Eigenschaften von sich verdichtendem Firn und Übergang zu Eis
Firn ist das Zwischenstadium der Umwandlung von Schnee in Eis und reicht in der Antarktis von 50 bis über 100 Meter Dicke. Die Verdichtung des Schnees führt zu einem systematischen Trend von zunehmender Dichte und abnehmendem Porenraum mit der Tiefe aufgrund des Gewichts der darüber liegenden Schichten. Die Dichte steigt mit der Tiefe von einem Oberflächenwert von 340 kg/m³ auf die Dichte von Eis, die 918 kg/m³ beträgt. Die Geschwindigkeit der Firnverdichtung wird durch Schneeakkumulation und Temperatur gesteuert. Eiskern-Bohrstellen mit hoher Akkumulation und höheren Temperaturen wie Law Dome verdichten sich schneller als Stellen mit geringer Schneeakkumulation und kälteren Stellen wie Wostok. Die Firn-zu-Eis-Prozesse sind unten zusammengefasst, und Bender (1997) liefert eine detaillierte Beschreibung der Prozesse.
Abbildung 1 ist eine Illustration des Übergangs von Law Dome Firn zu Eis und der Dichte- und Porositätseigenschaften. Die Diffusionszone DZ, in welcher die Sinterung (Verdichtung zu einem Feststoff ohne Schmelzen) stattfindet, dauert an, bis die Dichte etwa 0,8 g/cm³ und die offene Porosität etwa 10 % beträgt. Offene Poren dienen vor allem als Kanäle, durch die Gasdiffusion und vertikale Vermischung mit atmosphärischen Gasen stattfinden kann.
Bei einer Dichte von etwa 0,8 g/cm³ beginnen sich die offenen Poren zu schließen und bilden Blasen, in denen atmosphärische Gase eingeschlossen werden. Gase können nicht mehr leicht diffundieren und sich mit der Atmosphäre vermischen. Diese Zone wird als Lock-in-Zone oder LIZ bezeichnet. Die Blasen-LIZ wird durch eine Lock-in-Tiefe LID an der Oberseite und durch eine Close-off-Tiefe COD an der Unterseite definiert. Die LID zeigt einen schnellen Anstieg der geschlossenen Poren in einer ausgeprägten stufenförmigen Weise. Die COD an der LIZ-Basis wird durch die letzte im Firn entnommene Probe definiert; das geschlossene Porösitätsprofil zeigt jedoch eine stufenförmige Basis aufgrund von Porenkompression.
Tabelle 1 fasst die Eigenschaften der Firndiffusions- und Lock-in-Zone zusammen. Die Dicke der Diffusionszone variiert in der Antarktis und hängt mit den Temperaturen und Akkumulationsraten zusammen, wie in Abbildung 2 dargestellt. Westantarktische und periphere ostantarktische Standorte haben dünnere Gasdiffusionszonen als Standorte mit geringer Akkumulation wie Südpol, Dome C und Wostok. Im Gegensatz dazu ist die Blasen-LIZ an allen Standorten eine dünne Zone, die etwa 10 Meter dick ist. Diese signifikante Zone stellt eine Barriere im Firn dar, in der die vertikale Diffusion von Gasen gehemmt wird und Gaseinschlüsse auftreten. Geschlossene Poren an Standorten mit höherer Temperatur und Akkumulation zeigen mehr Streuung in den Daten aufgrund der Erhaltung der Eigenschaften der Sommer- und Winterschicht.
Tabelle 1: Zusammengefasste Eigenschaften des antarktischen Firns für die Diffusionszone und das Blasen-LIZ:
Die Gasmischung in der Diffusionszone ist bekannt und modelliert. Die Gasbewegungsprozesse innerhalb der LIZ sind jedoch umstritten und nicht gut quantifiziert (Fourteau, 2019). Die vertikale Gasdiffusion hat aufgrund der Dominanz geschlossener Poren im Wesentlichen aufgehört. Die langsamere Gasbewegung setzt sich jedoch durch Dispersion und laterale Vermischung fort (Bruiner, 2018). Mitchell (2015) schlägt vor, dass das Darcy’sche Gesetz der Flüssigkeitsströmung gelten könnte, und andere haben eine Perkolationstheorie oder Wirbeldiffusion vorgeschlagen (Buizert (2012)).
