Llewellyn King bei Energy

[Und hier wieder ein Blick aus den USA auf Europa:]

Wenn Sie in diesem Winter nach Europa reisen wollen, sollten Sie Ihre lange Unterwäsche einpacken. Ein oder zwei Pullover sollten es auch sein.

Europa steht vor seiner größten Energiekrise seit Jahrzehnten. Einige Länder werden einfach kein Gas zum Heizen und zur Stromerzeugung haben. Andere werden nicht in der Lage sein, für das verfügbare Gas zu bezahlen, weil die Preise so hoch sind – fünfmal so hoch wie früher. Das liegt zum großen Teil daran, dass Russland die Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt hat, nachdem eine Flaute aufgetreten war.

[Hervorhebung vom Übersetzer]

Besonders schlimm ist die Lage in Großbritannien, das gleich dreifach von Problemen betroffen ist. Es begann mit einer gewaltigen Windflaute in der Nordsee, die normalerweise zu den windreichsten Gebieten der Erde gehört. Fast sechs Wochen lang gab es einfach nicht genug Wind, und Großbritannien investiert stark in die Windkraft. Außerdem hat das Land nie große Gasspeicher angelegt, die eine Möglichkeit sind, sich gegen Unterbrechungen abzusichern.

Großbritannien hat sich mit Leidenschaft der Dekarbonisierung verschrieben, und zwar im Vertrauen auf seine großen Windressourcen in der Nordsee, wo der Wind vom Met Office in Grad der Sturmstärke gemessen wird. Die notorisch raue See vor Schottland hat nicht ihre gewohnte Rauigkeit erreicht. Die meisten europäischen Länder sind zu 10 Prozent von der Windkraft abhängig, aber Großbritannien bezieht 20 Prozent seines Stroms aus ihr.

Das hat unter anderem dazu geführt, dass Gas- und Strompreise in astronomische Höhen geschossen sind. Von 70 britischen Stromeinzelhändlern sind 30 Pleite gegangen, und es wird erwartet, dass auch andere ihren Betrieb einstellen werden. Dabei handelt es sich nicht um Erzeuger, sondern um Käufer und Verkäufer von Strom, und zwar im Rahmen eines Systems, das von der Regierung gefördert wurde, als sie während der Thatcher-Regierung das staatliche Central Electricity Board auflöste.

Großbritannien, das 1956 in Calder Hall das erste Kernkraftwerk der Welt in Betrieb nahm, war bisher unentschlossen, was neue Kernkraftwerke angeht. Die derzeit im Bau befindlichen Anlagen werden von dem französischen Unternehmen Areva im Rahmen einer Partnerschaft mit den Chinesen gebaut. Dies hat Fragen zu den chinesischen Plänen für eine größere zukünftige Rolle in der britischen Nuklearindustrie aufgeworfen, und das zu einer Zeit, in der sich die Beziehungen zu Peking wegen Hongkong und der chinesischen Kritik an Großbritanniens Recht, Kriegsschiffe ins Südchinesische Meer zu entsenden, verschlechtert haben.

So oder so ist der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung in Großbritannien von 26 Prozent in der Spitze auf heute 20 Prozent gesunken.

Den größten Anteil an den Problemen Großbritanniens und Kontinentaleuropas hat die Begrenzung der nach Europa fließenden Gasmenge durch Russland. Die Lieferungen sind in diesem Jahr um 30 Prozent zurückgegangen, und es sieht so aus, als ob Russland Europa noch weiter aushungern wird, wenn es wie vorhergesagt einen kalten Winter gibt.

Russland befindet sich in einem offenen Streit mit der Ukraine, die von dem russischen Gasriesen Gazprom abhängig ist, um Gas für das ukrainische Verteilungssystem in andere Teile Europas zu liefern. Im Mittelpunkt des russischen Gasstreits steht die Nord Stream 2-Pipeline, die bereits fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb ist. Sie führt das Gas auf direktem Weg – ~1200 km – durch die Ostsee nach Deutschland und verläuft parallel zu einer älteren Leitung. Sie wird dazu führen, dass die Ukraine als Verteilerland umgangen wird.

Die Vereinigten Staaten waren gegen die Pipeline, aber Präsident Joe Biden änderte dies im Mai. Die Ukraine fühlt sich verraten, und ein Großteil Europas ist beunruhigt.

In Zukunft wird Europa bei russischen Lieferungen vorsichtiger sein und weniger darauf vertrauen, dass der Wind immer wehen wird. Die russische Gasknappheit hat die internationalen Märkte für Flüssigerdgas unter Druck gesetzt, wovon auch Länder von China bis Brasilien betroffen sind.

Großbritannien hat eine eigene Krise, wenn es um Benzin geht. Es herrscht ein akuter Mangel an Tankwagenfahrern, die den reichlich vorhandenen Kraftstoff von den britischen Raffinerien zu den Zapfsäulen bringen. Die britischen Tankstellen haben keinen Treibstoff mehr oder stehen vor langen Schlangen unzufriedener Autofahrer.

Dieses Problem ist auf den Brexit zurückzuführen. Das Fahren von Tankwagen ist ein harter, schlecht bezahlter Job – wie ein Großteil des Straßengüterverkehrs – und die Briten wollten ihn nicht mehr machen. Das Durchschnittsalter der britischen Fahrer liegt bei 56 Jahren, und viele gehen in den Ruhestand.

Als Großbritannien noch Teil der Europäischen Union war, wurde die Lücke von Osteuropäern gefüllt. Aber nach dem Brexit wurden diese Fahrer nach Hause geschickt, da sie nicht mehr das Recht hatten, in Großbritannien zu arbeiten.

Zu der Strom- und Gasknappheit kommt also noch eine Benzinknappheit hinzu, die zwar ein ganz anderes Problem darstellt, aber zu Großbritanniens Sorgen beiträgt, da ein Winter der Unzufriedenheit droht.

Autor: Llewellyn King is executive producer and host of “White House Chronicle” on PBS. He wrote this for InsideSources.com.

Link: https://insidesources.com/british-electricity-hit-hard-by-wind-failure-and-gas-shortage/ via http://icecap.us/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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