von AR Göhring

Schon Robert Habeck deutete in einem Gespräch mit Richard Precht im ZDF an, daß das chinesische System schneller und effizienter das Klima retten könne als die träge westliche Demokratie. Was natürlich Unfug ist – auch wenn die Chinesen an Zahl die meisten Windräder und Photovoltaikanlagen bauen, errichten sie gleichzeitig ein Kohlekraftwerk nach dem anderen und stoßen wesentlich mehr CO2 aus als Öko-Weltmeister Deutschland, auch in Zukunft.

Kritiker vermuten hinter solchen Aussagen grüner Politiker eher eine mehr oder minder unbewußte Begeisterung für autoritäre Systeme, die bestimmten Persönlichkeiten deutlich mehr Chancen bieten als die bewährte westliche pluralistische Demokratie. Gebildete und fleißige Staatsbürger, die nach Leistung und Talent befördert werden, dominieren in der Demokratie – Leistungsverweigerer und Dogmatiker hingegen in der Theo- und Autokratie.

Da die grünen Parteioberen mittlerweile überwiegend beruflos sind – und auch ihr NGO-Saum kaum noch professionelle Kompetenz besitzt, ist zu erwarten, daß sie nicht den pluralistischen „herrschaftsfreien Diskurs“ , sondern eher die „diskursfreie Herrschaft“ bevorzugen. Nichts Neues unter der Sonne also, wie die Bibel sagt. Oder, Mark Twain, die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.

Insofern wundert es nicht, daß ein Sprecher der Letzten Generation LG, also der aktuell medien-beherrschenden Asphaltkleber, wie seine Kollegin Aimée van Baalen bei hart aber fair, „Gesellschaftsräte“ fordert. Im Interview mit dem Deutschlandfunk hat er es aber nicht ganz leicht, da der der Journalist Rainer Brandes ungewöhnlich hart nachfragt – und dem Sprecher sogar ins Wort fällt. Sein Einwand: Der LG-Mann solle nicht von den „bekannten“ Klimakollapsfolgen erzählen, sondern von seiner Rats-Idee. Außerdem fordere er etwas, was es schon gäbe: den Deutschen Bundestag. Was sei beim Rat anders – vor allem: was sei besser?

Theodor Schnarr, ein schon reiferer Vertreter der Letzten Generation, antwortet, daß die Regierung und das Parlament versagt hätten – sie hätten nicht einmal „einfachste Sicherheitsmaßnahmen wie das Tempolimit“ hinbekommen. Das solle ein von der LG konzipierter „Gesellschaftsrat“ schneller schaffen, weil er unabhängig von „Lobbyinteressen“ und Wahlkampfterminen sei.

Brandes hakt sofort nach (guter Journalist!) und fragt, wieso man denn gerade in diesem Rat sicher vor Einflußnahme sein könne. Schnarrs Lösung: Die Mitglieder des Rates sollen anonym sein! Anonyme Demokratie? Demokratie mit unbekannten Volksvertretern, die nicht konkret überwacht werden können? Den Schreiber dieser Zeilen erinnert solches Gedankengut sogleich an den Großen Bruder Nummer eins in Kambodscha, der war auch anonym (erst nach dem Zusammenbruch der roten Khmer erfuhren die Überlebenden von Pol Pot).

Immerhin gesteht Schnarr zu, daß in dem anonymen Rat nicht nur „vegane Professorinnen aus Leipzig“, sondern auch „Autofans aus Neubrandenburg“ sitzen sollen. Allerdings soll sich das Parlament dazu verpflichten, die „sozial gerechten“ Vorschläge, die in „moderierten Runden“ der Räte ausgearbeitet werden, umzusetzen.

Brandes hakt erneut ein (sehr guter Journalist!) und will wissen, wie diese Idee mit dem freien Mandat der Abgeordneten zu vereinbaren sei. Schnarr weicht auf Behauptungen aus – zum Beispiel, daß eine Mehrheit im Volk mehr Klimaschutz wolle (das zeigte bekanntlich die Klimaabstimmung in Berlin neulich – nicht).

Wie sollen die namenlosen Mitglieder des Rates denn bestimmt werden? Das soll per Los geschehen – im Prinzip keine schlechte Idee, hatten die Altvorderen in Attika vor 2.400 Jahren teils auch schon so gemacht. Bei der bekanntermaßen Negativ-Auswahl der letzten Jahre in Parlamenten und Regierungen kann es mit dem Niveau daher nur aufwärts gehen, wenn Leute zufällig gelost werden. Erstaunlicherweise verlangt Schnarr nicht, daß nur Freiwillige gelost werden können, sondern tatsächlich alle – wie bei den Schöffen vor Gericht.

Das erstaunt den Interviewer – er fragt, was denn wäre, wenn ein „festgefahrener Klimaleugner“ in so einem Rat säße, also solche Leute wie EIKE-Leser. Der LG-Mann bleibt erstaunlich gelassen und verweist auf Irland – da gab es bei der Abstimmung zum Abtreibungsrecht auch Räte, in denen erzkatholische Hardliner aufgeweicht und vom „richtigen“ Weg überzeugt wurden. Klingt für kritische Ohren eher nach Ausübung sozialen Drucks – vielleicht setzt Schnarr genau darauf? Dennoch wäre es interessant, zu sehen, wie Vertreter von Fridays for future oder der Letzten Generation reagierten, würde eine Ratsempfehlung durch das Wirken eines EIKE-Lesers nicht im Sinne der grünen Alarmisten ausfallen. Wahrscheinlich so, wie die Massenmedien reagierten, als kürzlich der Klima-Volksentscheid in der Hauptstadt für die grünen Oligarchen krachend scheiterte: „Zwei Drittel Berlins werden als „Randbezirke“ verunglimpft.“

Hier zum Nachhören.

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