Teil 1: Ursachen und Besonderheiten der Winterwitterung 2016/17
„Kein Schnee, keine Kälte und immer mehr Westlagen“- die Irrungen des Mojib Latif
Am ersten April des Jahres 2000, also vor fast 2 Jahrzehnten, war bei SPIEGEL ONLINE folgende Meldung zu lesen: „Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben“, sagt der Wissenschaftler Mojib Latif vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie. „Durch den Einfluss des Menschen werden die Temperaturen bei uns mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent noch weiter steigen“, meint Latif. Wegen dieses so genannten Treibhauseffekts wird es in Mittel- und Nordeuropa künftig mehr Westwindlagen geben. Das hätte wiederum regenreiche und noch mildere Winter zur Folge. Der gesamte Artikel, den Latif später teilweise in seinen Aussagen abschwächen wollte, findet sich unter http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/winter-ade-nie-wieder-schnee-a-71456.html . Angesichts derartiger „Prognosen“ wunderte sich so mancher Zeitgenosse über das weiße, kalte und rutschige Pulver, welches im Januar 2017 bergeweise zu finden war:
Nun kann ein einzelner, schneereicher Wintermonat aber auch nur mal zufällig auftreten. Langfristige Beobachtungsreihen zeigen uns, ob es tatsächlich immer weniger Schnee gibt. In Potsdam wird die Anzahl der Tage mit einer Schneedecke von mindestens 1cm Höhe seit dem Winter 1893/94 gezählt:
Der amerikanische Wetterdienst NOAA erfasst seit 50 Jahren unter anderem die Größe der schneebedeckten Flächen des Superkontinents Eurasien, zu welchem auch Mitteleuropa gehört. Die Werte für den aktuellen Winter, welcher eine überdurchschnittliche Schneebedeckung im Dezember und Januar aufwies, liegen noch nicht vor; aber auch so zeigt sich statt der erwarteten Ab- eine deutliche Zunahme:
Seit etwa 30 Jahren blieb außerdem der vorhergesagte winterliche Temperaturanstieg in Deutschland aus; hier am Beispiel der DWD- Station Erfurt/Weimar gezeigt:
Bliebe noch die Frage mit der erwarteten Häufung der Westwetterlagen zu klären. In Deutschland werden zwei Klassifikationsverfahren zur Ermittlung der Großwetterlagen genutzt; Näheres dazu unter https://eike.institute/2016/10/19/wetterlagenhaeufigkeit-und-jahrestemperaturverhalten-in-deutschland/ . Weil die (insgesamt genauere) „Objektive“ Wetterlagenklassifikation erst seit Mitte 1979 möglich ist, beginnt die folgende Grafik mit dem Winter 1979/80. Der an Westlagen relativ arme Winter 2016/17 ist noch nicht enthalten; trotzdem zeigt sich bei allen Klassifikationsmethoden (zwei nach HESS/BREZOWSKY, eine nach der objektiven Methode) keine Häufigkeitszunahme von Westwetterlagen seit mehr als 35 Jahren:
Keine erfreulichen Nachrichten für Herrn Latif also, dem deswegen ein Karikaturist (Quelle: Science Skeptical Blog, Michael Krüger) eine Pinocchio- Nase verpasst hat.
Lediglich anhand der Langfrist-Werte (verfügbar in Deutschland seit dem Winter 1881/82) könnte Herr Latif etwas Hoffnung schöpfen. Diese zeigen (noch) einen leichten Temperaturanstieg in Deutschland (allerdings nicht wärmeinselbereinigt) bei einer Häufigkeitszunahme der Westwetterlagen nach HESS/BREZOWSKY. Jedoch deutet sich auch hier die Umkehr der Entwicklung ab spätestens etwa dem Jahr 2000 an; ob diese anhält, muss aber noch abgewartet werden:
Ursachen und Besonderheiten der Winterwitterung 2016/17
Der Winter 2016/17 war relativ arm an windigen, intensiven Westwetterlagen und deshalb zeitweise kalt. Eine mögliche Ursache hierfür ist die AMO, eine periodische Schwankung der Wassertemperaturen im Nordatlantik. In diesem Winter waren die AMO- Werte sehr hoch. Den spiegelbildlichen Zusammenhang zwischen AMO- Werten und Westlagenhäufigkeit illustriert die Abbildung 8:
Zahlreiche andere Einflussgrößen auf die Winterwitterung, unter anderem die NAO, die QBO und die Vorwitterung, sollen aus Zeitgründen hier nur erwähnt werden; Näheres dazu unter https://eike.institute/2016/12/03/wintervorschau-201617-widerspruechliche-prognosesignale/ . Auffallend waren in diesem Winter aber besonders zwei nicht zu unterschätzende Einflussgrößen – die geringe Sonnenaktivität und die geringe Stärke des Polarwirbels. Tendenziell tritt eine Schwächung der milden Westwetterlagen, welche sich auch an der geringeren Geschwindigkeit der Westströmung im 500 hPa- Niveau (mittlere Troposphäre, entspricht etwa 5500 Metern Höhe) zeigt, bei geringerer Sonnenaktivität auf:
Der Polarwirbel in der Stratosphäre war in diesem Winter auffallend häufig gestört beziehungsweise nur schwach ausgebildet, besonders im Januar und Februar, was ebenfalls zur zeitweisen Schwächung der Westwind-Zirkulation beigetragen hat:
Der Winter 2016/17 wies ungewöhnlich viele Hochdruckwetterlagen auf. Dabei wurde im Dezember ein neuer Rekordwert des Luftdruckmittels in Potsdam registriert, und erstmals seit der Erfassung der Großwetterlagen nach HESS/BREZOWSKY (ab 1881) waren alle 31 Dezembertage antizyklonal (überwiegend von Hochdruckgebieten beeinflusst). Im Dezember/Januar befand sich der hohe Luftdruck vorwiegend über Mitteleuropa, was vor allem in Süd- und Mitteldeutschland für kältere Witterungsabschnitte sorgte; während es an den Küsten zu mild blieb; Näheres dazu unter https://eike.institute/2016/12/30/dezemberrueckblick-2016-hochwinterausblick-2017/?print=print und https://eike.institute/2017/01/27/eiskalt-erwischt-der-januar-2017-straft-die-theorie-der-klimaerwaermung-luegen/ . Bei einer weiteren Kältewelle in der ersten Februarhälfte lag das Hochdruckgebiet über Skandinavien, so dass nun vor allem die Nordosthälfte Deutschlands von Kaltluft mit Dauerfrost beherrscht wurde:
Abbildung 11: Ein sehr kräftiges Skandinavien-Hoch lenkte Kaltluft in den Nordosten Deutschlands. Anders als im Dezember/Januar herrschte nun nahe der Ostsee das kälteste Winterwetter, während es im Südwesten relativ mild blieb. Zur Monatsmitte verlagerte sich das Hoch südwärts, so dass es bei südlichem Wind überall sehr mild wurde.
Die vielen Hochdruckwetterlagen wurden auffallend häufig von Nebel begleitet, der oft gefror. Im Zuge der hohen Sonnenaktivität, der Luftreinhaltemaßnahmen und der Häufung windig-milder Westlagen war die Zahl der Nebeltage in den 1990er und den frühen 2000er Jahren im Winter stark zurückgegangen. Ob dieser teils neblige Winter 2016/17 eine Trendwende zu wieder mehr Nebeltagen einleitete, muss noch abgewartet werden:
Die Schattenseiten des Hochdruck-Winters 2016/17: Dunkelflauten und Niederschlagsarmut
Der alte DDR- Witz von den vier Hauptfeinden des Sozialismus (Frühling, Sommer, Herbst und Winter) ist angesichts der deutschen „Energiewende“ leider aktueller denn je. Im Winter machen windschwache Hochdruckwetterlagen und die kurze Sonnenscheindauer eine ausreichende Stromversorgung aus „erneuerbaren“ Quellen unmöglich – egal, wie viele „Solar- und Windparks“ man für teures Geld zur immer weiteren Landschaftsverschandelung aufstellt, und effektive Speichermöglichkeiten fehlen in absehbarer Zeit. Die folgende Grafik spricht für sich und zeigt exemplarisch die geringe Bereitstellung von „erneuerbarer“ Elektroenergie am 24. Januar 2017; ähnliche Fälle finden sich auch im Dezember 2016 und im Februar 2017:
Die Schneemassen in den Gebirgen täuschen – in weiten Regionen Deutschlands waren alle 3 Wintermonate deutlich zu trocken; schon jetzt führen die meisten Flüsse extrem wenig Wasser. Die Regenfälle nach Mitte Februar konnten das Defizit nur wenig verringern. Das könnte nicht nur für die Schifffahrt und die Kraftwerke (Kühlwasser!) problematisch werden, so dass massive Versorgungsprobleme drohen, sondern auch für die Landwirtschaft, falls nicht dauerhaft reichliche Niederschläge fallen. Nach nur im weitesten Sinne ähnlicher Vorwitterung waren die Sommer 1947, 1982 und 2003 sehr trocken; allerdings verbietet die geringe Zahl der Vergleichsfälle eine Prognose. Die in diesem Winter rekordverdächtig geringe Eisausdehnung im Arktischen Ozean (eine Folge der hohen AMO- Werte) könnte, falls sie auch bis ins Frühjahr so unterdurchschnittlich bleiben und die AMO- Werte sehr hoch bleiben sollten, die Frühlingstemperaturen in Deutschland positiv beeinflussen; speziell die des Aprils:
Momentan mehren sich aber auch sonst Anzeichen für ein eher zu warmes, zeitiges Frühjahr und einen relativ warmen Sommer, was meist mit Trockenheit verbunden ist; auch die Modellrechnungen deuten in diese Richtung; freilich sind sie noch sehr unsicher:
Fazit: Dank vieler Hochdruckwetterlagen fiel der Winter 2016/17 deutlich kälter und trockener als seine Vorgänger aus und ermöglichte endlich wieder über längere Zeiträume gute Wintersportbedingungen auf Naturschnee. In der Endabrechnung war er fast temperaturnormal. Auch tendenziell über längere Zeiträume betrachtet, lassen sich weder eine besorgniserregende winterliche Erwärmung, noch eine merkliche Abnahme der Schneebedeckung oder eine merkliche Zunahme der Westwetterlagen erkennen. Ein zeitiges, relativ mildes Frühjahr und ein eher warmer Sommer 2017 deuten sich an; sie lassen sich aber nicht sicher vorhersagen.
