Teil 2: Das Jahrhundert des Niedergangs, der Irrtümer und der verpassten Chancen

Stefan Kämpfe

Das 21. Jahrhundert wurde bislang durch den Kampf gegen den Klimawandel sowie zahlreiche Krisen dominiert. Zunehmend wird, auch in den so genannten westlichen Demokratien, an den Interessen der Normalbürger vorbei regiert.

Der missverständliche Begriff des Klimawandels, der „Eiszeit“ und gute Nachrichten für das 21. Jahrhundert, die keiner hören will

Der Begriff „Klimawandel“ suggeriert, es handele sich um ein neuzeitliches Phänomen. Doch er begann mit der Bildung der irdischen Atmosphäre vor etwa 4 Milliarden Jahren. „Klimakrise“ herrschte fast immer. Mal war es eiskalt (Schneeball Erde und Pleistozän), dann viel zu heiß (Perm-Trias-Grenze, Erdmittelalter und frühe Erdneuzeit). Das kostete einerseits enorme Opfer, andererseits beschleunigten Klimakrisen die Evolution; ohne sie gäbe es auch den modernen Menschen nicht! Dieser musste sich beständig anpassen – er „erfand“ das wärmende Feuer und lernte es, Kleidung als Kälteschutz zu nähen. Gerade hatte es sich Homo sapiens in den ersten Erwärmungsphasen nach der letzten Kaltzeit bequem gemacht, da brachen die Kälterückfälle der Dryas-Epochen mit voller Wucht herein – überhaupt waren Temperaturschwankungen von mehr als 5 Grad innerhalb nur weniger Jahrzehnte im Pleistozän keine Seltenheit. Mit der dauerhaften Erwärmung brach dann zunächst eine gewaltige Flut über die Menschheit herein; sie erklärt (möglicherweise) die Schilderungen der „Sintflut“ (Bibel und andere religiöse Schriften). Der Meeresspiegel stieg, freilich über längere Zeiträume, um etwa 130 Meter. „Unsere“ aktuelle Warmzeit, das so genannte Holozän, ist auch nichts Anderes als nur eine kurze „Zwischeneiszeit“, denn aufgrund der aktuellen Konstellation der Kontinente mit der Antarktis am Südpol wird die Kälte in einigen tausend oder zehntausend Jahren zurückkehren – und dieser Zyklus wird sich noch über viele Millionen Jahre wiederholen. Die ständig auch von seriösen Wissenschaftlern gebrauchte Formulierung „seit der letzten Eiszeit…“ ist somit falsch – wir leben, trotz der aktuell leichten Erwärmung, mitten im Eiszeitalter (zur Dinosaurier-Ära gab es keine größeren irdischen Eisfelder). Das Holozän zeichnete sich zwar (bislang) durch geringere Klimaschwankungen aus, doch schon die „Kleine Eiszeit“ zur Mitte des vorigen Jahrtausends löste enorme Krisen, Kriege und Revolutionen aus; ebenso das kalte „Dunkle Zeitalter“ zwischen 500 und 800 nach Christi Geburt. Die erste gute Nachricht lautet: In Warmphasen, wie gegenwärtig, ging es der Menschheit eher gut; Wirtschaft und Kunst blühten auf. Ja, Erwärmung mag Probleme verursachen – aber möglicherweise überwiegen deren Vorteile wie weniger Heizungskosten und Straßenschäden, längere Vegetationsperioden und Vieles mehr. Eine weitere gute Nachrichten lautet: All die Panik-Prognosen des späten 20. Jahrhunderts wie Peak Oil, Waldsterben, Überbevölkerung und massive Hungersnöte, trafen nur punktuell und sehr abgeschwächt ein – Vieles spricht auch für ein Ausbleiben der großen Klimakatastrophe. Besser noch: Eine neue „Kleine Eiszeit“, welche uns angesichts unserer hausgemachten Energie- und Wirtschaftsprobleme brutal hart treffen würde, scheint (vorerst) auszubleiben. Es ist eine Dramatik des 21. Jahrhunderts, wenn diese guten Nachrichten ignoriert und zum Kampf gegen die Erderwärmung völlig widersinnige Beschlüsse gefasst werden. Ohnehin zeugt es höchsten von anthropogener Hybris, mit Politik das chaotische, bislang unzureichend verstandene Klima wesentlich beeinflussen zu wollen.

