Die Region um Erfurt entspricht hinsichtlich ihres Temperaturniveaus recht gut dem DWD-Deutschlandmittel und steht damit grob für die Verhältnisse in Deutschland; hinsichtlich des Niederschlages ist sie allerdings trockener. Als in den ersten Apriltagen der Schnee in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 30cm hoch lag und das Osterfest auch im übrigen Deutschland sehr wechselhaft und kühl mit Schnee im Thüringer Wald begann, ahnte man noch nichts von der wohl längsten Schönwetterperiode der jüngsten Klimageschichte. Doch schon am Ostermontag setzte eine Erwärmung ein; und bereits am 4. April wurde in Erfurt-Bindersleben erstmalig die 20-Grad-Marke überschritten. Bis zur Monatsmitte dominierte danach wechselhaftes Wetter mit apriltypischen Tagesmaxima zwischen 12 und 22 Grad und gelegentlichen Regenfällen; zu diesem Zeitpunkt waren die Startbedingungen für die Vegetation noch günstig. Eine erste, hochsommerliche, sonnenscheinreiche Periode begann am 18.04. und währte bis zum 23.04. Schon trieben Eichen, Robinien und Walnüsse aus – ein untrügliches Zeichen für einen viel zu warmen Frühling, und die Frühblüher welkten in den Wäldern. Dabei zog am 19.04. mit den ersten Apfelblüten der Vollfrühling fast termingerecht in Weimar ein:
2018 geht als „Jahr ohne Frühling“ in die Klimageschichte ein, denn die Baumblüte fand bei hochsommerlichen 24 bis 28 Grad statt, weshalb die meisten Gehölze nur 2 bis 4 Tage blühten:
Bis zum Monatswechsel blieb es dann wechselhaft und vorübergehend auch kühl; einzelne Schauer linderten den bereits akuten Wassermangel kaum. Im letzten Monatsdrittel blühten schon erste Rosskastanien und Weißdorne sowie der Raps; der Flieder erreichte zum Monatswechsel bereits die sehr reiche Vollblüte. Der Mai starte mit viel Wind sowie letzten Bodenfrösten, ehe es ab dem 5. Mai immer sonniger und zunächst tagsüber wärmer wurde; starke Nordostwinde trockneten die Böden weiter aus. Trotz der Dürre konnte man eine reiche Orchideenblüte in Nordthüringen erleben:
Am 7. Mai begann der Frühsommer mit den ersten blühenden Holunderdolden vorzeitig, aber nicht extrem früh:
Der Laubaustrieb war um den 10. Mai fast überall abgeschlossen; trotz gelegentlicher Regenschauer blieben Sonne, Ostwinde und Dürre ein Markenzeichen des Mai 2018.Auch nach einmonatiger Dürre blühten die Orchideen, darunter auch die Frauenschuhe, meist sehr reich:
Es gab einzelne, kühlere Tage in diesem Mai, doch sie waren – ebenso wie Regenschauer, selten. Trotz der immer akuteren Dürre blühten viele Halbtrockenrasen sehr reich; auch die Margeriten ließen sich von der Dürre kaum beirren:
Die anhaltende Wärme begünstigte das Spargelwachstum; insgesamt verlief die Ernte nach relativ spätem Beginn gut, und außerdem die Entwicklung einer besonders reichen Insektenwelt, darunter auch die der Gespinstmotte; mancherorts wurden Sträucher und ganze Obstbäume kahl gefressen und eingewickelt:
Im letzten Monatsdrittel reiften erste Süßkirschen; und die Blüte der Sommerlinde startete; zum Monatswechsel gilbte bereits die Wintergerste. Während in Weimar erste Kurzgrasrasen bereits ausbrannten, sorgten um Erfurt ein paar Gewitterschauer für üppiges Grün:
Im Juni startete mit den ersten Winterlindenblüten der phänologische Hochsommer merklich verfrüht, und bei leicht wechselhaftem, mäßig warmem Nordwetter konnte man sich über eine gute Kirschernte freuen:
Immer mehr dominierten wegen der anhaltenden Trockenheit die Farben Gelb und Braun in der Landschaft; nur einige Moorwiesen zeigten sich noch frisch-grün:
