Deutsche „Energiewende“ und EU-„Green Deal“ wollen baldige „Klimaneutralität“ erzwingen, zugleich hält die Regierung am Aus für die Atomkraft fest. Widersinnig – wenn man zuverlässige und bezahlbare Energie will. Das wollen die Apologeten und Profiteure der „Energiewende“ aber gar nicht: sie glauben mit religiöser Inbrunst, wir verbrauchten ohnehin zu viel Energie, Kleinbürger müssten endlich zur „Vernunft“ gebracht werden.

Von Michael W. Alberts

Von der Titanic hieß es, sie sei „unsinkbar“. Laut „Britannica“ glaubte ein Vizepräsident der Kreuzfahr-Gesellschaft – wie er vor dem US-Kongress sagte – deshalb zunächst den Nachrichten von der tödlichen Jungfernfahrt nicht. Die Schiffsbauer waren stolz auf ihre Sicherheitstechnik; man hatte den Rumpf aus 16 gegeneinander verschließbaren „compartments“ konstruiert: Wenn eines davon leck schlagen würde, könnten die anderen 15 das Schiff gleichwohl über Wasser halten. Heute würde man das Unglück sofort dem „Klimawandel“ zuschreiben, denn warum sonst sollte ein Eisberg sich ausgerechnet in die Route des Luxusliners wagen?

Das deutsche Narrenschiff zerschellt gegenwärtig aber nicht an einem Eisberg oder am Klimawandel, sondern im Gegenteil am „Klimaschutz“: an der grünen Ideologie, es müsse in Deutschland um wahrhaft jeden Preis CO2 vermieden werden – präziser: dass CO2 quasi von deutschem Boden emittiert wird; so denkt auch unser Verfassungsgericht. Solarpaneele, Elektromobil-Akkus und Windkraftmodule – unter miesesten Umwelt- und Arbeitsbedingungen in China produziert – dienen aber der Weltrettung.

Deutsche „Energiewende“ und EU-„Green Deal“ wollen baldige „Klimaneutralität“ erzwingen, zugleich hält die Regierung am Aus für die Atomkraft fest. Widersinnig – wenn man zuverlässige und bezahlbare Energie will. Das wollen die Apologeten und Profiteure der „Energiewende“ aber gar nicht: sie glauben mit religiöser Inbrunst, wir verbrauchten ohnehin „zu viel“ Energie und gefährdeten durch materiellen Überfluss – „Raubbau an der Natur“ – den Planeten; höhere Preise sollen die vielen Millionen quasi kriminell konsumgeiler Kleinbürger endlich zur „Vernunft“ bringen. (Das Kernmotiv des grünen Biedermeier: Wir fordern „Mutter Natur“ zu vieles ab. Was nicht in Echtzeit am Baum ausreichend nachwächst, ist „nicht nachhaltig“. Daher auch der absurde Fetisch des stofflichen Recycling und der Protest gegen jedes „Wegwerfen“ – von denselben, die moderne Kraftwerke sprengen, um irreversible Fakten zu schaffen.)

Materieller Wohlstand, soziale Sicherheit – aus Sicht der Weltretter von vornherein kein legitimes, schon gar nicht vorrangiges Politikziel, jedenfalls nicht auf bisherigem Niveau der westlichen Industrienationen: sie müssen „gesundgeschrumpft“ werden, Energie-Nachfrage hat sich gefälligst mit einem – aus gefühlt „planetarischer“ Sicht noch „nachhaltigen“ – Angebot vor allem aus volatilem Windstrom zu begnügen. Wenn gerade keiner kommt, wird das Leben eben eine Zeit lang stillgelegt, so wie man gewerbliche Produktion einfach unterlässt, wenn es sich nicht mehr rentiert, wozu die Aufregung.

