Von Frank Hennig
Wer im Dschungel der Berichterstattung und Literatur zur Energiewende nach Orientierung sucht, nach Wissen zum größten staatlich induzierten Umbau der Wirtschaft seit Bestehen der Bundesrepublik, dem sei ein Sach-, Fach- und Erklärbuch empfohlen, das zu einem eigenen sachbezogenen Urteil befähigt.
Herbert Niederhausen, der Herausgeber von „Generationenprojekt Energiewende“ ist Diplomingenieur für Energietechnik und Elektrotechnik mit dem Arbeitsschwerpunkt Leittechnik. Er war sowohl in der Forschung als auch in Planung, Bauleitung und Inbetriebsetzung von großen Energieanlagen tätig. Ein Praktiker, der nicht in Elfenbeintürmen Luftschlösser baute, keiner, der passgerecht im Lobbyauftrag lieferte. Seine Anlagen mussten laufen, zum festen Termin, zu den gnadenlosen Bedingungen naturwissenschaftlicher Gesetze.
„Elektroenergiepolitik im Spannungsfeld zwischen Vision und Mission“ lautet der Untertitel. Es geht vorwiegend um den Strom, so wie die bisherige Energiewende eben prioritär nicht mehr als eine begonnene Stromwende ist. Dennoch wird über den Tellerrand geschaut zu Wasserstoff und E-Mobilität und es werden wichtige Zusammenhänge hergestellt.
Erwähnt werden muss, dass das Buch bei „Books on Demand“ verlegt wurde, ohne finanzielles Interesse von Herausgeber und Autoren, die alle auch kein Honorar erhielten. Ihre Beiträge erschienen teils schon an anderer Stelle, aber deren Zusammenfassung in einem Buch macht seinen eigentlichen Wert aus. Die Namensliste stellt gleichsam das „who-is-who“ des energiewendekritischen Sachverstands dar, beispielhaft und ohne Wertung, geschweige denn nach einer Rangfolge, seien hier genannt: Ahlborn, Alt, Kobe, Peters, Schmitz, Schuster, Schwarz. Um den Lesefluss nicht zu bremsen, habe ich die akademischen Titel entfallen lassen. Sie sind zahlreich. Alle verdienen ihren Lebensunterhalt außerhalb der Politik, sind Unternehmer, Wissenschaftler, freischaffend, emeritiert oder pensioniert. Der Vorwurf einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zu einer Lobby würde schon deshalb fehlschlagen, weil es eine Kohle-, Atom-, Netz- oder kritische Wissenschaftslobby sein müsste, die es in Deutschland nicht mehr gibt. Die Autoren haben den Ehrgeiz, ohne Kohle Aufklärung zu leisten, eben auch über die Themen Kohle, Kernkraft und darüber hinaus.
Dennoch ist dieses Buch, wie Herbert Niederhausen im Vorwort bemerkt, streng sachlich, aber nicht neutral. Haltung heißt hier, zur Sache zu stehen. Die Erkenntnisse, zu denen die Autoren gelangten, schließen Bemerkungen zu den Wechselbeziehungen zu Politik und Gesellschaft ein. So verschieden die Autoren und Schreibstile, so umfangreich die Themen und Erkenntnisse.
Es handelt sich definitiv nicht um Einschlaflektüre. Es wird nur wenige Leser geben, die inhaltlich von Anfang bis Ende folgen können. Insbesondere einige mathematische Exkurse sind hochkarätig und werden nur wenige Leser begeistern. Im Gegensatz zu zeitgeistigen Werken finden sich jede Menge Zahlen und Grafiken.
Ein umfangreicher Anhang, Daten und Quellenangaben machen das Recherchieren leichter.
Aber selbst beim Überlesen von Formeln bleibt manches hängen und es ist ein Verdienst dieses Buches, zum Denken und Grübeln anzuregen. Dass die Schwankungen der Windstromproduktion bis hin zu ihrem Totalausfall das Kernproblem der Energiewende sind, wird einleuchtend dargestellt. Über Variationskoeffizienten lässt sich errechnen, dass die Windleistung volatiler ist als die Augenzahlen beim Würfeln. Hier wünscht man sich als unterdurchschnittlicher Mathematiker einen (im wahren Wortsinn) Gegenwind aus der Phalanx von Bundesverband Windenergie, Agora oder DIW im Sinne einer Gegenrechnung. Stattdessen Ignoranz und Schweigen, höchstwahrscheinlich ist die Rechnung nicht angreifbar.
Wichtig sind die Erkenntnisse, dass eben nicht „irgendwo immer Wind“ ist, jedenfalls nicht in Europa, und dass weiterer Zubau nicht zur Vergleichmäßigung führt, sondern im Gegenteil die Extremwerte weiter steigen lässt.