Mitte Juni begann die Wintergerstenmahd um etwa 3 Wochen verfrüht. Stellenweise lohnte sich die Getreideernte nicht; manche Bauern häckselten das Korn zu Futter oder pflügten es gleich unter. Zur Monatsmitte reifte schon die Stein-Weichsel. In den Wäldern verwelkten selbst so robuste Stauden wie der Zaun-Giersch oder das Wald-Bingelkraut; und die normalerweise auf die zweite Julihälfte fallende Blüte der Krim-Linden in den Städten fand bereits jetzt statt; zum Monatswechsel Juni/Juli waren bereits die meisten Sauerkirschen und erste Ebereschenfrüchte reif. Anfang Juli kühlten sich zwar die Nächte unter dem Einfluss eines Skandinavien-Hochs teilweise unter 10 Grad, in Bodennähe gar bis Null Grad, ab, aber die Dürre verschärfte sich weiter. Viele Kurzgrasrasen verwelkten völlig:
Trotzdem blühten noch einige Wiesenblumen, und man konnte, wie schon in den Vorjahren, sehr viele Schmetterlinge beobachten:
Ungewöhnlich früh und reich erblühten Anfang Juli auch die Japanischen Schnurbäume; ihre normale Blütezeit fällt auf Mitte August bis Anfang September. Am 5. Juli zog ein Unwetter über den Nordosten Weimars, aber das linderte die Dürre, ebenso wie einige stärkere Schauer und Gewitter um den 10. Juli, nur vorübergehend. Am 13.07. begann mit den ersten reifen Holunderdolden bereits der phänologische Frühherbst:
Mitte Juli konnte man schon erste Kornäpfel und Pflaumen ernten, und am 19.07. wurden die ersten reifen Wildrosen- und Weißdornfrüchte gesichtet. Um den Jakobitag (25. Juli) hatte man bereits das gesamte Getreide (inklusive Raps) gemäht; normalerweise ist das erst so um den 25. August der Fall. Die Winterweizen-Ernte fiel nach den bisher vorliegenden Ergebnissen mit 64,4 dt/ha im Thüringenmittel deutlich schlechter als in den Vorjahren aus; trotzdem muss man sie als ausreichend einstufen, denn sie unterschritt den Mittelwert der Jahre 1991 bis 2017 (69,9 dt/ha) nur um 5,5 Dezitonnen je Hektar. Von einer totalen Missernte, wie in vielen Medien kolportiert, kann also keine Rede sein:
Freilich gab es regional große Unterschiede, so auch um Erfurt/Weimar, wo alle Gebiete nordöstlich von Erfurt stärkere Ertragsausfälle zu verzeichnen hatten, als die Gebiete westlich und südlich der Stadt. Besonders dürftig fiel die Rapsernte aus; aber der Winterraps gehört ohnehin nicht zu den geeignetsten Kulturen im Thüringer Becken – vielleicht bewegt das schlechte Ergebnis den ein oder anderen Landwirt zum Nachdenken über den viel zu umfangreichen Anbau von Pflanzen für die „Energiewende“. Noch ist die Kartoffelernte nicht abgeschlossen, aber auch sie wird weit unter den Ergebnissen der Vorjahre bleiben. Auch mit Beginn des letzten Hochsommer-Monats August hielt die meist sonnenscheinreiche, trocken-heiße Witterung an; einzelne Gewitter, teils mit Unwettercharakter, so am 2. und 17.08., linderten die Dürre nur wenig. Nun setzte auch ein verstärkter Hitzelaubfall bei Hybrid-Pappeln und Bergahornen ein; zum Monatsanfang reiften schon die Kornelkirschen und im Monatsverlauf überreich alle Arten von Pflaumen. Außerdem stellte sich eine Mäuse- und Wespenplage ein:
Um den 20. August setzte bei manchen Linden-Arten, sicher auch trockenheitsbedingt, schon die Laubfärbung ein. Manche Obstbäume hingen derart voll, dass ganze Äste abbrachen. Nach einigen Gewitterschauern sanken die Temperaturen ab dem 25. August auf frühherbstliche Werte; und erste Rosskastanien reiften. In den ersten Septembertagen linderten stärkere Regenfälle die Dürre merklich; die Wiesen ergrünten wieder, doch ab dem 4. September kehrte der Hochsommer zurück und hielt sich mit kurzen Pausen noch bis zum 21. September mit Spitzenwerten von nochmals nahe 30 Grad. Zum Monatsanfang reiften schon erste Walnüsse; etwas Laubfärbung war bei Birnen, Süßkirschen und Linden zu beobachten. Vereinzelt konnten nun sogar ein paar Rotkappen, Steinpilze und Hallimasche gefunden werden; doch bislang erwies sich 2018 als sehr schlechtes Pilzjahr. Kernobsternte und Weinlese wurden hingegen mit sehr guten Ergebnissen eingefahren. Und überall fiel der überreiche Fruchtbehang der Obstbäume, Eichen, Buchen, Bergahorne und Eschen auf – ein regelrechtes Mastjahr, freilich reiften alle diese Früchte um 3 bis 5 Wochen verfrüht:
Mit einem markanten Temperatursturz von 27 auf 13 Grad endete die Hitze am Nachmittag des 21. September. Ein schönes Abendrot konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die schöne Jahreszeit nun größtenteils vorbei war:
Und am kalendarischen Herbstanfang beendete starker Regen mit Sturm und Kälte die monatelange Dürre endgültig – Pilzfreunde dürfen also noch hoffen. Auf den Mittelgebirgsgipfeln fiel kurzzeitig nasser Schnee. In den letzten Septembertagen besserte sich das Wetter wieder merklich; zeitweise schien nach bitterkalten Nächten mit Bodenfrösten die Sonne; und vorübergehend wurde es nochmals um die 20 Grad warm. Aber das „Schönwetter-Sommerhalbjahr 2018“ war bloß noch Geschichte.
Zusammenfassung: Dieses Sommerhalbjahr 2018 hatte seine guten und schlechten Seiten – auch in der Natur. Liebhaber des Englischen Rasens hatten ebenso zu leiden wie viele Getreidebauern; dafür freuten sich die Obstbauern und die Winzer. Die Wälder und Wiesen werden sich von der Trockenheit rasch erholen; für viele Wildpflanzen und Insekten schien die anhaltende Wärme eher vorteilhaft gewesen zu sein.
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Lieber Herr Kämpfe,
Sie hatten auf diesen Teil 2 verwiesen: Ihr Vorgänger, der Abt Dr. Mauritius Knauer hatte für den 100 jährigen Bauernkalender wenigstens 7 Jahre lang beobachtet! Wäre nicht doch eine Gärtnerzeitung die bessere Plattform?
Zur Wirkung einer langjährigen Dürre kann ich leider nach vielen Reisen Ihrer Bewertung nicht folgen!
MfG
@ Ulrich Wolff
„Sie hatten auf diesen Teil 2 Verwiesen. Ihr Vorgänger, der Abt Dr. Mauritius Knauer hatte für den 100-jährigen Bauernkalender wenigstens 7 Jahre beobachtet! Wäre nicht doch eine Gärtnerzeitung die bessere Plattform?“
Werter Herr Wolff,
Irgendwie haben Sie sich die Grafiken zur Phänologie nicht angesehen! Sie enthalten bis 1990 zurückgehende Daten; also deutlich mehr als 7 Jahre. Ihr Vergleich mit dem Abt Knauer ist – wie Ihre gesamte Kritik, äußerst unsachlich und substanzlos.
Lieber Herr Kämpfe,
Klima ist (Klimate sind) definiert durch Mittelwerte über 30 Jahre. Seine Veränderungen beschreiben Sequenzen solcher Mittelwerte.
Extreme Wetterdaten werden bekanntlich systematisch zur Irreführung benutzt. Auf dieser Ebene zu diskutieren halte ich für kontraproktiv.
Ihre korrekten Hinweise auf den „Wärmeinseleffekt“ unterstreichen einmal mehr die unsinnige Wahl von Lufttemperaturen in 2m Höhe über der Erdoberfläche, wesentlich gemessen auf dem Festland, um ein nichtssagendes sog. Weltklima zu beschreiben.
Ein Naturwissenschaftler, den der Energieinhalt des menschlichen Lebensraumes interessiert und der nicht betrügen will, würde sich an der Wassertemperatur der Ozeane orientieren!
MfG