Keine Energie, keine Exporte, keine Einkäufe

Die angeblich „global denken“ und den Planeten retten (in Wahrheit die Menschheit disponibel stellen) – sie ignorieren, dass angesichts globalen Handels Produktion in Deutschland nur stattfindet, solange sie weltweit konkurrenzfähig ist. Wenn hoch kapitalintensive Fabriken bei uns nur noch nach Wetterlaune genutzt, also miserabel ausgelastet und die Energiepreise astronomisch werden, wandert die Produktion ab nach China oder in andere Länder, denn niemand sonst ist so selbstabwürgend wie wir. Fehlende Energie, galoppierende Inflation, heruntergedrosselte Produktion (durch Folgen der Corona-Maßnahmenpolitik sowieso angeschlagen): diese Krise zerstört unser Land von vielen Seiten gleichzeitig; wir schlagen unseren längst angerosteten „Luxusliner“ von innen rundum leck, nachdem wir die Rettungsboote absichtlich unbrauchbar gemacht haben.

Wie Kinderbuch-einfach muss man es machen, damit alle es verstehen? Wir können die Importe, von denen wir uns immer abhängiger machen, wenn wir unsere eigene Industrie vertreiben, immer weniger bezahlen, wenn wir nichts mehr für den Export anzubieten haben, nämlich deutsche Maschinen, Autos, Chemieprodukte. Hingegen Yogakurse und Tattoos, soziokulturelle Kiezprojekte und akademische Gender-Sperenzchen taugen nicht als Tauschobjekt für Bekleidung, Möbel, Fernseher, Smartphones oder Solarpaneele. Nicht mal von Tourismus könnte Deutschland leben, denn diesem Gewerbe zieht man mit „Greenflation“ ebenfalls den Boden weg.

Die Regierung lässt Geld „drucken“ bzw. von der Zentralbank aufs virtuelle Papier schreiben, aber Geld ist nur ein Medium, das die reale Tauschwirtschaft zeitlich entkoppelt und damit potentielle Handelspartner um Größenordnungen vervielfacht (sowie als universaler Tauschwert-Indikator den freien Markt als Allokations-Instrument ermöglicht). Am Ende müssen wir der Welt trotzdem etwas reales anbieten können, was sie von niemandem besser als von uns bekommt, sonst können wir nicht vom Ausland kaufen, was wir brauchen, weil es bei uns nicht am Baum wächst. Kapiert, politische Klasse?

Freilich droht nicht „nur“ der Abschied der Exportnation Deutschland, mit dramatischen Folgen für Wohlstand und sozialen Frieden. Die aktuelle, fahrlässig bis mutwillig verschuldete Krise wird unmittelbar lebensgefährlich, wenn „Blackouts“ drohen und Gasreserven nur für lächerliche zwei Monate reichen, so dass Menschen ganz in echt erfrieren, während ganze Industrien stillgelegt werden müssen. Wie konnte es soweit kommen? Klar: Ignoranz und Inkompetenz in der politischen Klasse sind immens, sie verstehen nichts von Technik oder Physik, können nicht rechnen oder logisch denken, vielfach nicht mal einen klaren deutschen Satz sprechen.

Das Kernproblem aber ist ein vor Moral triefender, voluntaristischer Größenwahn, der erst die Krise herbeigeführt hat und sie jetzt in kalt lächelndem Zynismus als „Chance“ für den ersehnten großen Umbau nutzt. Endlich wird wahr, wonach Schulschwänzer und Selbstklebe-Aktivisten skandieren: Schluss mit dem Energieverbrauch, sofort! Bürgerliche Stimmen sagen, diese Krise müsse dem Dümmsten klar machen, dass die deutsche Energiepolitik unverantwortlich sei. Damit haben sie natürlich recht, aber sie verstehen nicht, dass die Krise Teil des Plans sein könnte und dass die Fanatiker nicht nur unbeirrt fortfahren, sondern mit dem Kampfruf „jetzt erst recht“ noch Tempo machen.

