Einführung des Übersetzers: Hier folgen zwei Beiträge US-amerikanischer Analysten, die sich unabhängig voneinander eingehend mit der deutschen Energiepolitik befassen. Durch beide Beiträge zieht sich wie ein roter Faden zwischen den Worten das Unverständnis bzgl. dieser Politik.

Es ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die deutsche Journaille, dass man auf amerikanische Quellen zurück greifen muss, um Einzelheiten und weitere Aspekte dieser Politik hierzulande in Erfahrung zu bringen. – Ende Einführung

Wacht Deutschland zu einer „vernünftigen“ Energiepolitik auf?

Duggan Flanakin

Erst letzte Woche hat der österreichische Geisteswissenschaftler Ralph Schoellhammer die deutsche Energieforschung als von einer grünen Agenda verdorben kritisiert. Schoellhammer sagte, dass der deutsche Fokus auf die Energiewende, wie auch der vieler anderer westlicher Nationen, sie blind gemacht habe für das ernsthafte Risiko einer Verknappung aufgrund der sich verschlechternden geopolitischen Umstände.

Vor einem Jahrzehnt kündigte die deutsche Regierung an, alle Kernkraftwerke bis 2022 abzuschalten. Um diese Entscheidung zu bekräftigen, behauptete der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck im vergangenen Sommer empört, dass die Kernenergie nicht dazu beitragen könne, die verringerten Gaslieferungen auszugleichen.

Daraufhin beschloss Habeck, gestützt auf Behauptungen von beauftragten Denkfabriken, dass jegliche Unterbrechung der Agenda die deutsche Wirtschaft bis 2050 eine Billion Dollar kosten würde, noch stärker auf eine schnelle Energiewende zu drängen. Deutschland hatte sich bereits Dutzenden von Ländern angeschlossen, die sich verpflichtet hatten, bis 2028 aus der Kohleverbrennung auszusteigen, um das Ziel „Netto-Null“ anzustreben.

Dann schloss sich Deutschland den anderen G7-Staaten an und forderte ein Ende der Investitionen auch in Erdgas. Im November kündigte Deutschland an, sich mehreren anderen europäischen Ländern anzuschließen und aus dem Energiecharta-Vertrag von 1994 auszutreten, der die Energieversorgung sichern soll. Der Vertrag bietet auch Schutz für Unternehmen, die in die Energiewirtschaft investieren.

All dies geschah vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine, der zu einer Unterbrechung der Erdgaslieferungen an Deutschland und andere europäische Abnehmer führte. Die in Panik geratenen Deutschen, die aus freien Stücken auf ihre Kernenergie verzichten mussten, setzten wieder verstärkt auf kohle- und ölbefeuerte Kraftwerke, um das knappe und immer teurer werdende Erdgas für die Beheizung ihrer Häuser zu sparen.

Aber Reden ist billig. Und Energie ist es nicht. Jetzt nicht mehr. Schlimmer noch, Deutschland lernt wie einige andere Länder schnell, dass die virtuose Verabschiedung einer Anti-Energie-Politik negative Konsequenzen in der realen Welt hat, in der die Bürger leben. Und in Deutschland (und in ganz Europa) windet man sich.

Am 6. März berichtete McKinsey, dass Deutschlands historisch stabiler Stromversorgung bis 2030 eine Stromlücke von bis zu 30 Gigawatt droht – das entspricht der Leistung von 30 großen Wärmekraftwerken. Selbst ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien würde nicht ausreichen, wenn Deutschland nicht neue Gaskraftwerke baut und bestehende Kohlekraftwerke „vorübergehend“ weiter betreibt.

Drei Tage später kündigte Habeck an, dass Deutschland mit Hilfe von Auktionen den Bau neuer Gaskraftwerke „für die Zeiten, in denen Wind und Sonne nicht genug Strom liefern“, sicherstellen werde. Dennoch glaubt Habeck immer noch, dass sein Land den Übergang zu einem „klimaneutralen“ Energiesystem bis 2045 vollziehen kann. Ein Bericht der Bundesnetzagentur vom Januar hatte behauptet, dass ein Ausstieg aus der Kohle vor 2030 die Energiesicherheit des Landes nicht gefährden würde.

