Teil 2: Die ausgeprägten Wärmeinsel-Effekte (WI) dieses Rekordmonats – stationsbezogen betrachtet
Stefan Kämpfe
Über WI-Effekte wurde hier schon häufig berichtet. Der Begriff der „Wärmeinsel“ ist etwas irreführend, denn WI-Effekte gibt es auch flächenhaft; neuerdings durch die ausufernde Nutzung der Solar- und Windenergie begünstigt, worüber diesmal aber nicht berichtet werden soll. Vielmehr bietet dieser einmalige März die Chance, per Vergleich der täglichen Temperaturverläufe bei stark und weniger stark WI-belasteten DWD-Stationen den WI-Effekt genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse sind erstaunlich und untermauern die wesentliche Bedeutung des WI-Effektes in Deutschland, obwohl sich der März nicht einmal durch die höchsten WI-Effekte im Jahr auszeichnet.
Große, teils WI-bedingte Temperaturkontraste an Ost- und Süddeutschen Stationen im März 2022
Zum näheren Verständnis der folgenden Untersuchungen empfiehlt es sich, diese beiden Beiträge zur WI-Problematik hier und hier zu lesen. Speziell zur Problematik der Station Potsdam ist dieser Beitrag über den städtischen Wärmeinseleffekt (UHI) wissenswert. Außerdem sei Folgendes angemerkt: Die teilweise erheblichen Temperaturunterschiede zwischen den untersuchten DWD-Stationen sind keinesfalls nur WI-bedingt; sondern auch der unterschiedlichen Lage im Gelände sowie der Höhenlage geschuldet. Letztere ist deshalb stets in den Grafiken vermerkt; wo Reduktionen vorgenommen wurden, ist dies ebenfalls gekennzeichnet.
Warum die DWD-Station Potsdam (ID 3987) keine Säkularstation mehr ist
Seit über einhundert Jahren (1893) wird auf dem Telegrafenberg in Potsdam eine Wetterstation betrieben; bis Ende 2019 galt sie als Säkularstation. Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) schreibt dazu vollmundig: „Die Säkularstation ist weltweit die einzige meteorologische Station, die über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren ein derart umfassendes Messprogramm ohne Lücken aufweisen kann… . Das Datenmaterial ist nachgewiesenermaßen homogen. Bis heute wurden die historischen Beobachtungsbedingungen beibehalten. Dazu gehören: Standorttreue – keine Stationsverlegung, keine Änderungen des Messfeldes. Unveränderte Umgebung… .“
Doch am 31.12.2019 wurde diese hochgelobte, angeblich so exakte und weltweit einzigartige Station aufgegeben – zwar führt der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Aufzeichnungen fort, aber nicht mehr mit den alten Instrumentarien und Beobachtungszeiten sowie -methoden. Mittlerweile sind bauliche Verdichtung in Stationsnähe, das starke Einwohnerwachstum Potsdams und die Einwirkung der unweit gelegenen Millionenstadt Berlin so stark, dass man eine deutliche WI-Belastung der auf einer städtischen Hügelkuppe liegenden Station nicht mehr leugnen kann. Ein glücklicher Umstand ist das Vorhandensein einer ebenfalls auf einem Hügel liegenden, wegen der Lage am östlichen Ortsrand nicht WI-armen, aber doch etwas ländlicheren Station – Lindenberg südöstlich Berlins und mit etwa 70 Km Luftlinie nicht zu weit von Potsdam für einen Vergleich entfernt; zumal sich die Höhenlagen beider Stationen ähneln. Schauen wir uns zunächst den Verlauf der Minima beider Stationen im März 2022 an:
Nun könnte man das Ganze ad Acta legen und Potsdam als nicht übermäßig WI-belastet einstufen – wenn da nicht die Maxima wären.
Nun ergab sich noch ein weiterer, glücklicher Umstand – an beiden Orten wird außer der täglichen Sonnenscheindauer auch noch das Tagesmittel der Windgeschwindigkeit in m/s registriert. Es lag also nahe, einmal die täglichen Differenzen der Minima, Maxima (Lufttemperatur), der täglichen Besonnung und der mittleren Windgeschwindigkeit als Differenz Potsdam minus Lindenberg zu betrachten:
Besonders auffallend ist die fast stets höhere Windgeschwindigkeit in Potsdam. Eigentlich hätte das ländliche, exponiertere Lindenberg windiger sein müssen. Aber mit den höheren Tagesmaxima und der oft auch höheren Besonnung bietet sich folgende Erklärung an: In Potsdam führen durch den WI-Effekt erzeugte Temperaturunterschiede bei schwachgradientigen Lagen zu Lokalwinden; zumal auch das nahe Berlin diese auch als „Flurwinde“ bezeichneten Luftströmungen unterstützen könnte. Auch wenn diese Untersuchung nicht verallgemeinert werden darf – Potsdam ist alles andere als unbelastet von WI-Effekten. Wie wir noch sehen werden, scheinen die hohen Tagesmaxima eine Besonderheit Potsdams zu sein.
