Sie drängen pausenlos an die Öffentlichkeit, mischen sich hemmungslos in die Politik ein und haben jegliche akademische Zurückhaltung abgelegt: die Aktivisten unter den Klimaforschern. Der «Nebelspalter» porträtiert die bedeutendsten Missionare der Weltrettung.

von Alex Reichmuth

Reno Knutti – der Omnipräsente

Reto Knuttis Tochter hat angeblich ein Bild von ihrem Vater gemalt: Es soll  ihn mit weissem Hemd zeigen und einer Sprechblase, in der «Bla, bla, bla,  bla» steht. In der Tat erscheint in diesem Land kaum ein Zeitungsartikel,  ein Radiointerview oder eine Fernsehsendung zum Klimawandel, ohne dass Reto  Knutti zu Wort kommt. Der ETH-Professor und Klimarat-Autor ist  allgegenwärtig. Und er predigt stets das Gleiche: Der Ausstoss an  Klimagasen muss sofort reduziert werden. Egal, ob es um den Klimaplan von  Joe Biden, den Streik von Greta Thunberg oder die Nachhaltigkeitskampagne  der Migros geht: Reto Knutti hat dazu eine Meinung, und die muss er los  werden. Die Neutralität, die Forscher in politischen Dingen einnehmen sollten, hat er dabei längst abgelegt – ganz offiziell: Knutti war einer  von über hundert Wissenschaftler, die sich im Frühling öffentlich für ein «Ja» zum CO₂-Gesetz ausgesprochen haben. Er war die Gallionsfigur der Gruppe. «Die Dringlichkeit der Klimaveränderung rechtfertigt entschiedenes Handeln», hiess es im Aufruf. Selbst der «Tages-Anzeiger», der Knutti stets ergeben ist, schrieb von einem «Tabubruch». Gemäss der «NZZ» hat der Klimaforscher «die Grenzen dessen, was Wissenschaft in der Politik darf und  soll, verschoben». In einer Lichtshow in Bern wurde Knuttis Konterfei
kürzlich an die Fassade des Bundeshauses projiziert, zusammen mit denen von Mandela, Gorbatschow und Dunant. Der Wissenschaftsaktivist hat mittlerweile den Status eines Heiligen erreicht.

Ex IPCC Vizechef Thomas Stocker; Es ist mir ein Anliegen, dass Informationen der Wissenschaft korrekt und unverfälscht an die Gesellschaft getragen werden Zitat aus einem Stocker Interview in der Sonntagszeitung (Schweiz) vom 12.6.2016)

Thomas Stocker – der Klimapapst

Mit dem gleichem Wahrheitsanspruch ist Thomas Stocker unterwegs, der «Grand Old Man» des Wissenschaftsaktivismus. Der Berner Professor, der lange Zeit eine hohe Position beim Weltklimarat innehatte, will der Politik vorschreiben, was sie zu tun hat. Länder, die ihre Klimaziele verfehlten, sollten mit Sanktionen bestraft werden, forderte er etwa. Trotzdem weist Stocker den Vorwurf zurück, Politik statt Wissenschaft zu betreiben: «Wenn ich Politik machen würde und keine Wissenschaft, würde mich der Kanton Bern sicher nicht mehr finanzieren.» Auch Thomas Stocker weibelte für das CO₂-Gesetz, das er zum «Anfang einer neuen Ära» verklärte. Nach dem «Nein» des Stimmvolks gab er den Autohändlern und Öl-Importeuren die Schuld für die Ablehnung. Damit die Schweiz doch noch auf den richtigen Weg kommt, fordert Thomas Stocker nun die Einrichtung einer ständigen Klima-Taskforce durch den Bundesrat. Dieses Gremium würde wohl wie die Corona-Taskforce durch Besserwisserei und ständige Belehrung auffallen. Selber aber sündigt der Schweizer «Klimapapst» immer wieder. Er weilte zum Vergnügen auf einer Kreuzfahrt vor den Küsten der Antarktis, die mit einem CO₂-intensiven Flug nach Süd-Argentinien einherging. Stocker versuchte sich herauszureden: Umweltschutz heisse nicht, «dass man aufhört zu leben, zu reisen oder sich etwas zu gönnen.»

EIKE VP Michael Limburg im Gespräch mit Prof. Thomas Stocker, anlässlich eines Vortrages in Liechtenstein

Sonia  Seneviratne – die Angsterfüllte
Wenn man Seneviratne über den Klimawandel reden hört, kann einem ganz bange werden. Ihr selber geht es offenbar auch so. «Ich muss schon sagen, dass ich langsam etwas Angst bekomme», sagte die Professorin der ETH Zürich in einem Interview. «Wie viele Menschen müssen sterben, bis man handelt?»
Die Welt erlebe gerade Ereignisse, «die wir noch nie gesehen haben». Seneviratne spielte damit auf Unwetter-Ereignisse und Hitzewellen im vergangenen Sommer an. Die Folgen seien bereits heute schlimm. «So gesehen ist es bereits zu spät. Aber der Punkt ist: Unternehmen wir jetzt nichts, wird es noch schlimmer.» Und die Forscherin mit srilankischen Wurzeln weiss, was zu tun ist: eine Klima-Taskforce einsetzen, die Gletscher-Initiative umsetzen, das Pariser Abkommen ernstnehmen und Netto-Null möglichst schon bis 2040 anstreben. Den Vorwurf, politische
Propaganda zu betreiben, weist sie aber weit von sich. «Die Wissenschaft gibt keine politischen Empfehlungen ab, sie liefert Informationen zu relevanten politischen Entscheidungen», deklarierte Seneviratne schon 2018.
Gleichzeitig ergreift sie hemmungslos Partei für Klimademonstranten. Die Klimajugend sei «zurecht» enttäuscht von der Politik, argumentierte sie. Darum trat sie letztes Jahr in einem Gerichtsprozess gegen Klimaaktivsten auf, die eine Filiale der Credit Suisse gestürmt hatten – als neutrale «Zeugin der Wissenschaft» natürlich.

