Lisa Welp vom Scripps Institution of Oceanography an der University of California in San Diego und ihre Kollegen hatten für die Studie Daten zu den Isotopenverhältnissen im Treibhausgas CO2 der letzten 30 Jahre rund um den Globus ausgewertet. Dabei zeigten sich regelmäßige Schwankungen zwischen den Jahren und ein Zusammenhang mit dem El-Niño-Phänomen im Pazifik. El-Niño-Jahre sind insgesamt wärmer und niederschlagsreicher in Südamerika sowie haben einen schwächeren Monsun in Südostasien. Die Forscher beobachteten eine raschere Erholung der Isotopenverhältnisse nach El-Niño-Ereignissen als angenommen, was auf eine kürzere Umsatzzeit von CO2 in der terrestrischen Biosphäre hindeutet. Aus diesen Daten errechnen die Autoren die so genannte globale Brutto-Primärproduktion (Global Primary Productivity, GPP). Sie schlagen nun vor, diese in den globalen Modellen von 120 auf 150 bis 175 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr nach oben zu korrigieren.
Seit 1977 werden Isotopenverhältnisse im Kohlendioxid der Atmosphäre (18O/16O und 13C/12C) gemessen, um den globalen Kohlenstoffkreislauf besser zu verstehen, denn die Austauchprozesse zwischen Biosphäre, Atmosphäre und Ozean spiegeln sich in diesen Werten wieder. "Wir nehmen an, dass die Umverteilung von Feuchtigkeit und Regen in den Tropen während El Niño das 18O/16O-Verhältnis von Niederschlag und Pflanzen-Wasser erhöht und dass dieses Signal dann an das atmosphärische Kohlendioxid weitergegeben wird", erklärt Lisa Welp den neuen Ansatz der Forscher.
"Unsere Atmosphäre ist der perfekte Mixer. Veränderungen der Konzentrationen an Spurengasen wie Kohlendioxid spiegeln die Gesamtabgabe und -aufnahme der Spurengase aus allen Bereichen wider. Wenn man also beispielsweise den Kohlenstoffaustausch eines Waldes misst, dann erhält man "nur" den Nettoaustausch allen Kohlenstoffs, der von den Bäumen durch Photosynthese aufgenommen und von Bäumen und Boden wieder abgegeben wird", schreibt Dr. Matthias Cuntz vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in der selben NATURE-Ausgabe in seinem Kommentar. Die Bruttoflüsse wie die Photosynthese sind dagegen nur sehr schwer zugänglich. "Globale Schätzungen hängen daher von einer Reihe von Annahmen ab. Dazu gehört zum Beispiel wie viele CO2-Moleküle, die jemals auf eine Pflanze treffen, dann von dieser per Photosynthese gebunden werden. Die Forscher um Lisa Welp nehmen an, dass etwa 43 Prozent aller CO2-Moleküle, die auf eine Pflanze treffen, von dieser aufgenommen werden. Sind es nur 34 Prozent, dann würde die Schätzung auf 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sinken – also dem bisher allgemein akzeptierten Wert", gibt Matthias Cuntz zu bedenken. Aus seiner Sicht werfen die neuen Erkenntnisse nicht alles Bestehende über den Haufen, aber sie demonstrieren ein interessantes neues Verfahren, die Produktivität der Pflanzen auf großen Flächen zu bestimmen. In Zukunft stellt die Kombination mehrerer Isotopenmethoden mit konventionellen Messungen einen vielversprechenden Ansatz dar.
Die jetzt veröffentlichte Studie entstand unter der Regie von Ralph F. Keeling. Der Professor für Ozeanographie ist der Sohn von Charles David Keeling, nach dem die so genannte Keeling-Kurve benannt wurde. Diese Grafik zeigt die Konzentration von CO2 auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii seit dem Jahr 1957. In den 1950er Jahren lag der CO2-Anteil in der Erdatmosphäre noch bei etwa 315 ppm. 2011 ist er dagegen bereits auf 390 ppm gestiegen. Keeling konnte mit seinen Messungen erstmals zeigen, dass die Konzentration des Treibhausgases durch Änderung der Landnutzung und der Verbrennung fossiler Brennstoffe ansteigt. Die neueste Studie unterstreicht aus Sicht der Wissenschaftler die Bedeutung von Langzeitmessungen des 18O-Isotops im Kohlendioxid der Atmosphäre, da dieses eine Schlüsselposition zwischen Kohlen- und Wasserstoffkreislauf einnimmt.
Mit seiner Expertise trägt das UFZ dazu bei, die Folgen des Klimawandels zu erforschen und Anpassungsstrategien zu entwickeln. So ist das UFZ beispielsweise für die wissenschaftliche Begleitung, Koordination und Synthese (GLUES) im Modul A des BMBF-Förderschwerpunktes "Nachhaltiges Landmanagement" zuständig, das auf der UN-Klimakonferenz Ende November in Durban vorgestellt wird. Über den Stand der Verhandlungen wird aus Durban der Klimaökonom Prof. Reimund Schwarze für das UFZ und CSC berichten (Link extern).
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Publikation
Lisa R. Welp, Ralph F. Keeling, Harro A. J. Meijer, Alane F. Bollenbacher, Stephen C. Piper, KeiYoshimura, Roger J. Francey, Colin E. Allison & Martin Wahlen (2011):
Interannual variability in the oxygen isotopes of atmospheric CO2 driven by El Niño.
29 September 2011, Vol. 477, Nature 579, 579-582. doi:10.1038/nature10421
Matthias Cuntz (2011): A dent in carbon´s gold standard.
29 September 2011, Vol. 477, Nature 579, 547-548.
Weitere Informationen
Dr. Matthias Cuntz (N&V-Author)
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Dr. Matthias Cuntz (CV)
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Weiterführende Links:
CO2- und Isotopen-Messprogramm des Scripps Institution of Oceanography, USA:
scrippsco2.ucsd.edu/data/atmospheric_co2.html
Atmosphären-Messprogramm der National Oceanic & Atmospheric Administration, USA:
www.esrl.noaa.gov/gmd
Cape Grim Baseline Air Pollution Station, Tasmanien, Australien:
www.csiro.au/places/Cape-Grim.html
El Niño – Südliche Oszillation (ENSO):
de.wikipedia.org/wiki/El_Ni%C3%B1o
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Nach früheren Schätzungen von Prof. Dr. Helmut Alt?– Aachen, könnte die Tätigkeit der Pflanzen auf der Erde den CO2 -Vorrat der Atmosphäre in 6 Jahren „verbrauchen“ (Assimilation durch Fotosynthese).
Der umgekehrte Prozess, Dissimilation, findet angeblich in geringerem Umfang statt.
Damit würde das vermehrte Pflanzenwachstum automatisch zu einem negativen feed back – Mechanismus führen.
Da die Atmosphäre ca 60 mal weniger CO2 enthält als die Ozeane sind Berechnungen des Luft-Gehaltes für die Bilanz sehr ungenau.
mfG