von Hans Hofmann-Reinecke
Bei lebenswichtigen Ressourcen darf die Wirtschaftspolitik das Land nicht in die Abhängigkeit von einem einzigen Lieferanten manövrieren. Eine Reihe mutwilliger oder dilettantischer Fehlentscheidungen hat uns in die Abhängigkeit von russischem Gas getrieben. Der Ausweg aus dieser Abhängigkeit wird für das Land sehr teuer und schmerzhaft werden.
Es bahnt sich möglicherweise eine neue Misere an, die uns in noch größere Schwierigkeiten bringen könnte.
Ein elektrischer Schalter
Dazu einige technische Erklärungen.
Vor einem dreiviertel Jahrhundert machten drei amerikanische Physiker eine Erfindung, welche die Welt vielleicht mehr verändert hat als das Rad: sie erfanden den Transistor [Transfer-Resistor, also Fernschalter]. Das ist so etwas wie ein elektrischer Schalter ohne bewegliche Teile. Der wird dann nicht durch einen kleinen Kipphebel bedient, sondern seinerseits durch Elektrizität. Durch die intelligente Kombination solcher Transistoren kann man Schaltkreise schaffen, die zwei unterschiedliche Zustände einnehmen können, sagen wir 0 und 1.
Diesen 0 oder 1-Zustand kann man als Information interpretieren, man nennt ihn ein „Bit“. Es ist möglich, so ziemlich alle Informationen, mit denen wir konfrontiert werden, durch eine mehr oder weniger große Anzahl solcher Bits auszudrücken. Interpretieren wir die Bits etwa als Bildpunkte, dann kann man durch eine Million davon schon eine vernünftige schwarz-weiß Photographie darstellen.
Aus Transistoren kann man auch noch anderen Vorrichtungen aufbauen, so genannte Prozessoren, welche auf besagte Informationen zugreifen und sie nach bestimmten Regeln bearbeiten. Eine Sequenz solcher Regeln wird Programm genannt und deren Schöpfer sind offensichtlich die Programmierer.
Je kleiner desto besser
Transistoren hatten ursprünglich etwa die Größe eines Zündholzkopfes. Wenn man große Mengen an Information bearbeiten will, dann braucht man eine sehr große Anzahl an Transistoren, und da kommt man, selbst bei dieser relativ kleinen Abmessung, schnell an technische Grenzen.
Es gelang dann, die Transistoren immer kleiner zu machen, und viele davon, gemeinsam mit ihren Verknüpfungen, auf einem Kristall aus Silizium entstehen zu lassen. Gegenwärtig ist man in der „4-Nanometer (nm)-Technologie“ angekommen, d.h. die Transistoren und Leiterbahnen, die sie verbinden, sind nur vier nm breit. Ein nm ist ein Millionstel Millimeter und auf einer Breite von 4 nm haben gerade noch 20 Siliziumatome nebeneinander Platz. Auf einer Fläche von einem Quadratmillimeter (die ist etwa so groß ▪) kann man mit dieser Technologie Milliarden von Schaltkreisen unterbringen. So kann unser Smartphone dann Hunderte von Selfies und viele andere wichtige Daten speichern.
Die Miniaturisierung brachte viele Vorteile: geringen Verbrauch des teuren Rohmaterials, höhere Rechengeschwindigkeit, mehr Speicherkapazität, weniger Stromverbrauch, Integration vieler unterschiedlicher Funktionen und geringen Platzbedarf im Endprodukt, wo der Chip letztlich seine Arbeit tun soll. Der Chip, das ist das beschriebene mikroskopische Stück Silizium samt seiner makroskopischen Verpackung und diesen vielen Beinchen, die den Kontakt zum Rest der Welt herstellen.
Kein Kinderspiel
Die Herstellung dieser Chips ist extrem kompliziert. Zunächst muss das Layout geschaffen werden, sozusagen der Stadtplan für die Millionen von mikroskopischen Straßen, Kreuzungen und Ampeln. Das stellt vermutlich die höchsten Anforderungen an Intelligenz, die der Homo Sapiens je konfrontieren musste. Er schafft ja gewissermaßen den Schaltplan für ein kleines künstliches Gehirn.
