Helmut Kuntz

Im gerade vergangenen Mai wurde in Italien die Emilia-Romagna (wieder) von einer extremen Regenflut heimgesucht. Selbstverständlich Anlass für alle die es besonders genau wissen, darin unverkennbar und absolut sicher den ominösen Klimawandel erkennen zu können:
[7] SPIEGEL, 20.05.2023: Unwetter in Italien – Klimawandel bedroht Mittelmehrraum
Stürme, Überschwemmungen, Dürre: Der Klimawandel könnte Unwetter im Mittelmeerraum extremer machen, warnen Forscher – mit Folgen für Deutschland.
TAZ, 18.05.2023: Extremwetter infolge des Klimawandels: Italien wetterfest machen
Italien gilt als Hotspot des Klimawandels, die jüngste Flutkatastrophe ist nur ein Vorbote. Die Regierung braucht jetzt schnelle Konzepte.

Doch nun wurde Italiens Klima-Folter(er) rehabilitiert

Diese Überschrift ist eine leichte Abwandlung vom Header des Artikels „Italiens Klima-Folter“ auf Klimareporter.de von 2018 [1]. Er wurde damals aufgrund schlimmer Starkregen in Italien geschrieben, mit dem unvermeidbaren Hinweis, dass nur der Klimawandel dafür in Frage kommt und ein Professor vom PIK es selbstverständlich auch belegen – zumindest genauestens vermuten – kann.
Allerdings wurde zu den Mai-Ereignissen nun von honoriger Stelle eine Atrributionsstudie publiziert, die genau dieses Narrativ nicht nur in Frage stellt, sondern glatt verneint:
Merkur 04.06.2023: Überschwemmung in Italien: Studie untersucht Einfluss des Klimawandels und kommt zu überraschendem Ergebnis
… Intensive Regenfälle, wie sie in den vergangenen Wochen über der italienischen Emilia-Romagna niedergingen, sind durch den Klimawandel in dieser Region nicht wahrscheinlicher geworden … Auf der Basis von Wetterdaten und Computermodellen suchten die Forschenden nach Hinweisen auf den Einfluss des Klimawandels auf den Starkregen – und konnten keinen Trend feststellen.

Zusätzlich listet diese Studie noch, dass auch in Italien bezüglich den Anpassungsmaßnahmen gegen die dort ebenfalls regelmäßigen Extremniederschläge wohl ähnliche Zustände wie im Ahrtal herrschen, was aber weniger ein Licht auf die Verhältnisse in Italien, sondern auf die Ergebnisse von 16 Jahren „Merkel“ wirft.

Attributionsstudie “Limited net role for climate change in heavy spring rainfall in Emilia Romagna” [2]

Diese kommt zu dem überraschenden Schluss, dass der ominöse Klimawandel nicht! für dieses Ereignis verantwortlich gemacht werden kann:
[2] Attributionsstudie 2023
(Deepl-Übersetzung) …. Sowohl in den Stationsdaten als auch in anderen Beobachtungsdatenprodukten ist kein signifikanter Trend im Auftreten der 21-tägigen Frühjahrsniederschläge:
Die Regenmenge, die heute bei einem 200-jährigen Ereignis fällt, ist also die gleiche wie bei einem 200-jährigen Ereignis zu Beginn der Aufzeichnungen.
Um festzustellen, ob es tatsächlich keinen Trend gibt der auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen ist, oder ob ein Trend durch Veränderungen anderer Einflussfaktoren für Niederschläge, wie Landnutzungsänderungen oder Aerosolveränderungen, überdeckt wird, betrachten wir dasselbe 21-Tage-Ereignis in Klimamodellen mit und ohne den vom Menschen verursachten Anstieg des Klimawandels.
Von den 19 verwendeten Modellen zeigt keines eine signifikante eine signifikante Änderung der Wahrscheinlichkeit oder Intensität des Auftretens eines solchen Ereignisses. Dies deutet darauf hin, dass im Gegensatz zu den meisten Teilen der Welt in der Region Emilia-Romagna im Frühjahr tatsächlich keine Zunahme von Starkregenereignissen festzustellen ist.
Folglich ist die Änderung der Intensität zwischen dem Klima von 2023 und einem 1,2°C kühleren Klima in diesen Datensätzen ebenfalls sehr gering und mit großen Unsicherheiten behaftet:
4 % Anstieg in den Stationszusammenfassungen (Unsicherheit: -49 % bis 30 %),
3 % Rückgang in MSWEP (Unsicherheit: -32 % bis 40 %) und
10 % Rückgang in ERA5 (Unsicherheit: -28 % bis 16 %).

