Der Frühling beginnt, wenn die Forsythie blüht. Die Hamburger Forsythie erblüht seit 40 Jahren gleich.

Matthias Baritz, Josef Kowatsch

Frühlingsbeginn in Deutschland ist, wenn der Hamburger Forsythienstrauch in der Innenstadt an der Alster blüht. So ähnlich konnte man es einmal in einem Bericht des Deutschen Wetterdienstes lesen. Das muss dieses Jahr um den 22. März der Fall gewesen sein, also 2 Tage nach dem Kalendarischen Frühlingsbeginn.

Obwohl eine Innenstadt immer wärmer ist als die Umgebung, eignet sich der Standort an der Alster gut, da er im Umkreis seit 40 bis 50 Jahren wenig wärmende bauliche Veränderungen erfahren hat. Hamburg wächst seitdem nach außen, was natürlich auch zu mehr Wärme in der Innenstadt führt, aber der Einfluss ist nicht so groß wie wenn sich um den direkten Standort Forsythie am Alsterufer weitere wärmende bauliche Veränderungen dazugesellt hätten. Somit sind die Blühdaten dieses Hamburger Strauches an der Lombardsbrücke durchaus ein guter Vergleichsstandort über mehr als die letzten 40 Jahre.

Die Beobachtung geht eigentlich bis 1945 zurück, als der Obergefreite Carl Wendorf sich zum ersten Male am 27. März im völlig zerbombten Hamburg an dem gelb blühenden Strauch erfreuen konnte. Genau gesagt, 40 Jahre lang hielt er den Blühtermin desselben Strauches am selben Ort fest und wurde somit zum 1. Phänologen des Deutschen Wetterdienstes. Die längste Beobachtungsreihe eines Strauches in Deutschland.

Als er starb, hat sofort Jens Iska Holtz ab 1985 die Beobachtung übernommen und führt diese trotz seines hohen Alters immer noch fort. Schon lange sucht Herr Holtz wegen seines hohen Alters über die Medien einen Nachfolger. Mag das der Grund sein, dass er den Blühtermin noch nicht gemeldet hat und auch seinen Anrufbeantworter nicht abrief, obwohl wir zweimal angefragt hatten? Komisch, bei den vielen grünen Omas gegen rechts in Hamburg findet sich kein Nachfolger!!! Das zeigt erneut, dass diese Omas außer ihrem linksgrünen Gewäsch mit Natur und Umwelt nichts am Hut haben. Bis jetzt bestimmte ein echter Naturfreund, nämlich Herr Holtz, wann in Deutschland der (Erst)-Frühling begann. Es wäre schade, wenn die Beobachtungsreihe aus Desinteresse nicht fortgeführt werden könnte.

Behauptet wird von den CO₂-Erwärmungsgläubigen und Klima-Geldeintreibern:

1) Dass der Frühling wegen der allgemeinen zumindest in Deutschland gemessenen Temperaturzunahme immer früher käme.

2) Und die Temperaturzunahme wäre fast ausschließlich durch die CO₂-Zunahme verursacht.

In der nun auch 40 jährigen Beobachtungszeit des Hamburger Blütenbeobachters hat der CO₂-Gehalt in der Hamburger Luft um über 80 ppm zugenommen. Also betrachten wir zunächst den Jens Iska Holtz Blüten-Zeitraum. (Je weiter oben die Punkte, desto später)

Abb.1: Auf der horizontalen-Achse sind die Jahre seit 1985 aufgetragen, seit der Phänologe Holtz ehrenamtlich tätig ist. Auf der x-Achse der Blühtermin, gemessen in Tagen nach Jahresbeginn, also ab 1. Januar. Die Trendlinie ist mit 78 Tagen zugleich der Schnitt.

Erklärung der Grafik: Der Blühbeginn der Forsythie streut sehr stark. Die oberen Punkte bedeuten einen späten Frühlingsbeginn, die Punkte ganz unten sind ein früher Blütenbeginn. Beispiel: 1987 war der Blühbeginn am 7. April, also 97 Tage nach Neujahr. Der früheste Blühbeginn am 15. Februar 2002.

Erkenntnis:

  1. Wie man sofort sieht, war der diesjährige Blühbeginn mit 81 Tagen keineswegs ein sehr früher Blühbeginn, obwohl der Februar unmittelbar davor doch laut Copernicus der drittwärmste gewesen sein soll.
  2. Die Trendlinie ist eine Horizontale bei etwa 78 Tagen nach Jahresbeginn. Sie ist zugleich der Schnitt des Forsythienblühbeginns an der Alster seit 1985

Auswertung:

Es gibt also keinen verfrühten Frühlingsbeginn seit 40 Jahren, das zeigt die Grafik 1

Der diesjährige Frühlingsbeginn ist knapp über dem Schnitt, für die letzten 12 Jahre deutet sich allerdings eine Verfrühung an.

Auf der Suche nach Erklärungen.

Wir können sicherlich davon ausgehen, dass die Temperaturen davor den Blühbeginn am stärksten beeinflussen. Für die Forsythienblüte ist der Monat Februar wohl entscheidend, ein Monat, der die Pflanzen auf den Frühling vorbereitet, deshalb wird er im Volksmund auch Hornung genannt. Siehe Grafiken in unserem Februar-Artikel.