Putin hilft der grünen „Energiewende“

Im Ergebnis hat Putin den Grünen und ihren Handlangern einen Gefallen getan, die „Energiewende“ mit einem Turbo ausgestattet und dadurch erst zur vollen Blüte gebracht: Die Grünen schienen bereit, sich den Ausbau von Wind und Solar mit der massiven Verbrennung von Erdgas zu erkaufen. Nun bekommen sie Wind und Solar ohne fossile Brennstoffe und eine Energie-Verteuerung, für die sie sonst noch viele Jahre gebraucht hätten. Kein Wunder, dass die Grünen so freudig erregt kriegslüstern gegen den Russen agitieren. Manche wollen nun glauben, die Grünen hätten den Wert der Freiheit erkannt und ihren angeblich innewohnenden Pazifismus über Bord geworfen. In Wahrheit sind die Grünen spätestens seit dem vormals gewaltfrei Steine werfenden Außenminister Josef Fischer und seinem Plädoyer für deutsches (!) Militär auf dem Balkan nicht mehr pazifistisch; Gründerphasen-Ikone Petra Kelly war innerparteilich schon nur eine geduldete Randfigur, und wie pazifistisch waren sie und ihr General (!) Bastian überhaupt wirklich?

Aber vor allem ist Freiheit (wie materielle Sicherheit) für die Grünen ein entbehrlicher Luxus, wie in der Corona-Panik-Politik klar erkennbar: sie stehen fest zum „solidarischen“ Kollektivismus des Volksganzen, obwohl sie zugleich Nation und Landesgrenzen verächtlich machen. Die grüne Liebe zur individuellen Freiheit des Bürgers wird manifest in ihrem Verbots- und Volkserziehungs-Gedanken: gegen Fleischessen (schon die Produktion von Fleisch durch die Landwirtschaft), Eigenheime, effiziente Diesel-Autos; Glühbirnen oder Plastik-Strohhalme – dazu kommt noch die grüne Unterstützung von Internet-Zensur, Diffamierung und Kriminalisierung Andersdenkender.

Aber selbst wenn man glauben möchte, der Windkraft-verliebte Schriftsteller und die Beinahe-Völkerrechtlerin verabscheuten Putin für seinen Krieg „ganz ehrlich“ und sähen deshalb Zelensky – den sie eigentlich für seine unleugbare Nähe zu ultranationalistischen Kreisen ebenso ablehnen müssten – als Verbündeten: das ändert gar nichts daran, dass diese Krise für sie geradezu ein Geschenk ist: Nicht nur bekommen sie gewaltig Rückenwind für ihren „Klimaschutz“ durch brutales Abwürgen fossiler Energie-Importe, sie können zugleich den schwarzen Peter komplett nach Russland schieben und sich medial dafür noch als Beinahe-Kriegshelden abfeiern lassen. Wie geil ist das denn?

Nochmals unterstrichen: die vorstehende Analyse ist logisch ganz unabhängig davon, wie man Putins Aggression ansonsten bewertet, oder ob und wie man die Ukraine „solidarisch unterstützen“ möchte. Aber damit ist man bei der nächsten Frage, und sie entscheidet über das Schicksal Deutschlands und Europas: Was bewirken unsere „Sanktionen“ gegen Putin, insbesondere unser fester Wille, ganz unvorbereitet auf Energie-Importe aus Russland zu verzichten, vorgeblich um den Kreml in die Knie zu zwingen? Inzwischen ist klar erkennbar: So wie Russland weltweit keineswegs politisch isoliert ist, hat es für sein Öl und Gas in Milliarden Chinesen und Indern neue Kunden gefunden.

China bedarf gigantischer Energie-Importe, die über den Seeweg strategisch gefährdet sind, weil dieser durch Amerika blockiert werden könnte – so ist die Hinwendung Pekings zu Putin gar keine Geste der „Solidarität“, sondern im Eigeninteresse. Russland gewährt zugleich wohl massive Rabatte auf den Weltmarktpreis, was den Kreml nicht sehr schmerzt, denn letzterer steigt massiv – nicht zuletzt, weil westliche Produzenten wie die USA, Kanada oder die Niederlande aus „Umwelt- und Klimagründen“ ihre Öl- und Gasförderung deutlich reduzieren – so wie Deutschland sich „natürlich“ weigert, mehr Erdgas durch Fracking zu gewinnen. Durch die Preisexplosion kassiert Russland selbst mit massiv geminderten Exporten nach Europa zumindest teilweise mehr als vorher!

