Viele Bürger beklagen, dass sie durch den beim  Betrieb von WKAs erzeugten  Infraschall Gesundheitsschäden wie Schlaflosigkeit, Angst, Schwindel, Kopfschmerzen, Tinnitus, Übelkeit, Herzbeschwerden, Gleichgewichts-störungen bis hin zu Depressionen erlitten hätten. Die zuständigen Behörden wiesen entsprechende Stilllegungsanträge mit der Standardbegründung, Infraschall sei unschädlich, da unhörbar, zurück. Klagen vor Verwaltungsgerichten scheiterten, da als geltende Rechtsnorm die TA Lärm nicht verletzt sei, die implizit auf der obigen Standardbegründung beruht.

Für die Öffentlichkeit völlig überraschend verzichtete jedoch das Bundesumweltamt in einer, im Juni 2014 erschienenen, umfangreichen Literaturrecherche /1/ auf das Argument, Infraschall sei unschädlich, da unhörbar. Dagegen hatte sich der baden-württembergische Umweltminister  im April  2014 – zu diesem Zeitpunkt war die Machbarkeitsstudie behördenintern bereits bekannt – in einer Erwiderung auf eine Anfrage im Stuttgarter Landtag vermutlich wider besseren Wissens auf dieses Argument  gestützt und  sogar noch Ende August 2014 bestritt das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung durch Infraschall, indem es immer noch dieses fadenscheinige Argument benutzte.

Obwohl mit dem Erscheinen der Machbarkeitsstudie der einzige belastbare Einwand gegen die Behauptung zahlreicher Bürger, sie seien durch windradgenerierten Infraschall gesundheitlich schwer geschädigt worden, entfiel, sah sich keine Behörde zum Handeln veranlasst, vielmehr erlaubten sie im letzten Jahr die Inbetriebnahme einer ungewöhnlich großen Zahl von WKAs. Auch die Zahl der Genehmigungen neuer Anlagen erreichte Rekordwerte, wobei es unerklärlich bleibt, auf welcher Grundlage die Abstände der WKAs von Wohngebäuden vorgegeben wurden, denn in der Machbarkeitstudie wurde ausdrücklich festgestellt, dass die Ausbreitung von Infraschall nicht prognostizierbar sei.

Wenn es überhaupt noch eines Beweises erforderte, dass Infraschall  gesundheitsschädlich sei, so hat diesen der australische Akustiker Steven Cooper /2/ erbracht, indem er vor kurzem ein verblüffend einfaches Experiment durchführte: er schaltete ein Windrad an und aus und stellte dabei fest, dass das zeitliche Auftreten von Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Druckgefühle im Kopf, im Ohr oder in der Brust, Tinnitus und Herzrasen streng mit den Einschaltperioden des Windrades korreliert war. Den Probanden war natürlich jeder Sichtkontakt zum  Windrad  verwehrt. Man beachte, dass dabei zumindest der Befund Herzrasen mit einem Langzeit-EKG objektiv dokumentierbar ist, also nicht von Selbstauskünften der Probanden abhängt. Weiterhin konnte er zeigen, dass  nur der schmalbandige (tonhaltige, linienhafte, harmonische) Anteil des Infraschallspektrums zu den Beschwerden korreliert war. Dies bestätigt Aussagen, die in der Machbarkeitsstudie zu finden sind. Schließlich beobachtete Cooper einen extrem niederen Schwellenwert von 50 dB , der vermutlich durch das niedrige  Rauschniveau in den ländlichen Gegenden Australiens ermöglicht wurde. Linienstrahlung muss das Rauschniveau übersteigen, um nachweisbar zu sein.

Ich habe seit in einem Leserbrief (zusammen mit Dr. R. Bauert), in zahlreichen Eingaben bei Ministerien und Umweltämtern  und in zwei im Internet veröffentlichten Studien immer wieder darauf hingewiesen, dass die gesamte Problematik schon vor 13 Jahren in der Diplomarbeit /3,4/ der Münchner Meteorologin E. Wanka fast erschöpfend behandelt wurde. Sie zeigte darin, dass schmalbandiger, föhngenerierter Infraschall in München zu einer Verdreifachung der durch schwere Depressionen, durch Suizidversuch und Suizid bedingten täglichen Rettungsdiensteinsätzen führt. Mit den Daten von Frau Wanka lässt sich abschätzen, dass jedem 2MW-Windrad mindestens ein Suizid während einer 30-jährigen Standzeit anzulasten ist.

Mit den Versuchen von Cooper und Wanka ist die ganze Kaskade gesundheitlicher Beschwerden von Schlaflosigkeit bis zu schwersten Depressionen hinreichend abgedeckt und der wissenschaftliche Beweis erbracht, dass Infraschall gesundheitsschädlich ist. Man fragt sich daher, warum in Deutschland das für jedermann verständliche Coopersche Experiment nicht schon längst durchgeführt wurde.  An Windrädern mangelt es hierzulande nicht. Warum begründet ein Minister oder eine Landrätin noch immer Entscheidungen mit längst widerlegten Argumenten? Warum wird die Windkraftindustrie als Verursacher nicht gezwungen, die Unschädlichkeit des Infraschalls zu beweisen? Warum wird die Not von Epileptikern um ein Vielfaches vergrößert? Und warum müssen unsere Kinder Schulen besuchen, in denen windradgenerierter Infraschall jede Aufmerksamkeit  zunichtemacht? Insbesondere aber: nach welchen Kriterien werden die Grenzen eines Vorranggebietes festgesetzt, wenn die Abnahme des Infraschalls mit der Entfernung nicht mehr berechnet werden kann und wenn von einem Schwellenwert schädlichen Infraschalls ausgegangen werden muss, der nicht mehr  bei einer Schmerzgrenze von ca. 130 dB,  sondern bei 50 dB liegt?

Man kann es drehen oder wenden wie man will: die Hypothese, windradgenerierter Infraschall sei gesundheitsschädlich, hat längst den Status einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis erreicht. Der Genehmigungspraxis für Windräder sind daher die wissenschaftlichen Grundlagen entzogen worden. Das Bundesumweltamt hat sich durch geschickte Formulierungen in der Machbarkeitsstudie jeder Verantwortung entzogen, dabei die Entscheidungsträger der unteren Verwaltungsebenen im Regen stehen lassen. Als juristischer Laie kann ich nicht beurteilen, ob die geschilderten Tatbestände als vorsätzliche Körperverletzung, ggf. mit Todesfolge, zu bewerten seien, oder als Kollateralschaden, der in Abwägung der Interessen der Energiewende dem Bürger zuzumuten sei.  Letzten Endes werden die Bürger, sei es als Betreiber oder als Erdulder von WKAs, die straf-und haftpflichtrechtlichen, insbesondere aber die gesundheitlichen Konsequenzen zu tragen haben.

Referenzen:

/1/ Krahe, D., Schreckenberg, D., Ebner, F., Eulitz, C., Möhler, U.,  Machbarkeitsstudie  zu
Wirkungen des Infraschalls ,
(2014), www.umweltbundesamt.de (PDF)

/2/ Cooper, S., The results of an accoustic testing program – Cape Bridgewater wind farm (hier)

/3/  Wanka, R., Messung und Analyse niederfrequenter Luftdruckschwankungen in München Diplomarbeit LMU München (2003)

/4/ Wanka, R. and P. Höppe, Human biometeorological relevance of low frequency air pressure oscillations, MeteorologischeZeitschrift, 14, 279 -284 (2005)

*Anschrift: Dr. Joachim Schlüter, Hohlenweg 8, 79410 Badenweiler, e-mail: schlueter-j@gmx.de 

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