Abbildung 1: Auch die zweite Hälfte des klimatisch relativ stabilen Holozäns blieb von merklichen Klimaschwankungen nicht verschont. Tendenziell fielen die wärmeren Phasen (Bronzezeitliches, Römisches und Mittelalterliches Optimum) mit Blütezeiten der Wirtschaft und Kultur zusammen; in den Kaltphasen häuften sich Krisen, viele Reiche gingen unter.

Das große Ablenkungsmanöver: Der Klimawandel ist an allem schuld!

Bislang ist fraglich, ob die moderate Erwärmung zu mehr und intensiveren Witterungsschäden führt. Sie lässt sich aber hervorragend zu Ablenkungsmanövern von Fehlentscheidungen missbrauchen. So etwa bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021, als fehlende Warnungen und Sirenen, Mängel in der Bauleitplanung, im Hochwasserschutz, der Kommunikation und in der Verwaltung viele Opfer forderten (vor der aktuellen Klimaerwärmung gab es weitaus dramatische Hochwasserereignisse, Näheres dazu hier). Man darf gespannt sein, wann uns Gesundheits- und Umweltministerium erklären, Fußschweiß, Mundgeruch und Haarausfall seien Folgen des Klimawandels. Mit angeblich „zehntausenden Hitzetoten in Deutschland“ beschäftigt sich die Politik bereits – es wäre besser, sich um steigende Krankenkassenbeiträge, Ärzte- und Fachkräftemangel, die Bildungsmisere und die verlotternde Infrastruktur zu kümmern.

Grüne Wahrnehmungsstörungen und Geschichtsirrtümer

Die Liebe der Deutschen zum Wald ist spätestens seit der Romantik besonders innig. Naturverbundenheit an sich ist eine gute Sache – solange sie nicht in Esoterik und pseudowissenschaftliche Behauptungen ausartet, so wie bei dem neuen Lieblingsautor der Baum-Umarmer, Veganer und Frutarier – Peter Wohlleben. Dessen dubiose Thesen könnte man noch als amüsant belächeln. Aber viel folgenschwerer wiegt folgender Irrtum: „Wind und Sonne schicken keine Rechnung“. Ein Blick auf unsere Stromrechnungen lehrt uns das Gegenteil – und mit der „Heizungswende“ rollt schon neues Ungemach heran. Wie die ganzen Wärmepumpen und E-Autos mit der Mangelware Strom versorgt werden sollen, bleibt unerklärt – die propagierte „Wasserstoff-Wirtschaft“ könnte ein weiterer Irrtum werden. Als fataler Irrtum erwies sich mittlerweile auch die nach dem Zusammenbruch des Kommunismus aufgestellte These vom „Ende der Geschichte“ und der Überlegenheit des Westens. Deutschland begab sich, beginnend schon unter der Schröder-Ära und beschleunigt unter Angela Merkel, in eine einseitige Abhängigkeit von Russland (Erdgas) und finanzierte so die russische Aufrüstung mit; das Ausbleiben der russischen Gaslieferungen ab Sommer 2022 verschärfte die deutsche Energiekrise enorm.

Hatte Donald Trump Recht?