An vielen Stellen des Buches finden sich die eindrucksvollen Grafiken und Diagramme von Rolf Schuster, der seit vielen Jahren akribisch die Daten von Netzbetreibern und anderen in Bilder setzt. Im Internet weit verbreitet, werden sie von den so genannten Qualitätsmedien wie auch von der Erneuerbaren-Branche strikt ignoriert. Das hat seinen Grund – es könnte die Menschen verunsichern. Allein der Anblick der Schwankungsbreite der Einspeisung von Regenerativstrom lässt auch bei Laien Fragen entstehen, die nur schwer zu beantworten sind. Lieber berichtet man von einzelnen Tagen mit Ökostromrekorden und fordert den „Energiewende-Turbo“ in Form von immer mehr vom Gleichen. Dass selbst ein umfänglicher Speicherausbau nicht hilft, wird rechnerisch belegt. Ein System aus volatilen Einspeisern würde ein theoretisch unendliches Speichervolumen erfordern. Auch das ist Mathematik.
Das noch nicht lange öffentlich diskutierte Problem des „Terrestrial Stilling“ (TS), der tendenziell sinkenden Windgeschwindigkeiten in der Nordhemisphäre, wird ebenso mit der nötigen Sorgfalt erläutert wie die Hintergründe der Netzregelung und die Regelfähigkeit von Kernkraftwerken. Die behauptete Trägheit der „unflexiblen Tanker“ wird damit eingeordnet, wo sie hingehört – ins Reich der Propaganda.
Als Fazit bleibt, dass wir mit großen Schritten einer Energiemangelgesellschaft entgegen gehen, ideologisch fest, aber in den Wirkungen fatal. Energiemangelgesellschaften sind immer arme Gesellschaften. Wenn ein Ex-Bundespräsident empfiehlt, einen Pullover anzuziehen, vergisst er, dass der Hunger nicht weit ist, wo gefroren wird. Energiemangel führt zu Engpassbewirtschaftung, die so genannte intelligente Verbrauchersteuerung ist unter den Bedingungen des Mangels nichts anderes als eine Rationierung.
Verzichtsphilosophen werden Hochkonjunktur haben. Die gewünschte „Große Transformation“ ist auf dem Boden des Grundgesetzes nicht umsetzbar, sie erfordert totalitäre Bedingungen. Robert Habeck sah in China die Voraussetzungen dafür besser gegeben. Längerfristig will unsere Regierung den allumfassenden disziplinierenden Klimastaat.
Man kann nur wünschen, dass das Buch viele Leser findet. Es erspart einen Regalmeter selbst zusammengesuchter Sachliteratur. Und ebenso wünscht man sich, dass die Autoren weitermachen, neue Erkenntnisse gewinnen, auch wenn sie sich an der einen oder anderer Stelle korrigieren müssten, das ist Wissenschaft.
Zu wünschen wäre auch, dass man bei Planungen zum Umbau des Energiesystems diese Erkenntnisse berücksichtigt. Das wäre eine belastbare wissenschaftliche, zumindest wissensbasierte Grundlage. Nach 20 Jahren überwiegend erfolgloser Energiewendemaßnahmen erweisen sich Politiker allerdings als lernunfähig und in einer Energiewendewunschwelt gefangen. Sie sind der Lobby liebstes Kind.
Herbert Niederhausen (Hg.), Generationenprojekt Energiewende. Elektroenergiepolitik im Spannungsfeld zwischen Vision und Mission. Books on Demand, Paperback, 444 Seiten, 64,49 € (auch als E-Book für 10,99 € erhältlich).
Mit Beiträgen von: Dr.-Ing. Detlef Ahlborn, Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt, Dr.-Ing. Roland Aßmann, Dipl.-Ing. Frank Diercks, Prof. em. Dr. rer. nat. habil. Sigismund Kobe, Dr.-Ing. Kai Kosowski, Hans-Peter Musahl, Henrik Paulitz, Dr. Björn Peters, Prof. (i.R.) Dr.-Ing. Albrecht Pfaud, Prof. Dr. rer. nat. habil. Dr. h.c. Dieter Rasch, Dr. rer. physiol. Judith Schmitz, Rolf Schuster, Prof. Dr.-Ing. Prof. h.c. mult. Harald Schwarz, Prof. Dr. L. Rob Verdooren.
Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier
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Auch in diesem generellen Bereich der elektrischen Energiewirtschaft, gibt es die „Materielle Seite“ die wir Ingenieure sehen.
Es existiert aber gleichzeitig die „mehr immaterielle Seite der Finazspekulanten, der Großinvestoren, die strategisch ihre Börsengewinne einfahren, weil sie Politiker vor ihrer Kutsche, als Zugpferde am Start haben“.
Zahlen muss natürlich das Volk, denn wie sollte man als Finanzelite sonst seine Dominanz, ausspielen wenn nicht in dem man an „Absurdem die Ingenieure zum Verzeifeln treibt“ hihi ihr Techniker, die Pharaonen, die auf ihren Kapitalpyramiden thronen, lassen das politische Personal tanzen, um ihre Renditen zu steigern, und dem Pleps mit der Knute zu drohen.
