Stefan Kämpfe

Schon im Dezember 2020 gab es zeitweise sehr wenig Wind – kann der aktuelle Dezember das noch unterbieten? Das gesamte Jahr 2021 war sehr flau

Mangels geeigneter Winddaten (DWD-Flächenmittel gibt es monatsweise leider nur für Lufttemperaturen, Sonnenscheindauer und Niederschlagsmenge) lassen die Ergebnisse der deutschen Stromerzeugung gewisse Rückschlüsse auf die Windstärke zu, denn Deutschland möchte ja am liebsten ganz auf Fossile und Kernenergie verzichten, und hat in den letzten 30 Jahren den Ausbau der Windenergie massiv vorangetrieben – doch wenn der Wind einschläft, so wie im äußerst sonnenscheinarmen Dezember, zeigt sich das ganze Dilemma der Deutschen Energiewende:

Abbildungen 1a bis 1b: Das hatte sich die Politik anders vorgestellt – Wind (hell blau-grau) und Sonne (kaum sichtbare, gelbliche Spitzen) sollten doch längst den meisten Strom erzeugen – aber das Wetter spielte nicht mit. Weder im Dezember 2020 (oben, 1a) noch im aktuellen Dezember 2021 (unten, 1b, bis zum 11.12.), blies der Wind über längere Zeiträume kräftig genug, um wesentlich zur Stromerzeugung beizutragen, und die von der Politik ebenfalls gehätschelte Solarenergie (gelbliche Spitzen) muss man im dunkelsten Monat des Jahres ohnehin suchen. Mit der Abschaltung von immer mehr Kohle- und Kernkraftwerken tut sich nun ein weiteres Problem auf – Strommangel. Man achte auf die schwarze Zackenlinie, sie stellt die Last (Verbrauch) dar. Überall dort, wo sich unter dieser eine weiße Fläche befindet, konnte die Stromproduktion den Bedarf nicht mehr befriedigen – es musste Strom teuer importiert werden. Bildquellen energy-charts.info, ergänzt.

Die massiven physikalisch-meteorologisch-technisch-logistischen Probleme der Energiewende sollen hier nicht näher erläutert werden; Näheres unter anderem hier. Aber beide Abbildungen belegen das Fehlen langer, sehr windiger Phasen. Das zunehmende, politisch gewollte Fehlen konventioneller Energiequellen führt zu Engpässen, die Brown- und Blackouts zur Folge haben könnten; und die Stromknappheit macht Strom immer mehr zum unbezahlbaren Luxusgut – besonders in der finsteren, kalten Winterzeit.

Die flauen Großwetterlagen als Feinde der Windenergie

Ein Blick auf die tendenzielle Entwicklung der Windgeschwindigkeit über Norddeutschland im Winter verdeutlicht, dass die Ressource Wind keineswegs unerschöpflich ist – tendenziell nahm sie ab (in den anderen Jahreszeiten herrschen ähnliche Verhältnisse):

Abbildung 2: Der Winter 2021 gehörte zu den windärmsten der letzten Jahrzehnte. Der Negativ-Trend ist wegen der großen Streuung nicht signifikant; doch der letzte, wirklich fast durchgängig sehr windige Winter liegt mit 2006/07 nun schon weit zurück.

In erster Linie erweisen sich alle Hochdruckwetterlagen als meistens windschwach; besonders das Hochdruckgebiet über Mitteleuropa (HM) und die Hochdruckbrücke über Mitteleuropa (BM). Im Hochzentrum oder unter der Achse einer Hochdruckzone fehlt das für Wind erforderliche Luftdruck-Gefälle (es herrscht ein großer Abstand der Linien gleichen Luftdrucks, die in der Wetterkunde Isobaren genannt werden). Aber während bei sommerlichen Hochdrucklagen die Kraft der Sonne den Wind zumindest tagsüber teils merklich auffrischen lässt („Regionalwinde“ mit nachmittäglichem Maximum als Land-See-, Berg-Tal- oder Flurwind), ist ihre Kraft im Winter zu schwach. Und die bodennahe Kaltluft unter einer winterlichen Inversion kann selbst dann noch zur Flaute führen, wenn sich ein Tief schon genähert hat und der Wind in einigen hundert Metern Höhe längst wieder kräftig weht. Erst an den Rändern der Hochdruckgebiete kann man windigere Verhältnisse erwarten; mitunter kann es hier sogar stürmen. Besonders windarm sind so genannte „Sattelpunkte“ – ein aktuelles Beispiel ist der Nikolaustag 2021:

Abbildung 3: Böse Nikolaus-Überraschung für Windbarone: Sattelpunkt zwischen einem Atlantik- und einem Mittelmeertief sowie einem Azoren- und Skandinavien-Hoch am 6. Dezember 2021 7 Uhr mit Windstille über Deutschland; keine Isobaren. Bildquelle wetterzentrale.de; ergänzt.

Weitere Aussichten: Vorerst sehr flau

Der flauen erste Dezemberdekade wird eine flaue zweite folgen, auch wenn die zu erwartende Großwetterlage, ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa (Großwetterlage HM nach der Klassifikation von HESS/BREZOWSKY) ganz anders aussieht:

Abbildung 4: Prognose der amerikanischen GFS-Modells für Freitag, den 17. Dezember 2021: Ein riesiges Monster-Hoch sorgt ausgerechnet dort, wo die meisten Windräder stehen (Großbritannien, Dänemark, Nord- und Ostsee, Deutschland) für sehr wenig Wind. Diese Lage könnte vielleicht gar noch über den 20.12. hinaus anhalten, oder das Flaute-Hoch regeneriert sich nach kurzer Unterbrechung und würde uns einen der windschwächsten Dezember seit 1995 bescheren; im Detail kann es aber noch Änderungen geben. Bildquelle wetterzentrale.de; ergänzt.

Jahr 2021 – oft sehr windarm

Im ablaufenden Jahr 2021 erwiesen sich die Monate von Januar bis März, Juni bis September und der November als deutlich zu windschwach; der Dezember wird sich da aller Voraussicht nach einordnen müssen. Am windschwächsten verlief bisher der Juli; in diesem recht wolkigen Hochsommermonat konnte die Solarenergie den Mangel an Windenergie nicht völlig ausgleichen.

Abbildung 5: Kaum Wind- und nur mäßig viel Solarenergie im wechselhaften Juli 2021; erst zum Monatsende nennenswerte Windstrommengen. Darstellungsweise (Symbolik) wie in den Abbildungen 1a und 1b. Mehrfach fiel die Leistung der 30.000 Windräder auf nahezu Null; da würde auch kein noch so massiver Zubau an Anlagen für wesentlich mehr Strom sorgen. Man erkennt sehr zahlreiche Produktionslücken (weiße Flächen unter der schwarzen Verbrauchslinie). Bildquelle energy-charts.info

Auch hier verdeutlicht ein Wetterkartenbeispiel, warum dem Wind jegliche Puste fehlte:

Abbildung 6: Keine Isobaren über Deutschland am 4. Juli 2021. Wegen des sehr bewölkten Wetters waren auch lokale Windsysteme, welche gerade tagsüber sonst im Sommer für Wind sorgen, oft nur schwach ausgeprägt. Bildquelle wetterzentrale.de

 

Fazit: Windenergie ist alles andere als unerschöpflich; zuverlässig ist sie sowieso nicht.

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