An einer anderen Front wachen die deutschen Automobilhersteller und -arbeiter über die Bedrohung durch den U.S. Inflation Reduction Act auf, der 369 Milliarden Dollar an Klima- und Energiesubventionen enthält – allerdings nur für in Nordamerika hergestellte Fahrzeuge. Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages ergab, dass 23 Prozent der Automobilhersteller und -zulieferer bereits eine Verlagerung ihrer Produktionsstätten in die USA oder nach Kanada erwägen.

Tesla hat seine Pläne zurückgeschraubt, Batterien in Deutschland zu produzieren, da der Bau von US-Fabriken für Elektrofahrzeuge „sehr attraktiv“ geworden ist, so eine Führungskraft der Branche. Auch Audi und Volkswagen sind begeistert von der Subvention in Höhe von 5.700 Dollar für in Nordamerika montierte Fahrzeuge. Ein weiterer Grund sind die hohen Kosten für Erdgas und Strom in Deutschland.

Trotz der Verlockungen haben Beamte der Europäischen Union vorerst ausgeschlossen, „mehr und mehr Geld“ auszugeben, um den „protektionistischen“ Biden-Plan zu bekämpfen, dessen Steuergutschriftenregelung in Europa hergestellte E-Fahrzeuge für US-Käufer weniger attraktiv macht. Der deutsche Finanzminister Christian Lindner argumentierte, dass Deutschland sich einen Wettbewerb mit den USA um höhere Subventionen nicht leisten könne und dass sein Land bereits mehr öffentliche Investitionen – 800 Millionen Euro (860 Milliarden Dollar) über das Programm Generation EU – als die US IRA biete.

Noch überraschender ist, dass der Bosch-Betriebsrat und die IG Metall, die einen massiven Abbau von Arbeitsplätzen durch die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland befürchten, im Februar einen „Rot-Alarm“ ausgaben und davor warnten, dass „die Zukunft der [europäischen] Industrieproduktion in Gefahr ist“. Die grüne Politik bedroht 900.000 deutsche Arbeitnehmer, die „direkt und indirekt“ an der Produktion von Verbrennungsmotoren beteiligt sind.

Deutschland hat die Subventionen für Elektrofahrzeuge im Januar gekürzt, weil man davon ausging, dass Elektroautos für die Käufer immer attraktiver werden würden, auch wenn die Förderbeträge nur halb so hoch sind wie die Subventionen, die vor 2023 bis zu 6.000 Euro für die Käufer und 3.000 Euro für die Autohersteller betrugen. Im Dezember wurden 104.300 Fahrzeuge zugelassen, aber nur 18.100 im Januar, obwohl die deutschen Verkehrsbehörden davon ausgehen, dass der Gesamtabsatz von E-Fahrzeugen im Jahr 2023 nur um 8 Prozent sinken wird.

Und Anfang dieses Monats forderten Lindner und der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren von dem von der Europäischen Union geplanten vollständigen Verbot von ICE-Fahrzeugen ab 2035 auszunehmen – wenn die ICE-Fahrzeuge mit synthetischen E-Kraftstoffen betrieben werden können.

Wissing drohte sogar damit, sein Veto gegen die Emissionsgesetze einzulegen, wenn die EU nicht zustimmt. Er rechnet damit, dass sein Vorschlag von Italien, Polen und osteuropäischen Ländern, die die deutsche Automobilindustrie beliefern, unterstützt wird. Seine Position wird wahrscheinlich von den Beschäftigten der Automobilindustrie und ihren Gewerkschaften unterstützt, die ansonsten mit einer strukturellen, ihre Familien bedrohenden Arbeitslosigkeit konfrontiert sind.

Die Autoindustrie beschäftigt 3,4 Millionen Menschen in den EU-Ländern – fast 12 Prozent aller Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe. Die Arbeiterklasse ist am stärksten von den steigenden Energiepreisen, dem Verlust von Arbeitsplätzen und anderen Aspekten des „grünen Übergangs“ betroffen.

In Verbindung mit der zusätzlichen Bedrohung der europäischen Autoindustrie durch die US-amerikanische IRA könnte es sein, dass eine wirkliche Debatte darüber beginnt, wie eine Energiewende ohne massive gesellschaftliche Verwerfungen erreicht werden kann. Und das in einem politischen Umfeld, in dem abweichende Meinungen zunehmend als inakzeptabel bezeichnet werden – dass die Einlassungen der „Experten“ nicht in Frage gestellt werden dürfen.