Anbei eine Darstellung, wie die Studie zu ihren Ergebnissen kommt. Zuerst die Extrem-Niederschlagsdaten in der Studie:

Bild 1 In der Studie ermittelten und zur Auswertung angezogenen 21-Tage-Niederschlagsdaten der betroffenen Region für den Zeitraum 1950 bis Mai 2023. Quelle: [2] Figure 5: Time series of AMJ maxima of 21-day accumulated rainfall along with the ten-year running mean (shown by red line) for ER based on (a) station composites (b) MSWEP and (c) ERA5 datasets

Diese Niederschlagsverläufe wurden in Korrelation mit der Globaltemperatur verglichen:

Bild 2 Globaltemperaturverlauf

Umgesetzt in eine Darstellung des temperaturabhängigen Auftretens solcher Ereignisse, leiten sich dann die statistischen Wiederholraten ab. Der Unterschied zwischen den blauen und roten Begrenzungslinien der rechten Grafiken zeigt die berechnete Differenz zwischen der Ereignishäufigkeit bei aktueller Temperatur und einem 1,2 Grad kühlerem Klima:

Bild 3 [2] Figure 6: GEV fit with constant dispersion parameter, and location parameter scaled proportional to observed GMST, for the ER region based on (a) station composites (b) MSWEP and (c) ERA5. The 2023 event is included in the fit. Left: Observed AMJ Rx21d as a function of the smoothed GMST. The thick red line denotes the time-varying location parameter; the thinner lines above indicate 6-year and 40-year effective return levels. The vertical red lines show the 95% confidence interval for the location parameter for the 2023 climate and a 1.2ºC cooler climate. The 2023 observation is highlighted with the magenta box. Right: Return time plots for the climate of 2023 (red) and a climate with GMST 1.2 ºC cooler (blue). The past observations are shown twice: once shifted up to the current climate and once shifted down to the climate of the late nineteenth century. The markers show the data and the lines show the fits and uncertainty from the bootstrap. The magenta line shows the magnitude of the 2023 event. – Bild vom Autor ergänzt

Die Wetterdaten

In der Studie wird ein Zeitraum von 1950 bis aktuell, also von 73 Jahren zur Auswertung angezogen (Bild 1) und in Grafiken die damit bis zu 10.000 Jahre weit in die Zukunft „hochzurechnen“, als Mittelwert- Linien mit Vertrauensbereich eingetragen.

Die Verwendung solcher (für Niederschlagsereignisse) kurzer Zeiträume findet sich unisono in allen Attributionsstudien (die der Autor bisher angesehen hat). Dabei stellt sich die Frage, ob es nicht längere Datensätze gibt und wenn, warum diese dann nicht verwendet werden, allerdings auch, was sich dann vielleicht am Ergebnis ändern würde.

Zu Italien kann man erstaunt lesen, dass gerade in diesem Land die Wetteraufzeichnungen besonders lang und hochwertig seien:
[10] Observation data
Italy is one of the first countries that started to systematically collect meteorological observations. Meteorological instruments and a network of observations were developed by Galileo’s scholars and operated in the 17th century already. The rainfall series 55 collected in Padua since 1725 is the longest daily record in the world, and five other rainfall stations have been continuously in operation – with few missing values – since the eighteenth century (Bologna, Milan, Rome, Palermo and Turin). Therefore, a data set of enormous value has been accumulated in Italy over the last three centuries (Brunetti et al., 2006).

Und so findet sich beispielsweise die Langzeit-Wetteraufzeichnung von Bologna – einer Stadt mitten in der von der Flut betroffenen Emilia-Romagna – in Tagesauflösung in zwei Studien:

Bild 4 Langzeit-Wetterdaten von Bologna aus zwei Studien [10] und: [3] Figure A1. Time series of daily precipitation series in Bologna … with annual maximum rainfall depths marked ans additional showing climatic values (30-year averages) of annual maxima and of daily averages (adapted from Koutsoyiannis … )

Beim genaueren Vergleich sieht man, dass im unteren Verlauf [3] die in [10] um 1830 deutlich erkennbare, hohe Tagessumme fehlt, ansonsten stimmen die beiden Verläufe wohl überein.
Erkennbar ist, dass die extremen Tagesniederschläge eher abnehmen und ohne Vortrend spontan von einem Extrem unterbrochen werden können, was für Extremniederschlag allerdings ganz typisch ist. Auch das Ahrtal mit seinem schon drei Mal aufgezeichnetem, grob alle 100 Jahre auftretendem Extremst-Ereignis zeigt diesen Effekt.

In Griechenland zeigt sich übrigens dazu ein ähnliches Verhalten:

Bild 5 [3] Figure 3. Time series of daily precipitation series in Athens at the Hill of Nymphs station of the National Observatory of Athens (average daily values start in 1860 with a total length of 161 years; daily and maximum daily values start in 1864 with a total length of 155 years). The graph also shows (a) the high and low records, (b) the climatic values (30-year averages), and (c) the fitted linear trends. (Upper): average daily rainfall; (Lower): maximum daily rainfall.