Ein CO2-Sprung mit der Tiefe ist präsent
Ein Sprung in den CO2-Konzentrationen mit der Tiefe ist in den in Abbildung 3 dargestellten Firngasprofilen bemerkenswert. Bei der Lock-in-Tiefe beginnen die CO2-Messungen ab etwa 10 Metern eine schnellere Abnahme mit der Tiefe zu zeigen. Die LID wird häufig durch eine Änderung der CO2-Steigung bestimmt, die auch als „Sprung“ bezeichnet wird. Er ist das Ergebnis von Gas, das sich aus der Gasdiffusionszone bewegt und in Blasen gefangen wird. In der diffusiven Zone nimmt die CO2-Konzentration mit der Tiefe langsam ab und das Gas altert aufgrund der diffusiven Vermischung mit flacher liegenden Gasen. Daher ist das Gas jünger als die Eiszeit. In der LIZ reduziert der Blaseneinschluss die vertikale Durchmischung der Gase. Die CO2-Werte fallen schnell, weil das Gas in den wenigen offenen Poren nicht mehr mit der darüber liegenden Atmosphäre kommuniziert. Dieses jüngere eingeschlossene Gas altert nun mit dem Eis (Battle, 2011; Trudinger, 2002).
Die Dicke der Diffusionszone und das Einsetzen des LID ist in der Antarktis unterschiedlich, wie in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt. Eiskernstandorte mit hoher Akkumulation haben im Allgemeinen ein flacheres LID als Standorte mit geringer Akkumulation. Das LID am Law Dome DSS Standort ist nur 40 Meter tief mit einer Eisakkumulationsrate von 16 cm pro Jahr. Das LID am Südpol ist 115 Meter tief, wo die Akkumulationsrate nur 8 cm Eis pro Jahr beträgt. Eine Ausnahme ist der Standort DE08-02, der die höchsten Eisakkumulationsraten von 120 cm pro Jahr aufweist, jedoch ist das LID tiefer als sowohl DSS als auch WAIS.
CO2 nimmt in der in Abbildung 4 dargestellten Diffusionszone linear um durchschnittlich 2,3 ppm pro 10 Meter ab. Die ähnlichen Steigungen der CO2-Abnahme mit der Tiefe sind nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass in dieser Zone vertikale Gasdiffusion stattfindet.
Es ist jedoch überraschend, dass die Neigung des abnehmenden CO2 innerhalb der Blaseneinschlusszone zwischen den verschiedenen Standorten ähnlich ist, unabhängig von Temperatur und Akkumulation. Die durchschnittliche Abnahme des CO2 beträgt 36 ppm über die 10 Meter dicke Blasen-LIZ, wie in Abbildung 4 dargestellt. Theoretisch wird nun modelliert, dass die Gase mit dem Eis innerhalb der LIZ altern. Das bedeutet, dass das CO2 am Südpol viel langsamer altert als die CO2-Abnahme bei DSSW20K und WAIS, obwohl die CO2-Änderungen in der Blase LIZ praktisch identisch sind. Die Durchmischung des Gases in der Blase LIZ ist nach Fourteau, 2019, nicht gut quantifiziert. Er gibt an, dass das Gas innerhalb der LIZ aufgrund des Ausstoßes von Luft/Gas, der durch die Verdichtung des Firns angetrieben wird, möglicherweise etwas weniger schnell altert als das umgebende Eis.
Der CO2-Sprung ist auch mit der Zeit präsent
Abbildung 5 zeigt die CO2-Daten des antarktischen Firns sowohl in der Tiefe als auch im Gas-Zeitalter. In der Grafik zum Gas-Zeitalter ist auch vermerkt, ob die CO2-Daten aus der Atmosphäre, der Firn-DZ oder der Blasen-LIZ gemessen wurden. Es gibt Überschneidungen, wenn verschiedene Standorte kombiniert werden. Beachten Sie, dass um 1960 immer noch ein Sprung vorhanden ist.
Der CO2-Sprung im Gas-Zeitalter tritt auf, wenn man von überwiegend atmosphärischen und Diffusionszonen-CO2-Messungen zu überwiegend Blasen-LIZ-CO2-Messungen übergeht. Die Blasen-LIZ, die nur 10 Meter dick ist, macht einen signifikanten Anteil von über 80 Jahren in der Kurve des Gas-Zeitalters aus. Die zugrundeliegenden Trends zeigen, dass CO2 von 2000 bis etwa 1960 um 13 ppm pro Jahrzehnt abnimmt und sich dann auf 3 ppm pro Jahrzehnt von 1960 bis 1900 verlangsamt. Man beachte außerdem, wo CO2 von 1940 bis etwa 1960 flach ist. Mehrere Autoren wie Trudinger, 2002, und MacFarling, 2006, diskutieren, dass die Spitze von 1940 aufgrund der Glättung der Gase durch Firn reduziert wird und die wahre atmosphärische Variation größer ist.
Es ist unwahrscheinlich, dass der CO2-Sprung ein echtes atmosphärisches Signal ist. Der CO2-Sprung in der Tiefe ist ein Ergebnis der diffusen Vermischung von Gasen im Firn gegenüber eingeschlossenem Gas in Blasen, die nun mit Eis im LIZ altern. Dieser CO2-Sprung ist auch 1960 noch sichtbar.
