Das Stromversorgungsnetz ist ein sensibles physikalisches System, dem man nicht mit grünen Phantastereien, kaufmännischen Gesichtspunkten und einer möglichst großen Anzahl von Solar- und Windkraftanlagen gerecht wird, da gehört mehr dazu. Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien können die physikalischen und elektrotechnischen Anforderungen an die Systemsicherheit des Stromnetzes nur unzureichend erfüllen. Im Rahmen der Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber sind für die Funktionstüchtigkeit des Netzes eine Reihe von Systemdienstleistungen zu erbringen, hier in Stichworten aufgelistet: Kurzschlussleistung, Schwarzstartfähigkeit, Frequenzregelung, Momentanreserve, statische und transiente Stabilität, Blindleistung, Inselnetzbetrieb u.s.w. Diese Anforderungen an das Stromversorgungsnetz werden in allen Diskussionen völlig ausgeblendet.

Überbordende Kraftwerksleistung. Bislang reichte eine verlässliche konventionelle Kraftwerksleistung von 120000 Megawatt aus, um die deutsche Höchstlast von rund 80000 Megawatt zu decken. Ab 2022 soll in Deutschland aber nach bisherigen Plänen der Bundesregierung eine Leistung von 230000 Megawatt vorgehalten werden, weil Sonne und Wind seltener bereitstehen als konventionelle Quellen. In allen 16 Bundesländern, in Nord- und Ostsee wird der hemmungslose Ausbau der erneuerbaren Energien ohne Sinn und Verstand vorangetrieben. Als die Welt in Deutschland noch in Ordnung war und die Stromerzeugungsanlagen von den Fachleuten der EVUs geplant wurden, da musste dem Wirtschaftsministerium nachgewiesen werden, ob das zu bauende Kraftwerk überhaupt kapazitätsmäßig erforderlich war. Außerdem musste begründet werden, welche Primärenergie und warum eingesetzt werden sollte, selbstverständlich musste ein Stromanschluss vorhanden sein. Nach einer Prognose der sog. Denkfabrik Agora, mit der das Wirtschaftsministerium eng zusammenarbeitet, beträgt die installierte Leistung im Jahre 2040 rund 280000 Megawatt.

Hohe Kosten für stabile Netze. Wenn der Zubau von Wind- und Sonnenstrom nicht deutlich gebremst wird, werden die Kosten für die Stabilisierung des Stromnetzes explosionsartig ansteigen. Hatten die Netzbetreiber dafür 2015 rund eine Milliarde Euro aufgewendet, befürchtet die Bundesnetzagentur, dass sich dieser Betrag in wenigen Jahren vervierfachen könnte. Um das System stabil zu halten, kommt es immer häufiger zu Eingriffen in den Einsatz von Kraftwerken. Diese Eingriffe werden aber nicht mehr nach Marktbedingungen, sondern nach den Erfordernissen der Netzstabilität durchgeführt. Darüber hinaus fürchten sich Deutschlands östliche Nachbarn vor einem Zusammenbruch ihrer Netze, falls deutscher Windstrom weiter ungehindert über die Grenze fließt. An der Grenze zu Polen und Tschechien ist deshalb der Bau von Phasenschiebertransformatoren geplant, die unerwünschte Stromexporte regulieren sollen.

Merkel Berater: EEG abschaffen. Eine vom Bundestag eingesetzte Expertenkommission rät, das EEG- Gesetz komplett abzuschaffen. Das EEG sei weder ein kosteneffizientes Instrument für den Klimaschutz, noch entfalte es eine messbare Innovationswirkung.                                                                                    Diese Energiepolitik ist ausschließlich gesinnungsethisch zu begründen, denn sie kann nun einmal keinen Beitrag zur Verringerung der Erderwärmung leisten, sagt Prof. Hans- Werner Sinn bei seiner Abschiedsvorlesung am 14.12.15 an der LMU München.

Negative Strompreise. Ein besonderes“ Highlight“ der Energiewende sind negative Strompreise. Negative Strompreise entstehen häufig dann, wenn ein überdurchschnittliches hohes Stromangebot aus fluktuierenden erneuerbaren Energien auf eine niedrige Nachfrage bspw. an Feiertagen oder Wochenenden trifft. Im Jahresdurchschnitt bewegen sich die negativen Preise zwischen  minus 5 und minus 60 Euro/MWh. Es gibt jedoch auch Preisausreißer im Bereich von minus 150 bis minus  500 Euro/MWh.

Der hohe Stromübertragungsbedarf vom Norden zum Süden soll ja bekanntlich nach den Plänen der Bundesregierung über sogenannte Hochspannungsgleichstromübertragungsstrecken, kurz HGÜ genannt,  erfolgen. Diese Nord- Süd- Autobahnen seien notwendig, um die stromintensive Industrie in Süddeutschland mit Windstrom anstelle von Atomstrom zu versorgen. Mit nicht steuerbarem Windstrom lässt sich aber kein steuerbarer Atomstrom ersetzen. Die bayrischen Kernkraftwerke haben eine Arbeitsverfügbarkeit von größer als 90 Prozent, während die Windenergie in Nord- und Ostsee auf 40 Prozent und an Land auf 20 Prozent Jahresverfügbarkeit kommt. Die Stromversorgung muss aber über 8760 Stunden im Jahr sichergestellt werden.                                                                            

Anders als im herkömmlichen Drehstromnetz haben die HGÜ- Trassen den Nachteil, dass sie nur einen Einspeise- und Ausspeisepunkt haben. Man kann nirgendwo unterwegs Strom abzweigen, um ihn in lokale Netze einzuspeisen. Außerdem: Fällt diese einzelne Leitung aus, hat man im Norden einen großen Energieüberschuss und im Süden einen erheblichen Energiemangel.

Fazit: Irrwitzige Einspeise- Subventionen für Ökostrom sorgen dafür, dass die modernsten Kraftwerke der Welt in Irrsching außer Betrieb genommem werden müssen. Die Momentanreserve und Regelenergie, die Blindleistungsbereitstellung zur Spannungshaltung und die Bereitstellung von Kurzschlussleistung zur Systemstützung im Fehlerfall erfolgt heute durch konventionelle Kraftwerke, deren Einsatzzeiten infolge des Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sich zukünftig stark verringern werden und somit in Zukunft immer seltener für die Erbringung von Systemdienstleistungen zur Verfügung stehen. Zudem müssen die erneuerbaren Energien endlich aus dem Streichelzoo der risikolosen Profite in den Markt entlassen werden.

Anmerkung der Redaktion: Die hier vorliegende Version ist die Kurzfassung. Die Langfassung mit noch viel mehr Beispielen und Argumenten können sie als pdf Datei im Anhang herunterladen

Über den Autor

Wilfried Limbach; Geb. 1938; Dipl. Ing. für Elektrotechnik, war Bereichsleiter Elektrotechnik und für den Kraftwerksbetrieb ( 5 Blöcke mit ca. 2000 MW ) und den Umspannwerksbetrieb ( mit den Spannungsebenen 10 kV bis 380 kV ) zuständig. Er war 40 Jahre bei einem großen EVU tätig.

 

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