von Dr. Konrad Voge

Vorbemerkung

Im ersten Teil des Artikels wurde Deutschland für die Untersuchung in Hälften und Viertel aufgeteilt. Für diese Gebiete ist der Einfluss der installierten Leistung von Windparks auf die Entwicklung der Windgeschwindigkeit in dem jeweiligen Gebiet bestimmt worden. Es konnte gezeigt werden, dass eine Korrelation zwischen installierter Leistung und Windgeschwindigkeit besteht. Im zweiten Teil des Artikels wird Deutschland in Streifen eingeteilt, um eine weitere Variante zu prüfen.

Einteilung in Streifen

Wie beschrieben, wird jetzt eine Unterteilung des Untersuchungsgebietes in Streifen vorgenommen. Diese verlaufen, entsprechend der vorherrschenden Windrichtung, in Ost-West-Richtung. Es wurde eine Streifenbreite von 0,2° gewählt, was einer Breite von 22,2 km entspricht. Somit ist Deutschland, einschließlich der Länder Belgien und Niederlande, zwischen Flensburg und Oberstdorf in 39 Streifen unterteilt (es können jedoch nur 38 Streifen ausgewertet werden, da sich im Streifen 39 zwar Meßstationen, aber keine Windparks mehr befinden). Die Zählung der Streifen beginnt in Flensburg mit der Nummer 1. In jedem Streifen befindet sich eine gewisse Anzahl Meßstationen und eine gewisse Anzahl Windparks. Es wird hier untersucht, ob ein statistischer Zusammenhang zwischen der Anzahl der im Streifen liegenden Windparks und der im Streifen liegenden Meßstationen zu erkennen ist.

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Bild 6 Mögliche Formen der Verläufe der Windentwicklung

Dazu sind die Zeitreihen der Windgeschwindigkeit aller im Streifen liegenden Meßstationen zusammenzufassen. Da hier nur das Anstiegsverhalten und nicht die Absolutwerte der Windgeschwindigkeit von Interesse sind, wird eine Normierung der Zeitreihen vorgenommen. Referenzwert ist die Windgeschwindigkeit des Jahres 2000 in jeder Zeitreihe.

Es wird also jeder Meßwert (mittlerer Jahreswert) auf den jeweiligen Referenzwert bezogen.

Somit ist 1,0 der Wert für das Jahr 2000 aller Zeitreihen. Aufgrund der Normierung besteht die Möglichkeit der Zusammenfassung der Zeitreihen aller Meßstationen eines Streifens zur Vornahme einer Regressionsanalyse.

Es sind somit 38 Regressionsfunktionen für die Zeit vor 2000 und 38 Regressionsfunktionen für die Zeit nach 2000 berechnet worden. Für jeden Streifen kann nunmehr eine Aussage über die Entwicklung der Windgeschwindigkeit getroffen werden.

Prinzipiell können die in Bild 6 dargestellten Verläufe vorliegen. Die ermittelte Anzahl der jeweiligen Form der Verläufe der Streifen ist in Tabelle 7 zusammengefasst. Wie aus Tabelle 7 ersichtlich, folgen sechzehn Zeitreihen dem Verlauf der Form A, drei der Form B, fünfzehn der Form C und vier der Form D.

Bild 2 zeigt als Beispiel die Regression der Zeitreihe der Werte der Station Angermünde. Allerdings ist dort die Regression mit den Absolutwerten der Windgeschwindigkeit durchgeführt.

Verlauf A Verlauf B Verlauf C Verlauf D
Streifen

Nummer

1,2,5,6,

8,9,16,17,

18,21,22,27,

28,30,35,37

3,4,24 7,10,11,12,

15,13,14,19,

20,23,25,29,

31,32,36

26,33,34,38
Summe 16 3 15 4

Tabelle 7 Anzahl der Formen des Verlaufs der Windentwicklung in den Streifen

In Tabelle 8 ist die Anzahl der Streifen zusammengefasst, bei denen entweder eine Zunahme der Windgeschwindigkeit bzw. eine Abnahme der Windgeschwindigkeit vor oder nach 2000 vorliegt. War vor 2000 die Anzahl der Streifen mit Zunahme und Abnahme gleich (19 zu 19), hat sich das Verhältnis nach 2000 mit 7 zu 31 deutlich hin zur Abnahme der Windgeschwindigkeit verschoben. Bild 7 verdeutlicht die Entwicklung.