Atmosphärisches CO2 wird innerhalb des Firns geglättet
Viele Autoren haben eine Gasglättung in der Firnschicht aufgrund von vertikaler Gasdiffusion und allmählicher Blasenschließung während des Übergangs von Firn zu Eis dokumentiert (Trudinger, 2002; Spahni, 2003; MacFarling, 2006; Joos und Spahni, 2008; Ahn, 2012; Fourteau, 2019; Rubino, 2019). Die während der Firnverdichtung gemessenen Gaskonzentrationen sind ein Durchschnitt der atmosphärischen Konzentrationen, die von 10 Jahren an Orten mit hoher Akkumulation wie DE08-2 bis zu Hunderten von Jahren an Orten mit niedriger Akkumulation wie Dome C und Vostok reichen. Fourteau zeigt, dass die gemessene Änderungsrate von CO2 in Eisblasen dreimal niedriger sein kann als die tatsächliche atmosphärische Änderungsrate. Auch wenn Firnmodelle die gemessenen Gasprofile reproduzieren können, können sich die Gasaltersverteilungen laut Buizert 2012 erheblich unterscheiden. Er stellt fest, dass sich das mittlere Alter und die Verteilungsbreite der Gase im Firn zwischen den Modellen um bis zu 25 % an Orten mit geringer Akkumulation unterscheiden.
Beim Übergang von Firn zu Eis wird das atmosphärische CO2 aufgrund von Gasmischungsprozessen und Verdichtung, wie oben beschrieben, verändert. Die meisten CO2-Diagramme werden durch einfaches Aufspleißen von modernen atmosphärischen CO2-Messungen auf die CO2-Daten des antarktischen Eises dargestellt. Die notwendigen Korrekturen für die Abschwächung des CO2 im Eis aufgrund von Gasmischung und Vergrabungstiefe werden nicht angewandt oder sogar nicht einmal vermerkt. Durch die Vernachlässigung dieser Korrekturen sind die resultierenden Diagramme irreführend und verstärken den Unterschied zwischen modernen und älteren Eisbohrkern-CO2-Messungen, wie zum Beispiel dieses auf der Scripps-Website. Man messe dem CO2-Sprung keine Bedeutung bei, die er nicht hat! Er ist kein echtes atmosphärisches Signal, sondern ein Artefakt.
Acknowledgements: Special thanks to Donald Ince and Andy May for reviewing and editing this article.
References Cited
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Link: https://wattsupwiththat.com/2021/01/15/the-co2-kink-firn-to-ice-transition/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
Vielen Dank Herr Köhler, ein sehr informativer Beitrag!
Sehr geehrter Herr HannonDanke für diesen wichtigen Beitrag.Herr Köhler,Die Lösung des Problems, wie die CO2-Messungen wirklich interpretiert werden können, ist wirklich dringend, da hier ohne grundlegende Untersuchung der physikalischen Zustände und Vorgänge im Eis von bestimmter Seite Schlüsse gezogen werden, die möglicherweise nicht gerechtfertigt sind.Vor allem Abbildung 3 und 4 werfen die Frage auf, wieso die Gradienten des CO2-Gehaltes unterhalb der LIZ über der Tiefe praktisch gleich sind, obwohl die Akkumulationsraten und Tiefe der LIZ der verschiedenen Bohrlokalitäten sehr unterschiedlich sind.Weiter muß man bedenken, daß die Luftbläschen im Eis winzig sind und deshalb ein sehr großes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen haben. Chemische und besonders Diffusionsprozesse sind geradezu vorprogrammiert. Besonders Diffusionsprozesse dürften bei den sehr langen Zeiten und den geänderten Zuständen (zunehmender Druck im Eis, Temperaturänderungen) eine große Rolle spielen, denn eigentlich diffundiert in der Natur alles mit jedem.Über die Versuche mit großen Eisblöcken, die aus genau definiertem Firn erzeugt sind, der unter Druck gesetzt, verdichtet und lange Zeit auf Temperatur gehalten werden, habe ich auch schon mal nachgedacht. Das wird uns zwar keine Hinweise liefern, wie man die Daten aus den Eisbohrungen auswerten soll, aber es wird uns zumindest zeigen, ob das Argument gerechtfertigt ist, daß diese Luft aus den Bläschen wirklich noch die „Frischluft“ von damals ist.MfGG.Wedekind
