1. Vorbemerkung
Seit langer Zeit treiben den Verfasser Fragen zum hier behandelten Thema um. Rein beruflich war er, wenn auch indirekt, bspw. mit der Geschichte der Verteilung von Land und Meer auf der Erde ständig konfrontiert. So beschäftigten ihn Fragestellungen z. B. solcher Art wie große Transgessions- und Regressionsereignisse („Große Quartärtransgression“) im Zusammenhang mit mehrfachen Vergletscherungen (Kaltzeiten) besonders hinsichtlich der nördlichen Hemisphäre und wie sie miteinander in Einklang zu bringen gehen (Was in Wahrheit gar nicht so einfach ist!). Die Hauptmotivation zum Verfassen vorliegender Abhandlung bestand jedoch darin, dass man im Zusammenhang mit quantitativen Angaben auf Satellitenmessungen basierten Daten über Meeresspiegelschwankungen bspw. in den Massenmedien mit schier unglaublicher mm-Genauigkeit hantiert. Diese Sachlage provozierte schon seit langem die natürliche Skepsis des Verfassers. Dieser Sache sollte also irgendwann einmal auf den Grund gegangen werden. Hinzu kommt bspw., dass besonders häufig in den genannten Medien über einen permanent verlaufen-den Meeresspiegelanstieg vorrangig als Folge des Abschmelzens der Polkappen berichtet wird. In diesen Medien werden Meeresspiegelschwankungen (offensichtlich der einfachen Logik halber) fast immer in Zusammenhang mit dem Schmelzen von Eis der Gletscher bzw. dem Gefrieren von Wasser in Zusammenhang gebracht. Auch aus der Sicht eines Geologen, dem schon von Hause aus noch ganz andere nicht weniger wichtige Einflussfaktoren auf das Niveau des Meeresspiegels bekannt sind, bestand deshalb die Motivation, vorliegende Abhandlung niederzuschreiben. Auch wenn es schwerfiel, war der Verfasser ständig bemüht, bei der Niederschrift des Textes auf jegliche Polemik zu verzichten. Außerdem ist beabsichtigt, hier weitgehend von der Darstellung subjektiv geprägter Sachverhalte Abstand zu nehmen. Geschieht es dennoch, wird die entsprechende Textpassage besonders gekennzeichnet (Kursivschrift) Für ein besseres Verständnis des Wesens von Meeresspiegelschwankungen ist es nach Meinung des Verfassers notwendig, etwas weiter „auszuholen“. Insofern mag die vorliegende Abhandlung auch als Auffrischungskursus hinsichtlich des erdkundlichen Allgemeinwissens dienen. In diesem Zusammenhang bittet der Verfasser im Voraus um die Nachsicht des Lesers, falls der Inhalt vorliegender Abhandlung stellenweise allzu banal erscheinen mag.
2. Die Gestalt der Erdoberfläche
Die Form des Planeten Erde entspricht bei weitem nicht der Form einer Kugel und wird deshalb in den Erdwissenschaften (Geographie, Geodäsie, Geologie, Geophysik u.a.) als Geoid definiert. Mit dieser Bezeichnung wird die Einzigartigkeit des Planetenkörpers optimal gekennzeichnet. Geometrisch ist der Erdkörper der Form eines Rotationsellipsoids sehr nahe. Rein äußerlich kommt die Form der Erde eher der einer rohen Kartoffel gleich. In Abb. 1a ist der Planet Erde als Zeichnung zur Verdeutlichung dieser Aussage dargestellt.
Abb. 1a: Die äußere Form der Erde
In Abb. 1a sind zum Vergleich die geometrischen Idealformen einer Kugel sowie die eines Rotationsellipsoids dargestellt. Etwas genauer ausgedrückt, wird durch die Oberfläche des Geoids eine Fläche gleicher Schwerepotentiale beschrieben. Jedoch ist auch die Geoidoberfläche keinesfalls deckungsgleich mit der tatsächlichen Oberflächenform der Erde. Im Bereich der Ozeane kommt die Form der Wasseroberfläche der des Geoids relativ nahe (vgl. Abb.1d/s. auch Kap. 4).
Abb. 1b: Was sind eigentlich Höhen?