Im Teil 2 werden die Prognosen für den Winter 2016/17 einer kritischen Prüfung unterzogen.
Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Heute im ZDF gemeldet: In den 16 Uhr Nachrichten Beitrag nach 11 Minuten, 32 Sekunden. https://www.zdf.de/nachrichten/heute-in-europa/heute—in-europa-vom-3-maerz-2017-100.html
Wegen des Klimawandels fürchten die Lappen (Samen) um ihre Rentiere. Die wären am Verhungern, weil der Schnee seit einigen Jahren viel länger liegen bleibt. Ob die Moderatorin wohl mitbekommen hat, dass sie den Artikel von Herrn Kämpfe bestätigt hat? So wie Heike Kruse moderiert sollte der Beitrag wohl ein Beweis der Erwärmung sein. Hat da der befragte Rentierzüchte nicht mitgespielt? Auf alle Fälle wird bestätigt, dass die Winter nun länger sind mit mehr Schnee.
+30 (Klimatologisch aufgerundete 1)
Ich bin auch sehr enttäuscht!
Kann man die Regierung denn jetzt nicht irgendwie haftbar machen? Also wegen der ausgebliebenen versprochenen Erwärmung sollte man doch mindestens den Strompreis und die Heizungskosten senken.
Nicht nur in Lappland macht der harte Winter den Hirten zu schaffen, auch in der Mongolei ist dasselbe zu beobachten!
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/unsichere-lebensgrundlage-strenger-winter-bedroht-mongolische-nomaden-14881849.html
Die Meereisausdehnung in der Arktis ist jetzt wieder beim Durchschnitt der letzten 30 Jahre angekommen.
http://ocean.dmi.dk/arctic/plots/icecover/icecover_current_new.png
Sagen die Dänen. Und auch die Antarktische Seeeisbedeckung hat wieder dem Normalzustand erreicht.
http://nsidc.org/data/seaice_index/images/daily_images/S_stddev_timeseries.png
Das Meereis am Nordpol hat im Jahresdurchschnitt seit 12 Jahren einen ansteigenden Trend.
http://www.woodfortrees.org/plot/nsidc-seaice-n/plot/nsidc-seaice-n/last:144/trend
Und das Gönlandeis hat diesen Winter kräftig zugelegt. Die Totale Masse liegt jetzt höher als im Winterdurchschnitt der letzten 30 Jahre.
http://www.dmi.dk/en/groenland/maalinger/greenland-ice-sheet-surface-mass-budget/
Da sind wir aber mal der Katastrophe noch mal knapp entgangen.
Na, watt´en Glück aber auch. Haarscharf an der Katastrophe vorbei. Das kann nur an der Erfolgsstory der Energiewende gelegen haben.
Sehr geehrter Herr Herbst:
Ich weiß nicht wie Sie bei dem Graphen
http://ocean.dmi.dk/arctic/plots/icecover/icecover_current_new.png
Zur Aussage kommen:
Wir liegen immernoch unter dem „zwei-Sigma-Intervall“ ganz zu schweigen vom Mittelwert.
Ein weitere woodfortrees-Diagramm interpretieren Sie
Legen Sie doch einfach einen 12-Monat (sapmle) filter vor dem Trand-Schritt auf die Zeitreich und schon sehen Sie den tatsächlichen Trend: dieser fällt.
http://www.woodfortrees.org/plot/nsidc-seaice-n/mean:12/plot/nsidc-seaice-n/last:144/mean:12/trend
Bei der Interpretation von oszillierenden Daten hatte sich schon mancher vertan.
sollte sein
Legen Sie doch einfach einen 12-Monat (sapmle) filter vor dem Trend-Schritt auf die Zeitreihe und schon sehen Sie den tatsächlichen Trend: dieser fällt.
Und Latif hatte doch recht!
Es waren die 5%, die gestimmt haben. Nicht dumm der Kerl. So kann man ihn nicht festnageln.
Inzwischen spricht er von einer zeitlichen Verzögerung durch Ozeanzyklen. Man muss einfach flexibel sein.