Westliche Klimaideologie hilft Putin

Vor Jahrzehnten haben die „Ölscheichs“ den Westen in die Krise gestürzt, indem sie mit ihrem OPEC-Kartell das Angebot verknappten. Heute verknappen westliche Länder selbst das Angebot und sorgen dafür, dass totalitäre Regime wie in Iran, Saudi-Arabien oder Venezuela immer höhere Profite einstreichen, aber eben auch die Russen. Das globale Bild zeigt grellfarbig den eklatanten Widerspruch zwischen dem verabsolutierten Ziel, Kohlenstoff-Energieträger „für das Weltklima“ auszumerzen, und dem aktuellen Wunschdenken, Russland als Exportland durch Sanktionen seiner Einnahmen zu entziehen und ihm damit die Kraft zur Kriegsführung zu nehmen: Einerseits zwingt man Putin sich neue Kunden zu suchen, wozu einiger Aufwand für neue Lieferwege und Preisrabatte notwendig sind; zugleich kompensiert und konterkariert man das durch spürbare Verknappung von Energie und damit hochgetriebene Preise.

Bei einem weltweit so gut wie unverzichtbaren Gut braucht man nicht einmal viel Verknappung, um die Preise stark hochzutreiben. Die Nachfrage ist nur wenig „preiselastisch“ und durch das erzielte Wohlstandsniveau beinahe festgemauert, deswegen reagiert umgekehrt der Preis extrem auf die Verfügbarkeit. Das gleiche Prinzip wie bei vielen Nahrungsmitteln im Supermarkt, die inzwischen (fast) das Doppelte wie vor wenigen Monaten kosten: auf Essen kann keiner verzichten, aber auf Energie eben auch nicht.

Energie ist – physikalisch zwingend – Voraussetzung für alles Wirtschaften in allen industrialisierten Ländern. Klar, eine luxuriöse Limousine aus deutscher Fertigung mit faszinierender High-Tech ist sehr viel beeindruckender als ein simples Fass Öl – aber ohne Raffinerieprodukte nutzt das schönste Auto wenig: nur ein Beispiel von vielen, warum die „Zurückgebliebenheit“ Russlands bei hochwertigen Konsumgütern und das resultierende, relativ niedrige Bruttosozialprodukt den Westen fälschlich auf die Idee gebracht haben, man könne Putin ökonomisch bezwingen. Ebenso pilgern die „Führer der westlichen Welt“ zu offiziell verachteten Despoten und betteln beinahe auf Knien um Energie – doch die Erniedrigung bleibt erfolglos: da ist niemand so recht mit dem Westen „solidarisch”, wie es scheint. Putin scheint hierbei weniger isoliert und hilflos in Energiefragen als Europa.

Wenn die Energie-Sanktionen aber nicht wirken können, warum setzen wir sie dann fort? Man könnte ja darüber diskutieren, zu welchen Opfern bei Komfort und Wertschöpfung man bereit ist, wenn dadurch dem Verbündeten in Kiew geholfen würde – aber dergleichen Erwägungen erledigen sich, wenn das eigene Opfer dem Anderen überhaupt keinen Nutzen erbringt. Die Nachkriegsgeneration in Deutschland hat geschuftet und gespart, damit die Kinder es mal besser haben. Man kann eine eigene Niere spenden, um einem Angehörigen das Leben zu retten oder zu erleichtern. Solche Opfer sind ehrenwert und vernünftig. Aber würde man sich aus „Solidarität“ das eigene Wohnzimmer zertrümmern, weil ein Arbeitskollege von Einbrechern beraubt wurde?

