Trotz flächendeckender Photovoltaik und trotz allgegenwärtiger Windturbinen sind wir unangefochtener Europameister im pro Kopf Ausstoß von CO2. Zudem wird uns im europäischen Verbundnetz eine weitere Sonderstellung eingeräumt: Dank unserer kapriziösen Stromproduktion werden wir von den einen als „Master of Desaster“ verhöhnt, von den anderen, deren Kilowattstunden wir zu astronomischen Preisen kaufen, als „Useful Idiots“. Damit das auch so bleibt haben unsere Regierenden nun einen weiteres Instrument ins Spiel gebracht: die Wärmepumpe.

von Hans Hofmann-Reinecke

 

Pipi Langstrumpf zeigt wie’s geht

Der Reiz eines Kinderbuchs liegt darin, dass es die raue Wirklichkeit stak vereinfacht und ohne Gefahren darstellt, um die aufkeimende Intelligenz unserer Kleinen nicht zu überfordern und um ihre zarten Seelen nicht zu ängstigen.

Mein Eindruck ist, dass dieses Prinzip inzwischen auch in die Arbeitsweise unserer Bundesregierung eingedrungen ist, die sich weigert, Komplexität und Risiken der Wirklichkeit zu akzeptieren. Unsere Regierenden haben nicht erkannt, dass Vorhaben nationaler Tragweite nur dann gelingen können, wenn es eine klare Zielsetzung gibt, eine gründliche Planung und insbesondere eine gnadenlose Risikoanalyse. Stattdessen handeln sie nach dem Motto von Pipi Langstrumpf: „Das habe ich vorher noch nie versucht, umso sicherer bin ich, dass ich es schaffe.“ Und so bricht man jetzt, nach dem verhängnisvollen Atomausstieg, nach der Energie- und Verkehrswende, eine weitere Wende vom Zaun: die Wärmewende.

Bekommen wir jetzt Energie geschenkt?

Es gibt Maschinen, die wandeln elektrischen Strom in Wärme um: der Elektroherd, der Föhn oder der Heizlüfter. Letzterer zieht sich ein oder zwei Kilowatt aus der Steckdose rein und spuckt die dann in Form warmer Luft ins Wohnzimmer. Ganz anders arbeitet die Wärmepumpe. Sie verspricht uns: „Für jede Kilowattstunde Wärme, die ich euch ins Wohnzimmer bringe, ziehe ich nur einen Bruchteil aus der Steckdose. Den Rest hole ich mir von wo anders.“

Diese Maschine erzeugt also keine Wärme, sondern transportiert sie von A nach B, wobei A kälter ist als B. Andersrum bräuchten wir keine Maschine, da ging´s von selbst. Wenn es draußen wärmer ist als drinnen, dann brauchen wir keine Wärmepumpe, dann machen wir einfach die Fenster auf.

Stellen Sie sich eine Hantel vor, so wie Gewichtheber sie benutzen, mit einer Scheibe Eisen auf der Seite A, einer anderen auf Seite B. Ein geheimnisvoller Mechanismus in der Stange transportiert nun Wärme von A nach B. Dabei wird weder Flüssigkeit noch Gas transportiert, nur die Wärme fließt, und A wird langsam kühler und B wird wärmer.

Das geht aber nicht ganz zum Nulltarif. Besagter Mechanismus verbraucht auch etwas Energie, genannt E2:

E2 ≧ E1 × (TB – TA) / TB

Dabei ist E1 die Menge der zu transportierenden Energie und TA bzw. TB sind die Temperaturen der beiden Scheiben, gemessen in Kelvin (Celsius plus 273).

Das beeindruckt Sie vielleicht noch nicht besonders. Rechnen wir jetzt mal den Wirkungsgrad η aus, also das Verhältnis von geernteter zu investierter Energie

η = E1/E2 ≦ TB / (TB – TA)

Nehmen wir beispielweise an, TB = 21°C = 294 K und TA = 1°C = 274 K, wir wollen also von knapp über Null auf Zimmertemperatur pumpen: dann bekommen wir:

η ≦ 294 / (21 – 1) ≈ 15.

Eine gute Nachricht?

Ein Wirkungsgrad von 15, oder auch etwas weniger? Wir könnten also beinahe das 15-fache dessen an Energie ernten, was wir für den Transport investieren müssen? Ist das nicht eine gute Nachricht?

Wir bohren jetzt ein Loch in die Wand, durch das wir die Stange unserer Hantel stecken, platzieren die Scheibe A im Freien und B im Wohnzimmer. Jetzt geben wir unserer Hantel ordentlich Strom und die wird uns dafür das 15-fache an Wärme von draußen nach drinnen transportieren. Scheibe A kühlt sich und die umgebende Außenluft dabei ab und Scheibe B beheizt unser Wohnzimmer.