Andreas Fischlin – der Untergangsprophet

Auch der emeritierte Titularprofessor der ETH Zürich sieht dunkle Zeit auf uns zukommen, wenn der Klimawandel nicht abgewendet wird. «Das Wohlergehen der Menschheit steht auf dem Spiel», mahnte der Biologe in einem Interview. Es «graue» ihm bei der Vorstellung, «wie es meinen Kindern und Enkeln ergehen wird, wenn sie einmal so alt sind wie ich». Er fürchte einen
Zusammenbruch der Zivilisation. «Wenn es uns nicht gelingt, den Klimawandel zu stoppen, dann sehe ich schwarz.» Folglich ist Andreas Fischlin fast pausenlos in Sachen Weltrettung unterwegs. In seiner Mission jettet er seit Jahren zwischen den Kontinenten umher, etwa als Schweizer Vertreter bei den Klimakonferenzen. «Ich muss in meiner jetzigen Tätigkeit leider viel fliegen, kompensiere aber alles», rechtfertigte er sich. Fischlin ist durchaus eitel: Er weist stets darauf hin, Mitempfänger des Friedensnobelpreis von 2007 zu sein. Damals wurde der Preis an den Weltklimarat vergeben, wo Fischlin eine wichtige Rolle spielt. Er ist ein gern gesehener Gast in den Medien – vor allem beim Schweizer Fernsehen.
Hier arbeitet sein Bruder Franz als Tagesschau-Moderator. In Erinnerung bleibt ein Auftritt Fischlins in der Sendung «10vor10», wo er im Gespräch mit Susanne Wille unwidersprochen Propaganda betreiben durfte. Mit keinem Wort wies SRF darauf hin, dass es sich bei Wille um Fischlins Schwägerin handelt.

Rolf Wüstenhagen – der Musterschüler

Rolf Wüstenhagen hat einen Anspruch auf Absolutheit: «Wissenschaft lässt sich nicht verhandeln», hielt er 2017 vor der Abstimmung über das Energiegesetz fest, das den Ausstieg aus der Atomenergie einleiten sollte.
Im Abstimmungskampf werde aber «gelogen, dass sich die Brennstäbe biegen». Der gelernte Wirtschaftsingenieur hält an der Hochschule St. Gallen eine Professur für das Management erneuerbarer Energien. Seine «Forschung» ergibt stets, dass Wind- und Sonnenstrom ein Segen für die Menschheit sind und Atomenergie des Teufels ist. Der gebürtige Deutsche wirkt in seinem
Eifer stets wie ein Musterschüler des Mainstreams. Beim Energiegesetz gehörte «Professor Wahrheit» («Weltwoche») schliesslich zu den Gewinnern – nicht so aber beim CO₂-Gesetz, das im letzte Juni an der Urne Schiffbruch erlitt. Im August reichte er eine Erklärung für das «Nein» nach: Die «Emotionen» bei der Meinungsbildung seien im Abstimmungskampf unterschätzt
worden. Die Bürgerinnen und Bürger hätten sich zuwenig mit dem Klimawandel auseinandergesetzt. Sie hätten die Breite und die Details des CO₂-Gesetzes nicht verstanden. Wenn das Volk also nicht im Sinne von Wüstenhagen handelt, dann ist es aus Sicht des Professors schlicht zu dumm.

Jürg Rohrer – der Esoteriker

Wenn sich Jürg Rohrer für Alternativstrom stark macht, scheint immer ein Duft von Weihrauch in der Luft zu liegen. Denn bei ihm geht es um eine Art Glaubensbekenntnis. Die Energiewende müsse «zwingend über den Interessen Einzelner stehen», predigte er in einem Interview. Als Professor für erneuerbare Energie an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften
setzt sich Rohrer dafür ein, dass die Schweiz mit freistehenden Fotovoltaikanlagen verbaut wird. Kein Wunder – er hat ja angeblich nachgewiesen, dass die Förderung von Solarenergie zu 14’000 neuen Jobs führt. Mit der gleichen Logik könnte man zwar auch Tausende von Arbeitern
beschäftigen, nutzlose Löcher auszuheben und wieder zuzuschütten. Das würde ebenfalls zu ganz vielen Arbeitsplätzen führen. Jürg Rohrer aber ist auf Kurs, auch privat: Er fährt ein Elektroauto, isst kaum Fleisch und kompensiert seinen CO₂-Fussabdruck konsequent mit dem Kauf von Zertifikaten. Offenbar hat er den Sinn des Lebens, nach dem er als Buchautor einst gesucht hat, inzwischen gefunden. So betreibt Rohrer einen Blog namens «Wendezeit», wo er nicht nur über «unerschöpfliche» erneuerbare Energie sinniert, sondern auch über Tod und Wiedergeburt. Dabei schreibt er stramm gegen die «Leugnung der Reinkarnation» an – fast so entschlossen wie gegen die Leugnung des Klimawandels.

Der Beitrag erschien zuerst beim Schweizer Nebelspalter hier

 

image_pdfBeitrag als PDF speichernimage_printBeitrag drucken