Es ist aber noch viel widersinniger, wenn Deutschland sich selbst „aus Solidarität“ die Wirtschaft abwürgt: irgendwann, hoffentlich recht bald, ist der Krieg beendet und die Ukraine muss mit gigantischem Aufwand neu aufgebaut werden. Wollen wir dann dabei sein, möglichst großzügig? Wie wollen wir das schaffen, wenn wir uns jetzt selbst in die Armut manövrieren? (Militärisch gedacht: Ist mutwillige Selbstverletzung im Feld nicht Defätismus, gleichbedeutend mit Desertieren, worauf standrechtlich geantwortet wird?) Wäre es nicht gerade unsere moralische Pflicht, wirtschaftlich stark zu bleiben, damit die Menschen in der Ukraine in kommenden Jahren von unserem Wohlstand profitieren können? Es bieten sich nur zwei Erklärungen dafür an, warum nicht so gehandelt wird.

Klima-Moral mit Chinas Kommunisten

Die eine ist: es geht um symbolisch-rituelle Akte, „virtue signaling“. Wenn wir russisches Gas beziehen, dann „klebt Blut aus der Ukraine daran“, so oder so ähnlich. Die Chinesen oder Inder fahren deswegen keinen Bogen um russische Energie, also unsere Selbstbestrafung ändert an der Sache nichts. Das ist ungefähr so moralisch, wie kein CO2 auf deutschem Boden entstehen zu lassen, dafür aber weit weniger effizient produzierte Industrieware aus China zu importieren … oder keine von Kinderhand geknüpften Teppiche zu kaufen, aber Elektro-Autos mit Akkus zu erzwingen, für die das Kobalt unter unvorstellbaren Bedingungen durch kongolesische Kinder abgebaut wurde. Das ist keine Moral, das ist Scheinheiligkeit.

Die zweite Erklärung ist: es geht gar nicht um Solidarität mit der Ukraine oder Abscheu gegenüber Russland. Vielmehr geht es, noch einmal und immer noch, nur darum, die verhasste, verteufelte fossile Energie weltweit so schnell wie möglich so knapp wie möglich zu machen, Deutschland vorweg. Und nebenbei noch mehr Milliarden den Freunden in der Windenergie-Industrie anreichen zu können: „Freiheitsenergie“, FDP-veredelt. (So produziert man Kriegsgewinnler, wie auch mit den aberwitzigen Windfall-Profits der Windbarone aufgrund der absurden Spielregeln an der „Strombörse“, die mit freiem Markt soviel zu tun hat wie die Windräder mit Natur- und Landschaftsschutz.)

Noch einmal: nicht nur auch und sogar diejenigen, die es ernst meinen mit dem Kampf gegen Putin und die Unterstützung der Ukraine – vielmehr gerade diese Politiker und andere Zeitgenossen müssten darauf drängen, dass Europa seine Wirtschaftskraft sichert, auch um den Preis weiterer Energie-Importe aus Russland: nur ein ökonomisch starkes Europa kann auf Dauer sowohl der Ukraine aufhelfen (die schon vor dem Konflikt seit Jahren in ihrer Armut stagnierte) als auch der russischen militärischen Gefahr glaubhaft Paroli bieten. „Unabhängig von russischer Energie“ wird man nicht spontan durch selbst-beweihräuchernde Deklaration verlogener Nachdemmunderedner auf „sozialen Medien“; vielmehr braucht das ein paar Jahre und eine ganz andere Politik: Ende mit „Wende“.

Dabei tragen gerade die Grünen Schuld daran, dass Deutschland sich so einseitig abhängig von russischer Energie gemacht hat – und jetzt schreien sie „Haltet den Dieb“! Nicht mal einen Hauch von Demut sieht man bei diesen größten Moralisten aller Zeiten, was für eine abstoßende Selbstgerechtigkeit. Mindestens ebenso scheinheilig ist nun aber, eine beschleunigte „Energiewende“ zu fordern, denn ganz abgesehen von der technischen und ökonomischen Untauglichkeit: die Zutaten dafür, Windkraft- und Photovoltaik-Module sowie Lithium-Ionen-Batteriepacks kommen weit überwiegend aus China.

