von Hans Hofmann-Reinecke
George Orwell hatte sich nur mit der Jahreszahl vertan – es war nicht 1984 sondern 2011. Mit den Inhalten seiner Dystopie hatte er aber in jedem Detail recht – leider Gottes. So auch was das „Neusprech“ anbelangt. Eine Wirtschaftskrise heiß heute „Degrowth“, während Sabotage und Abriss funktionstüchtiger Industrieanlagen als „Rückbau“ bezeichnet werden. Tatsächlich aber ist das nuklearer Vandalismus.
Der gute Onkel
Sie haben also von Ihrem Onkel diese riesige Fabrik geerbt, mit der Sie nichts anzufangen wissen, und so entscheiden Sie sich, das Ding abzureißen. Ich helfe Ihnen dabei. Herzstück der Anlage ist ein gigantischer Ofen, in dem noch viele Tonnen Kohle vor sich hin glühen. Die muss unbedingt raus bevor die Abrissbirne zuschlagen darf. Neben dem Gebäude heben wir also für die Kohle eine tiefe Grube aus, in der die Glut abklingen kann.
Gesagt getan, aber dann zeigt es sich, dass Asche und Ruß, die sich während des Betriebs angesammelt haben, hochgiftig sind. Und das Zeug sitzt nicht nur im Ofen und im Kamin, auch in den Hallen und auf den Maschinen liegt überall ein feiner, giftiger Belag. Alles ist kontaminiert.
Würden wir jetzt abreißen und verschrotten, dann würde sich das Gift in der Umwelt verbreiten. Also ist erst mal groß Reinemachen angesagt. Aber aufgepasst: die benutzten Lappen und Bürsten sind jetzt auch kontaminiert und müssen in einen extra Container mit der Aufschrift „Giftmüll“.
Wattebausch und Castor
Jetzt kann’s aber losgehen, oder? Zu früh gefreut. Woher wissen wir denn, dass die Wände und Maschinen nicht nur sauber sind, sondern wirklich rein? Das muss geprüft werden, und nicht nur mit den Augen. Mit Wattebäuschchen werden alle Oberflächen abgetupft, und im Labor wird geprüft, wieviel Gift da noch an jeder Stelle war. Und nur wenn der Messwert ganz niedrig ist, dann wird das Objekt als sauber deklariert, dann ist es „freigemessen“.
Boah, das hat gedauert, und es bringt den Zeitplan ziemlich durcheinander.
Inzwischen hat sich das Zeug in der Grube beruhigt, da glimmt nichts mehr. Diese Kohle, von der ja die giftige Asche stammt, ist selbst giftig wie der Teufel. Zur sicheren Entsorgung lassen wir extra Tonnen anfertigen: vier Meter hoch und 2,5 Meter Durchmesser, sie hören auf den Namen „Castor“. In die schaufeln wir jetzt, ganz vorsichtig, die Kohle aus der Grube.
Ein Dutzend von den Dingern sind voll geworden und stehen jetzt in der Gegend herum. Aber das geht gar nicht!
Es könnte ja sein, dass ein Terrorist kommt und so ein 100 Tonnen schweres Ding stiehlt, oder ein voll beladener Jumbo könnte darauf stürzen und ein Leck schlagen. Das passiert ja alle Tage. Also bauen wir gleich hier am Standort eine Halle, die so stabil ist, dass sie auch einen Meteoriten übersteht, wie er damals die Dinos erschlagen hat. Da lagern wir unsere Castoren, aber nur für zwischendurch. Und so taufen wir das Gebäude „Standortzwischenlager (SZL)“.
Und wohin geht’s mit den Castoren nach der Zwischenlagerung? Natürlich ins Endlager – aber das ist eine andere Baustelle.
Jetzt endlich können wir das Gebäude abreißen. Grund und Boden werden nochmal sorgfältig freigemessen, wir säen Gras an, und ein paar Wochen später haben wir eine „grüne Wiese“.
Uran statt Kohle
So wie Sie von Ihrem Onkel die Fabrik geerbt haben, so hat das heutige Deutschland von seinen Onkels ein gutes Dutzend Kernkraftwerke geerbt, die viel elektrischen Strom produziert haben. Und so wie Sie mit der Fabrik nichts anfangen konnten, so wusste auch unsere Regierung nicht, was mit den Dingern tun. Aber dann wurde man sich einig: kaputt machen. Und das geht im Prinzip so ähnlich vor sich, wie mit der Fabrik Ihres Onkels.
Der große Ofen im Herzen der Anlage wird allerdings nicht mit Kohle geheizt, sondern mit Uran, das in Röhren („Brennstäben“) untergebracht ist – dünn wie ein Bleistift und gut 3 m lang. Davon gibt es so viele, dass rund 100 Tonnen Uran zusammenkommen, genauer gesagt ist es LEU (Low Enriched Uranium). Und auch dieser Brennstoff glüht noch eine ganze Weile, auch wenn der Ofen schon aus ist, und zwar so stark, dass die Brennstäbe schmelzen würden, würden sie nicht dauernd gekühlt. Deswegen füllt man die oben erwähnte Grube mit Wasser und gibt dem Uran ein oder zwei Jahre Zeit, um in diesem „Abklingbecken“ seine Hitze zu verlieren.