Streifen mit Zunahme Streifen mit Abnahme
Windgeschwindigkeit vor 2000 19 19
Windgeschwindigkeit nach 2000 7 19

Tabelle 8 Entwicklung der Windgeschwindigkeit vor und nach 2000

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Bild 7 Entwicklung der Windgeschwindigkeit vor und nach 2000

Beispiel

Als Beispiel ist das Verhalten der Windstärke im Streifen 17 gezeigt. In diesem Streifen liegen die acht Meßstationen nach Tabelle 9. Wie oben beschrieben werden die Zeitreihen der acht Meßstationen normiert

Meßstation Bundesland nördliche

Breite

östliche

Länge

Anzahl Werte vor 2000 Anzahl Werte nach 2000
Brocken Sachsen-Anhalt 51,7990 10,6180 44 18
Bad Lippspringe Nordrhein-Westfalen 51,7854 8,8388 28 23
Cottbus Brandenburg 51,7759 14,3168 17 23
Holzdorf (Flugplatz) Sachsen-Anhalt 51,7657 13,1666 0 14
Kalkar Nordrhein-Westfalen 51,7329 6,2688 7 14
Braunlage Niedersachsen 51,7234 10,6021 28 23
Harzgerode Sachsen-Anhalt 51,6520 11,1366 19 23
Doberlug-Kirchhain Brandenburg 51,6451 13,5747 19 25
Summe 162 163

Tabelle 9 Meßstationen im Streifen 17 mit Anzahl der Messwerte in den Zeitreihen vor und nach 2000

Mit den normierten Werten werden die beiden Regressionsfunktionen (Zeit vor 2000 und Zeit nach 2000) berechnet. Die Darstellung dieser Funktionen zeigt Bild 8. Tabelle 9 enthält die den beiden Regressionsfunktionen zugrunde liegenden Werte. Für die Zeit vor 2000 stehen demnach 162 Werte und für die Zeit nach 2000 163 Meßwerte für die Berechnung der Regressionsfunktionen zur Verfügung.

Ein Bild, das Text, Reihe, Diagramm, parallel enthält. Automatisch generierte BeschreibungRegressionskoeffizienten: a1vor = 0,0009, a1nach = -0,0037

Bild 8 Regressionsfunktionen der normierten Zeitreihen für die Windgeschwindigkeiten vor und nach 2000 im Streifen 17

Installierte Leistung

Analog der Einteilung in Quadranten wird hier ebenfalls ein statistischer Zusammenhang zwischen der installierten Leistung der Windparks und der gemessenen Windgeschwindigkeiten in den 38 Streifen untersucht. In den Tabellen 4 und 10 sind installierte Leistungen der Gebiete und Streifen angegeben. Die Tabelle 10 enthält hier aus Platzgründen nur die Streifen mit den größten und kleinsten installierten Leistungen. Bild 10 gibt einen Überblick über die installierte Leistung in allen Streifen. Im Streifen 6, dem Streifen mit der größten installierten Leistung, liegen die Meßstationen Itzehoe, Lübeck, Heidmoor, Cuxhaven und der Leuchtturm Alte Weser. Die installierten Leistungen in Bayern und Baden-Württemberg sind vergleichsweise gering (Streifen 31 … 38).

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Bild 10 Installierte Leistung von WKA in den Streifen 1…38

Streifen Nr. Installierte

Leistung [MW]

Anzahl

Windparks

Anzahl Anlagen Größter Windpark im Streifen

Installierte Leistung [MW]/

Anzahl Anlagen

6 10016 136 2286 2604 / 309
17 9043 267 2685 630 / 175
10 6727 164 1587 1800 / 120
12 6716 181 1769 1397 / 95
9 6220 175 1898 824 / 50
32 371 28 151 32 / 19
33 214 43 117 28 / 14
34 191 29 94 19 / 7
36 161 31 80 38 / 10
35 152 31 78 22 / 10
Summe 108690 4529 37361

Tabelle 10 Streifen mit der größten und kleinsten installierten Leistung

Zusammenhang Windentwicklung und installierte Leistung

Wie oben bereits erwähnt, werden für jeden Streifen die Regressionsfunktionen der im Jahr 2000 geteilten Zeitreihen durchgeführt. Es folgen somit 38 Funktionen für die Zeit vor 2000 und ebenso viele für die Zeit nach 2000. Gemäß Gleichung [1] sind nur die Anstiegskoeffizienten a1 von Interesse. Es gibt demnach je 38 Anstiegskoeffizienten a1v und a1n der Regressionsfunktionen für die Windentwicklung der Zeit vor und nach 2000. Bildet man die Differenz der beiden Koeffizienten

a1D = a1n a1v [2]

liegt bei negativem Ergebnis eine Abnahme der Windgeschwindigkeit vor. Das bedeutet, daß die Windgeschwindigkeit nach 2000 im Vergleich zur Windgeschwindigkeit vor 2000 geringer geworden ist. Bei positivem Ergebnis hat sie sich vergrößert. In Tabelle 11 sind einige Regressionskoeffizienten angegeben.