Selbst wenn China vorerst nicht nach Taiwan einmarschieren sollte: das ist gewiss kein moralisch weniger fragwürdiges Regime als Russland. Hongkong haben sie schon die Freiheit genommen, mit brutaler Gewalt, wie zuvor Tibet. Uiguren sitzen regelrecht in KZs. Sklavenarbeit auch der „eigenen Rasse“, Völkermord, staatlicher Lebend-Organhandel: die Außenministerin müsste demonstrativ ihr iPhone zertrümmern, weil Blut der Opfer des Kommunismus daran klebt. Aber irgendwie gilt Herr Xi immer noch als grundsätzlich ehrenwerter Gesprächspartner – obwohl (oder vielleicht auch weil) er seine globalen hegemonialen Schachzüge (faktisch eine moderne hybride Kriegsführung) gegen den „freien Westen“ unbehelligt vorantreibt.

„Freier Westen“: ein Witz, ohne starke Wirtschaft

Die höhere Moral ist also nur eine Ausrede, mindestens selektiv und scheinheilig. Rational und ökonomisch müssten wir gerade auch zugunsten der Ukraine und des Friedens in Europa (während die EU aufgrund der Brüsseler Allmachts-Träume schon längst von innen heraus zerbröselt) alles tun, um über genug Energie zu verfügen und industrielle Stärke zu sichern. Was noch notwendiger würde, wenn wir richtigerweise anfingen, uns von China wieder weniger abhängig zu machen. (China kann auch gefährlich implodieren – es wird zwar von Tyrannen kontrolliert, steht aber auf tönernen Füßen.)

Wer wirklich Freiheit und Menschenrechte will, kann nicht gleichzeitig den „freien Westen“ per Klimawahn (und mit offenen Grenzen für alle) ruinieren. Aber unsere „Eliten“ propagieren: es geht alles, gleichzeitig und sofort: Wirtschaften ohne Energie, maßloses Verschulden ohne Inflation und Rezession, Geld verschenken an Flüchtlinge und fremde Länder ohne Ende. Wir sind doch so reich! Halluzinierender Größenwahn, klinisch auffällig. Diese, man kann es nicht anders sagen: gefährlichen Irren – anscheinend halten sie Deutschland tatsächlich für unsinkbar. Sind sie blind oder nehmen sie in Kauf, ein paar Eisberge zu schrammen, ein „compartment“ oder zwei fluten zu lassen? Viele Titanic-Passagiere waren noch überzeugt, es könne nicht so schlimm werden, da neigte sich das Schiff schon. Unsinkbar – nicht das Schiff, aber die menschliche Hybris.

Kino-Untergangsdarsteller Leonardo di Caprio fliegt luxuriös um die Welt und trommelt für das Weltklima, wenn er nicht gerade dekadenten Mega-Yachturlaub genießt. Warum auch nicht, Greta T. und Luisa N. handeln ähnlich und gelten als Vorbilder. Diese Typen forcieren den Untergang des „freien Westens“ heute, wegen einer nur eingebildeten Gefahr in 100 Jahren, deren Folgen – selbst wenn sie eintreten würden – bis dahin dank gewachsenem Wohlstand und technischem Fortschritt ohne weiteres beherrschbar sein werden.

