von Edgar L. Gärtner

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Dieses Schaubild vergleicht die Kohlenstoffintensität der Elektrizitätserzeugung in Deutschland und Frankreich am 16. September 2023. Die deutsche Wirtschaft setzt danach einen fast genau dreimal so hohen Anteil „erneuerbarer“ Energien ein wie die französische und könnte sich dazu, im Einklang mit der herrschenden grünen Ideologie, selbst beglückwünschen. Vergleicht man aber die Kohlenstoffintensität (Gramm CO2 je Kilowattstunde), ergibt sich ein ganz anderes Bild: Deutschland pustet je Kilowattstunde Elektrizität nicht weniger als 20 mal mehr CO2 in die Atmosphäre als Frankreich. (Das ist allerdings nur eine Momentaufnahme und keine Angabe für den Jahresdurchschnitt.) Dieses Missverhältnis kommt offenbar daher, dass die deutsche Politik zwar 600 Milliarden Euro in die „Erneuerbaren“ investiert hat (das sind 60 Prozent der gesamten europäischen Investitionen für diesen Zweck), aber gleichzeitig vollständig aus der Kernenergie ausgestiegen ist. Das schwankende Dargebot der „Erneuerbaren“ kann deshalb in Deutschland nur durch den Einsatz von Kohle oder Gas ausgeglichen werden – in jüngster Zeit immer mehr durch Braunkohle. Deutschland leistet sich offenbar ein extrem teures System des Selbstbetrugs, das an die Geschichten der Bürger von Schilda erinnert.

Vor Selbstbetrug sind aber auch die Politiker und ihre Wähler auf der anderen Seite des Rheins nicht gefeit. Nach Aussage des ehemaligen Chefs des französischen Strom-Monopols haben die Franzosen in den letzten 30 Jahren ihre Augen vor der Tatsache verschlossen, dass die deutsche Politik mithilfe der EU alles unternommen hat, um die Vorteile des französischen Systems der Elektrizitätsversorgung zu untergraben und das nationale Unternehmen EDF letzten Endes in den Ruin zu treiben. Die deutschen Politiker konnten in ihrer großem Mehrheit nicht akzeptieren, dass vor ihrer Haustüre ein Wettbewerber agiert, der sie in Puncto Effizienz und Umweltfreundlichkeit weit in den Schatten stellt. So führte die französische Regierung im Jahre 2003 mithilfe der französischen Grünen (die bei vielen französischen Freunden der Kernkraft nicht von Ungefähr als deutsche Agenten gelten) die „Contribution au Service Public de l’Électricité (CSPE) ein, die auf die Stromrechnungen der Haushalte aufgeschlagen wird. Diese Abgabe dient zu 80 bis 90 Prozent der Finanzierung der „Erneuerbaren“, obwohl die französische Stromversorgung wegen ihrer guten CO2-Bilanz so etwas gar nicht nötig hätte.

Noch einschneidender ist das im Jahre 2010 von der Pariser Regierung auf Druck Brüssels erlassene Gesetz NOME (Nouvelle Organisation du Marché de l’Électricité), das EDF zwingt, Strom unterhalb seines Gestehungspreises an künstlich herangezüchtete Konkurrenten abzugeben. Henri Proglio erzählt, ursprünglich habe man ihm nur 36 Euro je Megawattstunde zahlen wollen. Nach zähen Verhandlungen habe man sich auf 42 Euro geeinigt. Der wirkliche Selbstkostenpreis des französischen Nuklearstroms liege aber bei Berücksichtigung aller Nebenkosten wie Wartung, Reparatur, Rückbau und Erneuerung bei 60 bis 65 Euro je Megawattstunde. Die stattdessen vorgeschlagenen 36 Euro hätten nur die unmittelbaren Produktionskosten abgedeckt.

Obwohl der französische Staatspräsident Emmanuel Macron seit dem vergangenen Jahr wiederholt angedeutet hat, der Fortentwicklung der Kernenergie wieder Priorität einzuräumen, gibt es bislang nur zaghafte Schritte in diese Richtung. Offenbar passt die mit der Kernenergie verbundene Perspektive eines Energieangebots im Überfluss zu günstigen Preisen nicht zum malthusianistischen Narrativ des World Economic Forum (WEF), das Macron zum Young Global Leader erkoren hat. Wie andere Führer des ehemals freien Westens muss er dafür sorgen, dass Strom knapp und teuer bleibt. Denn so lassen sich die Untertanen besser durch wirtschaftliche Erpressung disziplinieren und systemkonform steuern.

 

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