Ein weiterer Vergleich im Großraum Berlin
Bleiben wir noch im Großraum Berlin und vergleichen Potsdam nun mit Berlin-Tempelhof und zwei eher ländlichen Stationen; im Oderbruch ist da Manschnow, etwa 80Km Luftlinie östlich vom Berliner Stadtzentrum entfernt; und Alt-Ruppin, etwa 60Km nordwestlich Berlins. Hinsichtlich der Minima zeigt sich ein Verhalten, welches typisch für den Unterschied städtischer und ländlicher Orte ist – Letztere sind meist deutlich kälter, wobei natürlich auch die Lage im Gelände eine Rolle spielt (Potsdam ist auch wegen seiner Gipfellage sehr warm).
Bei den Maxima sind die Unterschiede auf den ersten Blick viel geringer – auch dies ein Umstand, welcher uns immer wieder begegnen wird.
Zur genaueren Herausarbeitung der Unterschiede bietet sich eine Höhenreduktion von Potsdam und Manschnow auf das Niveau der beiden anderen Stationen (50m) an; denn tagsüber löst die Märzensonne die Bodeninversionen meist schon auf, so dass die Höhenabhängigkeit der Lufttemperatur (hier mit 0,65K/100m angenommen) zu beachten ist. Zur besseren Visualisierung wurden die Differenzen nach Höhenreduktion berechnet und dargestellt:
Leider sind für die Nebenstationen keine Winddaten verfügbar. Diese Ergebnisse dürfen nicht verallgemeinert werden, aber sie veranschaulichen dennoch die hohe WI-Belastung Berlins und vor allem Potsdams; allerdings ist auch keine der ländlicheren Stationen völlig WI-frei.
Zentralthüringen – ein schwieriger Vergleich
Die folgenden Untersuchungen werden durch die Topografie, und zwar viel ausgeprägtere Höhen- und Lagedifferenzen, viel schwieriger, als die um Berlin. Hinzu kommen merkliche Föhneinflüsse bei bestimmten Wetterlagen. Dennoch sollen die Ergebnisse gezeigt werden; allerdings ohne die Untersuchungstiefe des Großraums Berlin. Rund um Erfurt bestehen mit Dachwig, Erfurt/Weimar selbst, Jena-Sternwarte, Weimar-Schöndorf und Martinroda gleich fünf DWD-Stationen mit vertretbaren Entfernungen von deutlich unter 100 Km zueinander. Ein glücklicher Umstand ist außerdem die Tallage Jenas und die Muldenlage Dachwigs, erstere Station innerstädtisch, die zweite ländlich, ebenso wie Martinroda, während Erfurt/Weimar (Hochfläche am Erfurter Westrand) sowie Weimar-Schöndorf zumindest teilweise städtischen Einflüssen unterliegen. Zunächst wird das Trio Jena-Dachwig-Erfurt gezeigt; alles ohne Höhenreduktion:
Wegen der etwas ähnlicheren Höhenlage bietet sich ein Vergleich zwischen Martinroda, Erfurt und Schöndorf an.
Für Zentralthüringen bleibt festzuhalten: Das städtische Jena erweist sich als Wärmeinsel nur bezüglich der Minima im Vergleich zu Dachwig; Nachts zeigt sich die Ländlichkeit Dachwigs und Martinrodas durch sehr tiefe Minima; das auf einem Bergsporn liegende Weimar-Schöndorf profitierte nachts von seiner Lage über der nächtlichen Bodeninversion; vielleicht auch von seiner Stadtnähe.
Von Thüringen nach Nordbayern
Etwas weiter südöstlich fand sich ein Stationstrio mit Bad Lobenstein, Gera-Leumnitz (beide Thüringen) und Hof (Nordbayern). Nach KOWATSCH soll Hof merklich WI-belastet sein.
Enttarnt: Eine markante Wärmeinsel und ein Kälteloch in Süddeutschland
Im Gebiet um München konnte ein Quartett aus Rosenheim, Augsburg, München-Stadt und München-Flughafen untersucht werden. Schon immer war der Planungsfehler des neuen Münchner Flughafens in einer Senke b.z.w. einem Kälte-und Nebelloch ein Diskussionsthema; doch dass die Temperaturunterschiede zu München-Stadt über viele Tage so krass ausfielen, überraschte selbst den Autor dieses Beitrages, der sich schon länger mit WI-Effekten befasst.