Autor: Duggan Flanakin is the Director of Policy Research at the Committee For A Constructive Tomorrow. A former Senior Fellow with the Texas Public Policy Foundation, Mr. Flanakin authored definitive works on the creation of the Texas Commission on Environmental Quality and on environmental education in Texas. A brief history of his multifaceted career appears in his book, „Infinite Galaxies: Poems from the Dugout.“

Link: https://www.cfact.org/2023/03/15/is-germany-waking-up-to-virtuous-energy-policies/

————————————–

Deutschlands kommendes „Wirtschaftswunder“ der grünen Energie

Francis Menton, MANHATTAN CONTRARIAN

Ich bin alt genug, um mich an das deutsche „Wirtschaftswunder“ nach dem Zweiten Weltkrieg zu erinnern. Nach mehr als zehn Jahren staatlicher Lenkung der Wirtschaft unter den Nazis, gefolgt von den Verwüstungen des Krieges, übernahm Deutschland nach 1945 unter Wirtschaftsminister Ludwig Erhard das Modell der niedrigen Steuern und der geringen Regulierung. Die Wirtschaft boomte jahrzehntelang.

Doch dann wandte sich Deutschland allmählich von Erhards Rezepten ab. Heute befindet sich Deutschland seit etwa zwanzig Jahren in der aggressivsten „grünen Energiewende“ aller Länder mit einer großen Volkswirtschaft, wobei die Regierung die Gewinner und Verlierer im Energiesektor fest im Griff hat. Zurzeit liegen die deutschen Strompreise für Verbraucher in der Größenordnung des Dreifachen des US-Durchschnitts. In meinem Beitrag vom 3. Januar 2023 zitierte ich einen deutschen Energiemarktguru namens Mirko Scholssarczyk, der einen weiteren starken Anstieg prognostizierte:

„40 Cent pro Kilowattstunde [werden] wahrscheinlich in den Jahren 2023 und 2024 die neue Normalität sein, und … die Preise könnten danach sogar auf 50 Cent pro Kilowattstunde steigen.“

Damit wären die Strompreise für deutsche Verbraucher etwa vier- bis fünfmal so hoch wie der US-Durchschnitt – vorausgesetzt, die USA gehen nicht den gleichen Weg und treiben die Preise so in die Höhe wie Deutschland.

Lernt da drüben in Deutschland jemand etwas? Verlassen Sie sich nicht darauf. Ein Beitrag vom 10. März auf der Website No Tricks Zone [NTZ] trägt den Titel „As German Economy Reels, Chancellor Promises Going Green Will Lead To ‚Economic Miracle‘.“ Ja, es wird ein neues „Wirtschaftswunder“ geben – aber dieses Mal nicht durch Unternehmertum auf dem freien Markt, sondern durch eine staatlich gelenkte und vom Steuerzahler subventionierte Energiewende. Zumindest behauptet der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und glaubt es wohl wirklich. NTZ verweist auf die deutschsprachige Seite Pleiteticker.de und bietet Übersetzungen der wichtigsten Passagen:

„Bundeskanzler Olaf Scholz verspricht jetzt nämlich das neue Wirtschaftswunder durch Investitionen in Klimaschutz, ungeachtet der miserablen Wirtschaftslage in der sich die Bundesrepublik befindet. … Wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz wird Deutschland für einige Zeit Wachstumsraten erzielen können, wie zuletzt in den 1950er und 1960er-Jahren“, so Scholz.

[Aus dem Original! Keine Rückübersetzung]

In Scholz‘ Vision resultiert das Wirtschaftswachstum aus „Investitionen“. Wenn die Regierung also nur genügend Milliarden an erzwungenen „Investitionen“ zur Verfügung stellt, wird die Wirtschaft mit Sicherheit boomen – selbst wenn die „Investitionen“ in Dinge fließen, die in einem nicht geförderten Umfeld sofort in den Ruin getrieben würden, wie z.B. die Erzeugung von Wind- und Solarstrom oder elektrische Wärmepumpen für die Hausheizung. Im Grunde hat Scholz die gleiche wirtschaftliche Vision wie unser Präsident Biden.