Die anschließende Fertigung des Chips gemäß besagtem Plan muss dann überaus genau durchgeführt werden, etwa auf die Abmessung eines Atoms genau. Das ist nichts für Menschenhände. Diese Aufgabe wird zu 100% an Roboter übertragen, die allerdings zuvor von Menschen angelernt werden mussten. Wie lange brauchen diese pfiffigen Roboter dann bis ein Chip fertig ist? Eine Sekunde? Eine Stunde? Nein, 85 Tage! Aber in der Zeit machen sie sehr viele gleichzeitig.
Wie wir wissen, gibt es kaum noch etwas ohne Chip; ein modernes Auto hat angeblich um die 1000 davon und eine Küchenwaage hat zumindest einen. Der globale Chip-Markt hat ein Volumen von ca. 550 Mrd. US$ jährlich, das sind $70 pro Kopf der Weltbevölkerung! Es handelt sich offensichtlich um ein sehr attraktives, krisensicheres Geschäftsfeld – aber es ist auch extrem anspruchsvoll.
Um solch ein Fertigung aufzubauen und zu betreiben muss man sich den Standort gut aussuchen. Man braucht eine perfekt funktionierende Infrastruktur mit 100% sicherer und preiswerter Stromversorgung, und man braucht Nachwuchs, dessen kognitive Veranlagung von klein auf gefördert und trainiert wurde. Das heutige Deutschland wäre vermutlich keine gute Wahl. Mit Strom aus Windmühlen wäre das schwierig, und mit Abiturienten, deren Kernkompetenz die gendergerechte Rechtschreibung ist, die dafür aber nicht wissen, was der Dreisatz ist, hätte man keine Chance.
Man muß sich den Standort also nach dem Ranking gemäß PISA-Studie aussuchen, und da landet man in Ostasien.
Nancy in China
Anfang August besuchte Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Insel Taiwan. Das Land hat etwa so viele Einwohner wie die ehemaligen Ingenieurs-Hochburgen Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam, hat aber heute bei der Pflege seiner intellektuellen Ressourcen eine bessere Hand: in der PISA-Studie / Mathematik landet man dort im globalen Ranking auf Platz fünf.
Nancy hatte dort auch ein Treffen mit einem Gewissen Mark Liu, dem Präsidenten der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC). Diese Firma hat 55% Anteil an der weltweiten Produktion kundenspezifischer Chips. Auf dem zweiten Platz liegt Samsung Electronics in Korea, dann kommt noch eine weitere Taiwanesische Firma. Doch damit nicht genug. Enthalten in dem erwähnten 55% Anteil sind 90% der weltweit verkauften Chips der neuesten Generation!
Es ist nicht auszumalen, was geschähe, wenn TSMC seine Lieferungen einstellen würde. Zum Bau eines $50.000-Autos könnte dann so ein Teil für zwei Dollar fehlen. Weltweit würden die Fließbänder stillstehen, von denen noch gestern Kaffeemaschinen, Fernseher und Laptops rollten. Während der Corona-Krise gab es schon einen Vorgeschmack auf eine solche Situation.
Den Chiphahn zudrehen
Der Einsatz dieser verdammten Chips in fast jedem technischen Produkt hat die Weltwirtschaft de facto in die Anhängigkeit von zwei oder drei Firmen gebracht, welche auf einer Insel angesiedelt sind, die von der kommunistische Partei Chinas beansprucht wird. Würde China seine mehr oder weniger deutlichen Drohungen wahr machen, dann hätte es endgültig die totale wirtschaftliche Weltherrschaft errungen. Der Rest der Welt wäre ab dann nicht nur auf die konkurrenzlos billigen Massenwaren vom Smartphone bis zum Plüschtier angewiesen, sondern auch auf die Lieferung dieser verfluchten unverzichtbaren Chips. Und so wie Russland seine Gasleitungen könnte China dann seine Chipleitungen in den Rest der Welt nach Belieben auf- und zudrehen.
Und während man bei Gas noch die Chance hat, es etwa durch Öl zu ersetzen oder einen anderen Lieferanten im nahem Osten zu finden, wäre das bei Chips erst einmal nicht möglich. Der Aufbau solch einer Fertigungsanlage auf der grünen Wiese würde sehr, sehr lange dauern, falls es denn überhaupt gelingt.
