Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs den EU-Staaten ein höheres Maß an Autonomie bei der Wahl ihrer Emissionsziele für die Nationale Allokationspläne zuzugestehen wird von einigen Kommentatoren als ein schleichendes Ende der europäischen Emissionshandels interpretiert. Hardliner befürchten, das Europa seine ambitionierten Klimaziele wirtschaftlichen Problemen unterordnet. Auch wenn dieses Urteil noch etwas verfrüht erscheint, so weist diese Entscheidung auf ein fundamentales Problem des europäischen Treibhausgashandels hin. Seine Kosten sind im Vergleich zum Nutzeffekt für das Klima und für die einzelnen Länder extrem hoch. Für klimapolitische Vorreiter war dieses Problem jedoch stets von untergeordneter Bedeutung. Ihnen ging es um Planerfüllung, um auf internationalen Verhandlungen mit dem erreichten prahlen zu können.
Tatsächlich ist die Idee des Treibhausgashandels bestechend einfach und elegant. Da eine effiziente Verteilung knapper Güter versagt, wenn keine Eigentumsrechte existieren oder einzelnen Individuen zugeordnet werden können, kamen findige Ökonomen vor Jahrzehnten auf die Idee, diesem Manko durch eine künstliche Verknappung bislang öffentlicher Umweltgüter abzuhelfen. Sie versprachen sich davon, dass der Marktmechanismus wieder in Gang gesetzt wird und der Preis für den neugeschaffenen Handelsgegenstand dessen tatsächliche Knappheit signalisiert. Das würde die Unternehmen zu Innovationen und die Konsumenten zur Sparsamkeit motivieren. Gerade in der Umweltpolitik, die ihre Legitimation zu großen Teilen aus der mangelnden Zuordnung von Einkommensrechten zu Umweltgütern zieht, erhoffte man sich mit diesem Verfahren eine rasche Verbesserung der Umweltbedingungen bei gleichzeitig geringerem Kostenaufwand. So elegant der Emissionshandel in der Theorie ist, so anspruchsvoll ist seine Implementierung und seine Wirkung hängt maßgeblich von den Eigenschaften des Umweltproblems ab. Zum einen kann der Emissionshandel seine Vorteile nur dann ausspielen, wenn er alle Schadstoffemissionen aus allen erdenklichen Quellen einschließt, zum anderen kommt es darauf an, dass das zu lösende Umweltproblem tatsächliche eine starre Zielsetzung rechtfertigt. Für einen erfolgreichen Einsatz dieses Instruments ist es maßgeblich, ob die simulierte Verknappung der Umweltinanspruchnahme durch die Wirtschaft tatsächlich der realen Knappheit entspricht. Ist dies nicht der Fall, so äußern sich kritische Stimmen, wirkt der Emissionshandel wie ein Schnellzug, der in den falschen Bahnhof geleitet wird.
Bei der Einführung des Emissionshandels in Europa wurden diese Bedenken nie besonders ernst genommen. Natürlich gab es immer wieder Bedenkenträger unter den Experten, aber dennoch führte umweltpolitischer Aktivismus zu einer symbolischen Klimapolitik, die in ihrer Bilanz nur hektische Betriebsamkeit statt echter Wirkung gegen den globalen Ausstoss von Treibhausgasen brachte. Auch das eigentliche Ziel des Emissionshandels, die Kosten der Emissionsminderung so niedrig wie möglich zu halten, wurde bei der Umsetzung des Projekts nie ernsthaft verfolgt. Bei den üblichen Versuchen übermäßige Ambitionen mit der Realität von Interessengruppenkompromissen zu kombinieren, wurde das denkbar schlechteste Ergebnis erreicht. Von Anfang an war klar, dass eine Verteuerung der Energie durch den Emissionshandel zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien in Europa führen würde, mit dem Ergebnis von Standortverlagerungen und einer Mehrnachfrage nach Energiegütern aus dem außereuropäischem Ausland. Während für die Bürger Europas Energie immer teurer wurde und ihnen nichts weiter übrig blieb als den Gürtel enger zu schnallen, verpuffte der Reduktionseffekt bei den Treibhausgase durch die globale Mehrproduktion der Industrie. Kein Wunder, dass die einheimischen Industrien, vor allem in Osteuropa, jetzt den Riegel vor den Verlust der weiteren Wettbewerbsfähigkeit schieben wollen. Aber auch innerhalb Europas wurde das Ziel des Emissionshandels verfehlt, weil man sich nicht auf eine Politik einigen konnte, die alle Sektoren gleichermaßen mit einbezog. Im Ergebnis wenden die Unternehmen und Verbraucher in Europa für die Vermeidung von Kohlendioxid Kosten auf, die sich zwischen den Sektoren bis um den Faktor zehn unterscheiden. Wer wenig Klimaschutz zu hohen Kosten erzwingt, kann sich wahrlich nicht als Klimaschützer bezeichnen. Die EU-Kommission hat dies nicht davon abgehalten, sich trotzdem auf jeder internationalen Klimaschutztagung das Mäntelchen der Führungsposition umzulegen.
