Einen ähnlichen Unfug leistete sich die deutsche Bundesregierung im Krisenjahr 2009 mit der im Rahmen des „Konjunkturpakets II“ eingeführten „Umweltprämie“ von 2.500 Euro (im Volksmund „Abwrackprämie“) für den Ersatz eines mindestens neun Jahre alten Pkw durch einen Neuwagen. Finanziert wurde das insgesamt fünf Milliarden Euro teure Förderprogramm aus einem Sondervermögen des Bundes. Bis zum Auslaufen des Programms im September 2009 wurden beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über 1,7 Millionen Anträge gestellt. Zeitweise brach der Server des BAFA wegen der hohen Zahl von Online-Anträgen zusammen. Offiziell wurde das Programm mit einer möglichen Entlastung der Umwelt durch die saubereren und sparsameren Neuwagen begründet. Doch diese Begründung lässt sich durch keine halbwegs realistische Öko-Bilanz-Analyse rechtfertigen.
Der Physiko-Chemiker Prof. Dr. Friedrich-Schmidt-Bleek, ehemals Vizepräsident des (rot-grünen) Wuppertal Instituts, hat schon in den 1990er Jahren vorgerechnet, dass ein Mittelklassewagen, bevor er auch nur einen einzigen Kilometer gefahren ist, einen virtuellen „ökologischen Rucksack“ von 25 Tonnen mit sich herumschleppt. Bei heutigen Wagen der oberen Mittelklasse kann der „ökologische Rucksack“ wegen des inzwischen durch den Einsatz von elektronischen Sicherheitsvorrichtungen stark gewachsenen Leergewichts schon dreimal so groß sein. Ein solcher Wagen schleppt also einen virtuellen Rucksack von über 70 Tonnen mit sich herum. Der „ökologische Rucksack“ ist ein denkbar einfaches Maß für die Umweltbelastungen durch beliebige Industrieprodukte. Ich lasse jetzt einmal die berechtigte Kritik an dem der Berechnung des „ökiologischen Rucksacks“ zugrunde liegenden MIPS-Konzepts beiseite. MIPS bedeutet Material-Input je Service-Einheit. Dabei werden alle für die Herstellung eines bestimmten Produktes notwendigen Roh- und Hilfsstoffe samt des Bergwerks-Abraums und der bei der Rohstoff-Verarbeitung anfallenden Abfälle sowie die bei der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung eingesetzten Energien (umgerechnet in Masse-Äquivalente) zusammengezählt und auf Dienstleistungs-Einheiten (z.B. die jährliche Kilometerleistung eines wagens) umgerechnet.
Der „ökologische Rucksack“ des während der etwa 20-jährigen Lebenszeit des Pkw verbrauchten Kraftstoffs ist übrigens kaum größer als die Summe der Umweltbelastungen, die bei der Herstellung des Pkw entstehen. Wird ein Pkw also vorzeitig verschrottet, bedeutet das in der Öko-Bilanz seines gesamten Lebenszyklus einen Verlust, der durch andere Vorteile nicht aufgewogen werden kann. Die „Umweltprämie“ ist ökologisch eindeutig kontraproduktiv. In Wirklichkeit handelte es sich dabei lediglich um eine indirekte Subvention der notleidenden Automobilindustrie. Diese Einsicht hat die neue französische Regierung unter dem sozialistischen Staatspräsidenten François Hollande nicht davon abgehalten, die „Umweltprämie“ sogar noch zu erhöhen, um den Herstellern von Elektro- und Hybridfahrzeugen auf die Sprünge zu helfen. Käufer von E-Mobilen sollen nun vom französischen Pleite-Staat 7.000 Euro, Käufer von Hybrid-Autos 4.000 Euro erhalten.
Nach dem überwältigenden Echo der Abwrackprämie für Pkw wurden sofort Stimmen laut, diese auch auf Kühlschränke, Waschmaschinen und andere langlebige Haushaltsgeräte auszudehnen. Doch für diese gilt im Prinzip das gleiche wie für vorzeitig ausgemusterte Pkw. Während sich das Auswechseln eines Kühlschranks gegen ein modernes, energiesparendes Gerät nach zehn Jahren ökologisch und ökonomisch auszahlen kann, sollte eine Waschmaschine nach Ansicht des österreichischen Wiederverwerters Sepp Eisenriegler möglichst 20 Jahre im Gebrauch bleiben. Eisenriegler hat ein Tuning-Programm entwickelt, mit dem er gegen eine Gebühr von 150 Euro beliebige Geräte der Energieeffizienz-Klasse C in Klasse A umwandeln kann. Das Tuning sorgt dafür, dass in den Wasch-Phasen, in denen aufgeheizt wird, weniger Frischwasser zuströmt. Dadurch würden 30 Prozent Wasser und 20 Prozent gespart. Nicht jeder wird seine Waschmaschine 20 Jahre behalten wollen. Die Entscheidung darüber sollte der Staat aber dem einzelnen Bürger überlassen. Anreize zur vorzeitigen Stilllegung von Geräten helfen jedenfalls nicht der Umwelt, sondern nur der Industrie.