Abb.1c: Der Zusammenhang Geoid, Landoberfläche und Meeresspiegel
Letzteres hängt damit zusammen, dass das Schwerepotential* an jedem Ort auf der Ober-fläche des Geoids gleich ist. Die natürliche Lotrichtung und die Geoidoberfläche (vgl. Abb. 1b) stehen in jedem Punkt seiner Oberfläche senkrecht zueinander (Sie ist also die soge-nannte Normale einer Potentialfläche). Daher kann die Form des Geoids durch Messung der lokalen Erdbeschleunigungen bestimmt werden. Zwei beliebige Punkte auf der Geoidoberfläche haben somit das gleiche Schwerepotential und deshalb die gleiche sogenannte dynamische (orthometrische) Höhe.
Der Thematik „Form der Erde“ sind hier insgesamt 5 Abbildungen gewidmet. Damit soll verdeutlicht werden, dass zu quantitativen Aussagen über Änderungen der äußeren Erdgestalt (Schwankungen des Meeresspiegels, Veränderung der Höhen der Landoberfläche), im Grunde genommen, immer auch Angaben zur dementsprechenden Bezugsfläche erforderlich sind (Z. B. was ist bzw. wo liegt das Nullniveau?).
Die aufmerksame Betrachtung der Abbildungen 1a bis 1e verdeutlichen, wie wichtig es ist, bspw. im Zusammenhang mit Meeresspiegelschwankungen über fundierte Kenntnisse bezüg-lich der morphologischen Besonderheiten der Erde zu verfügen. (Dementsprechend wichtig und verantwortungsvoll ist es so auch im Falle entsprechender Informationstätigkeit bspw. über die Massenmedien, eine korrekte Ausdrucksweise zu praktizieren.) In nachfolgender Abbildung ist die Abweichung des Geoids von der Idealform eines Referenzkörpers dargestellt.
Abb. 1d: Das Verhältnis des Geoids zum Idealkörper
Abb. 1e: Die zeitliche Veränderlichkeit der Oberlächenform des Geoids
Wie anhand von Abb. 1e erkennbar, ist der Erdkörper seiner Form nach bei weitem kein räumlich unveränderliches Objekt [9]. Die Zeitspannen, in denen Veränderungen von statten gehen, sind erstaunlich gering.
12. Résumé
Die Satellitenaltimetrie als ein inzwischen sehr wichtiges Instrument des Monitorings des globalen ökologischen Zustandes unseres Planeten birgt in sich einen enormen Erfahrungsschatz, welcher innerhalb der letzten 40 Jahre angehäuft wurde. So blieb es nicht aus, dass die Sicherheit und die Möglichkeiten zu treffender Aussagen sich über die Raumfahrttechnik in ungeahntem Maß immens weiterentwickelt haben.
Im Laufe der Recherchearbeiten im Internet erwies es sich als sehr angenehm, dass die westlichen Raumfahrtorganisationen NASA und ESA im krassen Gegensatz zu russischen Einrichtungen entsprechender Art sehr viele Daten der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ebenfalls zeigte sich, dass das englisch- und russischsprachige Internet relativ reichhaltig an wissenschaft-licher Literatur zum gegebenen Thema sind. Wieder einmal glänzte das deutschsprachige Inter-net durch wenig Inhalte. Vor bspw. 10 Jahren, wäre es nicht möglich gewesen, ausschließlich mit Hilfe des Internets einen Artikel zu gegebenem Thema auf mehr oder weniger befriedigende Art und Weise zu erstellen.
