Stefan Kämpfe

Wie stets in unseren tendenziösen Massenmedien, war die reale, aber keinesfalls rekordverdächtige Sommerhitze dieses Jahres mal wieder ein Hauptthema. Doch nur wenige hundert Kilometer nördlich der deutschen Landesgrenze, in Skandinavien, blieb die große Sommerhitze bislang aus. Und die meisten Mittelfrist-Prognosen sehen auch Sommer-Dämpfer für das stets klimabesorgte Deutschland voraus. Ob das Skandinavien-Tief die überhitzten Gemüter wohl abkühlt?

Wie verhielten sich die Sommertemperaturen in Deutschland und Mittelschweden im bisherigen 21. Jahrhundert?

Der Betrachtungszeitraum ist mit n = 23 Werten zwar für abschließende Aussagen noch etwas kurz und ein schwedisches Flächenmittel war nicht verfügbar – aber wie wir gleich noch sehen werden, scheint sich folgende Tendenz auch 2023 zu manifestieren: Die Sommer erwärmen sich in Deutschland (noch) deutlich, in Mittelschweden aber kaum noch.

Abbildung 1: Trends der Jahresmitteltemperaturen in Deutschland (DWD-Flächenmittel) und im mittelschwedischen Östersund am Ostabhang des Skandinavischen Gebirges. Mit 360 Metern Höhenlage und leicht bergigem, bewaldetem Gelände entspricht es orografisch weiten Gebieten Mittel- und Süddeutschlands; wie stark die schwedischen Werte durch Wärmeinseleffekte belastet sind, konnte nicht geklärt werden.

Zur klimatischen Einordnung: In Schweden, selbst in Lappland, können im Sommer, vor allem von Mitte Juni bis Anfang August, nicht selten Maxima deutlich über 30°C und Sommermittel (bevorzugt im äußersten Süden) von 17 bis 18°C auftreten; im eher kühlen Östersund wurden aber im Juli auch schon mehr als 18°C im Monatsmittel erreicht – das würde auch im wärmeverwöhnten Deutschland als sehr passabel gelten. Ursache ist die dort enorm hohe astronomisch mögliche Sonnenscheindauer von 18 bis 24 Stunden; bei einem Hoch über Nordskandinavien und/oder südöstlicher Anströmrichtung kann es dort wochenlang sehr warm sein.

Der bisherige Hochsommermonat Juli in Östersund: Wechselhaft und nur normal temperiert

Betrachtet man die aktuelle CLINO-Periode 1991 bis 2020, so erweist sich der Juli in Östersund zwar auch als der wärmste Monat des Jahres; aber im Gegensatz zum Deutschen Flächenmittel (18,3°C) ist es dort naturgemäß um fast 4 Kelvin deutlich kühler. Während die erste Julihälfte 2023 in Deutschland mit etwa 19,8°C merklich übernormale Temperaturen aufwies, herrschte in Östersund Normalität (grobe Abschätzung der Mitteltemperatur nach der früher gebietsweise üblichen Formel (Tagesminimum plus Tagesmaximum) geteilt durch zwei. Mit etwa 14,6°C (bis zum 17. Juli) verlief der dortige Hochsommer also bislang kaum zu warm. Und dabei dürfte das bei den in diesem Sommer häufigen Westströmungen im Lee liegende Östersund sogar noch bevorteilt gewesen sein. Wer die weitere Temperaturentwicklung verfolgen möchte, kann dies hier tun.

Abbildung 2: Annähernd normale Juli-Temperaturen in Östersund; kühlere und wärmere Phasen wechselten sich ab. Das Juli- Mittel beträgt dort laut der aktuellen CLINO-Periode von 1991 bis 2020 14,5°C

Auch beim Blick auf ganz Skandinavien dominieren gemäßigte, teils gar unternormale Sommertemperaturen, wer möchte, kann sich das hier jederzeit ansehen.

Zeitweise tiefer Luftdruck über Skandinavien – verdirbt er auch den Deutschland-Urlaub?

Auch in Deutschland herrschte im bisherigen Hochsommermonat Juli trotz einzelner, kräftiger Hitzewellen keinesfalls überall eitel Sonnenschein. Bevorzugt war die südöstliche Landeshälfte, vor allem wegen der oft südwestlichen Anströmrichtung, das dürre Le der östlichen Mittelgebirge. Nach der „Siebenschläfer-Regel“ war diese Entwicklung auch zu erwarten.

Abbildung 3: Bis zum 17. Juli war die Südosthälfte Deutschlands merklich wärmer als der Nordwesten; man achte auf die farbig hinterlegten Zahlen, welche die Abweichung vom Mittel 1991 bis 2020 in Kelvin (=°C) angeben. Auch die Besonnung (nicht gezeigt) fiel (bislang) im Lee der Mittelgebirge am höchsten aus. Bildquelle: bernd-hussing.de

Der Blick auf eine für diesen wechselhaften Juli typische Wetterlage zeigt uns den Grund für diese „ungerechte“ Witterungsverteilung:

Abbildung 4: Wetterkarte vom 5. Juli 2023. Man erkennt einen Komplex tiefen Luftdrucks mit mehreren Kernen nordwestlich der Britischen Inseln, über der Nordsee und über Nordskandinavien. Zeitweise gelangte dabei subtropische Heißluft bevorzugt in das südöstliche Deutschland, aber nicht nach Skandinavien. Beständiges Hochdruckwetter fehlte bislang in ganz West-, Mittel- und Nordeuropa, was so nach der Siebenschläfer-Regel auch zu erwarten war. Bildquelle: wetterzentrale.de

Betrachten wir die nähere Zukunft mit Hilfe der Ensemble-Prognosen, so ist für diesen Juli (vermutlich) auch kein anhaltendes „Schönwetter“ mehr zu erwarten – eher das bisherige Auf und Ab mit leichter Benachteiligung Norddeutschlands. In Skandinavien dürfte das eher kühle bis normale Sommerwetter vorerst andauern. Zwar werden im August die Wetterkarten (oftmals) neu gemischt – aber das ist noch Zukunftsmusik. Und Hitze-Panikmachern wie dem Deutschen Krankheitsminister Karl Lauterbach sei gesagt: Kühle Köpfe haben‘s oft leichter.

Abbildung 5: Hartnäckig und stur der Siebenschläfer-Regel folgend, scheint sich das wechselhafte Sommerwetter auch in der letzten Juli-Dekade 2023 zu halten (Die Ensemble-Prognosen zeigen auch für die letzte Juli-Dekade noch keinen grundlegenden Umschwung; hier die Vorhersagekarte für den 26.Juli). Sie erwartet ein umfangreiches Tief über Südskandinavien. Sollte das so eintreffen (noch unsicher!), so wäre auch in Deutschland wechselhaftes und nur mäßig warmes Wetter die Folge. Bildquelle: NOAA

 

Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 

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