Wie war es noch früher?

Nun würde man gerne wissen, wie es noch früher mit dem Extremniederschlag aussah.

Auch dazu findet sich eine Studie:
[11] Studie, Nazzareno Diodato at al.,
July 2019: A millenuium-long reconstruction of damaging hydrological events across Italyjan
Und diese zeigt, dass in Italien die schlimmsten Fluten ausgerechnet während der Kälte des ausgehenden Mittelalters bis grob zum Beginn der Industrialisierung geschahen. Ein Ergebnis, welches sich gut mit den Flutereignissen in Deutschland deckt und anhand der seit dem Mittelalter hinterlegten Flusspegeldaten über ganz Deutschland einfach nachgeprüft werden kann.

Bild 6 [11] 3. Overview of several environmental and climate patterns during the past twelve centuries (800–2017).

(F) Hydrological variability for the Po River Basin (brown curve) reconstructed by foraminiferal δ18O record-sediment core
(A) Evolution of the smoothed 11-year Gaussian flter of storm severity index sum – SSIS(GF) – in Italy (blue curve) with retreat/advance of the Langjökull glacier (Iceland) reconstructed from the Hvítárvatn lake varves (red curve).

Bei so vielen historischen Daten wundert man sich dann schon, warum die Attributionsstudie erst mit dem Jahr 1950 beginnt. Doch das hat „gute“ Gründe.

Falsche“ Daten würden das Ergebnis „stören“

Trägt man die zu korrelierende Globaltemperatur in den Niederschlagsverlauf von Bologna ein, sieht man sofort, dass kurz vor 1950 ein steiler Temperaturanstieg begann und ab dann der Extremniederschlag im Verlauf auch „günstiger“, also wenigstens etwas alarmistischer ausfällt. Betrachtet man allerdings den vollständigen Zeitbereich, finden sich in der kalten Zeit vor 1940 genau so hohe, sogar höhere Tagesextreme als danach. Mehr als etwas „unglücklich“, wenn man einen Anstieg mit steigender Temperatur belegen will.
Zudem: Nur bis 1900 … 1935 zeigt sich so etwas wie eine wirkliche Korrelation zwischen Temperaturanstieg und hohem Extremniederschlag.

Bild 7 Verlauf der Globaltemperatur vom Autor über die Niederschlagskurve von Bologna kopiert

Wenn man gerade bei den Daten ist. Unter den Temperaturdaten dieser Gegend finden sich schöne Beispiele für nachträgliche „Richtigstellungen“.
Beispielhaft der Datensatz von Rimini (ein vom Flutereignis stark betroffener Ort.

Bild 8 Temperaturverlauf von Rimini mit den nicht gelöschten Adjustierungen. Vom Autor ist der Verlauf der Rohdaten in orange grob nachgezeichnet. Bestimmt nicht zufällig zeigt der „richtiggestellte“, schwarze Temperaturverlauf in der Vergangenheit (erheblich) niedrigere Temperaturen

Die folgende Zusammenstellung von Grafiken zeigt direkt die Auswirkungen der (bewussten) Einschränkung der Datensatzlänge. Dass es bei erheblich kälteren Temperaturen ebenfalls vergleichbare Extremniederschlagsereignisse gibt, verschwindet völlig aus dem Auswertefokus:

Bild 9 Zusammenfassung der verschiedenen Daten durch den Autor

Was passiert nun, wenn man beispielhaft das Extremereignis von 1933 in die ursprüngliche Auswertung nachträgt, unter der Annahme, dass der Niederschlag damals ähnlich hoch wie beim diesjährigen Maiereignis war. Die Temperaturdifferenz dazu beträgt ungefähr minus 0,9 Kelvin.

Die Häufigkeitsbilder der Extremereignisse zeigen nun:
-Das aktuelle Ereignis ist unabhängig von der Temperatur,
-die Temperatur-Tendenz (Mittelwert ist die dicke, rote Linie), welche in den Grafiken b und c schon fällt und nur in a eine geringfügige Anstiegstendenz aufweist, würde wohl auch in a fallend werden.
-Die zusätzlich eingezeichneten, blauen Begrenzungslinie zeigen sowieso, dass die Gesamttendenz von Extremregen mit höherer Temperatur abnimmt.

Alleine diese Grafiken widerlegen damit zusätzlich den oft postulierten Klimawandeleinfluss, bestätigt also auch die Aussagen der anderen Attributionsstudien, dass Extremniederschlag bei Kälte häufiger vorkam.

