Rekorde und beinahe-Rekorde im Supersommer 2022 – Viele Flauten – Eher verhaltene Herbstaussichten
Stefan Kämpfe
Auch wenn es im September anfangs noch etwas Wärme-Nachschlag gab, so ist der meteorologische Supersommer 2022 nun doch längst Geschichte. Weil erst jetzt alle Daten vorliegen, soll dieser bemerkenswerte Sommer, welcher uns einen Allzeit-Sonnenscheinrekord bescherte, doch noch einmal etwas näher beleuchtet werden.
Neuer Sonnenschein-, aber kein neuer Temperaturrekord
Nun ist es amtlich: Mit gut 817 Sonnenstunden war dieser Sommer 2022 der sonnigste seit dem Aufzeichnungsbeginn im Jahre 1951. Der alte Rekordhalter, 2003 mit 793 Stunden, wurde auf Rang zwei verwiesen.
Doch nicht überall in Deutschland schaffte es der Sonnensommer 2022 auf Platz eins: In Potsdam waren seit 1951 die Sommer 2018, 2019, 1983 und 2003 sonniger, und weil dort die Aufzeichnungen bis 1893 zurückreichen, fielen auch noch die Sommer 1947, 1911 und 1950 sonniger aus. Bei der Sommermitteltemperatur reichte es im Deutschland-Mittel für 2022 aber nur zum „undankbaren“ vierten Platz – ein mögliches Zeichen der Ausreizung der sommerlichen Erwärmung in Mitteleuropa.
Nur langsam steigende Minimum-Temperaturen dämpften die sommerliche Erwärmung
Schauen wir uns die Entwicklung der mittleren Minimum-Temperaturen im Vergleich zu den sommerlichen Durchschnittstemperaturen seit 1988 einmal genauer an. Während die Sommermittelwerte in diesen 35 Jahren um bemerkenswerte reichlich 1,7 Kelvin (°C) stiegen – freilich nicht WI-bereinigt, erwärmten sich die mittleren Minima nicht einmal halb so stark; für diese gibt es aber kein DWD-Flächenmittel; Näheres zu deren Ermittlung hier. Um beide Trends vergleichbar zu machen, weisen die Ordinaten (senkrechte Achsen) jeweils die gleichen Spannweiten auf.
Auch 2022 setzte sich diese Diskrepanz verstärkt fort: Bei den Sommermitteln Platz vier, aber bei den mittleren Minima reichte es für 2022 nur zum achten Platz gemeinsam mit 2015; die Sommer 2003, 2002, 2018, 2019, 1992, 1994 und 2021 wiesen höhere mittlere Minima auf. Ein vergleichender Blick auf die Streudiagramme zeigt: Die Mittelwerte werden deutlich stärker von der Sonnenscheindauer beeinflusst, als die mittleren Minima.
Trotz der Trockenheit: Kein neuer Dürre-Rekord im Sommer 2022
In diesem Sommer waren die angeblich immer schlimmeren Waldbrände und die absterbenden Wälder in den Mainstream-Medien wieder mal das große Thema. Bei Ersteren hat man offenbar die größte Brandkatastrophe der Nachkriegszeit (Lüneburger Heide, August 1975, mehr als 13.000 Hektar waren damals betroffen) bewusst vergessen, und Bewirtschaftungsfehler wie das fehlende Beräumen von Totholz, begünstigten auch diesmal die Brände, welche fast immer durch Unachtsamkeit oder Brandstiftung ausgelöst wurden. Und dass Fichten- oder Kiefernwälder in weiten Teilen Deutschlands nicht standortgerecht sind, hätte man auch spätestens seit 1947 wissen müssen, als es schon einmal eine Borkenkäfer-Kalamität sowie massive Dürreschäden gab. Aber was ist mit den angeblich immer schlimmeren sommerlichen Dürren? Einen besorgniserregenden, signifikanten Langfristtrend gibt es nicht – unsere Sommer wurden nur unwesentlich trockener. Der Sommer 2022 schaffte es nicht einmal unter die vier niederschlagsärmsten seit 1881.
Flaute-Sommer 2022
Zwar zeichnete sich dieser Sommer durch weniger Unbestimmte (XX)-Wetterlagen als seine Vorgänger aus. Was eine XX-Lage ist, wie man sie erkennt, und was sie bewirkt, kann man hier nachlesen. Aber dennoch verlief er, besonders im Juni und vor allem im August, sehr windschwach. Die Daten, geschätzt mit den DWD-Monatsmitteln der Windstärke in Beaufort von 25 norddeutschen Stationen, liegen seit 1992 vor. Danach war der 2022er Sommer der viertschwächste, der August schaffte gar Platz zwei nach 1997.
