von Sebastian Dingler

Saarbrücken Professor Horst-Joachim Lüdecke, der früher an der Saarbrücker HTW lehrte, ist Teil einer Forschergruppe, die die Auswirkungen des CO2-Austoßes skeptisch sieht. Die Gegenseite möchte mit ihm gar nicht erst diskutieren, sagt er.

In der Debatte ums Klima und die Erderwärmung heißt es häufig, die Wissenschaft sei sich quasi einig darüber, dass der Mensch für die steigende Durchschnittstemperatur auf der Erde verantwortlich ist und dass dringend etwas gegen den CO2-Ausstoß getan werden muss. Tatsächlich gibt es aber auch eine Reihe von Wissenschaftlern, die das anders sehen. Häufig ist dann von „Klimaleugnern“ die Rede, wobei schon der Begriff irreführend ist. Tatsächlich geht es um Forscher, die bezweifeln, dass der menschliche Einfluss auf die Erderwärmung so stark ist, dass er dringend mit der Einsparung von CO2 gestoppt werden müsste.

Einer von ihnen ist der ehemalige Saarbrücker Professor Horst-Joachim Lüdecke, der jetzt in Heidelberg lebt. Er ist Pressesprecher des in Jena sitzenden und umstrittenen Eike-Instituts, eines Zusammenschlusses von Forschern, die ähnlicher Meinung sind wie er. Lüdecke schließt gar nicht aus, wie er im persönlichen Gespräch erklärt, dass das Verbrennen fossiler Stoffe einen Einfluss auf das Klima habe. Er hält diesen nur für sehr unwahrscheinlich oder unerheblich. „Der Menschheit drohen vielfältige Gefahren, wie etwa durch große Meteoriten oder ein Mutieren des Ebola-Virus. Die Gefahr durch den Klimawandel ist da für mich eher weit unten angesiedelt“, meint der 76-Jährige.

Auf das Thema sei er vor etwa 15 Jahren gestoßen, als er noch in Saarbrücken an der Hochschule für Technik und Wirtschaft lehrte (seit 1975). Studenten hätten damals schon Referate über den Klimawandel gehalten, aber dabei völlig unwissenschaftliche Quellen benutzt. Das habe ihn dazu bewegt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Ich habe auch schon ein oder zwei Vorträge im Fachbereich darüber gehalten. Damals schon hatte ich den Eindruck, dass das Thema ideologiegeprägt ist und unwissenschaftlich behandelt wird.“

Mit ruhiger Stimme trägt Lüdecke seine Thesen vor, die jedem „Fridays for Future“-Vertreter den Puls hochtreiben dürften. So übersteige der CO2-Austoß aus der Ausatmung der Menschheit aktuell den Wert aus dem globalen Autoverkehr. Außerdem betrage die Temperaturverringerung durch 80 Prozent deutscher CO2-Einsparungen bis 2050 höchstens ein Vierhundertstel von 4,5 Grad, also 0,01 Grad – „so gut wie nichts“, sagt Lüdecke. Da stark CO2-ausstoßende Staaten wie China, Russland, die USA oder Indien nicht bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes mitmachen würden, sei es unerheblich fürs Klima, „ob Deutschland das macht oder nicht“. Und selbst wenn die gesamte Welt dasselbe wie Deutschland machen würde, wäre die Temperaturverminderung bis 2050 nach Ansicht von Lüdecke 50 Mal 0,01 Grad, also 0,5 Grad. „Auch eine Verminderung von 0,5 Grad ist unerheblich.“ Extreme Wetter nähmen entgegen der aktuellen Meinung ebenfalls nicht zu: „Kaum jemand weiß, dass der Weltklimarat IPCC dazu eine umfangreiche Studie vorgelegt und nichts gefunden hat.“ Lüdecke kritisiert zudem, dass Forschungsanträge, die in die Gegenrichtung gingen – etwa über den Einfluss der Sonne auf das Klima – nicht finanziert würden. „Das ist von der Politik indirekt gesteuert.“ Letztlich würde das Erreichen der Klimaziele bis 2050 Deutschland eine Billion Euro kosten – „unsere Wirtschaft ist danach kaputt“.

Lüdecke wirkt beim Aufzählen der Thesen weder radikal noch fanatisch, im Gegenteil. Er findet sogar lobende Worte für seine Gegner. „Also, der IPCC ist gar nicht so schlecht, der macht ganz gute Arbeit“, sagt er. Oder: „Stefan Rahmstorf ist ein guter Fachmann, aber er ist leider für meine Begriffe zu politisch.“ Professor Rahmstorf ist Mitglied des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und einer der renommiertesten Forscher auf diesem Gebiet. Weniger gut zu sprechen ist Lüdecke auf den Astrophysiker und Wissenschaftsjournalisten Harald Lesch, der durch seine wissenschaftlichen Sendungen im Fernsehen bekannt ist. „Der hat in einem Interview behauptet, er wollte mit dem Eike-Institut in Kontakt kommen, aber es sei ihm nicht gelungen. Er wäre sogar in Jena gewesen, aber da wäre niemand gewesen.“ Das könne schon mal gar nicht sein, meint Lüdecke dazu. Er habe Lesch daraufhin einen Brief per Einschreiben mit einer Einladung zum Dialog geschrieben – ohne eine Reaktion darauf erhalten zu haben.

Lüdecke hat durchaus ein großes Interesse daran, mit der Gegenseite ins Gespräch zu kommen. Angebote würden aber häufig von den „Alarmisten“, wie er sie nennt, nicht angenommen. Eine einzige Ausnahme habe es in all den Jahren gegeben: Da war er mit zwei Eike-Kollegen von der CDU im Bundestag eingeladen worden. Dort sei auch Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber („sehr netter Mann übrigens“) anwesend gewesen, den Lüdecke scharf angegriffen habe. Schellnhuber, damals Direktor des PIK, habe anschließend ein Treffen von Lüdecke und anderen Eike-Vertretern mit Forschern seines Instituts veranstaltet. „Beide Seiten haben ihre Argumente ausgetauscht, eine Einigung gab es nicht, aber es war interessant. Es ist aber nie wiederholt worden.“

Offenbar werden Lüdecke und seine Mitstreiter von der breiten Mehrheit der Klimaforscher als Schmuddelkinder angesehen, mit denen man besser nicht spricht. Die Bereitschaft zum Dialog ist von Seiten Lüdeckes jedenfalls vorhanden: „Ich diskutiere mit jedem.“ Das erstaunt, dürften doch die Grünen seinen Thesen am vehementesten widersprechen. Mit einer Ausnahme allerdings: „Bei der Linkspartei hätte ich Probleme.“ An denen stört Lüdecke die mangelhafte Aufarbeitung ihrer DDR-Vergangenheit.

Mit freundlicher Genehmingung der Saarbrücker Zeitung und des freien Journalisten Sebastian Dingler. Zuerst erschienen in der Saarbrücker Zeitung.

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