Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.
K wie
Kaskadierung, die
Unter einer Kaskade versteht man einen treppenartig ablaufenden Wasserfall, heute auch in der Elektrotechnik eine Hintereinanderschaltung von Bauteilen im Sinne einer Kette. In Reihe geschaltete Batteriezellen kaskadieren, bilden also eine Kaskade und sorgen für höhere Spannung. Unfälle und Havarien können kaskadenförmig ablaufen. Der Bruch des Banqiao-Staudamms im August 1975 in China gilt als das größte Unglück als Folge eines kaskadierenden Schadensereignisses. Auch in der Akrobatik kennt man den Begriff für eine Abfolge wagemutiger Sprünge, ausgeführt vom „Kaskadeur“.
Die hier gemeinte Kaskadierung bezieht sich auf kritische Situationen im Stromnetz, wenn die Maßnahmen eines Übertragungsnetzbetreibers zum Redispatch nicht ausreichen und nachgelagerte Netzbetreiber helfen müssen. Abschaltungen von Verbrauchern oder Erzeugern können so lokal begrenzt bleiben. Dieses Kaskaden-Prinzip ist seit Jahren bewährt, es bedeutet die situative Abkehr vom Normalbetrieb hin zum Störungsmanagement. Ziel ist, einen flächendeckenden Blackout als Folge einer Einzelstörung mit folgendem Dominoeffekt zu verhindern.
Damit sich alle Netzbetreiber auf eine solche Situation vorbereiten können, sind klare Regeln notwendig. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) erließ dazu mit Wirkung zum 1. Februar 2017 die Anwendungsregel „Kaskadierung von Maßnahmen für die Systemsicherheit von elektrischen Energieversorgungsnetzen“. Ziel ist, den Betrieb auf weiter steigende Aufnahme von Strom aus regenerativen Energieanlagen vorzubereiten.
ANSPRUCH UND WIRKLICHKEIT
Neben der Beschreibung der Aufgaben für die Beteiligten und der Kommunikationsstruktur lassen neu gesetzte Vorbereitungs- und Umsetzungszeiten die Stadtwerke und Betreiber von Mittel- und Niederspannungsnetzen ins Grübeln kommen. Der VDE verschärft nicht aus Spaß die Bedingungen, sondern aus Umsicht und Vorsorge in der Kenntnis, wie sich die Schwankungen im Netz vergrößern werden. Auch dieser Verband erkennt, dass weiterer Zubau volatiler Einspeisung die Schwankungen verstärkt und keinesfalls glättet.An die unteren Spannungsebenen sind rund 95 Prozent der regenerativen Erzeugung und der elektrischen Verbraucher angeschlossen. Für fünf Szenarien (vom Netzengpass über die Systembilanzabweichung bis zum schleichenden Spannungskollaps) werden Handlungsfolgen festgelegt, bei denen es zu keinen Verzögerungen kommen darf. Nicht nur Engpässe im Sinne von Mangel müssen beherrscht werden, sondern auch lokaler Überschuss durch (zu) hohe Einspeisung. Für jede Stufe der Kaskade bleiben 12 Minuten. Dieser kurze Zeitraum, in dem einzelne Großkunden oder Netzgebiete abgeschaltet werden müssen, stellt vor allem für kleinere Stadtwerke und Netzbetreiber eine große technische und organisatorische Herausforderung dar. Ist der Finger in dieser Zeit nicht am Knopf oder die Hand nicht auf der Maus, droht die Kaskadierung und die Abschaltung auf der nächsthöheren Spannungsebene – mit weiter reichenden Folgen.
Überlast und Unterlast
Absehbar ist, dass die Maßnahmen zum Redispatch auf der Höchstspannungsebene bald nicht mehr ausreichen werden, auch wenn Erfahrungen und Handlungssicherheit wachsen.
Bisher hatten Stadtwerke und Verteilnetzbetreiber eine Stunde Zeit zum Handeln, nun muss neu organisiert werden. Die Netzbetreiber der unteren Spannungsebenen verfügen nicht über ständig besetzte Leitwarten. Wie man nun lokal den Meldefluss und die Schalthandlungen organisieren soll, ist noch offen. Für die Planspiele läuft seit Februar eine zweijährige Frist. Eventuell können externe Dienstleister herangezogen werden. In jedem Fall sind 12 Minuten zu kurz, den zur Abschaltung anstehenden Kundenkreis, der vorher „diskriminierungsfrei“ nach Kapazität auszuwählen ist, zu informieren. Es können auch Krankenhäuser oder Altenheime sein. Schadenersatzansprüche sind ausgeschlossen. Verbraucher sollten Vorsorge treffen, wie unser Innenminister in seinem „Zivilschutzkonzept“ bereits anregt (s. auch „Dunkelflaute“, S. 24).