Dieselbe Klimaideologie hat den Russen überhaupt erst so groß gemacht, dass er sich den Einmarsch in die Ukraine erlauben konnte. Nicht nur, weil Deutschland sich so abhängig gemacht hat vom russischen Gas, sondern weil der westliche Impetus insgesamt Energie so knapp und damit Förderländer wie Russland so stark gemacht hat: die heutige US-Administration trägt daran ebenso Schuld, nur dass Amerika von den „Sanktionen“ gegen Russland viel weniger betroffen ist als Europa.
Nein, der Krieg und die Krise sind wahrlich kein Argument für „Energiewende jetzt erst recht“; ganz im Gegenteil: der Klimaschutz mit religiösen Ausprägungen ist nicht nur unmittelbar ökonomisch fatal innerhalb Deutschlands und Europas, er ist auch geostrategisch und sicherheitspolitisch gefährlich. Das ist jetzt keine Theorie mehr, über die Heiko Maas mit seiner selbstgefälligen Entourage sich in der UNO mokierte, als Donald Trump davor warnte, sich so abhängig vom Russen-Erdgas zu machen; das ist mit dem Ukraine-Krieg eine bewiesene Tatsache. Diesen aberwitzigen Irrweg sollen wir fortsetzen?

Außenpolitische Stärke kommt nur aus wirtschaftlich stabilen Verhältnissen (oder aus Tyrannei plus Atombombe, das ist das Modell Nordkorea / Iran). Stabile Wirtschaft geht nicht ohne zuverlässige, bezahlbare Energie. Auch das ist keine Theorie, das ist Physik.

Freiheit: vorläufig nur mit fossiler Energie zu verteidigen

Entweder „Energiewende“, jetzt mit Turbo, oder konsequent für die Freiheit, es geht nur eines von beiden: das gilt außenpolitisch, aber auch im Inneren. Die Freiheit des Einzelnen hängt auch von seiner materiellen Lage ab; wer hungert oder zu erfrieren droht, für den ist bürgerlich-individuelle „Selbstverwirklichung“ unerreichbar. Freiheit heißt, zwischen Optionen wählen zu können, aber wenn weite Teile der Bevölkerung materiell aus dem Mittelstand gedrängt werden, lösen sich Potentiale der Lebensgestaltung in Luft auf. Ironie: auch die Freiheit, einer grünen Ideologie zu frönen, beruht auf dem hart erarbeiteten (inzwischen fast: früheren) Wohlstand Deutschlands! Armut vernichtet also auch Freiheit, so wie umgekehrt nur freie Individuen auf einem freien Markt Wohlstand schaffen können.

Was für eine Scheinheiligkeit grüner Weltenretter also, schon angesichts ihres Anspruchs, sie kämpften für die Freiheit. Nein, sie bekämpfen wirtschaftliche Stabilität und untergraben damit die Freiheit der Bürger im eigenen Land ebenso wie außenpolitisch-strategische Stärke, die gegenüber den Tyrannen weltweit unverzichtbar ist. Noch absurder und verlogener ist nur ihre Behauptung, sie verfolgten das Wohl der Menschheit: Dutzende, wenn nicht in kurzer Frist Hunderte Millionen weltweit stehen durch das bewusste Abwürgen von Energie und Lebensmittelproduktion wieder im Kampf um das nackte Überleben, den sie überwunden zu haben glaubten, dank Zugang zu Energie und Welthandel. Das alles schert die vorgeblichen Weltenretter nicht, in Wahrheit verachten sie die Freiheit des Volkes und opfern sie skrupellos Menschenleben: Praktizierter Nihilismus.

Michael W. Alberts, Gastautor mit langjähriger Berufserfahrung in verschiedenen Feldern der Politikberatung

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

Dass der Autor mit seiner Analyse wohl richtig liegt, unterstreicht eine Aussage des US-Außenministers Antony Blinken als Reaktion auf den Pipelineanschlag:

„From the US perspective, as Blinken put it, while there are “clear challenges in the months ahead” in terms of Europe’s energy supply, “there is also a very significant opportunity to do two things.” The first is to “finally end the dependence of Europe on Russian energy” and the second is to “accelerate the transition to renewables” so the West can address the “climate challenge.” (Quelle hier)

Mit Dank an Kommentator Hannibal Murmel bei TE der darauf hinwies.

 

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