Völlig untaugliche Technik, bietet die größte Chance, im Sinne der „Finanz-Pharaonen“ einen „doppelten Kostenaufwand für ein Ergebnis“ flüssig werden zu lassen, was in der Logik der Ingenieure ohne „Umwege zu erreichen ist“ aber den „Finanzpharao leer ausgehen lassen würde“ denn der ist auf das „Absurde und den Mehraufwand als sein Ertragskonzept spezialisiert“ und hat seine Politiker als seine Angestellten Paviane in den Parlamenten, die ihm die Finanzrenditen bescheeren, die vom Volk als Obulus zu liefern sind.
Klar ist das in der Struktur ein „organisierter Betrug, eine vorsätzliche, gegen jedes Recht ausgerichtete Strategie der Großkapitalverwalter“, aber wer fällt denn denen in den Arm, zeigt auf, welche Arschgeigen täglich, stündlich Medienpropaganda zur Volksverdummung auf allen Kanälen und Zeitungen präsentiert“?
Wir sind das „Salz in der Suppe“ und werden nicht nachlassen denen Paroli zu bieten, die in der organisierten politischen Kriminalität das Land und seine Bevölkerung, „als Finanz-Parasiten auszubeuten“!
Das größte Problem ist, dass die Masse der Bürger keine Ahnung hat, dass sie beschissen wird. Es wird schon jedem Mitleser bei EIKE so gegangen sein, dass er Freunde verliert, wenn er den menschgemachten Klimawandel „leugnet“. Der Grund dafür, das wissen wir hier, sind die Medien, die einseitig berichten. Das WWF könnte helfen, z. B. einen EIKE Fernsehsender stiften. Die arbeiten allerdings leider auch nur für den Klimawahn, da kann man mehr Geld abgreifen. Vor Jahren habe ich mal vorgeschlagen Annoncen in den Tageszeitungen zu schalten. Leider, dafür fehlt das Geld und wahrscheinlich würden die Zeitungen ablehnen.
Der ganze Schwindel einer Dekarbonisierung unserer Energieversorgung mit den sog. „Erneuerbaren Energien“ (EE), hauptsächlich mit zusätzlichen Photovoltaik- und Windkraftanlagen (PVA; WKA) und einem Import von Wasserstoff (H2) lässt sich auch so kurz zusammenfassen:
PVA und WKA lieferten 2021 statistisch 168 Terawattstunden (TWh = Mrd. KWh) Elektroenergie. Da wegen ihrer Unzuverlässigkeit davon jedoch nur ca. 36 % direkt genutzt werden können, müssten nach einem Ausstieg aus den konventionellen Erzeugern nach Vahrenholt und Ahlborn über die Hälfte mittels Wasserstoff mit einem grottenschlechten Wirkungsgrad von unter 20 % gespeichert oder auch abgeregelt werden. Somit blieben ca. 50 %, d. h. 84 TWh für eine sichere Versorgung übrig, die nur ein Siebentel der in diesem Jahr insgesamt erzeugten 582 TWh Elektroenergie betrüge. Da Letztere wiederum nur ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs betrug, wäre pauschal eine 35 mal höhere Leistung aller PVA und WKA nötig, um uns nur mit diesen zuverlässig zu versorgen. Die anderen EE, Wasserkraft und Bioenergie ändern daran nur wenig, insbesondere da letztere wegen des weltweiten Hungers (Tank gegen Teller) demnächst stark reduziert werden muss.
Forschungsministerin a. D. Anja Karliczek äußerte bereits 2020 bzgl. des Wasserstoffs: „Natürlich müssen wir für die heimische Windenergie noch mehr werben. Aber wir werden den Großteil der Energie einführen müssen, wie bisher.“ (z. Z. ca. 75 % Import neben 9 % einheimischer Braunkohle)
Da die Herstellung grünen Wasserstoffs gegenüber dem konventionell aus Erdgas und mit anderen Verfahren gewonnenen mindestens doppelt so aufwendig und teuer ist, würde bei dessen Import aus anderen Ländern dem Betrug Tür und Tor geöffnet werden. Wer will in diesen Ländern eine „grüne H2- Herstellung“ überprüfen?
Und dies alles wegen eines wenig fundierten Klima-Wahns, den der größte Teil der Welt nicht mitmacht – propagiert von skrupellosen Alarm-Forschern wie den Potsdamern. Dass dies der Autor als Energiefachmann ausklammert, sollte man ihm nicht nachtragen.
Kurz-Resumee: Die Basis unserer Klima- und Energiewende-Politik ist besch….. – die Umsetzung auch. Unsere Politiker lernen nichts dazu, selbst wenn die nächste Eiszeit kommt.