Nun plant die deutsche Bundesregierung nach Presseinformationen eine Abwrackprämie, die Hauseigentümer für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen durch modernere Geräte erhalten sollen. Dafür soll das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) novelliert werden. Finanziert werden soll die Prämie durch Aufschläge auf die Öl- und Gaspreise. Zur Kasse gebeten werden also auf jeden Fall die Mieter. Diese werden der Regierung für diese Aktion zum Schutz eines virtuellen Weltklimas sicher dankbar sein.
Edgar Gärtner EIKE
Anmerkung der Redaktion:
Zu dieser traurigen Geschichte passt auch die Aufforderung der EU-Kommission an die nationalen Regierungen das Glühlampenverbot mittels eigens einzustellender Kontrolleure durchzusetzen. So schreibt Die Welt am 20.8.12:
Brüssel fordert Kontrollen bei Glühbirnen
– Die EU-Kommission hat die deutschen Behörden aufgefordert, das ab September geltende Handelsverbot für Glühlampen durch Kontrollen zu überwachen. Eine Sprecherin von Energie-Kommissar Günther Oettinger reagierte damit im "Tagesspiegel am Sonntag" auf Berichte, wonach von dem Verbot ausgenommene "stoßfeste Spezialglühlampen" derzeit verstärkt angeboten werden. "Um derartige Lampen legal zu verkaufen, müssen Hersteller aber sichtbar auf die Packung schreiben, dass diese Birnen nicht für Haushaltslampen bestimmt sind", sagte Kommissionssprecherin Marlene Holzner…
Internet:
Das Geschäft mit der Energiesparmasche
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
@ M. Schmitz #7
„ich nehmen an, der WBGU ist in der Lage Co2 Bilanzen zu erstellen“
Nur eine Annahme, die sich z.B. durch das Aussprechen des WBGU für die Nutzung der sog. „EE“ leicht widerlegen läßt.
„Sie stimmen also Herrn Gärtners Auslassungen zur negativen Ökobilanz bei der Abwrackprämie nicht zu?“
Woraus leiten Sie denn das her? Das was ich hier bestätigen kann, ist die Tatsache, daß die sog. Abwrackprämie negative ökonomische Wirkungen gezeitigt hat und weiter zeitigen wird.
Was Herrn Gärtner betrifft, so halte ich ihn für einen seriös recherchierenden Journalisten. Insofern sehe ich keine Veranlassung, seine plausiblen Ausführungen nun einer genauen Überprüfung zu unterziehen, zumal die Abwrackprämie ökonomischer Quatsch war. Also selbst wenn sich ökologische Vorteile ergäben, wären die viel zu teuer erkauft. Bei der Nutzung der Windnergie ergeben sich z.B. nach Milchmädchen CO2-Vermeidungskosten von ca. 9 Cent/kWh (für Windmühlen an Land), wobei die kWh dem Äquivalent von 400 g CO2 entspricht, denn es wird im Vollsystem nur Erdgas ersetzt. Die vermiedene Tonne CO2 kostet demnach ca. 225 €. Für Windmühlen auf See verdoppeln sich dann die CO2-Vermeidungskosten mindestens, denn auch der Netzausbau muß berücksichtigt werden. Ist dann die Schwelle überschritten, daß der mögliche Verbrauch an Windstrom zeitweise das Angebot überschreitet, steigen die Kosten weiter. Die Abschaltung der Windmühlen lassen sich die Subventionsempfänger fürstlich bezahlen.
Es gibt also Geld ohne Gegenleistung:
Würden Sie einem Hausierer Geld für die Nichtabnahme eines Produktes bezahlen, welches Sie nicht benötigen?
Kann man billiger haben. Man ersetzt vorzeitig ein altes Kohlekraftwerk durch modernste Technik und kann so 25% der Emissionen vermeiden. Kostet dann letzendlich nicht mehr als den Restwert des Kraftwerks, denn der Rest wird über Brennstoffeinsparungen finanziert. Soweit die Rechnung nach Milchmädchen.
Abwrackprämie nützt der Umwelt oder nicht?
Wen interessiert so ein Käse? Kein Mensch kann den Einfluss auf die Umwelt in Deutschland aus dem Energieverbrauch der neu hergestellten PKW und dem geringeren Kraftstoffverbrauch ermitteln.
Das sind doch kleine „Nebenkriegsschauplätze“. Als ob 20% weniger Verbrauch von ein paar Autos auch nur irgendeinen messbaren Einfluss auf die Umwelt hätte? Das sind doch nur theoretische Zahlenspielereien hinter dem Komma. Und für so einen Mist wird noch Geld ausgegeben. Das ist das Schlimme in diesem Land. Experten in absoluten Nischengebieten maßen sich an, Auswirkungen ihres Speialgebiets auf gesamtdeutsche Belange (hier die Umwelt) berechnen zu können. Und selbst wenn… wen interessiert’s? Genauso ein Unfug ist die Berechnung einer Ersparnis an Energieverbrauch durch Abschaffung der Glühlampen oder die Berechnung von irgendeiner Erdtemperatur durch CO2.
