Stefan Kämpfe
Der Super-Sommer 2022 fand noch bis zum 13. September eine gemäßigte Fortsetzung; danach stürzten die Temperaturen ab, und die bis dahin fleißige Sonne verschwand oft hinter Regenwolken. Ist damit das Ende aller Schönwetterträume eingeläutet, und droht uns gar ein Kaltwinter? Für die von den links-grünen Ideologen verursachte Energiekrise wirkt die frühe Herbstkälte gewiss als Brandbeschleuniger – vielerorts mussten die Wohnungen am dritten Septemberwochenende schon beheizt werden.
Die realen meteorologischen Möglichkeiten des Septembers
An der Bewertung des Septembers kann man Optimisten und Pessimisten unterscheiden: „Noch Sommer!“ sagen Erstere. „Schon Herbst!“ Letztere. Die Meteorologen haben sich da aber eindeutig positioniert – für sie gehört der gesamte „Scheiding“ (weil die warme Zeit des Jahres nun endet) zum Herbst. September kann jedoch Vieles: Hochsommer mit Sonne satt und zeitweise noch um oder über 30°C (1947, 1961, 1982, 1999, 2006, 2016), aber auch Kälte, Regen und kaum noch Sonne (1986, 1990, 1996, 2001, 2007), mitunter schon zähen Nebel oder auch schon erste Boden- und Nachtfröste. Sonnenstand und die astronomisch mögliche Sonnenscheindauer fallen vom Niveau des mittleren Aprils auf das des mittleren März zurück. Diese schwindende Besonnung reicht schon ab etwa der Monatsmitte nicht mehr aus, um einfließende Kaltluft, wie wir sie auch 2022 hatten, wesentlich zu erwärmen. Für sehr hohe Lufttemperaturen bedarf es neben einer maximalen Besonnung daher stets einer intensiven, von Wind unterstützten Warmluftzufuhr aus dem Süden. Zwar gehört der September zu den klassischen „Schönwettermonaten“ im Jahresverlauf, denn er wird oft von Hochdruckwetterlagen dominiert. Aber erstens kommt es auf die Position des Hochdruckgebietes an – liegt es westlich oder nördlich von Deutschland, so profitieren meist nur West- und Norddeutschland davon, und das Temperaturniveau ist schon recht verhalten. Zweitens werden die beiden septemberlichen Schönwetterphasen, der Spätsommer am Monatsanfang und der Altweibersommer im letzten Monatsdrittel, mitunter durch eine mehr oder weniger intensive Tiefdruckwetterphase um die Monatsmitte unterbrochen (2013, 2010, 2003, und eben auch 2022). Fazit: Die zeitweise feuchtkühle Septemberwitterung 2022 ist also alles andere als ungewöhnlich. Wohl zutreffend ist folgende Bauern-Regel: „Bei Schwalb‘ und Eichhorn merkt man’s bald – wenn sie verschwinden, wird es kalt.“ In den letzten Jahrzehnten blieben die Schwalben oft bis Mitte September – diesmal waren sie am Monatsanfang schon fortgezogen.
Unklare Oktober-Aussichten
Anders als im Hochsommer lassen sich im Herbst aus der Witterung des Vormonats meist keine eindeutigen Schlüsse für den Folgemonat ziehen, weil bei der schnell abnehmenden Tageslänge oft schon eine geringe Umstellung der Großwetterlage ausreicht, um ein völlig anderes Temperaturniveau zu bewirken. So folgten den warmen Septembern 1982, 1999 und 2016 durchwachsene und teils schon recht kühle und nasse Oktoberwochen, während es nach den kalten Septembern 1990, 1995 und 2001 im Oktober zeitweise nochmals spätsommerlich warm wurde. Zwar hat die Erhaltungsneigung (Persistenz) der Witterung um den Monatswechsel September/Oktober eine gewisse Bedeutung, und auch schon der Charakter des Septemberbeginns („Ägidientagsregel“) lässt nicht selten grobe Schlüsse auf den Witterungsverlauf im weiteren Herbst zu – doch diesmal startete der September schon nicht ganz beständig und nur mäßig warm. Das wichtigste Langfristmodell, das amerikanische CFSv2-Modell, sieht nach wie vor einen zu warmen Oktober für Mitteleuropa voraus. Weil die Oktobertemperaturen leicht positiv von der aktuellen AMO-Warmphase beeinflusst werden, könnte diese Prognose zutreffen; sicher ist sie keinesfalls.