Die entsprechende Grafik der Wetterstation Hamburg für den Monat Februar zeigt seit 1985 eine ziemliche Erwärmung, wobei die letzten Jahre wärmer waren.

Grafik 2: DWD-Wetterstation Hamburg am Flughafen, Februarverlauf seit 1985, deutlich steigende Trendlinie. Beachte, der Forsythienstrauch ist jedoch nicht am Flughafen.

Erkenntnis: Wahrscheinlich steckt im Trendlinienanstieg auch die Zunahme des Flugverkehrs am Flughafen mit drin, je mehr Flugzeuge und Passagiere, umso mehr Wärmeinselwärme. Während der Standort an der Alster keine großen wärmenden Änderungen in den letzten 40 Jahren erfahren hat, denn 1985 war der Wiederaufbau nach dem Kriege wohl abgeschlossen.

Aber: Es sind nicht nur die vom DWD gemessenen Temperaturen, welche die Erstblüte beeinflussen. Eine Pflanze richtet sich auch noch nach vielen anderen Faktoren, um für sich zu entscheiden, heute beginnt mein individueller erster Frühlingstag. Und bei den Temperaturen sind natürlich die letzten 20 Tage entscheidender als die gesamten Wintertemperaturen davor.

Die Grünlandtemperatursumme GTS

Im Folgenden betrachten als einen weiteren Parameter die Grünlandtemperatur, GLT, bzw. die Grünlandtemperatursumme, GTS. In der Agrarmeteorologie werden dafür nur die positiven Tagesdurchschnittstemperaturen betrachtet. Die GTS folgendermaßen definiert: “Für die sogenannte Grünlandtemperatursumme (GTS) werden alle positiven Tagesmitteltemperaturen seit Jahresbeginn addiert. Im Januar wird das Tagesmittel mit dem Faktor 0,5 multipliziert, im Februar mit 0,75. Ab März geht der volle Wert ein…. Das Erreichen einer bestimmten Temperatursumme markiert das Ende der winterlichen Vegetationsruhe und den Beginn des nachhaltigen Pflanzenwachstums. Hier liegt der Grenzwert für die Grünlandtemperatursumme (GTS) bei 200 Grad.“ U.a. wird auch der Erstblüte der Forsythie eine GTS von 200 zugeordnet. Für unsere Auswertungen dieser positiven Tagesmitteltemperaturen nehmen wir die ca. 6 km entfernte DWD Station Hamburg Fuhlsbüttel. Beim Deutschen Wetterdienst wurden die Tagesdurchschnittstemperaturen von Jahresbeginn bis zur Erstblüte der Forsythie zusammengestellt, die Grünlandtemperaturen GLT herausgesucht und deren Summe GTS berechnet. Zusätzlich wurde für jedes Jahr der Mittelwert aller Grünlandtemperaturen bis zur Erstblüte gebildet. In der folgenden Grafik sind daher mehrere Parameter aufgetragen:

(nochmals GTS=Grünlandtemperatursumme)

Grafik 3: Rot die GTS, also die Summe der positiven Temperaturen bis zur Erstblüte, addiert ab Neujahr. Blau die Anzahl der Tage bis zur Erstblüte (wie in Grafik 1) grün, der Mittelwert aller positiven Temperaturen bis zur Erstblüte.

Erkenntnis: Die rote, stark steigende Trendgerade (1,01) zeigt eine Zunahme von etwa 40 Grad in den letzten 40 Jahren. Die Forsythie braucht scheinbar seit 1985 eine immer höhere GTS um zur Erstblüte zu kommen. Die blaue Trendgerade stimmt mit der in Abb. 1 überein und zeigt eine leicht verspätete Erstblüte seit 1985. Auch die grüne Linie mit dem Mittelwert aller positiven Temperaturen (GLT) bis zur Erstblüte zeigt einen kaum steigenden Trend.

Auswertung: Zur Grafik 1, Es gibt also keinen verfrühten Frühlingsbeginn bei dieser Forsythie seit 40 Jahren, haben wir hier noch eine unwesentliche Zunahme der Mittelwerte aller positiven Temperaturen bis zur Erstblüte, also kaum Erwärmung. Hier bleibt nun eine Frage offen: Wieso braucht die Forsythie eine höhere Grüntemperatursumme bis zu Erstblüte? Diese steigt in den letzten 40 Jahren um ca. 25%!

D. h. die Summe der positiven Tagesmitteltemperaturen (GTS) bis zur Erstblüte der Forsythie ist deutlich gestiegen. Besteht hier ein Zusammenhang? Braucht die Forsythie bei nicht steigenden Temperaturen (grüne Trendgerade) bis zu Erstblüte mehr Wärme in der Summe (rote Trendgerade)?

Nicht nur uns, auch dem Leser stellen sich Fragen über Fragen.

Lizenzhinweis zum Forsythienfoto in der oberen rechten Ecke von Abb. 1: Foto: NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, Forsythien an der Binnenalster.nnw, CC BY-SA 3.0 DE

Josef Kowatsch, unabhängiger, weil nicht bezahlter Natur- und Klimaforscher.

Matthias, Baritz Naturwissenschaftler und Naturschützer

 

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