Ohne Beachtung blieb auch die Erkenntnis der Ökonomen, dass der Emissionshandel nur das Instrument der Wahl ist, wenn dem zu bekämpfende Schadstoff tatsächlich erhebliche Schadwirkungen zugeordnet werden können. Doch ist es ein Allgemeinplatz, dass die vermeintliche Klimawirkung des Kohlendioxids nicht von jeder einzelnen Tonne, sondern von der Gesamtmenge in der Atmosphäre abhängt. Starre Zielsetzungen in einem engen zeitlichen Korsett, wie sie der Emissionshandel umsetzen helfen soll, sind daher nicht das angemessene Klimaschutzkonzept. Es ist irrelevant, ob eine bestimmte Minderung heute, in ein zwei Jahren oder auch in einem Jahrzehnt erreicht wird. Wichtig ist allein, dass die Kosten jeder Emissionsminderung nicht höher als die Schäden zusätzlicher Emissionen sind. Ein starrer Zielpfad nimmt jedoch keine Rücksicht auf Wirtschaftskrisen oder Veränderungen der relativen Energiekosten, er schreitet voran, koste es was es wolle. Auch hier ist es kein Wunder, dass sich die gebeutelten Unternehmen in Polen und Estland die engen Fesseln der europäischen Kommission nicht gefallen lassen wollen. Deren Kosten sind im Vergleich zu den Nutzen der Emissionsminderungen enorm. Hier wäre ein flexibler Ansatz notwendig gewesen, der von vornherein die Nutzen-Kosten-Bilanz der Klimapolitik nicht aus dem Auge verliert.
Vor diesem Hintergrund kann ein Aus für den europäischen Emissionshandel wahrlich nicht als Katastrophe bezeichnet werden. Selbst unter der Prämisse eines dringenden klimapolitischen Handlungsbedarfs würde dies die Chance für eine Öffnung für neue, kreativere Klimaschutzstrategien öffnen, die vor allem der Anpassung an unvermeidliche Probleme klimatischer Veränderungen, seien sie nun durch den Menschen verursacht oder nicht, mehr Platz einräumen. Tatsächlich gilt es die Märkte für mehr Innovationen im Energiebereich zu fördern, was aber nicht viel mehr bedeutet, als die heutigen Fesseln der Industrie- und Energiewirtschaft zu lockern, aber auch unwirtschaftliche Subventionen rigoros abzubauen. Wer Effizienz im Klimaschutz erwartet, der sollte nicht engstirnig auf die schlechte Umsetzung eines an sich guten Instruments wie den Emissionshandels pochen, sondern auf den Wettbewerb einer Vielzahl von Ideen hoffen, auch wenn diese in den Lehrbüchern nicht so prominent vertreten sind. So unsicher wie unsere Klimazukunft ist, so vermessen sind Patentrezepte, vor allem dann, wenn sie nicht einmal das bekannte Wissen berücksichtigen. Den Artikel der SZ finden Sie hier
Steffen Hentrich
Referent
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Liberales Institut
Lesen Sie dazu auch den Artikel der New York Times. EU EMISSIONS TRADING SCHEME MAY DESTROY EUROPE’S COMPETITIVENESS
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Sieg von Polen und Estland im Zertifikatenhandel gegen die EU in 1.Instanz !
http.//www.sueddeutsche.de/wirtschaft/286/488680/text/ bei europäischen Gerichtshof…
EU ging in Berufung – wann ist endgültie Entscheidung zu erwarten ?
Vaclav Klaus ist der einzige Politiker, der nicht nur die Gefahren der EU sieht und auch nennt, sondern den Missbrauch der Themen Klima und CO2 anprangert.
Lesenswert sind seine Reden, die er auch an exponierter Stelle gehalten hat.
Nachzulesen unter:
http://www.vaclavklaus.cz/klaus2/asp/default.asp
Dort dann die deutschen Seiten aufrufen.
Hierzu gibt es eigentlich nur einen Satz zu schreiben. Vaclav Klaus unterstützen – er weiss von was er spricht – wenn er den so.g Lissabonvertrag ablehnt. Da braut sich etwas zusammen, was ihn an die frühere UDSSR sehr stark erinnert !
Erich Richter
Die aktuellen Pläne der EU sind doch wie ein Offenbahrungseid.
Da sollen demnächst CO2-Abgaben auf alle möglichen Rohstoffe wie Kohle, Gas und Benzin erhoben werden, um die EU auch finanziell eigenständig zu machen, also die erste offizielle EU.-Steuer eingeführt werden.
Welche Beweise braucht man denn noch um den eigentlichen Sinn der Klimahysterie zu erkennen.