Die NTZ zitiert die Reaktion von Pleiteticker:

„Die Reallöhne sind 2022 zuletzt um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken. Zeitgleich stiegen die Verbraucherpreise um 8,6 Prozent, während die Preise für Lebensmittel und Energie um ungefähr 20 Prozent stiegen. Ökonomen erwarten für das erste Quartal 2023 einen Rückgang des deutschen BIP, das wäre das zweite Mal infolge – eine Rezession. Große deutsche Firmen, zuletzt BASF, verlassen das Land.“

[Aus dem Original! Keine Rückübersetzung]

Die nächste Stufe der Energiewende in Deutschland ist die vollständige Elektrifizierung der Hausheizung, die dadurch erreicht werden soll, dass jeder verpflichtet wird, Gasöfen durch elektrische Wärmepumpen zu ersetzen. Am 28. Februar berichtete NTZ, dass der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Gesetz eingebracht hat, das ein Verbot neuer Gasöfen ab 2024 vorsieht. Bestehende Gasöfen dürften nur noch eine Lebensdauer von 30 Jahren haben und müssten dann ersetzt werden. Am 11. März berichtete NTZ unter Berufung auf eine andere deutschsprachige Quelle namens Blackout News, dass die Regierung Geldstrafen in Höhe von 50.000 Euro gegen jeden verhängen will, der der Verpflichtung zur Umstellung auf elektrische Wärme nicht nachkommt:

„Alle Gas- und Ölheizungen müssen nach 30 Betriebsjahren ersetzt werden ohne die Möglichkeit, sie zu reparieren und in Betrieb zu halten. … „Wer der Austauschpflicht nicht nachkommt, soll ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro zahlen“, berichtet Blackout News hier. „Die Pläne, Gas- und Ölheizungen ab 2024 zu verbieten, haben viele Deutsche überrascht. Wenn im kommenden Jahr eine Heizungsanlage ausgetauscht werden muss – sei es wegen eines Defekts an der alten Gas- oder Ölheizung oder wegen eines Neubaus – muss eine klimafreundliche Alternative eingebaut werden. … Die Maßnahmen sollen als Abschreckung dienen und dafür sorgen, dass defekte Anlagen tatsächlich durch klimafreundlichere ersetzt werden.“

[Weil Gosselin auf seinem Blog NTZ den Blacknews-Beitrag in diese Kurzform gebracht hat, folgte hier eine Rückübersetzung]

Hat jemand in Deutschland endlich die Nase voll? Aus dem Beitrag der NTZ vom 11. März:

„Die Pläne von Habeck und der Bundesregierung stoßen jedoch seit ihrem Bekanntwerden auf heftigen Widerstand. Die Oppositionsparteien haben die Pläne scharf kritisiert, und andere innerhalb der Regierung sehen die vorgeschlagenen Maßnahmen als Problem an“.

In der britischen Daily Mail erschien am 7. März ein großer Artikel über die Erfahrungen der britischen Verbraucher mit Wärmepumpen für die Hausheizung. Die Überschrift lautet [übersetzt]: „Wärmepumpen lassen manche Häuser so kalt, dass die Leute sie ausmustern“. In dem Artikel wird darauf hingewiesen, dass es in UK ein Programm gibt, das Hausbesitzern einen Zuschuss von bis zu 6000 £ bietet, wenn sie eine Wärmepumpe installieren. Leider funktionieren die Wärmepumpen nicht sehr gut, wenn die Temperatur unter 30 Grad sinkt. Auszug aus dem Artikel der Daily Mail:

Hausbesitzer, die Häuser mit bereits installierten Wärmepumpen gekauft haben – oder Neubauten, bei denen Pumpen Teil des Pakets waren – haben uns von einer ganzen Reihe von Problemen im Zusammenhang mit dieser Technologie berichtet. … Einige waren so genervt von ihnen, dass sie sie ausbauen ließen – oder zusätzliche Heizsysteme installierten, die einspringen, wenn die Pumpen nicht genug Wärme erzeugen.

Wärmepumpen, die mit dem 5-fachen des US-Strompreises betrieben werden und dann an den kältesten Tagen des Winters nicht für Wärme sorgen. Das ist die grüne Idee eines „Wirtschaftswunders“.

[Hervorhebung vom Übersetzer]

Link: https://wattsupwiththat.com/2023/03/14/germanys-coming-green-energy-economic-miracle/

Beide Beiträge übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

image_pdfBeitrag als PDF speichernimage_printBeitrag drucken