Ein wichtiger Beitrag zum kaum diskutierten Problem des CO2 Gehaltes im Gletschereis. Zur Erinnerung: eine umfassende Diskussion hat 1992, 1994 und 2007 Jaworowski (z.B. Do glaciers tell a true atmospheric CO2 story?) bereits gegeben.Laut IPCC sollen die Eismassen der Antarktis und Grönlands in den eingeschlossenen Luftbläschen die CO2 – Konzentration der Atmosphäre bis zu 800.000 Jahre repräsentativ und unverändert abbilden. In diesem Zeitraum treten folgende physikalisch-chemische Prozesse auf (Auswahl der wichtigsten):- Die Temperatur nimmt von -98,6° C an der Oberfläche auf ca. -3°C in ca. 4000m Tiefe am Übergang zum Fels zu.- Der Druck nimmt von ca. 1 bar an der Oberfläche auf ca. 350 bar in 4000m Tiefe zu.- Bei diesen Druck- und Temperaturverhältnissen kann das CO2 sowohl gasförmig (Luftbläschen), als auch flüssig und fest (z. B. Klathratbildung) auftreten.- Auch das Wasser zeigt bei tiefen Temperaturen und hohen Drücken eine Anomalie und kann vom festen in den flüssigen Zustand (Regelation) übergehen.- Kaltes Wasser nimmt verstärkt CO2 auf und entzieht es der Luft (siehe heutiges „Atmen“ der Ozeane an der Oberfläche)- Verdichtete Eislagen haben in der Bohrung Dye 3 (Grönland) einen CO2 – Gehalt von 2350 ppm aufgewiesen, die darüber oder darunterliegenden Eisbläschen hingegen nur 300 ppm (Neftel, A. et. al. 1982). Der CO2 – Gehalt kann daher lagenweise stark variieren. Trotz dieser Schwierigkeiten empfehlen die Autoren, dass „the lowest CO2 values best represent the CO2 concentrations of the originally trapped air“ (Deutsch: „die niedrigsten CO2 Werte repräsentieren am besten die CO2 Konzentration der ursprünglich eingefangenen Luft“).- Zum Offenhalten des Bohrlochs sind unter den extremen Druck- und Temperaturverhältnisse spezielle Stützflüssigkeiten wie Petroleum, Treibstoffe (Diesel und Flugbenzin), Ethylenglycol oder Ethanol, beim EPICA-Projekt Exxsol D 30 und Dichlorofluoroethan notwendig. Der Einfluss von diesen Kohlenwasserstoffen auf den primären CO2 – Gehalt wird kaum diskutiert, bei den Bohrlochdokumentationen wird auf diese Stoffe eher selten hingewiesen.- Diese Stützflüssigkeiten können die Eisbohrkerne mit Blei und Zink verunreinigen, Jaworowski (2007) hat dies an einem Kern der Bohrung Vostok aus 1850 m Tiefe dargestellt.- Das Herausbohren der Eiskerne, die im ungestörten Zustand bis zu 350 bar belastet sind, führt zu einer Druckentlastung auf ca. 1 bar. Damit wird das Gefüge der Eiskerne gestört und es kommt zur Bildung von Mikrorissen, in denen Wechselwirkungen mit der Umwelt auftreten (Entgasungen etc.). – Die Messmethoden zur Bestimmung des CO2 im Labor (trockene oder nasse Extraktion) können stark unterschiedliche Messergebnisse bewirken (Neftel et. al. 1985). – Raynaud & Delmas (1977) haben an der Messstelle Vostok die Aussagekraft der CO2 Messung überprüft: im obersten Meter ergaben sich CO2 Gehalte von 160 – 240 ppm. Der CO2 – Gehalt der Luft war zum damaligen Zeitpunkt bei rund 330 ppm deutlich höher.- Bei den Eisbohrungen vor 1980 wurden generell höhere CO2 – Gehalte im Eis gemessen. Danach ergaben sich relativ einheitliche Werte von maximal 290 ppm. Die Gründe dafür sind unbekannt, ein Zusammenhang mit der Gründung des IPCC 1988 wäre nur Spekulation.- Für das IPCC steht trotz dieser Probleme der CO2 – Ermittlung sicher fest, dass während der letzten 800.000 Jahre der CO2- Gehalt der Luft nie höher als 290 ppm war und dieser Wert sich in den Eisbohrkernen richtig abbildet.Für einen kritischen Naturwissenschaftler und gleichzeitig Techniker stellt sich die Frage, wie diese Hypothese überprüft werden kann. Denkbar wären z.B. Großversuche mit 10m hohen Eisblöcken unter definierten CO2 – Gehalten, die seitlich unter hohem Druck eingespannt werden. Aus diesen Blöcken werden unter Verwendung der beschriebenen Stützflüssigkeiten Eisbohrkerne gewonnen und anschließend im Labor analysiert. Auf diesem Weg könnte zumindest der Einfluss des hohen Druckes und der Stützflüssigkeit abgeschätzt werden, offen bleibt hingegen der Zeitfaktor von 800.000 Jahren. Wegen der großen Bedeutung der Absicherung des Wertes von 290 ppm wären solche oder ähnliche Versuche dringend angeraten.