Wie lange wird das gut gehen? Nach einiger Zeit wird Scheibe A saukalt, kälter als die umgebende Luft von 1°C. Bald bildet sich Eis, und der Austausch mit der Umgebungsluft wird dadurch gestört. Weil aber weiterhin Wärme von A nach B geschoben wird sinkt TA immer weiter. Gleichzeitig wird Scheibe B wärmer, sodass die Differenz TB – TA immer größer wird. Nehmen wir etwa TA = -20°C (so wie im Gefrierfach) und TB = 50°C (so wie ein Heizkörper der Zentralheizung), dann bekommen wir

η ≦ (50 + 273) / (50 – (-20)) ≈ 4,6

Und das ist der beste theoretische Wirkungsgrad, den wir erzielen können. In der Praxis sind da noch ein paar Aggregate in unserer Wärmpumpe, die Strom verbrauchen und die unser η weiter nach unten drücken. Was tun?

Gesegnetes Afrika

Hier in Afrika, in der Nähe von Kapstadt, kann es im August um 5 Uhr morgens vielleicht 5°C haben; kälter habe ich noch nie erlebt. Im Februar kann die Temperatur gegen 15 Uhr auf 35°C steigen. Die Differenzen dieser Extreme zur idealen Zimmertemperatur von 20°C sind also maximal –15°C bzw. + 15°C, meistens aber geringer. Das sind gute Bedingungen für eine Wärme- bzw. Kältepumpe, und so einen Apparat habe ich deswegen in und an meinem Haus installiert, nicht unähnlich dem oben abgebildeten Modellen, die allerdings in Hongkong ihre Arbeit verrichten.

Was Sie auf dem Foto sehen ist jeweils Seite A der Hantel in vielfacher Ausführung. Dieses Teil ist so ausgelegt, dass es der Außenluft möglichst viel Wärme entziehen kann. In dem Kasten sind Rohre in Schlangenlinien, wärmeleitende Bleche und ein großer Ventilator. Zudem ist hier ein Kompressor, der den Löwenanteil der Leistung für sich beansprucht, welche die Maschine aus der Steckdose zieht.

Seite B unserer Hantel – ein kleineres und eleganteres Teil – sitzt in der Wohnung, Rücken an Rücken zum dem Kasten und durch die Wand mit ihm durch einen Schlauch verbunden. Durch den wird die Wärme transportiert die dann in Teil B in vielen Kühlblechen landet und von einem zweiten Ventilator in die Wohnung gepustet wird. So eine Anlage – etwa die in meinem Haus installierte – zieht 2,5 kW aus der Steckdose und liefert dafür ca. 7 kW Wärme. Das effektive η ist also 2,8. Das ist eine gute Bilanz, wenn auch nicht rekordverdächtig. Im Sommer drückt man übrigens auf der den Knopf „A/C“ (Air Conditioning) der Fernbedienung , dann wird die Hantel gewissermaßen umgedreht, und die Maschine sorgt jetzt für Kühlung – mit der selben Effizienz.

Diese 7 kW Wärme verwandeln eine ausgekühlte Hütte in 15 Minuten in ein kuscheliges Heim. Von einem Thermostaten reguliert läuft die Anlage in Wintermonaten schätzungsweise 4h pro Tag. Bei einem Preis von umgerechnet 0,14€ pro kWh wären das 30 x 4 x 2,5 x 0,14€ = 42€ im Monat. Die Anschaffung, incl. Installation schätze ich auf €2500, und ich nehme an, dass so etwas in Hongkong oder Miami oder Taipeh nicht viel teurer ist. Es handelt sich also um eine durchaus erschwingliche Anschaffung und auch ihr Betrieb ist finanzierbar.

Keine gute Idee

Warum sind diese Maschinen in Deutschland nicht verbreitet, und wenn, dann nur zum Kühlen und nicht zum Heizen? Nehmen wir eine winterliche Außentemperatur von – 10°C, und wir wollen drinnen angenehme 22°C. Dazu muss Scheibe B selbst aber deutlich wärmer werden, sonst dauert es ja ewig, bis das Zimmer warm ist. Nehmen wir TB = 40°C, das ist gut lauwarm.

TA ist natürlich unter die -10°C gerutscht, also auf -20°C, denn ohne Temperaturdifferenz würde Scheibe A der Außenluft keine Energie entziehen können. Damit rutscht unser Wirkungsgrad η auf etwa 5. Das wäre immer noch eine schöne Sache: fünf Kilowatt Wärme für jedes Kilowatt aus der Steckdose. Aber Vorsicht: dieses η ist der maximale theoretische Wirkungsgrad. In der Praxis erreichen wir den wegen der parasitären Stromfresser wie Pumpen, Enteiser oder Ventilatoren natürlich nie.

Fazit: Je kälter es wird, desto schlechter arbeitet unsere Wärmepumpe. Das ist keine gute Situation! Es müsste umgekehrt sein: je kälter desto besser sollte unsere Heizung funktionieren. Diese Wärmepumpen sind vielleicht gut für subtropisches Klima, aber nichts fürs kalte Deutschland.

