Willis Eschenbach

Gestern veröffentlichte Anthony Watts eine höchst interessante Diskussion über den Hunga-Tonga-Vulkan mit dem Titel „Record Global Temperatures Driven by Hunga-Tonga Volcanic Water Vapor – Visualized“ [etwa: Globale Rekordtemperaturen durch vulkanischen Wasserdampf des Hunga-Tonga getrieben – visualisiert]. Ich fand in dem Beitrag einige Kuriositäten, die es wert sind, diskutiert zu werden.

[Einschub des Übersetzers: Auch Cap Allon hat sich auf seinem Blog Electroverse zu diesem Thema in einem Artikel geäußert {in deutscher Übersetzung hier}. Er nahm als Aufhänger die UAH-Temperaturkurve von Dr. Roy Spencer, die im Juni, noch mehr aber im Juli eine ausgeprägte Spitze zeigt. Eschenbach erwähnt aber die Spencer-Kurve in seinem Beitrag mit keinem Wort, sondern zeigt stattdessen eine Graphik von Ryan Maue, die jedoch auch den Sprung zeigt. – Ende Einschub]

Die erste war die Verzögerung zwischen „Ursache“ und „Wirkung“. Hier ist die Grafik von Ryan Maue, die das Rätsel verdeutlicht:

Abbildung 1. Ausgabe eines Klima-Reanalysemodells der 2-Meter-Temperatur. Dies zeigt einen großen Sprung Mitte März.

Der Hunga-Tonga-Vulkan brach am 14. Januar 2022 aus. Meine Fragen lauten: Warum gibt es eine Verzögerung von etwa 14 Monaten vor dem Temperatursprung Mitte März 2023, der in dem roten Quadrat in Abbildung 1 dargestellt ist?

Und warum hat die Eruption keine sichtbaren unmittelbaren Auswirkungen?

Ich meine, wir sprechen hier von Änderungen der Strahlung aufgrund von Wasserdampf, und die treten sofort auf – sobald sich die Wasserdampfkonzentration ändert, ändert sich auch die Strahlung.
Und warum ist die Erwärmung von November 2022 bis zum Datum des angeblichen „Sprungs“ Mitte März fast genauso stark wie nach dem Datum des „Sprungs“?

Einige Leute haben gesagt, dass es daran liegt, dass es Zeit braucht, bis sich der Wasserdampf in der Stratosphäre verteilt. In seinem Beitrag zitiert Anthony aus einer Studie mit dem Titel „Global perturbation of stratospheric water and aerosol burden by Hunga eruption“ (etwa: Globale Störung der stratosphärischen Wasser- und Aerosolbelastung durch den Hunga-Ausbruch), in der es um die enorme Menge an Wasserdampf geht, die in die Stratosphäre gelangt ist. Aber hier ist ein weiteres Zitat aus der gleichen Studie:

Aufgrund der extremen Injektionshöhe hat die Vulkanfahne die Erde in nur einer Woche umrundet und sich in drei Monaten fast von Pol zu Pol ausgebreitet.

Wir hätten also innerhalb weniger Monate nach dem Ausbruch eine Veränderung feststellen müssen … aber in den obigen Daten gibt es dafür keine Anzeichen.

Die Grafik von Ryan Maue zeigt nicht die beobachteten Temperaturen. Stattdessen ist es die Ausgabe eines Klima-„Reanalyse“-Modells. Also dachte ich, dass ich mir zusätzlich, Sie wissen schon … tatsächliche Beobachtungen ansehen würde. Ich wollte mit den Berkeley-Earth-Temperaturen beginnen. Aber die reichen nur bis März 2023, so dass sie den angeblichen Temperatursprung nicht zeigen würden.

Also habe ich mir stattdessen die atmosphärischen Temperaturen der UAH MSU-Satelliten angesehen. Ich beginne mit der Temperatur der unteren Stratosphäre, denn dort wurde der Wasserdampf eingeleitet, so dass wir dort den Haupteffekt sehen sollten.

Abbildung 2. UAH MSU Temperaturen der unteren Stratosphäre.

Sie können die Auswirkungen der großen Eruptionen des späten 20. Jahrhunderts, Pinatubo und El Chichon, auf die Stratosphäre erkennen. Die Temperaturspitze kurz vor der Hunga-Tonga-Eruption ist wahrscheinlich eine Kombination aus den White Island- und Taal-Eruptionen im Dezember 2019 und Januar 2020.

Aber es gibt keinerlei Anzeichen für den Ausbruch des Hunga-Tonga. Es gibt auch keine Anzeichen für den angeblichen Temperaturanstieg Mitte März 2023.

Wenn wir uns in die Höhe bewegen, sehen wir hier die Temperatur der Tropopause, d. h. der Höhe, in der die Stratosphäre auf die Troposphäre trifft.

Abbildung 3. UAH MSU Tropopausentemperaturen.

Die Signale der früheren Eruptionen sind in dieser niedrigeren Höhe weniger deutlich … und auch hier gibt es keine Anzeichen für eine Auswirkung des Hunga-Tonga.

Noch weiter unten sehen die Temperaturen in der mittleren Troposphäre so aus:

Abbildung 4. UAH MSU-Temperaturen der mittleren Troposphäre.

Die Anzeichen der großen Eruptionen gehen im Rauschen ziemlich unter … und immer noch kein Zeichen von Hunga-Tonga.