Luftdruckmittelwert in Potsdam: Fünfthöchstes Sommermittel
Zum Abschluss unserer Rekord-Schau werfen wir noch einen Blick auf den Luftdruck, welcher in Potsdam seit 1893 gemessen wird. Nur in den Sommern 1983, 2013, 1967 und 1976 war dieser noch etwas höher, als im Sommer 2022. Viele Hochdruckwetterlagen ließen das Barometer deutlich steigen; möglicherweise war das Luftdruckmittel in Nordwestdeutschland sogar noch etwas höher, doch liegen dem Autor hierfür keine langjährigen Daten vor. Betrachtet man die langfristige Sommertendenz, so zeigt sich ein leichter Anstieg – höherer Luftdruck ist also in den heurigen Sommern häufiger, als im frühen und mittleren 20. Jahrhundert.
Nicht immer gehen trocken-heiße Sommer mit hohen Luftdruckwerten und feucht-kühle mit niedrigen einher; tendenziell aber schon.
Die Rekordjagd geht vielleicht noch weiter: Fallen dieses Jahr der Sonnenschein- und der Jahresmittel-Temperaturrekord?
Nach dem sonnigsten März und dem sonnigsten Sommer aller Zeiten stellt sich die spannende Frage, wie das Jahr 2022 insgesamt abschneiden wird. Die magische Grenze von mehr als 2.000 Jahressonnenstunden im DWD-Flächenmittel wurde bislang nur 2018 (2.015 Stunden) und 2003 (2.014 Stunden) überschritten, und Vieles spricht momentan für ein Fortbestehen dieser Rekorde, zumal die Septembersonne diesmal etwas schwächelt. Aber ganz aussichtslos ist das Rennen noch nicht. Ähnliches gilt auch für die Jahresmitteltemperatur, bei welcher 10,5°C aus den Jahren 2018 und 2019 überboten werden müssten. Nur ein sehr, sehr sonnig-warmer Herbst könnte also das laufende Jahr noch auf den Spitzenrang hieven, doch danach sieht es momentan eher nicht aus. In der zweiten Septemberdekade erinnert die Witterung schon an den Oktober. Ein riesiges Tief über Skandinavien sorgt ab dem 14. September dann einige Tage für windig-kaltes Schauerwetter.
Diese dramatische Wetterumstellung erfolgte durch zwei Hurrikane, die aber nicht Richtung Karibik/USA, sondern zum Ostatlantik zogen. Sie schwächten das blockierende Ostatlantik-Hoch, welchem wir das anhaltende Sommerwetter verdankten, und öffneten den Weg für die nach Skandinavien ziehende Tiefs. Erstmals seit 2013, als es übrigens schon Anfang September eine grob ähnliche Wetterumstellung gab, entwickelten sich die ersten Hurrikane der Saison derart spät; doch ob daraus wieder etwas bessere Chancen für einen Kaltwinter resultieren, bleibt vorerst unklar. Etwa nach dem 20. September deutet sich der Altweibersommer vage an, ob er kommt und wie intensiv er ausfallen wird, steht noch nicht fest. So oder so – es bleibt weiter spannend in der Wetterküche!
Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Im Artikel steht: „…Abbildungen 3a und 3b: Die seit 1988 eingetretene sommerliche Erwärmung fand hauptsächlich tagsüber statt (wachsende Besonnung!)…“ Es gibt natürliche Gründe der sommerlichen Erwärmung Deutschlands und menschenverursachte. Die Besonnung ist ein natürlicher Grund. Die CO2-Treibhauserwärmungsgläubigen halten sich auch bei diesem Artikel wieder vornehm zurück, weil die tagsüber stattfindende Sommererwärmung nicht mit ihrem CO2-Treibhausglauben vereinbar ist.
Da keiner den kleinen Fehler fand, hier die Auflösung: Die Jahresmitteltemperatur von 2019 betrug nicht 10,5, sondern nur 10,3°C – also ist 2018 der alleinige Rekordhalter und bleibt es auch, denn 2022 wird keinesfalls mehr als 10,5°C erreichen können.