Spielverderber für Späturlauber: Zwei Hurrikane auf Abwegen, in drei Etappen vom warmen Sommer in den kalten Herbst
Bis Ende August hatte sich noch kein Hurrikan entwickelt, was nur selten vorkommt (letztmalig 2013), weil viel Sahara-Staub und eine Windscherung die Bildung ausreichend großer Gewitterzellen über Westafrika und dem Atlantik behinderten. Erst Anfang September zeigten sich zwei schwächere Hurrikane, welche aber, anders als üblich, nicht in die Karibik oder zur US-Ostküste zogen, sondern die Region westlich der Azoren ansteuerten. Der erste, Danielle, tauchte am 2. September erstmals auf den Wetterkarten des Metoffice (Brit. Wetterdienst) auf. Noch Ende August befand sich ein recht stabil aussehendes Hoch über dem Nordmeer. Es war der letzte Teil des umfangreichen, zwischen den Azoren, West-, Nord- und Mitteleuropa pendelnden Hochdruckblocks, welcher uns das anhaltende Sommerwetter beschert hatte. Doch ein zunächst schwaches Tief bei Island vereinigte sich nun allmählich mit einem neuen Tiefkomplex westlich und südlich der Britischen Inseln. Dieser wurde durch die Ex-Hurrikane (Earl kam am 11. September als schon außertropisches Tief hinzu) intensiviert. Zunächst wanderte das Schönwetterhoch nach Fennoskandien und löste sich zum Ende der ersten Septemberdekade allmählich auf. Im Azorenraum dominierte nun zunehmend tiefer Luftdruck; ein weiteres Tief zog vom Nordatlantik südlich Islands schließlich nach Skandinavien und verstärkte sich dort ab dem 14. September, wobei an diesem Tage entlang einer Luftmassengrenze die verbreitet stärksten Regenfälle über Mitteldeutschland seit dem August 2021 (!) zu beobachten waren – oft um oder über 30 mm. Damit war der Umbruch zum windig-kalten Herbstwetter vollzogen.
Diese spannende Wetterentwicklung verdeutlicht, warum die Großwetterlagen so wichtig für das Temperaturniveau sind. Bei entsprechender Kaltluftzufuhr zeigt sich das für diese Wetterlagen typische Temperaturniveau der 1970er und 1980er Jahre; lediglich ihre Seltenheit bescherte uns die in jüngster Vergangenheit oft sehr milden September.
Die September-Witterung und der kommende Winter: Die Aussicht auf Kälte wird etwas besser
„Ist der September gelind, so bleibt der Winter meist ein Kind“ – das ist eine der ganz wenigen, halbwegs brauchbaren Witterungsregeln in Mitteleuropa. Nach den Untersuchungen des Autors anhand der DWD-Flächenmittel der Lufttemperatur seit 1881 folgte einem September, welcher mehr als 15°C erreichte, niemals ein sehr kalter Winter. Andererseits gingen milden Wintern mitunter auch sehr kühle September voraus – Septemberkühle weist nämlich besonders dann mit gewisser Sicherheit auf einen Kaltwinter oder zumindest zeitweise kalten Winter hin, wenn ein merklich zu trockener, warmer Oktober, am besten noch mit hohem Luftdruck über West- und Mitteleuropa, folgt (Paradebeispiel 1995/96, aber mit gewissen Abstrichen auch 2017/18, 2001/02, 1986/87, 1984/85, 1978/79 und 1977/78 – meist sind nicht alle Kriterien streng erfüllt). Der September 2022 wird aber weder allzu warm noch allzu kalt ausfallen – damit liefert er, zumindest bei flüchtiger Betrachtung, alleine keine eindeutigen Hinweise für die kommende Winterwitterung.