Abschließend sind hier die UAH MSU-Temperaturen der unteren Troposphäre zu sehen:

Abbildung 5. UAH MSU-Temperaturen der unteren Troposphäre.

Gleiche Geschichte. Keine Anzeichen für einen Einfluss von Hunga-Tonga.

Vielleicht suche ich an der falschen Stelle? Wo würden wir denn die Veränderungen durch einen Vulkan in Tonga erwarten?

Nun, vielleicht in Tonga? … Leider gibt es keine täglichen Temperaturdaten aus Tonga. Aber hier sind Daten von einigen der nahe gelegenen Inseln.

Wir beginnen mit Fidschi, einem wunderschönen Ort, an dem ich neun Jahre lang gelebt habe:

Der Ausbruch hat keine unmittelbaren Auswirkungen, und es gibt auch keine Anzeichen für den angeblichen Temperaturanstieg Mitte März. Weiter geht es mit Tahiti:

Auch hier gibt es weder Anzeichen für einen Ausbruch noch für einen plötzlichen Anstieg. Er stieg nach dem „Sprung“-Datum, aber er stieg vor diesem Datum um etwa den gleichen Betrag.

Der nächste Ort ist Pago Pago in Amerikanisch-Samoa:

Sieht aus wie Tahiti, eine ganze Menge Nichts ist los. Als Nächstes Auckland in Neuseeland:

Keine unmittelbare Reaktion auf die Eruption. Und wenn der Hunga-Tonga die Erwärmung im Jahr 2023 verursacht hat … hat er dann auch die vorangegangene Abkühlung ab Ende 2022 verursacht?

Weiter geht es mit Honiara, meiner alten Heimatstadt auf den wunderschönen Salomonen, wo ich acht Jahre lang gelebt habe:

Dort ist auch nicht viel los, die Temperaturen steigen sowohl vor als auch nach dem „Sprung“ Mitte März … hier schließlich Lord Howe Island vor der Ostküste Australiens:

Ein Jahr Abkühlung nach Hunga-Tonga, dann Erwärmung … was nun?

Um ein größeres Gebiet zu betrachten, hier die Nordatlantische Oszillation im gleichen Zeitraum:

Ich sehe es immer noch nicht. Es gibt einen Anstieg ab etwa Mitte März, aber er ist nicht von dem vorherigen Anstieg zu unterscheiden und viel geringer als der Anstieg vor dem Hunga-Tonga.

Zum Schluss noch ein anderes Computer-Reanalysemodell der globalen Temperatur. Um einen besseren Überblick über die Gesamtsituation zu erhalten, habe ich mit den Daten im Jahr 2016 begonnen und nicht im Jahr 2022 wie in der obigen Grafik von Ryan Maue:

Wie bei der Grafik von Ryan Maue gibt es eine Erwärmung sowohl vor als auch nach dem „Sprung“. Sie ist jedoch insgesamt viel geringer als die Erwärmung unmittelbar vor dem Ausbruch.

Zum Schluss noch drei verschiedene Blicke auf die gleiche Zeitspanne nach 2016 – ERA5, HadCRUT und UAH MSU-Ergebnisse:

Tut mir leid, aber ich sehe immer noch keine Auswirkungen des Hunga-Tonga-Ausbruchs und auch keinen großen Temperatursprung Mitte März 2023.

Was soll ich daraus schließen?

Meine Vermutung, und das ist nichts weiter als eine Vermutung, lautet wie folgt:

Keine der obigen Grafiken, auch nicht die von Ryan Maue, zeigt unmittelbare Auswirkungen des Ausbruchs. Ich vermute, dass dies daran liegt, dass sich die Schätzungen der globalen Auswirkungen des eingebrachten Wassers fast ausschließlich auf die Erwärmung durch den Anstieg der abwärts gerichteten langwelligen Strahlung aufgrund des erhöhten Wasserdampfs in der Stratosphäre konzentrieren.

Die kühlenden Auswirkungen des Rückgangs der abwärts gerichteten kurzwelligen Strahlung (Sonnenschein) scheinen sie jedoch zu vernachlässigen. Dieser Effekt dürfte erheblich sein, da das Wasser in der Stratosphäre viel Eis enthalten wird, welches das Sonnenlicht gut reflektiert.

Neben der Reflektion des Sonnenlichts besteht ein zweiter wichtiger Aspekt darin, dass Wasserdampf, Eis und Wassertröpfchen das Sonnenlicht absorbieren, was ebenfalls zur Abkühlung der Erde beiträgt, da die absteigende Kurzwellenstrahlung an der Oberfläche reduziert wird.

Außerdem glaube ich einfach nicht, dass eine Injektion von Wasser in die Stratosphäre, das „die Erde in nur einer Woche umrundet und sich in drei Monaten fast von Pol zu Pol verteilt hat“, a) keine unmittelbare Abkühlung oder Erwärmung, keine Auswirkungen in sechs Monaten und keine Auswirkungen in einem Jahr hätte … aber b) vierzehn Monate später immer noch einen Temperaturanstieg verursachen würde. Vielleicht übersehe ich etwas, aber ich sehe keinen durchführbaren physikalischen Prozess, der das verursachen würde.

Link: https://wattsupwiththat.com/2023/08/07/hunga-tonga-mysteries/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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