Der Verfasser hat im Zuge der Bearbeitung vorliegenden Artikels auf intensive Weise erfahren, dass es sich im Fall der Thematik „Meeresspiegel, seine Schwankungen und Messungen“ um eine hochkomplexe Materie handelt, die s. E. erst recht von Laien nicht vollständig überschaubar sein kann. Im Verlauf der Erarbeitung vorliegenden Textes durchlief der Verfasser ei-nen gewissen Lernprozess. So wurde ihm auch klar, dass häufig vermittelte Informationen, welche bspw. bezüglich Ergebnissen der Erdbeobachtung aus dem All mit schier unglaublicher Genauigkeit erfolgen und somit noch weitere Möglichkeiten (z. B. Erkennung von Gesichtern*, Auto-nummern sogar Briefmarken u. a.) suggerieren, ganz offensichtlich dem Reich der Mythen und Verklärung entstammen. Der Verfasser wünscht sich, dass der Leser bemerken konnte, wie widersprüchlich der Umgang bspw. in den Medien mit aus kosmischen Beobachtungen gewonnenen Umweltdaten hinsichtlich ihrer Genauigkeit, die Art und Weise der Information und ihrer Vermittlung in Wirklichkeit ist. Es ist davon auszugehen, dass aus welchen Gründen auch immer, der Öffentlichkeit so Einiges vorenthalten, bewusst verschleiert wird. Für den Verfasser erwies es sich auch im genannten Zusammenhang als vollkommene Illusion, bei ihm aufgekommene Zweifel an der Genauigkeit von Angaben satellitenaltimetrisch basierter Meeresspiegelmessungen, auf zufriedenstellende Art und Weise weder definitiv ausgeräumt noch bestätigt zu finden. Ungeachtet dessen, kann sich der Verfasser jedoch des Gefühls immer noch nicht erwehren, dass mit den von Einrichtungen wie der NASA oder ESA stammenden Angaben äusserst hoher Genauigkeiten u.a. auch in Verbindung mit Meeresspiegelmessungen „irgend etwas nicht stimme“.
Angesichts der im vorstehenden Text aufgeführten Fakten erscheint es sehr fragwürdig, von einem „globalen Meeresspiegel“ zu sprechen geschweige denn, seine Variabilität mit höchster aktuell bekannter Genauigkeit auszuweisen.
Der Verfasser wäre dem Leser für jede Kritik und entsprechend konstruktive Hinweise äußerst dankbar.
* Weshalb ist das Schwerefeld der Erde so ausschlaggebend?: Z. B. vor jeder geodätischen Messung auf einem Festlandsstandort werden die Horizontalkreise der Geräte (Nivelliergeräte /Theodoliten) in die Horizontale justiert, was einer Parallelisierung der Vertikalachsen zu den Horizontalkreisen der Geräte mit der Lotlinie bzw. einer entsprechenden Ausrichtung zur Geoidoberfläche oder Äquipotentialfläche des Erdschwerefeldes gleichkommt.
* Ganz sicher kann niemand von sich behaupten, dass er jemals Satellitenbilder mit z.B. erkennbaren Gesichtern zu sehen bekam.
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Schöne Arbeit!
#3
Lieber Herr Beacker, vielen Dank für Ihren Kommentar! So richtig kann ich Ihnen nicht widersprechen. Mein „inneres“ Ausgangsthema war die mm-Genauigkeit, was heißen soll, Sie haben recht. Auch habe ich mich nicht getraut, evtl. ausgewiesene Fehler summarisch (oder gesamtheitlich)zu betrachten, da ich mich außerstande fühlte einen Gesamtfehler selbst zu formulieren. Eben über die besagte Genauigkeit gelang es mir nicht, entsprechend befriedigende Rechercheergebnisse zu erlangen.
MfG
B.Hartmann
Lieber Herr Hartmann,
Ihr Artikel ist gut gelungen. allerdings widmet sich erst das letzte Kapitel 11 dem eigentlichen Thema (der Rest ist Grundlagen). Die ESA Tabelle ist ok, die Zitate reichlich unstrukturiert, denn Sie zitieren Fehler unterschiedlichster Sorte. Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie aber verstehen, aus was sich der Fehler in der MSL Trend Kurve (mit Steigung ca. 3mm/Jahr) zusammensetzt. Dazu müssen Sie die Quellen der Einzelfehler und deren Werte mathematisch korrekt zusammenrechnen. Einzelne Entfernungsmessungen des gleichen geographischen Punktes (Länge, Breite) zeigen schließlich Unterschiede von mehreren Dezimetern. Sie können sich bestimmt vorstellen, daß es einigem Aufwandes an Datenauswertung der Rohdaten bedarf, um auf die Trend-Kurve mit einem Fehler von weniger als 1mm/Jahr zu kommen. Genau aber diesen wichtigsten Punkt haben Sie gar nicht adäquat recherchiert.
#1
Danke für den Hinweis: Es handelt sich wirklich um einen Zahlendreher.
Kleine Anmerkung zu Seite 11:
„Gesamtgewicht der Hydrosphäre beträgt dabei etwa 1,46·10^12 kg“
ist wohl ein Zahlendreher passiert: 1,46·10^21 kg