Zu dieser Abbildung: Wegen der großen Streuung ist der Zusammenhang trotz vorhandener Signifikanz (hoher Stichprobenumfang) nur sehr eingeschränkt aussagefähig und darf daher niemals allein für Vorhersagen genutzt werden; trotzdem gilt: Je wärmer der September, desto milder ist (meist) der folgende Winter. Weil der September 2022 mit etwa 13 bis 14,5°C (hier optimistisch auf etwa 14 °C geschätzt) nur im Mittelfeld landen wird; ist sowohl ein sehr kalter oder auch ein sehr milder Folgewinter noch möglich. Einige markante Wertepaare sind gekennzeichnet; dem bislang kältesten September von 1912 folgte der mäßig milde Winter 1912/13, dem kalten von 1962 aber der Strengwinter 1962/63, dem extrem warmen September von 2006 der extreme Mildwinter von 2006/07.
Aber erlaubt vielleicht ein Blick auf historische Wetterkarten doch etwas bessere Hinweise? Ähnlich kalt, freilich anders als 2022 fast durchgängig, verliefen die September 1986, 1996 und 2001. In allen diesen Septembern fanden sich zeitweise ähnliche Wetterlagen, wie Mitte September 2022 – das markante Tief über Nordeuropa und das Hoch westlich der Britischen Inseln.
Doch traten solche grob ähnlichen Lagen auch in einem insgesamt eher milden September auf? Hier kommt der äußerst spannende September von 2009 ins Spiel. Zwar verlief hier die Entwicklung anders, als in den bisher genannten Jahren: Nach einem heißen August und einer leicht wechselhaften, aber oft noch warmen ersten Septemberdekade (wie 2022) bildete sich ab dem 10. September ein umfangreiches Hoch über den Britischen Inseln, welches später nach Skandinavien und Mitteleuropa zog. An seiner Ostflanke wanderte ein am Boden nur schwach entwickeltes, in der Höhe aber sehr intensives Tief („Kaltlufttropfen“) von Nord- nach Mittel- und später nach Südwesteuropa. Es löste ab dem 14. September eine merkliche Abkühlung mit gebietsweise starken Regenfällen aus, ehe nach einigen Tagen wieder Hochdruckeinfluss für einen mäßig warmen Altweibersommer sorgte. Jedem Kenner wird klar: Eine winterliche Wiederholung dieser Lage bedeutet viel Schnee und Kälte, was dann im Januar 2010 eintrat.
Die genannten, zumindest zeitweiligen Ähnlichkeiten in den Witterungsabläufen dürfen zwar nicht überbewertet werden – trotzdem kann die Septemberwitterung 2022 die Wahrscheinlichkeit für zeitweilige Kälteeinbrüche zwischen Oktober und Februar erhöht haben, nachdem eine Betrachtung des Sommers allein kaum Aussicht auf Kälte versprach; Näheres dazu am Ende des Sommerrückblicks des Autors.
Nur gedämpfter, kurzlebiger Altweibersommer 2022?
Schon ab dem 20. September verliert das Skandinavien-Tief allmählich seinen Einfluss; Schauer und Wind lassen nach. Das Hoch zieht dann Richtung Mitteleuropa. Aber weil es zu keiner großräumigen Süd- oder Südwestströmung kommt und damit die intensive Warmluftzufuhr fehlt, wird es schwierig, nochmals die 20°C-Marke zu erreichen oder gar zu überschreiten, zumal auch nicht überall eitel Sonnenschein herrscht. Nach sehr kalten Nächten könnte sich gebietsweise Frühnebel über längere Zeit halten. Angesichts der Energiekrise wird die bevorstehende Flaute wieder zu Problemen bei der Stromproduktion führen. Falls die Modelle Recht behalten, bleibt der Altweibersommer auch nur etwa eine Woche: Schon ab etwa dem 27.September könnte wieder kaltes Nordwestwetter einsetzen, danach Anfang Oktober aber nochmals Altweibersommer – bei noch sehr, sehr großer Unsicherheit.
Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Ein sehr kühler September mit nachfolgendem noch kühlerem Oktober wären schon mal die Grundvoraussetzungen, dass der Bodensee bei einem dann kalten Winter komplett zu gefrieren könnte.
Das wäre DER Hammer, wenn der See mitten in der sog. Klimaerwärmung“ zu gefrieren würde.
Herr Fritz, der Bodensee kann nicht zugefrieren, weil alle Flüsse heute warme Golfströme sind, die den See aufheizen. Allein der Rhein war früher ein kalter Gebirgsfluss, der die sommerlich gespeicherte Wärme im Herbst abführte. Heute heizt er zusätzlich, genauso wie die vielen warmen Abwässer aus den Kläranlagen einer wachsenden Bevölkerung und Industrie. Sollten Sie in Langenargen wohnen, dann fragen Sie den Klärwärter nach der Temperatur des gereinigten Kläranlagenabwassers. Es liegt im Sept. bei 20 bis 25°C.
Fazit: egal, ob der Winter zu warm oder zu kalt oder durchschnittlich wird.
Fest steht: schuld ist der anthropogene Kilamwandel – und das eindeutig..
Auch bei einem kalten Winter wird der anthropogene CO2-Treibhauseffekt schuld sein, denn laut Irrglauben wäre die Abkühung sonst noch kälter ausgefallen. Und deshalb werden sich die CO2-Steuern am 1. Januar 2023 erhöhen. Nur ein dummes Volk wie die Deutschen lassen so einen Irrsinn zu.
Wie wird der Winter? Bisher galt, in typischen Wärmeinselstationen wie z.B. München Stadtmitte werden kalte Tage einfach rausgeheizt, seit 35 Jahren führte dies dann zu einem Anstieg der Wintertrendlinie um 0,3 K/Jahrzehnt. Anders bei wärmeinselarmen Stationen in der freien Fläche. Dort gab es meist gar keine Anstiege seit 1988, evt. sogar leicht fallende Trendlinien. Doch dieses Jahr werden wohl keine kalten Tage mehr rausgeheizt werden dürfen, so dass der DWD-Winter etwas kühler im Schnitt ausfallen dürfte. Das klärt die Frage natürlich nicht, ob der Winter grundsätzlich kalt oder gar warm wird. Ich befürchte eher kalt, denn dieses Jahr 2022 hat den Glauben an die CO2-Erwärmung so richtig ad absurdum geführt. Der Leser weiß: große Sommererwärmung tagsüber, aber nicht nachts.
„große Sommererwärmung tagsüber, aber nicht nachts.“ – entsprach auch genau meiner Erfahrung, weil es durch gründliches Lüften in der Nacht zu erträglichen Temperaturen im Haus führte.
Die Ursache lag darin, dass es sich um recht trockene Luft handelte. Hier zeigt sich die große Bedeutung des Wasserdampfes für den Temperaturhaushalt.
Aus dem Buch: Bauernregeln, Horst Malberg:
Regel 156: Wie`s an Matthis (21.9.) treibt, es 4 Wochen bleibt.
Die Regel basiert auf der Erhaltungsneigung des Wetters . Falls der Tag, zu kalt so sind mit 67% die folgenden 4 Wochen ebenfalss zu kalt. Ist er zu warm, sind mit einer Wahrscheinlichkeit von 80%, also in 4 von 5 Jahren, auch die Folgewochen zu warm.
Das tatsächliche Wetter war am 21.9. eher kalt. In der Nacht zum 22.9. vermehrt Bodenfrostgefahr.
Also, der Winter wird nicht zu warm 🙂
Gruß
Der Kutscher meinte das die Pferde schon Winterfell ansetzen, weil es ein kalter Winter wird.
Und die Eicheln und Kastanien holen sich die Wildschweine, um Winterspeck anzusetzen.
Ich tippe wie schon zuvor auf einen leicht kälteren Winter aufgrund der klaren Witterung.