Nun, dem Ingenieur ist nichts zu schwör, und so hat man Wärmepumpen entwickelt, deren „Scheibe A“ sich die Energie nicht aus der kalten Außenluft holt, sondern aus dem Grundwasser oder dem umgebenden Erdreich. Das bleibt unter einem Meter Tiefe meist frostfrei. Aber wenn dann dort Wärme in großem Maßstab abgepumpt wird, dann kann es auch da frostig werden. Die Installation für Wärmeaufnahme aus Boden oder Grundwasser wird auf jeden Fall eine sehr aufwendige Sache und sehr teuer sein.

Man sollte zudem dafür sorgen, dass TB niedrig bleibt. Statt Heizkörpern mit 40°C kann man den ganzen Fußboden großflächig heizen. Da kommt man dann mit gut 20°C aus, und so kitzelt man das η etwas nach oben. Auch das bringt natürlich einiges an Umbau und Kosten mit sich, mit €2500 kommt man da n Deutschland nicht hin, da muss man noch anderthalb Nullen anhängen. Und wofür all das?

Wofür all das?

Nun, das Heizen mit Öl oder Gas produziert CO2. Elektrisch Heizen produziert dagegen kein CO2. Unsere elektrischen Wärmepumpen wiederum können mehr Wärme pro Kilowattstunde in unsere Wohnung bringen als ein einfacher elektrischer Heizofen. Soweit ist das eine sehr logische Angelegenheit. Bleibt nur die Frage, woher der Strom zum Betrieb unserer Pumpen kommen soll.´

Da brauche ich nun Ihre volle Aufmerksamkeit.

  • Den Strombedarf zum Heizen kann man nicht nach seinem Mittelwert beurteilen. Der Strom muss genau dann zur Verfügung stehen, wenn es kalt ist. Nehmen wir folgendes Modell:
  • 10 Mio. der 40 Mio. Haushalte Deutschlands heizten gleichzeitig mit Wärmepumpe
  • Im Land herrschen extreme Kälte und „Dunkelflaute“
  • Die 10 Mio. Wärmepumpen ziehen je 5 Kilowatt aus der Steckdose
  • Gesamtbedarf 10 Mio. x 5 kW = 50 Gigawatt
  • Die derzeit in Deutschland verfügbare Leistung aus wetterunabhängigen Quellen ist ca. 50 Gigawatt
  • Also: Falls nur ein Viertel der Haushalte mit Wärmepumpen heizten, könnte dies in kalten Winternächten bereits allen zur Verfügung stehenden Strom beanspruchen.
  • Nach Ausstieg aus der Kernkraft gibt es in Deutschland keine nennenswerte wetterunabhängige Quelle für CO2-freien Strom.
  • Maximaler Bedarf an Heizung herrscht in kalten Winternächten, etwa bei stabiler Hochdruck-Wetterlage. Da fallen Photovoltaik und Wind aus. Der Strom für die Wärmepumpen kommt jetzt aus Kohle- oder Gaskraftwerken. Die wandeln nur ca. 35% der Wärmeenergie aus ihrem Treibstoff in elektrische Energie um, die dann über lange Leitungen und Transformatoren in unser Haus kommt. Bei dieser Vorgehensweise wird dann mehr CO2 erzeugt, als wenn Kohle, Öl oder Gas direkt im Haus verheizt würden!

Die gezwungene Installation von Wärmepumpen bringt der Allgemeinheit einen Schaden ähnlichen Ausmaßes wie Energiewende und Atomausstieg. Allerdings ist diesmal die Gruppe der Hausbesitzer einer besonderen existentiellen Bedrohung ausgesetzt. Und ähnlich wie durch die Energiewende wird keinerlei Nutzen für die Allgemeinheit generiert: Deutschland wird weiterhin Europameister bleiben, was die die per capita CO2 Emission anbelangt, und der Strom wird noch teurer.

Aber diese Aspekte sind unseren Entscheidungsträgern ja vielleicht zu komplex. Wenn es um die Rettung der Welt geht – wie kann man sich da noch mit der Wirklichkeit herumschlagen. Im Schlepptau von Greta und Pipi Langstrumpf geht es jetzt in die nächste Katastrophe.

Mein Tipp an Sie, liebe Leserin, lieber Leser: Falls bei Ihnen die Installation solch eines Systems anstehen sollte, trauen Sie nur einer Kalkulation der Investitionen und laufenden Kosten, die Sie selbst, mit eigener Hand und eigenem Wissen erstellt haben. Dazu müssen Sie sich vielleicht etwas in die Materie einarbeiten, aber Sie haben schon Schwierigeres gemacht. Und falls das Ergebnis Ihrer Kalkulation für Sie nicht attraktiv ist, dann gibt es nur eine Antwort:

So etwas kommt nicht in mein Haus!

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

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