Mit so einem faden Gehirnsalat werden die Deutschen gefüttert und die fühlen sich noch toll und besonders intelligent, weil sie „intradisziplinär“ und „nachhaltig“ denken und handeln.
Uns Deutschen geht’s einfach zu gut, was ja an sich noch nicht schlimm ist. Aber leider vergessen alle bei unserem Wohlstand, wo der herkommt und wie man ihn in Zukunft erhöhen kann. Stattdessen wird noch hier und da ein Wohlfühlschräubchen verstellt, was nichts bringt, aber Unmassen an Geld kostet. Und vor allem den deutschen Gutmenschen ein besseres Gewissen wegen des Unrechts in der Welt verschafft.
Passendes captcha zu der Studie: geirrt!
Guten tag Herr Heinzow
ich nehmen an, der WBGU ist in der Lage Co2 Bilanzen zu erstellen und wäre sicher in Konfrontation zu den Ergebnissen des IFEU-Instituts gegangen .
Wie gesagt , Rahmstorf hatte sich dagegen ausgesprochen und WBGU ist nicht zu den Konsequenzen gefragt worden.
Den WBGU zu wirtschaftlichen Folgen zu befragen wäre in der Tat vermessen gewesen aber die nachteiligen Effekte in deren Kompetenzbereich zu analysieren wäre sicher nicht von Nachteil gewesen.
Sie stimmen also Herrn Gärtners Auslassungen zur negativen Ökobilanz bei der Abwrackprämie nicht zu?
@ M. Schmitz #5
Sie haben da was übersehen:
„Gutachter: Abwrackprämie nutzte der Umwelt (07.09.2009)
Bild: Pixelio/marenbesslerAnders als des öfteren behauptet hatte die Abwrackprämie keineswegs negative Auswirkungen, sondern positive Wirkungen auf die Umwelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Heidelberger IFEU-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Nach den Berechnungen der Gutachter liegen Spritverbrauch und CO2-Ausstoß der neuen Pkw durchschnittlich um rund 20 Prozent niedriger als bei den abgewrackten Fahrzeugen.“
Sie finden das hier: http://tinyurl.com/cr77l4r
Nehmen Sie ernsthaft an, daß sich der ökonomisch nicht als qualifiziert anzusehende WBGU (nur eine Volkswirtschaftlerin, aber kein BWLer dabei) ein solches Gutachten überhaupt qualifiziert durch alle Mitglieder beurteilen kann?
Hmm , grösstenteils Zustimmung …
Erstaunlich ….
Einige würden hier es nicht glauben, aber selbst Herr Rahmstorf hat sich gegen die Abwrackprämie ausgesprochen , da eine positive Co2 Bilanz eher bei einem Verbrauch der vorhandenen Altfahrzeuge gegeben ist als bei Verschrottung derselben und Neukauf eines neuen Autos.
Leider wurde der WBGU (wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung) nicht zu der Abwrackprämie gefragt sondern nur (wie ich annehme) die Wirtschaftsberater.
Alle ärgern sich, aber offensichtlich stehen die Berater in verdeckter Konkurrenz zueinander.
Die Politik ist offenbar nicht so einspurig wie man auf dem ersten Blick annimmt
Zitat: „Die EU-Kommission hat die deutschen Behörden aufgefordert, das ab September geltende Handelsverbot für Glühlampen durch Kontrollen zu überwachen.“
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Hinter dem scheinbaren Irrsinn der heutigen Zeit bzw. der heutigen Politik steht der tatsächliche Irrsinn von Psychopathen und Soziopathen, welche darum kämpfen, ihre überproportionale Macht, die sie bis dato schon besitzen, nicht nur zu bewahren, sondern noch weiter auszubauen, während wir uns wie Schafe verhalten …
Stoßfeste Speziallampen fallen noch nicht unter das Verbot. Beeilt euch.
Osram CENTRA A 100W matt
z.B.
http://tinyurl.com/8mx5ztn
Hallo Freunde der Glühlampe,
schaut doch mal bei Osram rein.
http://tinyurl.com/9t5omuz
Hier gibt es Halogenlampen in vielen
Ausführungen und die sind nicht verboten.
Es sind aber Glühlampen. Etwas teurer
aber doppelt so haltbar. Darüber berichteten
aber nicht die deutschen Qualitätsmedien.
Unfassbar!
Jetzt gibt es schon Aufforderungen, eine Glühbirnen-Gestapo einzurichten.
Mir fällt dazu nur der Spruch ein: „Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich bei so was kotzen könnte!“