Dann geht’s in die Castor-Behälter. Und was mit denen passiert, das wissen Sie ja schon.
Die bösen Spaltprodukte
Und wie ist das hier mit dem Gift? Nun, der Brennstoff selbst, das Uran ist harmlos. Bei seiner Verbrennung – die Fachleute nennen das „Kernspaltung“ – entstehen aber Substanzen, die schlimmer sind als giftig. Diese „Spaltprodukte“ geben Strahlung von sich, die, ähnlich den Röntgenstrahlen, in unseren Körper eindringt und Schaden anrichten kann. Wie bei normalem Gift kommt es auch hier auf die Dosis an.
Was auf jeden Fall vermieden werden muss ist, mit den strahlenden Substanzen in Berührung zu kommen. Deswegen muss so ein Reaktor mit all seinen Komponenten vor dem Abriß gründlichst de-kontaminiert werden. Das anschließende Freimessen findet dann nicht mit Wattebäuschchen statt, sondern mit Geigerzählern.
Ein Sonderfall ist der 300 MWe Kugelhaufen-Reaktor von Hamm-Uentrop, dem man 1997, nach kurzen Betrieb, einen „sicheren Einschluß“ verpaßte. Man entfernte den Brennstoff, die restlichen, teils stark kontaminierten Komponenten aber hat man nicht angefaßt. Die ganze Sache wurde dann zugebaut, versiegelt und wartet auf bessere Zeiten.
Die notwendige Kompetenz
Wie lange dauert es nun, bis die radioaktive Ruine entfernt ist und an ihrer Stelle eine „grüne Wiese“ in der Sonne lacht? Für die Reaktoren in Greifswald, die 1990 mit dem Ende der DDR stillgelegt wurden, ist der Zeithorizont dafür 2028, also insgesamt 38 Jahre. Für die diversen Kraftwerke, die dank Atomausstieg 2011 abgeschaltet wurden, sind 20-25 Jahre vorgesehen. Diese Fristen sind sicherlich sehr optimistisch. Vermutlich ist es überhaupt unmöglich eine fundierte Prognose abzugeben.
Viel Verzögerung entsteht durch die Notwendigkeit von Freigaben für sicherheitsrelevante Arbeiten durch die Landesministerien. Ist dort die notwendige technische Kompetenz vorhanden? Und wie steht es mit der Manpower? Haben die Ministerien ihre Hausaufgaben gemacht und sich für das hohe zu erwartende Arbeitsvolumen vorbereitet und ausreichend qualifiziertes Personal aufgebaut? Unsere Bundesministerin für nukleare Sicherheit hat Agrarwissenschaften studiert. Vielleicht stammt ihre nukleare Kompetenz ja aus ihrer Mitgliedschaft bei den Grünen, denen sie mit 21 Jahren beigetreten ist.
Derzeit gibt es in Deutschland knapp dreißig stillgelegte Reaktoren im Leistungsbereich von 200 bis 1500 MWe, davon 18 in der oberen Leistungsklasse. In keinem Fall wurde die „Grüne Wiese“ bisher erreicht, in den meisten Fällen ist man davon weit entfernt.
Ein interessanter Aspekt ist nun, dass auch ein stillgelegtes KKW fast so viele Mitarbeiter benötigt wie ein aktives, und das sind 300-400. So fallen also weiterhin immense Personalkosten an, ohne dass produziert wird. Nun haben wir von Herrn Habeck gelernt, dass so etwas nicht zum Konkurs führt; das ist eine gute Nachricht. Die Betreiber der KKWs mussten auf jeden Fall Rückstellungen in zehnstelliger Höhe für die Finanzierung des Abrisses machen. Das ist eine Menge, aber 350 Personen x 20 Jahre plus Honorare für externe Auftragnehmer, da kommt dann doch einiges zusammen.
Aber es ist ja nur Geld.
Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.
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Weil das Buch „Grün und Dumm“ erwähnt wird, fiel mir ein anderes Buch ein. Das hatte ich mir vor vielen Jahren gekauft:
Brigitte Witzer: „Die Diktatur der Dummen – wie unsere Gesellschaft verblödet, weil die Klügeren nachgeben“
Heyne Verlag 2014
Herr Hofmann-Reinicke, vielen Dank für ihr Plädoyer gegen AKWs. Sie hätten noch erwähnen können, dass die Gewinne vom Betrieb der AKWs in den Taschen weniger Personen gelandet sind, aber die Ewigkeitskosten von der Allgemeinheit zu tragen sind.