Klimawandel gibt es immer, auch in den letzten 40 Jahren führen die natürlichen Ursachen des Klimas zu Änderungen. Insgesamt ist Deutschland im Sommer mediteronaler geworden mit der Zunahme der Sonnenstunden. Aber der Mensch wirkte in den letzten 40 Jahren mit an der sommerlichen Erwärmung, die nun doch bedenklich für die deutsche Landschaft wird. Die Mitwirkung heißt Bebauung, Asphaltierung und großflächige Trockenlegungen in Wald, Feld und Fluren. Der Niederschlag landet nach einer Woche bereits wieder in den Meeren, anstatt ihn in Deutschland zu halten und versickern zu lassen. Verstärkt wirkt die Humuszerstörung. 1 Tonne Humus kann wie ein Schwamm 5000 Liter Wasser aufsaugen und pro Hektar werden jährlich ca 1,5 Tonnen zerstört. Bitte selbst umrechnen auf Deutschland. Aber gleichzeitig trocknen wir unsere Böden durch den erhöhten sommerlichen Wasserverbrauch auch von unten aus. Und wo kein Wasser mehr verdunsten kann wird es tagsüber nicht nur wärmer, es können sich auch keine regionalen Wolken mehr bilden. Deswegen bin ich gespannt, ob die Sonnenstunden nun bereits am Limit sind. Eine CO2-Ablaßsteuer ist ein wirkungsloses Mittel und greift nur in unsere Taschen. Den sommerlichen Niederschlag in der Landschaft halten, das muss von der Politik im Kampf gegen den Klimawandel gefordert werden. Leider behindern die Treibhausgläubigen derartige helfende Maßnahmen gegen die sommerliche Tageserwärmung, sie verlangen Fotovoltaikflächen und Windräder und verschlimmern damit die Probleme.
Im Text des letzten Abschnitts ist mir ein kleiner Fehler unterlaufen – wer findet ihn? (Als Preis für das Auffinden war eigentlich ein lauschiges Zusammensein mit Krankheitsminister Karl Lauterbach vorgesehen – selbstverständlich mit MN-Schutz). Das muss aber leider ausfallen – der Minister ist im Vollrausch; er hat zu viel Bier mit dem Namen einer Pandemie getrunken!)
Wenn der Einfluß der Sonne auf das „Klima“ diskutiert wird, stehen meistens Parameter der Sonnenativität im Mittelpunkt.
Die naheliegendste mit der Sonne verbundene Variable ist aber zweifelsfrei der Grad der Wolkenbedeckung. Vahrenholt hat kürzlich von einer Studie gesprochen, daß sich die Sonnenscheindauer innerhalb der letzten 20 Jahre nennenswert verlängert hat.
https://kaltesonne.de/die-erwaermung-der-letzten-20-jahre-hat-seine-wesentliche-ursache-in-der-veraenderung-der-wolken/
Weil dann mehr Energie absorbiert und weniger reflektiert wird, muß eine Erwärmung erfolgen. Die sog. Albedo verändert sich in Richtung dunkler.
Danke Herr Strasser für den Hinweis zum Artikel von Herrn Vahrenholt. Ich hatte schon mal den Hinweis auf den link in einem meiner letzten Artikel gemacht, im letzten über die Wetterstation Gießen aber rausgenommen. Er paßt nicht richtig. Zum einen beschäftigen wir uns mit Deutschland und zum 2.ten mit dem Sommer. Außerdem beginnen wir 1988 und nicht in den letzten 20 Jahren. Natürlich sind die Zusammensetzung der Wolken entscheidend für natürliche Klimaänderungen. Das Erdklima wird im Weltall gemacht, sagte immer einer meiner Geographielehrer. Wer sich jedoch mit dem menschenverursachten Gründen der Sommererwärmung und der ständigen Vergrößerung der Wärmeinselflächen beschäftigt, bei dem kommen die natürlichen Gründe logischerweise zu kurz. Wichtig ist die Gesamtaussage, dass CO2 in dieser geringen Zunahme von 70 ppm seit 1988 nichts bewirkt haben kann, weder im Sommer noch in anderen Jahreszeiten. Die Erwärmung seit 1988, die hauptsächlich im Sommer und tagsüber stattfand muss andere Ursachen und denen war Herr Kämpfe wieder mal auf der Spur. Ich warte schon lange bis die CO2-Treibhausanhänger endlich mal anfangen, die von Herrn Kämpfe/von uns geschilderten Fakten zu erklären.
Das ist im Großen und Ganzen zutreffend – wobei es vorrangig um die tiefen (CL) Wolken sowie den Nebel geht, beide wirken gerade im Sommer stark kühlend und wurden deutlich seltener, wobei solare Effekte (SVENSMARK), aber auch die Luftreinhaltemaßnahmen sowie die durch den Menschen verursachte Trockenlegung der Landschaft eine wesentliche Rolle spielen; außerdem sind die häufigeren S- und SW-Lagen in Deutschland meist wolkenärmer, weil wir da in einer Aufheiterungszone auf der Vorderseite der Tiefs liegen.