Die Umsetzung der neuen VDE-Anwendungsregel wird Kosten verursachen, die in die Netzgebühren einfließen werden. Ein Schluck mehr zu den indirekten Kosten der Energiewende, von denen nicht so gern gesprochen wird.
Niemand weiß, wann, wo und wie oft diese Kaskadierung eintreten wird. Mit den weiteren Außerbetriebnahmen regelfähiger Kraftwerke steigt das Risiko.
Kaskadeuren in der Arena schaut man gern zu, Kaskaden im Netz werden keine Freude verbreiten.
Übernommen von Tichys Einblick hier
Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt.
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
„….wird diese Regierung unter Frau Merkel nicht erkennen (wollen)“ ,erkennen dürfen ! ist richtig.Wir können ganz sicher sein ,daß Frau Merkel und ihre Gehilfen die Situation und Gefahr kennt und wider besseres Wissen handelt.Wenn wir eine Justiz hätten würde sich diese mit damit verbundenen Rechtsfragen beschäftigen und nicht mit Fahnen der Bananenrepublik Deutschland.
Herr Schubert, Ihnen gebührt großer Dank, dass Sie bei Ihrer Formulierung so detailliert antworten.
Eine dezentrale Stromversorgung wird in Deutschland schon seit 30 Jahren praktiziert.
Auch in großem Umfang für 100.000 Netzanschlüsse privat und industriell.
Das geschieht in der Regel mit einem offenen Kreisnetz auf der 110kV – Ebene als oberste Systemgrenze für den Bilanzkreisverantwortlichen.
Trotzdem sind aus Sicherheitsgründen immer 3 Kuppelstellen mit dem Höchstspannungsnetz verbunden.
Wegen der diskriminierungsfreien Einspeiseoption durch das EEG wird jetzt den regionalen Netzbetreibern klar, auf was Sie sich da eingelassen haben.Und dieses Risiko soll jetzt über die Aktivitäten des VDE neue Geldquellen zur Umrüstung generieren.
Den Trafos ist es völlig egal ob die Leistung in das Netz reinwirkt oder rauswirkt, wenn die Leistungssgrenzen eingehalten werden.
Bei Ihrer Bemerkung zu dem ehrlichen Abregeln, wenn die Grenzen erreicht sind,musste ich schmunzeln.
Es gibt da zwei juristische Varianten . Abregelung nach §13.1 und nach §13.2 EnWG
Hier können Sie sich mal einen Einblick verschaffen, wie hier vorgetragen wird.
Anstatt von Residuallast sprechen die Systemtechniker von Vertikaler Last.Das beschreibt die Wirkrichtung im physikalischer und juristischer Sicht präziser.
Die Situation an den Übergabestellen in der Regelzone 50hertz sehen Sie im Überblick auf dieser Grafik:
Diese Situationen sind den Befürwortern der Liberalisierung der Strommärkte mit Sicherheit nicht klar.
Lustig wird das Ganze ,wenn mal eine größere Fläche in Deutschland spannungslos wird, und die politisch Verantwortlichen mit Erklärungsversuchen in die Öffentlichkeit gehen.
Mit herzlichem Glückauf
Das ist falsch; die 95% beziehen sich auf die Anzahl der Anlagen und nicht auf die Leistung. Die Anlagen in der unteren Spannungsebene sind leistungsmäßig mit 50% an der alternativen Energieerzeugung beteiligt.
Es wäre schön, wenn der Autor den Unterschied zwischen zentraler und dezentraler Energieversorgung besser verstehen würde; zumindest würde er dann wissen, dass man am Begriff Residuallast nicht vorbeikommt.
Lieber Hr. Schubert,
wie Sie an der Kurzvita unter dem Artikel unschwer ersehen können, ist Hr. Hennig „DIplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung“. Ihre ziemlich arrogante Stellungnahme ist demnach fehl am Platze. Ein freundlicher Hinweis auf diesen Umstand hätte auch gereicht.
Ich warte übrigens immer noch auf die angekündigten Hinweise auf angebliche Fehler am Buch von Hr. Limburg und mir. Kommt da noch was oder war das nur Geblubber, um uns und das Buch schlechtzureden?
Mfg
Sehr geehrter Herr Schubert,
vorausgesetzt Sie haben den Informationsgehalt dieses Artikels von Herr Henning aufmerksam gelesen und verstanden, ist Ihre Bemerkung aus kaufmännischer und juristischer Sicht mit zwei zugedrückten Augen als Argument o.K.
Leider nehmen die Sicherungselemente im Europäischen Verbundnetz darauf keine Rücksicht.
Die 12 Minuten, die hier zur Sprache kommen, sind ein ausgehandelter Kompromiss für den eintretenden Schadensfall.
Nimmt der angesprochene Netzbetreiber seine Verantwortung wahr, ist die überregionale Gefahr vorbei. Tut er in dem vereinbarten Zeitfenster nicht das Richtige, wird Ihm die Entscheidung abgenommen.
