von AR Göhring

Eine Reporterin von EFAHRER.com wagte den Selbstversuch: Sie fuhr mit einem kleinen Elektroauto von Volkswagen 650 Kilometer durchs Land – und erreichte nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h.

„Zeit spart sie durch konsequentes Frieren.“

ätzt die Redaktion von MK-Kreiszeitung nach dem frustrierenden Erlebnis. Letztes Jahr berichteten viele Medien über ein Ehepaar aus Freiburg im Breisgau, das mit einem VW ID.1 nach Montpellier in Frankreich fahren wollte, wofür etwa acht Stunden eingeplant wurden, die man mit dem Verbrenner auch locker schafft. Der Ersatz-Golf in Klimaschutz-Ausführung hingegen war rund einen Tag unterwegs, weil deutlich häufiger als einmal geladen werden mußte, das aber selbst im Kernkraft-Land Frankreich ohne Zappelstrom nur punktuell möglich war – das Ehepaar mußte auf der Raststätte kamperen und war völlig entnervt.

Reporterin Lisa Brack fuhr von München nach Wolfsburg, um sich ihren e-Up persönlich abzuholen. Dafür bräuchte man üblicherweise sechs Stunden MIT Heizung, aber sie brauchte fast 13, und zwar ohne Heizung, da die Akku-Kapazität sich in der Kälte deutlich verringert.

Die erfahrene Journalistin schaute vorsichtshalber nach dem vollständigen Laden auf den Reichweitenstand, den der Rechner pi mal Daumen ausgibt: 216 km. Das ist bei einem Straßenfloh der Up-Klasse nicht ungewöhnlich; und wird in der Realität noch nicht einmal erreicht. Daher packte sie Winterkleidung ein und schaltete auf „Öko+Modus“, heißt: Heizung aus. Nur die Drahtheizung in der Frontscheibe bleibt an, damit man freie Sicht hat.

Auch wenn E-Autos nicht weit fahren, haben sie die neuesten elektronischen Spielereien an Bord. So kann man über eine App auf dem Hand sein Auto teilweise fernsteuern (abschließen etc) und Daten abfragen (Reichweite etc). Der Techniker in Wolfsburg konnte ihr aber nicht sagen, wie das geht, weil er darin nicht geschult wurde. Seltsam – in der Zentrale? Kommt die App aus China?

Um 650 Kilometer zu fahren, muß die Reporterin also drei mal laden. Um nicht jedes mal stundenlange Restaurantbesuche absolvieren zu müssen oder im Hotel zu übernachten, braucht es eine Schnell-Ladestation (CCS), die den E-Floh in einer halben Stunde lädt. Und die muß man finden – was unseren Freiburgern mit ihrem ID.1 in Frankreich fast nie gelang, da die mitgeführten Karten eher theoretischer Natur waren. Ob eine Ladesäule in Betrieb ist, oder schon wieder abgerissen oder wegen Bauarbeiten vom Netz getrennt ist, sagen die (Internet!-)Karten nicht. Man hat schon den Eindruck, daß die Autohersteller und Politiker gar nicht so recht motiviert sind, das System zum Laufen zu bringen…

Hat man dann eine CCS gefunden, muß man wissen, wie man es am besten macht. Tipp: Bis 80% laden, da die letzten 20% aufgrund der elektrochemischen Gegebenheiten des Li-Akkus am längsten dauern. Gedächtnis-Effekt (Memory) gibt’s bei den neuen Batterien kaum noch – allerdings halten sie bei Schnelladung auch nicht so lange. Mit einem kleinen Auto wie dem Up muß man dann zwar häufiger zum Laden halten, spart aber in der Summe deutlich Zeit.

Die rasende Reporterin kam denn erst am frühen Morgen in München an statt am späten Abend, wenn sie einen Verbrenner gekauft hätte. Fazit: Langstrecken über 100 km sind nichts für E-Autos, erst recht nicht im Winter, wenn man nicht gerade einen superschweren teuren Luxustesla fährt – und selbst der schafft nicht die offizielle Reichweite, die z.B. mit 800 km angegeben wird. Straßenflöhe der Up-Klasse sind etwas für die Stadt oder den Nahpendel-Bereich, sofern man die sozialen und Umweltkosten ignoriert.

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