Der Poltergeist Donald Trump gehört zu den strittigsten Akteuren dieses Jahrhunderts – doch dreimal lag er mit seinen Prophezeiungen, auch wenn diese anfangs belächelt wurden, richtig: Ohne fossile Energieträger ließe sich bis auf Weiteres keine stabile, preiswerte Energieversorgung gewährleisten, Deutschland mache sich zu sehr von russischem Gas abhängig, und die Europäer müssten deutlich mehr für die Verteidigung ausgeben. Ausgerechnet die Grünen, welche noch vor 40 Jahren eine Anti-Kriegspartei waren, schwenkten nach und nach um und wurden schon unter Joschka Fischer zu Bellizisten; momentan gehören sie zu den eifrigsten Befürwortern der Ukraine-Militärhilfe. Ob ihnen klar ist, wie schädlich Kriege für die Umwelt sind? Und wenn Frau Baerbock diesen Krieg weiter anheizt, trifft sie nicht Putin, sondern zwangsrekrutierte Söldner oder Zivilisten, und nimmt Kollateralschäden billigend in Kauf. Leben und Umwelt können dauerhaft nur durch Frieden gerettet werden – die Grünen haben sich von ihren einstigen Wurzeln so weit entfernt, wie die veralteten Voyager-Raumsonden von der Erde.

Ein schlimmer Verdacht: Wie (un)eigennützig sind die westlichen Ukraine-Hilfen?

Kampf für die Menschenrechte – warum so vordergründig nur für die Ukraine? Menschenrechte werden weltweit massiv verletzt. Aus Mali ziehen die letzten Bundeswehr-Einheiten nun ab – Russland „übernimmt“ und wird sich bestimmt kaum um Menschenrechte scheren. Israel, das seit Jahrzehnten arabisch-palästinensische Gebiete annektiert hat, bleibt unbehelligt, ebenso die Türkei als „Bündnispartner“; sie drangsaliert und massakriert die Kurden. Der Krieg gegen die Taliban (Afghanistan) wurde aufgegeben. Mit China macht gerade Deutschland glänzende Geschäfte, und die Liste der von den USA begangenen Menschenrechtsverletzungen ist zu lang, um diese hier aufzuzählen. Kurzum – ein Blick auf die Geografie und die Geologie der Ukraine verrät: Es geht (vermutlich) auch um die Kontrolle des Schwarzen Meeres und um die nicht unerheblichen Bodenschätze sowie um die fruchtbaren Böden. Gerade für die verkorkste deutsche Energiewende ist das Land in mehrfacher Hinsicht interessant: Genügend Flächen zum Aufstellen von Windrädern und den Anbau von „Bio-Treibstoffen“; dazu viele seltene Erden für Windturbinen, Solaranlagen und E-Autos; auch könnte die Ukraine dank ihrer Kern- und Kohlekraftwerke das zunehmend desolate europäische Stromnetz stützen. Und Russland ist (endlich) wieder das, was es schon einmal war – ein Schreckgespenst, mit dem man vom politischen Versagen des Westens und anderen Problemen ablenken kann. Es könnte noch eine weitere, nämlich psychologische Ursache für die Nibelungentreue Deutschlands zu den USA, der NATO und der Ukraine geben – die deutschen Kriegstraumata. Seit dem Dreißigjährigen Krieg wurde das Land immer wieder durch (meist) verlorene Kriege verheert; letztmalig durch den Zweiten Weltkrieg. Man möchte einerseits jedem gefallen und nicht nochmals einen Krieg erleben, andererseits aber nun für den Rest der Geschichte auf Seiten der Rechthaber stehen. Im Kalten Krieg gelang das der „alten“ BRD ganz gut – aber in einer multipolaren, zunehmend chaotischeren Welt könnte sich die alte Weisheit „Es allen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann“ früher oder später doch wieder bewahrheiten.