Als Folge der Diskussionen um die Sicherung der Mittel für den Rückbau der Atomanlagen trat am 16.06.2017 das Entsorgungsfondsgesetz in Kraft. Insgesamt haben die Stromversorger 24,1 Milliarden Euro in den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) eingezahlt. Aufgabe des Fonds ist es, die Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung des radioaktiven Abfalls sicherzustellen. Der Fonds ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts.
Außerdem sollte nicht unterschlagen werden, dass vor Gewinnausschüttungen der Unternehmen sogar in Deutschland Steuern an den Staat (bzw. Gebietskörperschaften usw.) abzuführen sind, die dann wieder in den Taschen der Allgemeinheit landen. Das waren 1984 noch fast 60 % der Erträge und sind aktuell 29,9 %.
Bilanz: Volkswirtschaftlich wird die Atomkraft Deutschland rund 54 Milliarden Euro mehr kosten, als sie einbrachte. Zwar bescherte der Verkauf von gut 5122 Terawattstunden Atomstrom den vier heutigen Kernkraftwerksbetreibern bis Ende vergangenen Jahres Einnahmen von 178 Milliarden Euro (siehe Grafik). Plus rund 14 Milliarden Euro bis Ende 2022. Doch gleichzeitig summierten sich die Ausgaben von Konzernen und Staat auf 246 Milliarden Euro.
Aus: https://www.wiwo.de/unternehmen/energie/atomausstieg-umsatz-mit-atomstrom-kann-die-kosten-nicht-decken/13017890-2.html
Herr Hofmann-Reinicke sollte ein Buch schreiben: AFD und pleite
Das EEG hat im Zeitraum vom Jahr 2000 und dem Jahr 2021 den Betreibern Vergütungszahlungen in Höhe von insgesamt 315 Milliarden € bei einer Lieferung von 2.336 TWh eingebracht. Also ganz grob: doppelter Ertrag bei halber Einspeisemenge.
Man muss eben nur die Preise (notfalls mit staatlicher Anweisung) entsprechend hoch setzen, dann macht man Gewinne.
Also haben die AKW-Betreiber 13,5 ct/kWh erhalten. Und mir erzählt man, die vor langer Zeit gebauten AKWs könnten Strom besonders kostengünstig liefern. Warum auch immer, das stimmt dann nicht.
Wenn der Strom wirklich so teuer war, gab es keinen Grund, die drei AKWs weiter laufen zu lassen.
Es ist kein Scherz, ich habe es in mehreren Beiträgen gelesen: Die Tschechen wollten zwei AKW’s neu bauen. Nun haben sie sich entschlossen, deren vier zu bauen, weil sie sicher sind, dass die Habeckse und Lindners in ihrer Not diesen verstrahlten Strom zu besten Preisen kaufen, nicht werden, sondern müssen. Das windschwache Bayern soll da irgendwie in der Nähe domiziliert sein. Die Kosten dieser Stromerzeugung schätzen die Tschechen auf 5 bis 7 Cent pro KWh.
Aber selbst der „Populist“ Aiwanger ist ganz fasziniert vom Bau von 40 Growianen mit Propellerhöhe wie der Eiffelturm im laut Windkataster nicht geeigneten Grenzraum zu Austria. Der dort noch befindliche Baumwuchs, auch Wald genannt, muss dann halt weichen. Die Anwohner in der 1 km Anrainerzone sind völlig begeistert (Satire aus).
„Herr Hofmann-Reinicke, vielen Dank für ihr Plädoyer gegen AKWs.“ Darf ich Ihnen, Cohnen, den Bestseller von Herrn Hofmann-Reinecke empfehlen : GRÜN und DUMM ?
Uns wurde mittlerweile beigebracht, dass wir die Politik nicht lächerlich machen dürfen, ja sogar ernst nehmen müssen – worüber heute der Verfassungsschutz wacht. Also, wir haben inzwischen alle gelernt und begriffen, dass der Mensch selbst das größte Übel für die Menschheit und den Planeten ist. Und wie dankbar wir sein müssen, dass wir mit einer weisen Politik gesegnet sind, die das verinnerlicht und danach handelt. Eine Politik, die, um den Planten und die Menschheit in weiser Fürsorge zu „retten“, dem Land und den Menschen jede Zukunft verstellt. Und somit das Übel an der Wurzel anpackt – sie tun was!
Weltrettend gedacht und gehandelt – wo kämen wir hin, wenn wir diese einmaligen Politiker nicht hätten. Die auch zuverlässig befolgen, was die Intelligenz des Landes, die grünen Journalisten schreiben und was die Creme de la Creme, die Alarm-Forscher nach Potsdamer Art als göttliche Wahrheit verkünden – dargebracht in der IPCC-Kurzfassung für Politiker. Was nicht mehr hinterfragt werden muss und darf – Frau Kosch sagt es auch!