieb für die glazialen terrestrischen Klimaschwankungen sicher ausgeschlossen (About the Natural Climate Driver – DGG 2/2016: 9-11). Die deutschen Kurzfassungen dieser paläoklimatischen DGG-Veröffentlichungen, die auf KalteSonne erschienen waren, sind im Zuge der Umbenennung dieses Blogs und der Abschaltung des KS-Archivs unterge­gangen. Mein Buch „Mehr geht nicht“ enthält diese DGG-Veröffentlichungen in deutscher 1:1-Übersetzung; dieses Buch erfordert allerdings physikalische und geowissenschaftliche Vorkenntnisse.

 

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