Die mächtigste Frau der Welt versagte – mächtig

Alt-Kanzlerin Merkel wurde nach ihrer Regierungszeit mit Orden und Ehrungen überhäuft. Hätte sie etwas mehr Anstand, würde sie diese zurückweisen – zu durchwachsen fällt die Bilanz ihrer sechzehnjährigen Regierungszeit aus. Wie die Glucke auf den Eiern, war sie nur um ihren Machterhalt besorgt; alles andere verkam zur Nebensächlichkeit. Bis in die 1990er Jahren wurde Deutschland für seine leidlich funktionierende soziale Marktwirtschaft, sein Ingenieur- und Bildungswesen, seine gute Infrastruktur, seine Bemühungen im Umweltschutz, seine Sauberkeit, Pünktlichkeit und seine dank Energiemix sichere Energieversorgung weltweit geachtet, doch spätestens mit der Ära Merkel begann der Niedergang. Heuer ist Deutschland zwar immer noch der belächelte Oberlehrer in Sachen Ökologismus und Gender-Wahn, aber die Fehler und jahrelangen Verzögerungen beim Bau des Berliner Flughafens (BER), ständige Pleiten, Pech und Pannen bei der Deutschen Bahn und der Energiewende, das stark sinkende Bildungsniveau und die verlotternde Infrastruktur sowie eine desolate Bundeswehr machen es zunehmend zum Deppen der Welt. Nach der preußischen Staatsbahn stellten die Leute einst ihre Uhren – heuer gilt ein Zug erst ab sechs Minuten Zeitüberschreitung als verspätet, um die verheerende Bilanz der Deutschen Bahn zu schönen. Wohlstand und gesellschaftlicher Konsens bröckeln. Es war offenbar auch ein großer strategischer Fehler, die Wehrpflicht abzuschaffen. Die einst so stolze Merkel-Volkspartei CDU ist, ähnlich wie nach der Kohl-Ära, gelähmt, zerstritten und kann ihre Rolle als Opposition bislang kaum erfüllen. Der Fairness halber kann und darf man der Alt-Kanzlerin nicht die alleinige Schuld geben – es gab zu viele Ja-Sager, Karrieristen, halbherzige Berater und Mitregenten. Zu diesen zählten auch SPD und FDP, welche nun in einer heillos zerstrittenen Ampel-Koalition weiterhin regieren und Deutschland retten sollen – Ausgang mehr als ungewiss.

Abbildung 2: Ungepflegt, verlottert, vermüllt – so präsentiert sich Deutschland vielerorts im 21. Jahrhundert – nicht nur an sozialen Brennpunkten. Foto: Stefan Kämpfe

Verpasste Chancen: Die Flüchtlingskrisen

Eine überalterte, unter Arbeitskräftemangel leidende Gesellschaft hätte von den Flüchtlingsströmen auch profitieren können – unter folgenden Voraussetzungen: Sie verfügt über eine intakte Infrastruktur mit einem intakten Wohnungsmarkt sowie ein leistungsfähiges Bildungswesen. Außerdem müsste folgender gesellschaftlicher Konsens gelten: Die Regeln des Gastlandes sind uneingeschränkt zu achten, und es gilt das Prinzip des „Förderns und Forderns“. Doch auch hier zeigt sich die deutsche Psychose, everybody’s Darling sein zu wollen. Viele Migranten sind arbeitsfähig und auch arbeitswillig – wären da nicht die deutsche Bürokratie, der Wohnungsmangel und das verlotterte Bildungswesen. Fast anderthalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Krieges waren über eine Million Ukrainer nach Deutschland geflüchtet, die meisten haben gute bis hochqualifizierte Abschlüsse. Aber nach groben Schätzungen haben von den Arbeitsfähigen bis zum Frühsommer 2023 erst etwa 20% eine Beschäftigung aufgenommen. So gibt es eben nur Verlierer – die Flüchtlinge, weil ihr „Traumland“ unerwartet viele Mängel hat, und die Deutschen sowieso.