Abbildungen 10a und 10b: Verlauf der täglichen März-Minima (10a, oben) in München-Stadt, München-Flughafen, Augsburg und Rosenheim, alle ohne Höhenreduktion; unten (10b) die Maxima. Man achte auf die enormen Unterschiede der Minima, aber selbst bei den Maxima war der Münchner Flughafen ohne Höhenreduktion kälter, als München-Stadt und deutlich kälter als Rosenheim.Wie bei dem Paar Potsdam/Lindenberg, sollen auch hier die Unterschiede in München mittels Differenzen der Windgeschwindigkeiten, der Besonnung, der Mini- und Maxi-Temperaturen dargestellt werden. Anders als beim ersten Paar, liegt jedoch hier eine Station in einer Senke.
Eine Stippvisite in den Südwesten
Villingen-Schwenningen und Stuttgart-Schnarrenberg sind, schon wegen der relativ großen Entfernung sowie der gravierenden Höhen- und Lageunterschiede, kein Traumpaar. Trotzdem sollen sie hier verglichen werden:
Zum Schluss die Monatsmittelwerte (°C) der untersuchten Stationen – was sagen diese?
Für einen (halbwegs) objektiven Vergleich waren die Monatsmittelwerte der 2-Meter-Stations-Lufttemperaturen des März 2022 in den untersuchten Regionen auf ein jeweils einheitliches Höhenniveau zu reduzieren (in den Grafik-Überschriften benannt). Dabei werden zwei Sachverhalte deutlich: Erstens eindeutige, hauptsächlich WI-bedingte Unterschiede im Raum Berlin sowie eine markante Wärmeinsel in München-Stadt, aber auch eine bei Höhenreduktion diesmal fast verschwindende, sonst immer so markante Wärmeinsel in Jena-Stadt, ein etwas zu warmes Weimar-Schöndorf und ein relativ warmes Martinroda. Offenbar ist im Monat des Frühlingsanfangs und der Tag/Nachtgleiche und trotz der angeblichen CO2-Klimaerwärmung bei ruhigem Hochdruckwetter noch immer über längere Zeiten eine winterliche Inversion vorhanden, welche die Temperaturen an Stationen in Tal- und Muldenlagen (Manschnow, Dachwig, Jena-Sternwarte, München-Flughafen) stark dämpft, besonders bei ländlicheren Stationen. Das ist ein weiteres, wesentliches Indiz gegen eine vorrangig CO2-dominierte Klimaerwärmung; zeigt aber auch, dass man nicht alle Temperaturunterschiede bedenkenlos dem WI-Effekt anlasten darf.
Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Danke Herr Kämpfe, eine unwahrscheinlich gute und fundierte Arbeit. Wäre schön, wenn die Mitarbeiter des DWD sich einlesen könnten. Die Leute in Offenbach kennen noch nicht einmal den Unterschied zwischen UHI=Stadtlandeffekt und diesem historisch sich entwickelndem flächenhaften Wärmeinseleffekt eines ganzen Umlandes. Diesen hat eindeutig der Mensch verursacht und er ist in der Summe positiv zu sehen, weil er uns in Deutschland mehr Wärme bringt. Allerdings auch negativ, weil ein Gewitter sofort die Flüsse übertreten läßt und nach ein paar heißen Tagen im Sommer die Landschaft ausgetrocknet ist. Leider setzt sich der negative Trend fort, da die Politik unseren WI-effekt nicht versteht und eine CO2-Steuer nichts bewirkt.
Respekt, da steckt viel Arbeit drin und veranschaulicht und quantifiziert die Wärmeinsel-Effekte bei uns. Und zeigt wieder deutlich die Temperaturschwankungen, die selbst von einem zum anderen Tag viel größer ausfallen als die nicht wahrnehmbaren Zehntelgrad-Änderungen über Jahrzehnte hinweg, angeblich durch das anthropogene CO2 verursacht. Mit denen uns grüne Klima-Aktivisten tagein tagaus verrückt machen und verdummen. Mit der Klima-Marotte von Einfaltspinseln, die glauben, ein Frust-Ventil gefunden zu haben. Weil sie von genauso einfältigen Politkern und Verfassungsrichter doch glatt ernst genommen werden – so bleibt uns die Klima-Verdummung noch lange erhalten!
Her Ullrich….So bleibt uns die Klimaverdummung noch lange erhalten. Bitte dran denken, steter Tropfen höhlt den Stein, machen Sie weiter mit Ihren Kommentaren. Nur einer hat bald ausgetropft und sich ausgespritzt: Angsttromper für Gesundheit und Klima: Karl Lauterbach.