Da ist die Frage nicht weit, wann auch Jogger, Fußballvereine oder Radsportler wegen ihres erhöhten CO2-Ausstosses zur Kasse gebeten werden.
Hier kann nur die beharrliche Aufklärung der Bevölkerung auf Dauer Einhalt gebieten. Solange aber die öffentlichen Medien speziell in Deutschland leider alle politisch gleichgeschaltet sind, kommt hier dem Internet und speziell Portalen wie das von EIKE eine herausragende Bedeutung zu.
Der Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten sei das wichtigste Instrument der EU im Kampf gegen den Klimawandel. So lautet eine der Informationen aus einem Gerichtsurteil gegen die EU-Kommission, wonach sie den beiden Ländern Polen und Estland nicht vorschreiben darf, wieviel CO2-Ausstoß sie im Rahmen des Kohlendioxid-Emissionshandels ihrer Industrie erlauben können. Nun wissen wir es endgültig. Und wo findet der CO2-Handel statt? An der CO2-Börse Climex. Also ist die Börse das wichtigste Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Und womit befassen sich die Börsenhändler in der Hauptsache? Mit Spekulationen. Ergo: Spekulation ist das wichtigste Instrument der EU im Kampf gegen den Klimawandel.
Natürlich würden die Politiker gleich von Katastrophen sprechen, würden ihnen ja Milliarden an Euros durch die Finger rutschen. Und nichts anderes ist der „Emissionshandel.“
Und vergessen wir nicht: Al Gore lebt ja auch extrem gut von seiner Lüge.
Es wäre schön, wenn Autoren, die hier schreiben, auch ein bisschen recherchieren würden, bevor sie in die Tasten hauen.
Beim CO2-Handel stand von Anfang an fest, dass dieser Handel viel Geld in die Staatskassen spülen soll – siehe Grünbuch der EU (bitte auch zwischen den Zeilen lesen!). Dort waren bereits 50 $ pro Tonne CO2 angedacht, die letztendlich über die Versteigerung der Zertifikate dem Staat zugute kommen sollten. Das erklärt auch, warum in der vom Staat geförderten „Klimawissenschaft“ dem CO2 eine klimaschädliche Wirkung angedichtet wurde – Forschungsgelder sprudeln nur dann, wenn das gewünschte Ergebnis geliefert wird – und sei es mit Fälschungen wie dem Hockeystick. Denn die enormen Belastungen, die auf den Bürger zukommen, werden nur toleriert, weil man damit angeblich die Welt rettet. Wenn der Bürger wüßte, dass es nur um Abzocke geht, wäre der Aufschrei wohl sehr laut und deutlich.
Der Emissionshandel blüht,denn nach Ökostrom kommt jetzt Ökoerdgas .Heute in der FAZ online nachzulesen. Eine neue Geldquelle für die Ökomultis bleibt die Frage was als nächstes kommt …????
Natürlich wäre ein Scheitern des Emissionshandels für die europäischen Politiker eine Katastrophe. Ob für Europa selbst ist aber noch eine andere Frage.
Als Nebeneffekt (für mich der Hauptgrund) des Emmisionshandels ist die Generierung großer Summen, um allein in Europa die großen wirtschaftlichen Ungleichgewichte mit einer Art Finanzausgleich (den es ja offiziell nicht geben soll) auszugleichen, denn ein Ausgleich durch Währungsanpassung gibt es seit Einführung des Euro nicht mehr. Nur so kann man vor der Bevölkerung verbergen, woher das Geld kommt.
Ähnlich verhält es sich bei den staatlich verordneten Subventionen für erneuerbare Energien, die von allen Stromverbrauchern völlig an der Steuererfassung vorbei gezahlt werden.
Zählt man alle diese staatlichen Abgaben zu der statistischen Steuerbelastung hinzu, kommt man auf einen realistischen Wert, der einem schon die Tränen in die Augen treiben kann.
Fallen also die geplanten Einnahmen weg, muss man sich einen anderen Grund ausdenken, zumal das Thema CO2 enttarnt und nicht mehr nutzbar ist.
Die UN hat ja schon den „new green Deal“ gefordert.
Was immer auch dazu erfunden wird, es zeigt die traurige Wahrheit, dass diese Summen entweder aufgebracht werden müssen oder der Euroraum wieder aufgelöst wird. Dies hätte natürlich auch Einfluß auf das Machtstreben von Brüssel (siehe Vertrag von Lissabon).
Angesichts der Wirtschaftskrise und den Problemen in jedem einzelnen Land könnte es für eine Auflösung irgendwann sogar eine Mehrheit geben (hoffentlich gewaltfrei) und damit ein weiterer Fall vom historischen Zerfall eines großen Reiches darstellen würde. Dieses Mal dann allerdings schon bevor es tatsächlich ein großes Reich war.
Ob das nun ein Fluch oder ein Segen ist, mag jeder für sich selbst entscheiden.