Vorzeigestaaten des 21. Jahrhunderts – kritisch betrachtet

Norwegen scheint so ein „Vorzeigestaat“ zu sein: Hoher Wohlstand und eine glückliche Bevölkerung. Lange Zeit wurde das Land für seine angeblich gelungene Energiewende von den deutschen Medien als leuchtendes Beispiel gelobt. Aber das Land verdankt seine Erfolge mehreren glücklichen Umständen: Es kann etwa 95% seines Stromes aus Wasserkraft gewinnen, verfügt in der Nordsee über große Erdgas- und Ölreserven und muss nur etwa 5 Millionen Einwohner mit Energie versorgen. Seit der Energiekrise wurde es zu einem der wichtigsten Erdgaslieferanten für Deutschland. Ein nicht unerheblicher Teil des norwegischen Wohlstandes wurde und wird also aufgrund geografischer Begünstigungen unter Mithilfe fossiler Energieträger erwirtschaftet; hinzu kommt der Tourismus. Auch Dänemark, Schweden und Finnland können und dürfen nur sehr eingeschränkt mit Deutschland verglichen werden. Allen Skandinaviern ist jedoch ihr Pragmatismus eigen: Sie handeln oft ohne ideologische Scheuklappen. Schweden will angesichts der Energiekrise und der Probleme mit Wind- und Solarkraft neuerdings wieder die Kernenergie ausbauen; Finnland tat das bereits. Norwegen, leider auch in der Zwangsjacke des „Bündnisses“, veranstaltet jährlich das Oslo-Forum, um zwischen verfeindeten Parteien zu vermitteln. In diesem Jahr waren dort sogar die Taliban anwesend. Wie wäre es, wenn andere Musterstaaten, etwa die Schweiz oder Österreich (beide keine NATO-Mitglieder), einmal zwischen Russen und Ukrainern vermitteln würden? Aber möglicherweise sind sie zu sehr auf die Wahrung ihres eigenen Wohlstandes fixiert – ein häufiges Problem so genannter „Musterstaaten“.

Vom Mittelmaß ins Lächerliche: Politisches Niveau und Pragmatismus im Sinkflug, der Vertrauensverlust und das Schweigen der Institutionen

Zu Zeiten Konrad Adenauers, Helmut Schmidts oder Richard von Weizsäckers waren Politiker angesehene Persönlichkeiten mit großem Sachverstand und persönlicher Ausstrahlung. Der Abwärtstrend setzte mit Helmut Kohl ein und beschleunigte sich bis heute erschreckend. Gregor Gysi war zwar noch ein hervorragender Redner, drückte sich aber vor der Verantwortung. Doch selbst an Redekunst und Grundkenntnissen mangelt es heuer. Ein paar Beispiele gefällig? Annalena Baerbock wollte Strom im Leitungsnetz speichern, und „Putin solle sich um 360 Grad drehen“, Katrin-Göring-Eckardt behauptete, „Atomstrom“ verstopfe die Leitungen. Zwar geht so den Kabarettisten der Stoff nicht aus – aber wenn der Chirurg behauptet „Das ist meine hundertste Operation – irgendwann wird es ja mal klappen“, dann sollte man als Patient den Operationssaal besser fluchtartig verlassen. Ganz ohne Sachverstand und Weitsicht geht es eben auch in der Politik nicht, trotz aller Berater. Zu dieser Weitsicht hätte auch der Weiterbetrieb der drei letzten Kernkraftwerke gehört – trotz aller ideologischen Scheuklappen. Blieben Institutionen außerhalb der Parlamente – etwa die Kirchen. Aber auch diese befinden sich – wen wundert’s, in einer Dauerkrise (Missbrauchsfälle, Mitgliederschwund). Das Gebot „Du sollst nicht töten!“ hätte sie zu einer kriegskritischeren Haltung veranlassen sollen, aber auch sie beschäftigen sich lieber mit Gender-, oder Klimafragen, genauso wie die meisten Parteien, Vereine und Institutionen. Deutschland, einst Land der Dichter, Denker und Erfinder, heuer ein Land der Feiglinge, Nicht-Wisser, der Alternativ- und Ideenlosen… .