Und deswegen regte Nancy Pelosi in ihrem Gespräch mit Mark Liu an, er solle sich doch überlegen, ob seine Firma nicht vielleicht ein oder zwei Fertigungsstätten in den USA errichten möchte. Man macht sich in den USA offensichtlich keine Illusionen, dass man ohne das Taiwanesische Knowhow und deren Patente eine konkurrenzfähige Chipfertigung aufbauen könnte. Hoffentlich denkt Herr Liu nicht zu lange darüber nach, damit das Geschäft noch vor Tag X abgeschlossen sein kann. Eile ist geboten, denn von Nancys Besuch in Taiwan war Mr. Xi „not amused“.
Vielleicht haben ja die deutschen Geheimwaffen Claudia und Annalena eine ähnliche Charmeoffensive mit demselben Anliegen bei TSMC geplant. Dafür könnten die beiden den Kniefall des Wirtschaftsministers von Katar schon mal einüben.
Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.
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Der Fingerzeig, WARUM Fr. Pelosi für die USA in Taiwan war, ist richtig, aber eben nur ein kleiner Teil des Problems. Die (teils auch hier) beklagte (40% ige) „Abhängigkeit“ von BILLIGEM russischen Gas/Erdöl hat das deutsche Wirtschaftswunder erst möglich gemacht! Aber warum beklagt man nicht die 100%ige Abhängigkeit im Geldwesen (Zwangskonten und SWIFT-System) von London, Brüssel und Washington, die mit „Nichtherausrücken von Goldhinterlegungen“ und „Einfrieren von Vermögen“ – welch ein Euphemismus für RAUB im Sinne der Kaperbriefe eines Francis Drake – Privatpersonen, ganze Industrien, ja Staaten erdrosseln (können)? Mehr noch: Die diese durch Erfinden neuer „Straftatbestände“, wie der Schenkung an die Ehefrau, diesem Raub einen „rechtskonformen“ legistischen Anstrich verleihen (sollen). Soviel zur Haarspalterei im Bezug auf die „Rechtstaatlichkeit“ des besten WERTE-Westens aller Zeiten, in dessen Verfassungen EIGENTUM als Grundwert eigentlich geschützt ist. Schmecks! Diese „Grundrechte“ sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen – nicht erst seit Corona. Die Verträge mit Russlands für deren und die ukrainische Getreideausfuhr sind auch das Papier nicht wert, wenn man den Russen die (benötigte) Versicherung der Schiffe und die Bezahlung (durch Bankauschluss) verunmöglicht! Warum nicht die (fast) 100%ige Abhängigkeit Europas von GPS, das die Amis auf Knopfdruck abschalten können? Warum nicht die (fast 100%- ige) Abhängigkeit von jenen Chips (für PCs), die Intel und AMD bauen? Schlimmer noch, über deren „versteckte“ Fähigkeiten selbst Fachleute nicht mehr Bescheid wissen (können). Diese „black boxes“ sind in ihrer Komplexität bereits unkontrollierbar. Warum nicht die zunehmende Abhängigkeit von nur einmal verwendbaren „Saatgut“ aus der Gentechnik-Schmiede in Deutschland und den USA? Warum nicht, dass (angeblich) 90% aller Medikamente in Indien hergestellt werden? Vielleicht sollte man im künstlich eingeengten Meinungskorridor der „Abhängigkeiten“ nicht nur immer auf russisches Gas schielen !
Auf unseren Strassen klebt der intellektuelle Müll einer wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft. Wahrlich die „letzte Generation“…..
„Gegenwärtig ist man in der „4-Nanometer (nm)-Technologie“ angekommen“ Ich glaube, das ist noch Laborstadium. Serienfertigung mit 7nm hat wohl gerade erst begonnen.
Ich persönlich denke aber, dass man gerade in der Automobil- bzw. Konsumgütertechnik bzw. für technische Anwendungen (Werkzeugmaschinen etc.) allgemein mit der 45 nm- Technologie, oder gar höher (also *schlechter*, älter), bestens auskommt. Es muss so um 2007 gewesen sein, als die 45nm Technologie marktreif wurde (90nm etwa Jahr 2000).
Insofern sollte es nicht unbedingt für technische Anwendungen das Problem darstellen, solcherart etablierte Technologie selbst wieder aufzubauen.
Bei der 4nm- Technologie geht es letztlich wohl um Datensammelei in unvorstellbarer Größenordnung. Und möglichem Echtzeit-Zugriff auf diese. Aber nicht zu unserem Nutzen, sondern um uns zu kontrollieren, unserer gesamten Lebensweg inkl. Posts auf EIKE nachvollziehen zu können. 😉
…Vielleicht haben ja die deutschen Geheimwaffen Claudia und Annalena eine ähnliche Charmeoffensive mit demselben Anliegen bei TSMC geplant...