Damit können dann aber auch keine Schadensersatzansprüche mehr geltend gemacht werden.
Richtig begreifen werden das die Betroffenen erst, wenn ein Richter ihnen die selbst gebastelten Gesetze und Verordnungen um die Ohren haut.
Mit herzlichem Glückauf
PS: den betroffenen Trafo interessieren keine Residuallasten. In seiner Not hat er nur Temperaturprobleme. Und da weiß er ganz genau was zu tun ist, um zu überleben!!!
Herr Peters, kann es sein, dass Sie sich noch nie mit dezentraler Stromversorgung beschäftigt haben?
Ortsnetz ohne PV und Wind – der Ortsnetztrafo überträgt die gesamte Leistung aller Verbraucher. Ortsnetz mit ein paar PV-Anlagen, von mir aus auch Wind. Die liefern weniger als im Moment verbraucht wird. Was passiert am Trafo? Die Leistung wird geringer (weil Kirchhoff das so gesagt hat!). Die noch zu übertragene Leistung am Trafo nennt man dann Residuallast. Was ein Residuum ist, wissen Sie oder nicht?
Die alternative Energieerzeugung liefert mehr, als im Ortsnetz verbraucht wird – der Trafo überträgt jetzt die überschüssige Leistung ins übergeordnete Stromnetz. Das darf eigentlich nicht sein! Was für ein Zustand stellt sich am Trafo ein? Die Spannung auf der Ortsnetzseite steigt über 230 Volt. Warum?
Alle Anlagen der alternativen Energieerzeugung müssen in diesem Moment, im Verhältnis zu ihrer installierten Nennleistung, abgeregelt werden. Technisch überhaupt kein Problem, nur politisch nicht gewollt! Und das dauert keine 12 Minuten, sondern ein paar Millisekunden.
Das könnne wir jetzt auf jede beliebige Netzebene abbilden. Wo sehen Sie das Problem? Das ist Anwendung E-Technik/Informatik 1. Studienjahr!
Jetzt lassen wir erst einmal den Winter kommen….die Bewährungsprobe nicht nur für das Leben sondern auch für die Stromversorgung in Deutschland….die Herausforderung für unsere Gesellschaft ist und bleibt der Winter….und man wird sehen, wie weit man den Winter mit einer CO2 freien = Strom- und Oelfreien Gesellschaft überstehen wird….man sollte seinen Kindern schon mal zum Überlebenstraining in freier Wildbahn vorbereiten….es wird kein schöner Abstieg vom Leben zum Überleben in einer Kernenergie- und CO2-freien Gesellschaft…es wird knallhart und entbehrungsreich werden.
Sehr geehrter Herr Henning, ich führe oft mit Freunden und Bekannten Diskussionen zu erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung. Die meisten erkennen die Problematik nicht; insbesondere grün angehauchte glauben (wirklich): Das läßt sich irgenwie technisch lösen. So denken ja auch die politischen Entscheider zum größten Teil. Und solange alles gut geht, wird auch kein Umdenken stattfinden. Ich befürchte es muß erst zu einem richtigen black out kommen, bevor die öffentliche Meinung sich ändert. Und selbst dann wird man die Schuld bei einem Netzbetreiber suchen, der evtl die beschriebene Kaskade nicht eingehalten hat. Daß die Energiepolitik unserer Regierung für ein Industrieland völlig untauglich ist, wird diese Regierung unter Frau Merkel nicht erkennen (wollen). Dann hätte man die Meinung ja schon wieder geändert. Das macht die Frau ja laufend und die meisten merken es nicht einmal. Bin mal gespannt, was bis 2022 passiert, wenn Atom tatsächlich abgeschaltet werden sollte. Was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann.
Das wurde schon erkannt, zumindest tlw. von Peter Altmaier. Der sagte auf die Feststellung dass die Energiewende dem Klima nichts nütze, dass wüssten sie aber es sei wichtig dem Ausland zu zeigen, dass man das richtige täte.
Ist Her Altmaier schizopfren??? Anders ist diese Aussage von ihm nicht zu verstehen. Glaubt der wirklich , das Ausland (wer ist das??), würde sich dafür interessieren, außer das die denken, lass doch die deun Deppen sich selbst ruinieren.
Hr.Dr.(!) Altmeier ist nicht schizophren sondern er hält -wie die gesamte Regierung – den Souverän für einen Volltrottel,dem man jeden Blödsinn ohne Widerspruch verzapfen kann.
Wenn sie die Reaktionen der Wirtschaftsführer beobachten ,könnte Hr.Dr.Altmeier sogar richtig liegen : Grillo (BDI -Präsident ) „Der Primat der Politik ,ganz gleich was diese treibt“. Irgendwie gabs das alles schon mal.
Wie sehen das unsere „Eliten“???
Alles nur Panikmache!!!