Wissenschaft und Technik in der Krise

Weil der Autor zu diesem wichtigen Themenkomplex hier schon einen umfangreichen Aufsatz verfasst hat, sollen nur einige der allerwichtigsten Probleme benannt werden (wer den genannten Aufsatz gelesen hat, kann diesen Absatz überspringen). Nicht wenige Erfinder und Entdecker der frühen Neuzeit konnten ihre Erkenntnisse noch Dank eigener Ressourcen oder sehr bescheidener Förderungen realisieren. Doch spätestens seit der Zeit der Alchemisten wurde Forschung tendenziell immer material-, personal- und kostenintensiver. Transistor, Flugzeuge, Autos, Raketen, Internet, Smartphones und immer schnellere Großrechner basieren allesamt auf Grundlagenwissen, welches mit überschaubarem Aufwand von meist wenigen, genialen Forschern vor mehreren Jahrzehnten bis Jahrhunderten erarbeitet wurde; diese Ära endete etwa so zwischen 1915 und den späten 1960er Jahren (Einstein, Heisenberg, Higgs). Um heute einen etwa gleich großen quantitativen oder qualitativen Fortschritt (Ertrag im weitesten Sinne) zu erzielen, müssen überproportional steigende Aufwendungen betrieben werden. In Deutschland mit seiner überbordenden Bürokratie, seinem komplizierten Steuer- und Rechtssystem und seiner zunehmend technik- und wissenschaftsfeindlichen Bevölkerung (Kern- und Gentechnik!) ist es besonders schwierig und teuer, bahnbrechende Neuerungen zu entwickeln. Und gerade für eine zunehmend überalternde Gesellschaft wie die deutsche ist die überproportionale Aufwandsentwicklung ein zunehmendes Problem – jedem neuen Projekt droht zunehmender Personalmangel. Ob Robotik und künstliche Intelligenz hier Abhilfe schaffen können, ist ungewiss. Wächst uns die Wissenschaft immer mehr über den Kopf – ein Moloch, der alles verschlingt, aber kaum noch etwas leistet? Hinzu kommt die zunehmende Spezialisierung, es mangelt am geistigen Austausch zwischen den unterschiedlichsten Fachdisziplinen. In jüngster Zeit häufen sich schwerwiegende Fälle des Versagens der Wissenschaft und der eng mit dieser verflochtenen Politik. Das prominenteste Beispiel ist wohl die Corona-Pandemie. Die einst weitgehend unabhängige Wissenschaft ist heute oftmals ideologisiert und von der Gnade der Regierenden abhängig (Fördermittel). Besonders in der Raumfahrt, einem der wichtigsten wissenschaftlichen Betätigungsfelder, blieben bahnbrechende Fortschritte in den letzten zwei Jahrzehnten aus, und seit über fünfzig Jahren hat kein Astronaut mehr einen fremden Himmelskörper betreten.

Abbildung 3: Überproportional steigende Aufwendungen für denselben Ertrag in Wissenschaft und Technik (schematisch). Für den gleichen Ertrag musste man in der Anfangszeit von Wissenschaft und Technik (links auf der waagerechten Ordinate) viel weniger Ressourcen einsetzen als heute (rechts)