Streifen

Nummer

Anstiegskoeffizient a1v Anstiegskoeffizient a1n Differenz

a1D = a1na1v

16 0,0090 -0,0005 -0,0096
6 0,0021 -0,0055 -0,0076
18 0,0052 -0,0023 -0,0075
37 0,0035 -0,0018 -0,0053
28 0,0044 -0,0007 -0,0051
31 -0,0020 0,0000 0,0019
3 -0,0019 0,0014 0,0033
27 -0,0043 -0,0009 0,0034
4 -0,0034 0,0035 0,0069
12 -0,0172 -0,0082 0,0090

Tabelle 11 Auswahl der kleinsten und größten Anstiegskoeffizienten

Ähnlich wie in Bild 5 dargestellt, wird ein Zusammenhang zwischen der Windentwicklung in den Streifen und der dort installierten Leistung der WKA hergestellt. Bild 11 zeigt die berechnete Regressionsfunktion. Wie bereits bei der Untersuchung der Quadranten, wird auch hier der Zusammenhang von installierter Leistung und Abnahme der Windgeschwindigkeit deutlich. Allerdings liegt ein sehr breites Konfidenzintervall vor.

Ein Bild, das Text, Reihe, Diagramm, parallel enthält. Automatisch generierte Beschreibung

Bild 11 Zusammenhang Windentwicklung und installierte Leistung

Zusammenfassung

Im vorstehenden Artikel wird der Frage nachgegangen, ob eine Beeinflussung der Windstärke durch die Installation von Windturbinen statistisch nachweisbar ist. Es wurden dazu alle Wettermeßstationen des Deutschen Wetterdienstes auf vorhandene Meßreihen zur Windstärke betrachtet. Letztlich wurden 230 Wetterstationen gefunden, die die Windgeschwindigkeit über mehrere Jahre aufgezeichnet haben. Von Interesse waren besonders die Zeitreihen, die Werte vor und nach 2000 enthielten. Das Jahr 2000 wurde gewählt, da zu dieser Zeit die verstärkte Errichtung von WKA zur Stromerzeugung begann.

Es wurden zwei Varianten der möglichen Beeinflussung der Windgeschwindigkeit durch Windparks untersucht. Zum einen wurde Deutschland in größere Flächen aufgeteilt (Einteilung in Quadranten) und zum anderen in 38 Streifen (Streifeneinteilung), die in Ost West-Richtung verlaufen. Der Einfluss der installierten Leistung von WKA in den betroffenen Gebieten auf die Windentwicklung wurde dann mittels Regressionsanalysen untersucht.

In beiden Modellen wird ein statistischer Zusammenhang nachgewiesen, allerdings von schwacher Korrelation.

Wünschenswert wäre, umfangreiche Meßreihen der Windgeschwindigkeit vor und hinter Windparks vorzunehmen. Damit könnte die Auswirkung der WKA auf physikalischem Weg untersucht werden.

Dank familiärer Unterstützung wurde der Artikel ermöglicht, insbesondere durch die Aufbereitung der Daten des Deutschen Wetterdienstes, die nicht gerade in anwendungsfreundlicher Form vorliegen.

Quellen

[1] Deutscher Wetterdienst

https://opendata.dwd.de/climate_environment/CDC/observations_germany/climate/daily/kl/historical/

[2] Liste der Windkraftanlagen in Deutschland

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Windkraftanlagen_in_Deutschland

[3] Liste der Offshore Windparks

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Offshore-Windparks

[4] Liste der Windkraftanlagen in Belgien

https://resdm.com/wind-farms-in-bel

[5] Liste der Windkraftanlagen der Niederlande

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Windkraftanlagen_in_den_Niederlanden

Über den Autor

Lehre und Arbeit als Stahlbauschlosser. Abitur in der Abendschule; Studium der Fördertechnik an der TU Dresden; Assistent am Lehrstuhl Fördertechnik der TU; Promotion auf dem Gebiet der Schüttgutmechanik – Fließverhalten kohäsiver Schüttgüter in Bunkern; dann angestellt bei Fördertechnik Freital und Zusammenarbeit mit der TU Dresden auf dem Gebiet der pneumatischen Dichtstromförderung; Prüfstelle für Lastaufnahmemittel und Hebezeuge Berlin – da Statik und Stahlbau; Sachverständiger für Aufzüge beim TÜV Berlin-Brandenburg, später dann TÜV Rheinland.

Mit der Statistik kam er während der Bearbeitung der Dissertation in Berührung. Er hatte einen Haufen Versuche gemacht und hatte keine Ahnung wie man vernünftige Planung und Auswertung macht. Da ergab es ich, daß ich von der Existenz einer „Arbeitsgemeinschaft Mathematische Statistik“, zugehörig zur Mathematischen Gesellschaft der DDR, erfuhr und dort dann bis zur Auflösung nach der Wende Mitglied war. Die Leitung hatte Prof. Rasch aus Rostock.

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