Guter Witz! Das würde ja voraussetzen, dass diese „Geheimwaffen“ fähig sind, vorausschauend und intelligent zu planen. Das verhindert aber ihre Ideologie.
Ja, der Artikel enthält einiges zum Nachdenken! Doch Absurdistan „rettet“ das Weltklima, da ist für Sinnvolles keine Kapazität mehr frei:
„Man muss sich den Standort also nach dem Ranking gemäß PISA-Studie aussuchen, und da landet man in Ostasien. Das heutige Deutschland wäre vermutlich keine gute Wahl. Mit Strom aus Windmühlen wäre das schwierig, und mit Abiturienten, deren Kernkompetenz die gendergerechte Rechtschreibung ist, die dafür aber nicht wissen, was der Dreisatz ist, hätte man keine Chance.“
Doch es ist hoffnungslos, das Land wird von grünen „Klima-Weltrettern“ ruiniert. Scholz dabei eine gleich große Katastrophe wie die Vorgängerin, das Katastrophen-Chamäleon. So viel Dummheit in einem Land, das schafft nur Absurdistan. Dort wird Qualifikation danach bemessen, wieviel Klimaalarm-Schwachsinn sogenannte Klima-„Experten“ absondern. Das reicht allenfalls für Ruin und Untergang. Und die Dümmsten der Dummen, die Straßenkleber, drücken aufs Tempo. Wie unsere Politiker, die seit dem erbärmlichen Klima-Urteil des Merkel-Zombies in Karlsruhe noch mehr Tempo machen – koste es was es wolle.
Kleine Richtigstellung: Transistor (Transfer-Resistor) muß man eher als Übertrager-Widerstand also (strom-)gesteuerter Widerstand übersetzen. Die ersten Transistoren wurden auch nicht zur Speicherung von Bits sondern zur Verstärkung analoger Signale eingesetzt.
„Transistor“ kommt aus dem Lateinischen „transire“, und das bedeutet „hinübergehen“, weil Transistoren schon bei geringer Überlastung sehr schnell kaputt gehen!
Das wussten also schon die alten Römer…….
„Eine Reihe mutwilliger oder dilettantischer Fehlentscheidungen hat uns in die Abhängigkeit von russischem Gas getrieben. Der Ausweg aus dieser Abhängigkeit wird für das Land sehr teuer und schmerzhaft werden.“
Ich verstehe aber nicht, warum das mittlerweile so kommuniziert wird. Wenn es in einem Land von einem Rohstoff Überschüsse gibt, dann treibt dieses Land Handel mit diesem Rohstoff und verkauft es. Das war schon immer so seit es die Menschheit gibt. Das ist doch nichts Böses. Dass man von dieser Lieferung dann auch abhängig wird, weil es diesen Rohstoff im eigenen Land gar nicht gibt, ist Natur der Dinge.
Russland hat genug Gas und wird es dann selbstverständlich zu den Ländern liefern, die das weniger oder gar nicht haben. Was ist daran verwerflich?
Eigentlich tun die Deutschen nun das, was sie Trump vorgeworfen haben —> Protektionismus.
Russland hat mehr als genug Gas und Deutschland braucht es auch. Es ist eigentlich dann eher anormal, wenn man sich dann kein Gas aus Russland holt. Wofür soll man sich nun Auswege von solch einem Handel suchen?
G. Salk, dazu kommt noch, dass russisches Gas einen höheren Brennwert, wie ich las, hätte, als das eingeführte Flüssiggas. Weiterhin basiert unsere ganze Wirtschaft auf billiger Energie, was die Russen über Jahrzehnte kontinuierlich über alle Unstimmigkeiten hinweg, lieferten. Auf der Welt ist es nun mal so, das jeder von jeden abhängig ist. In der Antike hat man sich auch von einigen Reichen „abhängig“ gemacht, die bestimmte Artikel in einer bestimmten Qualität liefern konnten. Einen guten Lieferanten verprellt man nicht, weil der ein für alle mal weg ist. Es ist unredlich, sich jetzt darauf zu besinnen, autark sein zu wollen. Wie das Deutschland hinbekommen will, sagt auch niemand, weil das unmöglich ist. Geschäft ist Geschäft und Politik ist Politik. Beides sollte nie vermischt werden.