Warum die Deutsche Energiewende nicht funktioniert

Wesentliche Gründe sind die extrem schwankende Ausbeute der Solar- und Windenergie (astronomisch und/oder meteorologisch bedingt), die fehlenden oder unverhältnismäßig teuren, verlustreichen Speicher, sehr hoher Flächen- und Rohstoffbedarf, fehlender oder zu langsamer Leitungsausbau, Leitungsverluste sowie die einseitige Fixierung auf Großprojekte (eine „lokale“ Energiewende mit Erzeugung unmittelbar bei den Verbrauchern kann in Einzelfällen bei gewissen Einschränkungen der Verbraucher sinnvoll sein, für Großverbraucher ist sie nicht machbar). Bislang konnte die Energiewende überhaupt nur im Stromsektor mäßige Erfolge erzielen – ihr Anteil am Primärenergieverbrauch liegt trotz aller Anstrengungen bei kaum 20%. Näheres zu den meteorologischen Problemen der Energiewende hier. Zu den klimatischen Auswirkungen der Energiewende sind folgende Beiträge lesenswert hier und hier. Der Juli 2023 war ein für die Energiewende äußerst günstiger Monat – ausreichend Sonne, zumindest zeitweise kräftiger Wind, sehr wenig Verbrauch (Beleuchtung, Heizung, Urlaubszeit). Aber selbst unter diesen günstigen Bedingungen mussten erstens erhebliche Strommengen teuer importiert, aber gelegentliche Überschüsse billig oder gar zu Negativpreisen (ähnlich, wie zu zahlende Zinsen!) exportiert werden – die Zeche zahlen wir Stromkunden mit den höchsten Strompreisen weltweit. Nach Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke im April 2023 mussten außerdem rekordverdächtige Mengen an Steinkohle zur Verstromung importiert werden – CO-Einsparungen, adieu!

Abbildungen 4a uns 4b: Gesamte Stromerzeugung und –verbrauch (schwarze Linie) in Deutschland vom 1. bis zum 26. Juli 2023 (oben). Wasserkraft (blau) und Biomasse (grün) trugen nur wenig zur Erzeugung bei und sind kaum noch ausbaufähig; auch Offshore-Wind (auf See) war leistungsschwach. Man achte auf die enormen Schwankungen besonders der Solarenergie (gelbe Spitzen). Überragen diese die Lastlinie, so wurde Strom billigst ins Ausland verschleudert; bei weißen Flächen unter der Lastlinie musste er teuer importiert werden. Bildquellen: energy-charts.info

Zu diesen Graphiken: Trotz der äußerst günstigen sommerlichen Bedingungen mussten zeitweise immer noch mehr als 50% des Stroms aus fossilen Energieträgern (heimische Braun- und Importsteinkohle, Gas) erzeugt werden. Wind- und Solarenergie ergänzen sich meist nicht gut – mit Sonnenuntergang flaut auch oftmals der Wind ab. Unten zum Vergleich ein fast normal temperierter Wintermonat – der gesamte Dezember 2022. Eine gut zweiwöchige Dunkelflaute erforderte in der ersten Monatshälfte enorme Mengen konventioneller Energieträger zur Verstromung – Braun- und Steinkohle, Erdgas und damals noch etwas Kernenergie. Zeitweise mussten etwa 80% des Stroms konventionell erzeugt werden! Erst, als das „Weihnachtstauwetter“ mit viel Wind einsetzte und die Weihnachtsferien weniger Verbrauch erforderten, entspannte sich die Lage; die hoch gerühmte Solarenergie muss man den ganzen Monat in dieser Grafik mit der Lupe suchen. Wehe uns, sollte sich eine winterliche Dunkelflaute mit Kälte einmal über 4 bis 8 Wochen einstellen – der Winter 2022/23 verlief insgesamt sehr mild und zeitweise windig.

Zu guter Letzt: Grüße von George Orwell

Als George Orwell Mitte des 20. Jahrhunderts seine Bücher verfasste (das bekannteste ist wohl „1984“), war das 21. Jahrhundert noch weit entfernt. Was er nicht ahnen konnte: Es bedarf nicht immer einer Diktatur zur totalen Überwachung. Mittels Smart-Phone, Internet, Google, Web-Cams, Online-Banking, Kunden- und Kreditkarten hat sich die Bevölkerungsmehrheit auch in den so genannten Demokratien freiwillig der Überwachung ausgeliefert. „Ach, hätte ich das alles doch schon gehabt!“, würde der verblichene Stasi-Chef Erich Mielke angesichts dieser technischen Überwachungsmöglichkeiten ausrufen. Sollte uns das Bargeld genommen werden, ginge ein weiteres Stück Freiheit verloren – das 21. Jahrhundert könnte uns noch unfreier machen, als es die meisten Menschen im Mittelalter waren.

Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 

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