Bild 10 Häufigkeitsgrafiken aus Bild 3 mit vom Autor nachgetragenen Ereignisdaten von 1933 und blauen Begrenzungslinien

Was ist von unseren „Klimawandel-Experten“ zu halten

Unabhängig davon, was man aus der Attributionsstudie herauslesen will, zeigt diese eines allerdings klar:
Keine der dortigen Regenfluten kann auf den ominösen Klimawandel bezogen werden. Und bis zum Auftreten der diesjährigen Maiflut, ab der man dann genauer hinsehen muss, zeigten dies alle Daten auf Anhieb überdeutlich, da sie bei tieferen Temperaturen höhere Extrempegel und auch Häufungen auswiesen (eingezeichnete, hellblaue, gestrichelte Begrenzungslinien im Bild 10).

Die vielen Fachpersonen welche über Jahre das Gegenteil behaupteten (und immer noch behaupten), lagen (und liegen) demnach erkennbar mit Falschaussagen daneben. Leider zeigen diese auch, wie man beim ominösen Klimawandel trotz vorhandener, eindeutiger Daten betrogen wird (rein persönliche Meinung des Autors).
[8] DERSTANDARD, 16. Sept. 2022: SCHWERE UNWETTER Italien: Nach der Rekorddürre die Sintflut
… Bei Unwettern in der italienischen Region Marken sind bisher zehn Menschen ums Leben gekommen. Flüsse, die zuvor fast ausgetrocknet waren, wurden zu zerstörerischen Fluten … Italien erweist sich immer mehr als Hotspot des Klimawandels: Wurden in Italien im Jahr 2009 noch rund 300 Extremwetterphänomene gezählt, waren es im Jahr 2019 laut der European Severe Weather Database mehr als 1.600 – eine Verfünffachung innerhalb von zehn Jahren.
… Wir sind es leid, in immer kürzeren Abständen Opfer der Klimakrise beklagen zu müssen“, erklärte der Chef der italienischen Grünen, Angelo Bonelli …
[1] 6.11.2018 (klimareporter.de): Italiens Klima-Folter
Schwere Unwetter halten Italien seit Tagen im Griff – mit über 30 Toten und gigantischen Schäden. Die Wetterextreme passen zu den Szenarien der Klimaforschung für eine aufgeheizte Welt. Betroffen ist nicht nur die Mittelmeerregion.

Zum gerade zitierten „klimareporter.de“: Dabei handelt es sich um die Nachfolgeplattform des Portals „klimaretter.info“, einer ehemaligen Hetzseite gegen „Klimaleugner“, welche unter Mitwirkung von Frau Claudia Kemfert betrieben wurde.
In der Nachfolge-Plattform „klimareporter.de“ ist Frau Kemfert ebenfalls als Mitglied im Herausgeberrat beteiligt.
Allerdings auch Frau Professor Friederike Otto, die Herausgeberin vieler Attributionsstudien, auch Mitautorin dieser Attributionsstudie.

Damit outet sich die in der Klimawandel-Attributionsforschung mit federführende Frau Professor Otto als bekennende und angepasste Klimaaktivistin. Für den Autor ist es deshalb auch kein Wunder, dass die unter ihrer Beteiligung entstehenden und publizierten Attributionsstudien solch eklatante, (bewusste) methodische Mängel aufweisen. Frau Kemfert geht ja ebenfalls so vor und „verzichtet“ zur Verbreitung ihrer Agenda auch teils recht konsequent auf wissenschaftliche Ansprüche (rein private Meinung des Autors, die dieser aus Mängeln in Publikationen von Frau Kemfert ableitet).

Quellen

[1] Klimareporter, 6.11.2018: Italiens Klima-Folter
[2] Attributionsstudie, Barnes, C at al., 2023 (14 Autoren): Limited net role for climate change in heavy spring rainfall in Emilia Romagna
[3] Studie Demetris Koutsoyiannis at al., 27 April 2023: In Search of Climate Crisis in Greece Using Hydrological Data: 404 Not Found
[4] Nathan J. L. Lenssen, at al.: Improvements in the GISTEMP Uncertainty Model
[5] NASA GISS Surface Temperature Analysis (v4)
[6] WELT, 04.11.2016 : KATASTROPHENJUBILÄUM Wie in Italien schon einmal die Welt unterging
[7] SPIEGEL, 20.05.2023: Unwetter in Italien Klimawandel bedroht Mittelmehrraum
[8] DERSTANDARD, 16. Sept. 2022: SCHWERE UNWETTER Italien: Nach der Rekorddürre die Sintflut
[10] Studie Rui Guo and Alberto Montanari, 21. October 2022: Historical rainfall data in Northern Italy predict larger meteorological drought hazard than climate projections
[11] Studie, Nazzareno Diodato at al., July 2019: A millenuium-long reconstruction of damaging hydrological events across Italyjan
[11] 3. Overview of several environmental and climate patterns during the past twelve centuries (800–2017).

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